Wie genau ist genau. Das ist eine geradezu philosophische Frage. Nicht zuletzt, weil es manchmal cool sein kann, direkt auf dem Beat zu spielen, in anderen Fällen ist es besser, dahinter zu sein (nur vor dem Beat ist für uns Gitarristen zu 99,9% tabu, ihr solltet euch immer hinter dem Schlagzeug einsortieren.. siehe hierzu Video 2 Bumblefoot)
Aber komm doch mal aus der egozentrischen Ecke heraus und wechsle doch mal die Perspektive und begreife Dich als Teil eines Ganzen, an dem auch noch weitere beteiligt sind. Du solltest genau wie Deine Mitmusiker den Groove, den musikalischen Fluss, die Rhythmik unterstützen. Also haben Deine Mitmusiker denselben Anspruch wie Du an sie (oder einen Backingtrack, wobei dem vollkommen gleichgültig ist, ob Du den Groove versemmelst oder nicht.. womit ja schonmal ein gewaltiger Unterschied zum Dudeln über einen Übungstrack und dem Spielen mit echten Mitmusikern besteht). Das heißt also, wenn Deine Mitmusiker Dich hören, solltest Du ihnen etwas anbieten, in das sie musikalisch/groovemäßig einklinken können. Dann ist es genau genug, dass Musik funktionieren kann. Insofern würde ich sagen, ist Musik nichts als Kommunikation.. anderes Thema.
Also ist es bestimmt keine schlechte Idee, wenn Du Dich aufnimmst und versuchst nachzuvollziehen, ob und wie Dein Groove herüberkommt. Du könntest dafür zum Beispiel zu einem Backingtrack spielen und Deine Spur isoliert abhören (natürlich vorausgesetzt, dass Du über einen Sequenzer verfügst und mit ihm umgehen kannst).
Vor einiger Zeit schwamm hier ein YT-Video von Josh Smith zum Thema Rhythmusgitarre herum. Das teile ich hier nochmal. Denn Josh sagt etwas äußerst wichtiges zum Thema Groove und so weiter. Er spricht von "playing in the pocket", ich wüsste nicht, wie ich es anders ausdrücken könnte
Ein anderer Aspekt ist, dass man erst dann dazu in der Lage ist, wenn man sich mental im musikalischen Geschehen befindet. Andernfalls klingt es immer, als wenn man "drüber" oder "drunter" spielt, oder allgemein gesagt, man ist "out", eben "out of the pocket". Da ist es in der Tat vollkommen egal, ob man die tollsten Tappings und Arpeggiokaskaden vorführt oder nur simple Bluestonleitern herauf und herunter dudelt. Es hilft nichts, man ist out und man bleibt out und bleibt für Mitmusiker ein Fremdkörper im musikalischem Geschehen.
Um dahin zu kommen, "in" zu sein muss man sich ggf. zwingen (sofern man nicht zu den wenigen Naturbegabten gehört), sein eigenes Spiel mit dem musikalischem Geschehen um sich herum zu koppeln. Interessanterweise führt hier nicht das exakte Spielen auf den Punkt zum Ziel, sondern das gezielte Spielen hinter den Punkt. Dazu reicht ein Metronom, möglichst langsam eingestellt (<40 bpm) und eine simple Tonleiter. Klatschen hilft auch. Wichtig ist, dass man nicht nur hinter dem Beat spielt, sondern auch innerlich und konzentriert wahrnimmt, wie man im Verhältnis zum Beat platziert ist. Wenn man das schafft, dann eröffnen sich plötzlich ganz neue Perspektiven. Insofern ist es auch eine tolle Konzentrationsübung. Bumblefoot weiß schon, warum er diese Lesson "Most Important Guitar Lesson" genannt hat:
Viele Grüße
Thomas