Erstrebt wird die perfekte Symbiose zwischen Technik, Gefühl und Theorie.
Dazu gehört eben auch das Noten lesen.
Bis auf den Part und das Ende geb ich dir Recht. Ich lebe seit 20 Jahren, spiel seit ca. 11 Jahren Gitarre, seit geschätzten 5 Jahren in Bands Bass und seit ca. 2-3 Jahren Drums. Und ich kam ohne Noten aus. Ohne geschriebene. Ich würde sagen, ich bin nicht unwissend in der Musiktheorie, auch, wenn mir einiges an Wissen fehlt, das nicht meine praktische Anwendung betrifft (z. B. Gregorianischer Choral... Afrikanische Trommelrhythmen...). Im Proberaum sag ich den anderen durchaus in Noten (die Buchstaben meinend, nicht die vollen oder leeren Punkte auf Linien mit Fahnen dran) und Notenwerten, was sie denn meiner Idee nach spielen sollen. Ich spreche dem Schlagzeuger gegenüber von Dreivierteltakten, Quintolen, Achteln und verschiedenen Pausenlängen neben einiger eigener Terminologie, die sich in der Band eben so entwickelt hat... aber vom Blatt lesen kann ich das alles nicht oder nur mit Mühe.
Ich habe versucht, Steve Vai's "Sisters" nach Noten zu lernen und für die erste Seite 15 Minuten gebraucht. Dann hab ich die Aufnahme rein und den Rest nach Gehör gespielt, weil MIR das eben leichter fällt.
Der Knackpunkt: Notenschrift wurde erfunden, um zu dokumentieren. Musiker schrieben ihre Ideen auf, um sie sich zu merken oder anderen mitteilen zu können, was sie in den Arrangements spielen sollen. Mit .mp3 und dem Computer brauche ICH persönlich diese Stütze zum Merken meiner Ideen nichtmehr, weil sie schnell grob aufgenommen sind. Mitteilen kann ich sie meinen Mitmusikern so auch leichter, denn anstatt sie in eine Notenschrift zu verschlüsseln, die die dann zu entschlüsseln haben um das zu kriegen, was ich mir zu allererst dachte, kann ich es ihnen einfach direkt mitteilen.
Mit 60-Mann Orchestern ist das nicht realisierbar. Mit Showbands, die sich einmal zur Generalprobe und dann zum Auftritt treffen auch nicht. Da hat die Notenschrift ihren Sinn.
Meiner Ansicht nach kommt's also auf die persönliche Präferenz sowie die gegebene Situation, in der man sich als Musiker befindet, an. Aber dass eine "perfekte Symbiose" ohne Notenschrift nicht nötig ist, kann ich nicht stehen lassen.
Eine weitere Fehlinterpretation ist, dass wer nicht Noten liest, sich Tabs runterlädt. Die verwend ich persönlich noch weniger als die herkömmliche Notation. Ich seh beides als überholt an für den Zweck kleiner Ensembles und Bands.