Guten Tag,
Was mich ein bisschen irritiert ist die Tatsache, wie wichtig für Dich eine Dokumentation über die Historie eines Instruments ist.
...würde aber keinen besonderen Wert auf die Dokumentation legen.
Hmm, ich habe solche Reaktionen gar nicht erwartet. In Koffern von Akkordeons, in den Innentaschen, gibt es oft Broschürchen vergessen, die dort seit Anfang gewesen sein. Unter diesem Gesichtspunkt ist meine Einbeziehung dieses Kriteriums natürlich, aber ich bestehe nicht auf seiner Notwendigkeit, es kann nur als ein zusätzlicher Parameter sein. Wenn die Dokumentation fehlt, ist das egal. Wenn es verfügbar ist, ist es ein Bonus.
Ein begabter Instrumentenbauer könnte auch aus einem runtergerockten Akkordeon,
unter Einsatz von Arbeitsstunden und Geld wieder eine Solisteninstrument werden lassen,
wenn dieses Potential hat.
Ja, genau! Die Tatsache, dass die individuelle Geschichte des Instruments sehr vielfältig ist, beweist auch meine eigene Kiste. Der Vorbesitzer (Student am Konservatorium) kaufte es im 2000 als ein umgebautes Instrument aus zweiter Hand und spielte sie vier Jahre lang. Dann hat das Instrument niemand gespielt bis 2012 als ich es gekauft habe (Foto 1). Nach dem Öffnen stellte ich fest, dass die Diskantseite viel älter als der Bass ist (Stimmstocknummern „12“), wahrscheinlich als Folge der Reparatur von schweren Beschädigungen von Bass-Halbkorpus. Im Diskant waren die neueren Registerschalter, im Bass dagegen viel mehr neuere Stimmstöcke (No. „502“) und zahlreiche Spuren von Reparaturen von Resonanzboden und Stimmstöcke (Foto 2). Der Balg war neu, die Stimmen im Diskant haben „Tipo-A-mano“ Qualität, im Bass dagegen nur Maschinen-Qualität, alle neu ventiliert und gewachst.
Ab sofort korrigierte ich die beschädigte Bassregistermechanik und reparierte die Oberfläche von Bassabdeckung (mit No. "6" - Foto 3). Anschließend entfernte ich das nicht originale Logo des Herstellers und veränderte die Oberfläche der Bassregister (nach Beseitigung von ungenauen Symbolen neue blanke Oberfläche) (Foto 4). Schließlich lasse ich die Obertasten erneuen und das Instruments stimmen mit der Betonung auf die perfekte Balance zwischen Diskant und Einzeltonbassmanual (Fotos 5 und 6). Dann zeigte ich das Instrument meinem Bekannten. Seine Reaktion war: Was für eine schöne und unglaublich erhaltene Dineta!... Auf den ersten Blick merkte er gar nicht, dass es sich um ein buntes Mosaik handelte, denn alle bisherigen Reparaturen wurden mit äußerster Sorgfalt durchgeführt, um die Gesamteinheit zu erreichen (Foto 7). Für jemanden wäre dieses Instrument wohl wertloses "Lagerfeuerholz", für mich ist es ein zuverlässiges und recht gutes Instrument.
Bezüglich des Zustands des Instrumentes finde ich, als Bewohner der postkommunistischen Land, die Peinlichkeit des Wortes "hochwertiges Instrument". Wegen der Deformation des Material- und Arbeitspreises im Sozialismus sowie der Lohnkosten in Osteuropa heute bin ich sehr vorsichtig mit diesem Wort. Ich kenne osteuropäische Instrumente aus den Zeiten des Sozialismus, die nicht sehr teuer - aber doch hochwertige sind (Jupiters, Supitas,…). Im Gegenteil, mit einigen Modellen, die heute in Westeuropa hergestellt werden, handelt es sich eher nur um hochpreissige Modelle, die aus klanglicher Sicht überteuert sind. Es ist leider normal, dass der Arbeitspreis in Westeuropa viel höher ist als in Osteuropa oder China (Hohner-"outsourcing"). Aber das ist nur mein subjektives Gefühl, das vielleicht falsch ist...
Liebe Grüße, Vladimir