sunflower schrieb:
und zwar hab ich bei mir festgestellt, dass ein problem bei mir ist, dass ich oft zu wenig "aus dem bauch heraus" mache und dann der ganze druck in den hals geht. ich arbeite viel zu viel im hals!
Also, zuerst einmal finde ich es wirklich toll und bemerkenswert, dass dir das auffällt und das du bemerkst, dass es
nicht gut für dich ist, einen Ton auf diese Art und weise zu erzeugen.

Respekt, wirklich. Das alleine zeigt schon, dass du über ein gutes Gefühl dafür verfügst, was deinem Körper und somit dem Singen gut tut.
sunflower schrieb:
gibt es da spezielle übungen, wie ich locker werden kann?
ich denk, ich bräuchte auch einfach mehr power aus dem bauch. ich müsste also etwas mehr mit den bauchmuskeln arbeiten. so nimmt man (was ich weiß) den druck aus dem hals und entlastet den bauch.
Nein, eigentlich
belastest du den Bauch so, indem du ihn muskelmäßig forderst (und auf die Dauer hoffentlich förderst). Singen ist, nach allem, was ich bisher erfahren habe, zum allergrößten Teil Muskelarbeit. Und das wirst du spüren, spätestens dann, wenn du Muskeln, die nicht ausreichend entwickelt sind, beanspruchst und sie eine Leistung bringen müssen, die sie so vorher nicht erbracht haben. Das kann dann zu "Muskelzittern" führen bis hin zu Muskelkater im Bauch- und Rücken- bzw. Kreuzbereich. Du wirst es merken, wenn du die entsprechenden Muskeln dann einmal trainierst.
sunflower schrieb:
aber das mit der spannung im bauch klappt bei mir nur, wenn ich mich gaaaanz stark drauf konzentrier oder wenn ich zum beispiel mit der hand dagegendrücke und aktiv gegen diesen druck anspanne.
Das ist fürs Erste eine gar nicht mal so schlechte Übung! Gratulation!

Wie du vielleicht weist, trainierst du Muskeln, indem du sie beanspruchst, also gegen einen Widerstand arbeiten lässt. Insofern ist deine Übung überhaupt nicht falsch und schlecht. Das Probem ist natürlich, dass du so nicht auf der Bühne stehen kannst

, sondern dass das dann irgendwann alleine, ohne "Faust im Bauch" kommen muss. Aber als Übung ist das durchaus geeignet.
Es ist schwierig, auf diesem Wege hier Übungen zu "erklären", weil es, so ist meine Erfahrung, einfach den physischen Kontakt, die Körperlichkeit, braucht. Insofern wäre es vielleicht gut, die einen Lehrer zu suchen und Unterricht zu nehmen. Auf jeden Fall aber ist es notwendig - und offenbar hast du das ja nun schon getan -,
immer darauf zu achten, dass du "aus dem Bauch" singst und Druck aus dem Hals immer zu vermeiden. In dem Augenblick, wo du es merkst, solltest du "in den Bauch" denken und fühlen. Wichtig dabei ist das Gefühl und der Vorgang des "Weinens".
Wenn du einmal richtig geweint hast - ich wünsche es dir ja nicht

, weil dann bestimmt etwas schwieriges für dich geschehen ist -, dann wirst du danach merken, dass dir der Bauch weh tut, dass du Muskelkater hast. Nun ist es - ohne die traurigen Anlässe, die dich zum Weinen gebracht haben natürlich - wichtig, dass du dieses "Weinen" "insitutionalisiert" und somit nutzt. Dass heißt, wann immer du merkst, dass du in den Hals gehst, solltest du gegensteuern, indem du "weinst". Mach das ruhig übertrieben in den Übungen (nicht, wenn du auftrittst). In den Übungen aber schon. "Weine" und "schluchze" jeden Ton. SO kommst du nicht nur ins Zwerchfell, sondern senkst auch den Kehlkopf entsprechend ab.
Eine gute Übung ist folgende:
Du konzentrierst dich auf die Bauch- und Zwerchfellatmung und machst nach dem richtigen Einatmen in den Bauch(!) drei Mal:
sssss-sssss-sssss (das hört sich so an, wie eine Mischung aus Biene Maja und einem Motorrad, dass du so mit dem Gashebel dreimal "hochjagst"). Aber es muss "stimmhaft" sein, also nicht wie die Schlange Ka im Dschungelbuch nur ein "Zischen", sondern wie eine "summende" Hummel. Wie wenn du du "summmm" summst.

Und dann singst du:
saaa-a-a-a-AAA-a-a-a-aaa. (eine Quinte rauf [das AAA ist dabei die Quinte] und wieder runter). [dabei immer schön legato singen, also nicht abgehackt, staccato, sondern alles binden]
Dabei voll "im Bauch" sein, aufpassen, dass alles aus dem Bauch kommt, dass du kein "s-[h]aaa" singst, also dabei Luft abgibst (es darf nicht gehaaaucht sein), sondern dass es ein reines "aaa" bleibt, du also die Luft hältst. das ist besonders schwierig und der Knackpunkt, aber in dem Augenblick hast du Zwerchfellstütze, wenn es gut geht.
Das kann mitunter sehr, sehr anstrengend sein. Du wirst es deutlich in der Bauch- und Kreuzgegend spüren, wenn du es richtig, mit Konzentration und Spannung machst. Dir wird u. U. auch schwindelig werden. Mach dann ruhig eine Pause. Wichtig ist
nicht, dass du schnell viel machst, sondern dass du gute, kräftige, "saubere" und vor allem "gesunde" Töne produziertst. Nimm dir Zeit, atme richtig, setze gut und sauber an, achte immer drauf, dass du im Bauch bleibst, dass die vorangehenden "ssss" ' s immer voll aus dem Bauch kommen. Dann setzt du
kurz ab, atmest in den Bauch und singst die Quinte rauf und runter auf "saaa".
Achte drauf, dass du nicht heiser wirst, wenn das passiert, machst du etwas falsch. Wenn du "Belag" spürst, musst du neu atmen und neu ansetzen. Lass dir Zeit. Du kannst auch mit einem Teelicht auf einer Untertasse vor deinem Mund arbeiten. Es darf nicht flackern! Du musst saugen und die Luft "halten". Singen geschieht, so paradox es klingt, ohne Luft. Das heißt, du "hältst" die Luft und saugst vielmehr (wie ein Staubsauger) als dass du Luft abgibst.
Wenn du das schaffst, wenn das Teelicht nicht flackert, wenn du nicht heiser wirst und kein "Belag" spürbar wird, dann hast du gewonnen!
