Die Grundlagen lernt man durch das Abspielen verschiedener Tonleitern.
Ja, daran führt wohl kein Weg vorbei…es ist bei einem diatonischen Bandoneon halt sehr zeitintensiv, da man ja jede Tonleiter inkl. aller Variationen mit 4 verschiedenen Knopfpositionen (je eine pro Seite und Richtung) sowie je eine beidhändig für Aufzug und Zudruck, also insgesamt 6x üben muss.
Mal abgesehen davon, dass das Tonleitern üben (außerhalb von Stücken) nicht gerade zu meinen Lieblingsaktivitäten gehört, habe ich dafür noch keine Lösung gefunden, den Zeitaufwand zu reduzieren und dabei gleichzeitig effektiv zu üben. Wenn ich mir dann noch vorstelle, Kirchentonarten zu üben..
Die einzige Idee, die ich dazu habe ist, mich an jedem Tag halt selektiv mit einer anderen Tonleiter oder einer Variation und Balgrichtung zu beschäftigen und darauf zu hoffen, dass sich die verschiedenen Übungen bei konsequentem Üben gegenseitig beeinflussen. Z. B. kenne ich inzwischen die Positionen der Töne auf beiden Seiten und in beiden Richtungen auswendig, was mir natürlich ungemein dabei hilft, neue Stücke, Etüden, Übungen und Tonleitern zu erarbeiten - das geht mit diesen Kenntnissen deutlich schneller, als anfangs, als ich noch jeden Ton in den 4 Schaubildern nachschauen musste, die ich zusätzlich zu dem Übematerial vor mir aufgebaut hatte.
Trotzdem: Allein, bis ich eine Tonleiter über 2 Oktaven endlich in mäßigem Tempo beidhändig sicher spielen kann, muss ich an den einzelnen Tagen viel Zeit aufwenden und es dauert Wochen, bis sie endlich „laufen“ - und dann bin ich noch nicht einmal schnell! und übe ich die nächste Tonart, scheint sich die vorherige wieder zu verflüchtigen.
Irgendwie fühle ich mich wie Sisyphos ;-)
Wie geht ihr da heran (auch unabhängig vom Instrument)?
Für die Steirische stimmt das zumindest nicht (siehe z. B.
Thema 'Steirische Harmonika auswendig oder nach Noten lernen'). Aber hier geht's ums Bandoneon, deshalb sollten wir uns auch auf dieses spezielle Instrument beschränken. Vermutlich hilft's deshalb nicht, wenn Nicht-Bandoneonspieler etwas dazu schreiben
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Das sehe ich anders: Erstens gibt es Ähnlichkeiten zwischen den beiden Instrumenten (Diatonische Handzuginstrumente, komplexe Tonverteilung) und zweitens sind das Spielen nach Noten und das Spielen nach Gehör zwei unterschiedliche Ansätze, ein Instrument zu lernen bzw. pberhaupt zu musizieren, die JEDES Instrument betreffen.
Du wirst lachen, aber ich bin dem Harmonika-Spieler, der die „Lernen/Spielen nach Gehör“ verkauft, im Internet schon begegnet und hatte mir seine Videos bzw. die Interviews dazu angeschaut.
Ich finde seinen Ansatz vollkommen ok, allerdings versteigt er sich zu der Ansicht, dass Noten zu lernen grundsätzlich nicht dazu führt, musikalisch spielen zu können und es daher besser wäre, nur nach Gehör zu lernen und zu spielen. Nun ja, er will halt auch seinen Kurs verkaufen…
Andererseits ist das Spielen und musizieren ohne Noten eigentlich der natürliche Weg - Noten gibt es gar nicht so lange (im Vergleich zur Musik selbst) und ich glaube ja auch, dass ich mich durch meine profunden Notenkenntnisse auch selbst limitiere, weil ich mir lieber ein Arrangement besorge und es lerne, als die Melodie einfach nach Gehör zu spielen und selbst zu harmonisieren. Ersteres geht bei mir schneller und verspricht ein „besseres“ Ergebnis.
Ich denke, dass das nicht nur Bandoneons betrifft, das ist eine grundsätzliche Entscheidung.
Das mag zwar ebenfalls individuell sein, aber ein Jazz-Musiker (kein Bandoneon) erzählte mir mal, dass er eigentlich von der Klassik kam und genauso mit der Improvisation und dem Musizieren nach Gehör gehadert hatte. Im Grunde ging es ihm ganz genauso wie mir und es wollte mit dem Improvisieren einfach nicht vorangehen.
Bis er sich dazu entschloss, das Spielen nach Noten aka das Erarbeiten klassischer Noten und fertiger Arrangements aufzugeben und sich auf die andere Seite zu begeben. Er sagte, dass es ein steiniger Weg war, täglich viele Stunden Kirchentonleiterm, Gehörbildung, Improvisationsübungen etc. pp. und zusätzlich Spielen in Ensembles und Big Bands, aber es hätte irgendwann gefruchtet. so dass er inzwischen des Improvisierens und Spielens nach Gehör fähig ist.
Diese Fähigkeit ist unabhängig von einem spezifischen Instrument - daher fand ich es auch eher kontraproduktiv, dass der Titel meines Threads durch die Mods so eingeschränkt wurde.
Mir ist noch aufgefallen, dass es Jazz-Musikern bzw. jenen, die nach Gehör musizieren können leichter fällt, diese Fähigkeit auch auf anderen Instrumenten einzusetzen und so schneller auch auf anderen Instrumenten zu musizieren.