Nein, verunsichern ist nicht fair, gegenüber jemanden, der so gute Denk-Ansätze zu einem Thema liefert.
Das mit der Resonanz und Energie ziehen ist zu einfach für etwas Komplexeres. Nicht jedes Material, das Schwingungsenergie aufnimmt, resoniert. Einige verwandeln diese Energie durch Reibung in Wärme. Gummi eignet sich z.B. sehr gut für s.g. Death-Spots. Habe ich einmal erfahren dürfen, als ich einen Halsstab mit gummihaltigen Steinschlagschutz aus der KFZ-Branche eingesprüht habe. Das lästige Klirren war hinterher weg, der Ton der leeren hohen H-Saite aber ebenfalls, ohne dass da noch etwas resoniert hätte.
Darauf habe ich das Problem mit einem Doppel-Thrussrod gelöst.
Wenn die Eigenresonanz eines Körpers angeregt wird, ist dazu wenig Schwingungs-Energie erforderlich. Das ist ähnlich, als wenn ich in einen 10 Litereimer, der fast bis zum Rand mit Wasser gefüllt ist, versuche noch weitere 10 Liter Wasser ein zu füllen.
Wenn ich einen Ton aus zwei Pickups erhalte, und dieser weder wie der erste Pickup, noch wie der zweite Pickup klingt, ist das der Klang des "virtuellen dritten Pickups" ein Resultat aus beiden Pickups.
Wenn meine Gitarre inkl. Saiten aus 256 Teilen besteht, wobei die E-Fachfräsung mit der Luft auch mitgezählt wird, habe ich inkl. Saiten 256 Teile die parallel schwingen, bis hin zur letzten Schraube.
Das, was mein Pickup aufnimmt, ist das Gesamt-Resultat aus allen Komponenten, es ist der 257ste Klang. Wenn ich den Pickup um einen Zentimeter verschiebe, habe ich dort den 258sten Sound, usw.
Auch trägt wohl die Formgebung der Gitarre mehr zum Klang-Charakter bei, als die Holzsorte innerhalb des Materialgemisches, in der Metall eine höhere Priorität hat.
Der Trockenklang ist wieder etwas anderes: Es sind Schwingungen an der Material-Oberseite, die Berührung mit den Luft-Molekülen haben. Nur was Berührung mit Luft hat, kann diese in Schwingung versetzten. Im inneren des Gitarrenkorpus treten jedoch Biege-Spannungen auf, die sich akustisch nicht oder kaum bemerkbar machen.
Mehr reinen Saitenklang erreiche ich, desto besser die Gitarre gegen Schwingungen in Schichtbauweise versteift wurde. Der Ton hat ein längeres Sustain, klingt jedoch steriler gegenüber einem Korpus, der mehr mitschwingt.
So wie es bei der elektrischen Impedanz wechselt zwischen Addition und Subtraktion der Schwingungen, so tritt dies beim Material ebenso auf, das es gleichgerichtete und gegenläufige Wellen gibt.
Physikalisch ist es nicht möglich, Saitenaufleger so zu versteifen, dass dazwischen in einem Vakuum eine Saite einmal angeschlagen, ewig schwingt.
Deshalb bedeutet eine Saite anschlagen, einen Dominostein anschlagen, dem weitere in einer Reihe folgen.
Dann haben wir soviel parallele Ergebnisse, wie Dominosteine, die daran beteiligt sind.
Das reicht uns aber noch nicht, dann folgt das, was nach der Klinkenbuchse der Gitarre folgt.
Wer alle Einzelteile, jeden Kondensator und Widerstand, die Länge des Gitarrenkabels, die Wicklungszahl der Lautsprecherspulen, das Material der Imbus-Schrauben an der Bridge, die Lackdicke und Sorte der Gitarre usw. heraushört, für den könnte man einen weiteren Nobelpreis einführen.
