Der Roots Blues an sich ist eine grässlich eintönige Sache, wenn man ihn nicht über den Tellerrand rausschubst und einige Dinge harmonisiert oder beifügt.
Vorsicht mit solchen Aussagen.
Ich beispielsweise "lebe" für den frühen Blues, es gibt kaum Musik, die mich emotional mehr berührt als einige der frühen Aufnahmen mit einem Mann und seiner Gitarre. So verkratzt sie auch sein mögen und so sperrig und "seltsam" sie für viele sind (meinetwegen auch nervig und grässlich), so sehr sind sie "mein Ding". Und ich finde es gut, dass es diese frühen Statements gibt und freue mich über diverse Wiederentdeckungen der letzten Jahre (z.B. Clarksdale Moan von Son House - eine Offenbarung).
Ich muss da aber nich missionieren und verstehe gut, wenn Andere einen anderen Geschmack haben - erwarte aber durchaus auch etwas Toleranz ggü. Leuten wie mir, die bei einem total verkacksten und verrauschten rumgejodel von Blind Lemon Jefferson in Verzückung geraten.
Und natürlich freut man sich, wenn Größen wie Eric Clapton den alten Vorbildern nacheifern, die White Stripes "Death Letter" meines Lieblings Son House covern, den Einfluss von so obskuren Jungs wie Fred McDowell auf die Rolling Stones, etc. - es ist gut, dass aus diesen Wurzeln neue Blätter und Zweige und auch Bäume wachsen. Es ist aber eben auch gut, dass es diese Wurzeln gibt und dass diese alten Aufnahmen als unverrückbare Statements dieser Wurzeln bestehen bleiben werden.
Also: Weiterentwicklung ist gut und schön und verdammt wichtig - aber es ist eben auch gut, die Wurzeln zu kennen, denn vielleich gefallen sie einem ja sogar. So war's bei mir übrigens: Ich habe mich über mein Interesse an Hard Rock langsam zurück zu den Rock-Klassikern wie Stones und Lynyrd Skynyrd und Cream etc. vor- oder besser zurück-gefühlt, dann war irgendwann Howlin' Wolf und Muddy Waters da, und schupps hatte ich meine ersten Schallplatten von Leadbelly und Robert Johnson und Co. in den Händen und wollte meinen Ohren nicht trauen ob der schönen Musik dort.
Und genau so wie jeder meiner Meinung nach die alten Bluesscheiben nicht mögen muss (obwohl sie mir gefallen), nehme ich mir das Recht heraus, einige der moderneren Musikrichtungen bzw. Interpreten eben auch nicht zu mögen (auch wenn sie Anderen gefallen). Respektieren für ihre Leistung tu' ich sie natürlich, es gibt auch verdammt viele gute Musiker - aber so richtig drauf abgehen kann ich eben nur bei den Sachen, die mich berühren. Und da hat jeder von uns andere "Knöpfe".
(Seltsam finde ich nur, wie viel öffentliches Geld für die Erhaltung von Musikstücken von 300 Jahren Alter verwendet wird... wenn klassiche Orchester nicht genügend Geld einspielen, warum kriegen dann nicht auch junge defizitäre Rockbands Subventionen vom Staat und kostenlose Proberäume? Aber das ist ein anderes Thema...)
Also - um den Sack hier zuzumachen: Schubladen und Dogmen helfen nicht, aber gewisse Kategorien und Kriterien helfen bei der Orientierung enorm. Was einem gefällt und nicht, und in welche ganz persönliche Kategorie man etwas einsortiert, ist jedem selsbt überlassen - man muss es aber auch bei anderen tolerieren. Und meine Kernaussage ist: Huchtings bringt mir nix.