Hi,
die Bereitschaft der Gegenseite, auf die gesonderte Erstattung der Anwaltskosten zu verzichten, sagt schon einiges aus. Man war sich dort demnach keineswegs sicher, dass es durchgeht. Tatsächlich ist das rechtlich auch ein kitzliger Fall, denn die Frage ist ja, ob das Verwahren in einem zwar ungesperrt zugänglichen, aber nirgends nach außen hin beworbenen oder öffentlich verlinkten Verzeichnis überhaupt ein "Veröffentlichen" oder "Verwenden" im Rechtssinne darstellt.
Ich würde es eher verneinen, denn es ist ja auch kein urheberrechtswidriges öffentliches Ausstellen eines Bildes, wenn es in Deinem Wohnzimmer hängt und man es von außen durch ein Fenster sehen kann. Als Richter würde ich mir immer die Frage stellen, ob aus dem Speicherort überhaupt darauf geschlossen werden kann, dass man das andere sehen lassen wollte, bzw. ob man vielleicht nicht einmal die Möglichkeit erkannt hatte, dass man von außen darauf zugreifen kann.
Wirklich bedauerlich ist, dass solche Dinge dann meist nicht vor einem Gericht entschieden werden, eben aufgrund der Angst vor den Kosten. Erfahrungsgemäß scheuen die Abmahner nämlich Auseinandersetzungen, bei denen sie sich nicht so ganz sicher sind, zu gewinnen. Wenn ein Präzedenzfall öffentlich wird, bei dem in so einem Grenzfall die Klage abgewiesen wird, verdirbt ihnen das das Geschäft mit der Angst. Es ist ja die Ungewissheit, die einen zahlen lässt, und könnte jeder googeln, dass ein Gericht die Klage in so einem Fall abgewiesen hat, wäre die beseitigt.
Das soll übrigens keine Kritik sein, ich kann es absolut verstehen, wenn man hier eine Risikoabwägung vornimmt. Generell finde ich, dass der europäische Gesetzgeber sich hier auch mal ein Beispiel am fair use-Prinzip nehmen sollte. Diskutiert wird darüber ja schon länger, und es wird Zeit, dass man den veränderten tatsächlichen Verhältnissen endlich Rechnung trägt.
Gruß, bagotrix