AA-Bandoneon: Wo "Carlsfeld" draufsteht, ist auch "Carlsfeld" drin...?

  • Ersteller clownine
  • Erstellt am
Das ist sehr interessant, danke Meisterklasse454.

(Aber klemmt eigentlich Ihre Taste mit dem Ausrufezeichen?)

Gruß,
Igelfeld


Gerne!

Was der taste betrifft - ?????????????????????????????????????????????????? ;)

Grus,

Mkl.454
 
Die Bandoneons wurden maschinell gefertigt. Natürlich war da viel Handarbeit dran, aber es wurde ein großer Einsatz von Maschinen betrieben. Desweiteren gibt es unterschiedliche Stimmplatten, sowohl welche mit Dreipunktnietkopf, als auch maschinengestanzte. Die Platten passen in das dazugehörige Bandoneonsystem des Herstellers. Man kann die Platten freilich nicht unbedingt in das Bandoneon eines anderen Herstellers packen, weil da die Stimmstöcke etwas anders gearbeitet sein können. Jedoch sind die Platten innerhalb der Serie des Herstellers kompatibel. Die Aluminium-Platten waren teurer und deshalb keineswegs minderwertig. Während in Deutschland früher das "deutsche System" gespielt worden war und auch heute noch weit verbreitet ist, ist in Argentinien die "rheinische Lage" die Standardlage, in Frankreich wird "Perguri" ? verwendet.

Der Unterschied zwischen "deutscher" und "rheinischer" Lage ist gar nicht so groß und die meisten Unterschiede sind im Baß und in den Belegungen der hohen Töne. Die hohen Töne werden selten bis gar nicht genutzt, bei den tiefen Tönen ist der Resonanzkasten vorgeschalten, wodurch die Austrittsöffnungen gleich sind. Man sollte also den Unterschied nicht überbewerten und ich vermute, daß es bei einem Blindvergleich unmöglich sein wird, die beiden zu unterscheiden.

Grüße

Ippenstein
 
Jede Instrumentengattung hat wohl ihren Mythos. Bei Akkordeons ist es die Gola, bei E-Gitaren Gibson, Violine Stradivari und beim Bandoneon ist es AA.

Die oft genannte Zahl von 30'000 nach Argentinien exportierete Bandoneons gilt meines Wissens nur für AA. Daneben gab es aber noch viele weitere Hersteller. Bandonions wurden in riesigen Stückzahlen gefertigt (vornehmlich rheinische Lage, die später argentinisch genannt wurde), v.a. in Arbeiterkreisen gespielt. Das war auch der Grund für die Nationalsozialisten, die Bandonion-Vereine zu verfolgen.

Nach 1939 wurde v.a. für den Export produziert, nach 1945 brach auch Lateinamerika als Absatzmarkt ein. AA wurde schliesslich um 1970 geschlossen. AA selbst produzierte Konzertinstrumente, aber auch einfache Instrumente.

Interessant finde ich die Preise der Instrumente, die ich in einem alten (leider nicht datierten, ev. 1924-anfangs 1930er) Musikalien-Katalog fand: ein Schülerbandonion kostete 171 RM (= 38$) ein Konzertinstrument (142 tönig, rheinische Lage) in Oktavstimmung 391 RM, 3-chörig 516 und mit Alu-Platten 587 (!). D.h. Oktavstimmung und Zinkplatten waren am billigsten. Dazu kommt noch der Preis für Einlagearbeiten. Zum Vergleich: ein 4-chöriges 41-120 Pianoakkordeon kostete über 1000 RM.

In Argentinien wurde AA auch deshalb zum Mythos, weil sie eine geschickte Marketingstrategie verfolgten. Zudem waren die Instrumente sorgfältig gebaut, robust und laut. Das war insofern wichtig, da es keine Verstärker gab und trotzdem grosse Säle bespielt werden mussten.

Der Klang der damaligen Instrumente verbreitete sich neben den Konzerten v.a. durch Rundfunk und Schallplatten. Aufgrund der damaligen Technik war das ein ein obertonarmer und mittenbetonter Klang. Wer diese Aufnahmen kennt (und liebt), ist zunächst überrascht, wie spitz und scharf ein Bandonion live kling. Es ist anzunehmen, dass sich der Klang eines AA im Laufe der Zeit nicht grundlegend geändert hat.

Von einem Exportverbot aus Argentinien hört man seit einigen Jahren. Argentinische Bandoneonisten treten trotzdem immer noch mit Ihren Instrumenten aus Argentinien auf. Ein Export macht auch keinen Sinn: in Argentinien werden irrwitzige Preise auch für völlig abgespielte Instrumente gezahlt, da ist es einfacher und billiger ein Oktav-Instrument in Europa zu kaufen und nach Argentinien zu importieren.

Der Mythos AA wird auch genährt, weil der Betrieb und drei politische Systeme (Kaiser, NS, DDR) untergegangen sind. Die Instrumente sind stabil und noch erhältlich, die Nachfrage von versierten Spielern eher gering. Da die traditionelle Spieltechnik nicht wirklich zugänglich ist und die Klangunterschiede für mein Dafürhalten eher gering sind, spricht meiner Meinung nach nichts gegen moderne Instrumente, die vielleicht auch spieltechnisch eingängiger sind und so den klanglichen Möglichkeiten des Bandoneons mit modernen Erkenntnissen kombinieren.

Faszinierend ist das Bandoneon aber auf jeden Fall, von der Entstehungsgeschichte über die Verbreitung bis hin zu den musikalischen Möglichkeiten.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 4 Benutzer
Hallo Ippenstein,

Ich habe es selber mal ausprobiert: Die Platten sind innerhalb der Serie des Herstellers (AA) gar nicht kompatibel. Es sieht so aus, all jede Bandoneon, allein gefertigt würde, und zwar - per Handarbeit.

Was den Unterschied macht - und ich versuche es wirklich nicht zu überbewerten: Fast jeder Bandoneon-Spieler der ich kenne (Profi), wird es sofort merken, auf welsche Positionen stehen die Töne unter den Resonanzkasten, und zwar - nach Gehör. Das ist nicht so schwer zu beurteilen, denn die Profis (z.B. Rodolfo Mederos), ganz bewusst, die unterschiede tone aus Recht oder aus Links, die am besten klanglich zum Komposition passen, wählen. Und wenn die Bass-Töne schon so unterschiedlich am eine und gleiche Instrument sind, versteht sich das zwischen die 144 und 142 Systeme, grossere Differenzen, klangbezüglich, gibt.

Ich habe das Glück, Mederos in Berlin vor ca. 1 Jahr, zu hören (er kam als gast der Staatsoper, spielte in der Schiller Theater). Ganz genau wählt er die mögliche tone - nach kompositorische und interpretatorischen Wünsche. Für Ihm, und nicht nur für Ihm, ist es entscheidende Punkt.

Grus,

Mkl.454

---------- Post hinzugefügt um 18:55:17 ---------- Letzter Beitrag war um 18:14:31 ----------

Hallo Accordion,

Darf ich etwa dazu sagen?

In Prinzip hast Du Recht. Allerdings, muss einer Argentinische Bandoneon gar nicht scharf klingen: Ich habe selber ca. 10 instrumente, ausprobiert: Jeder davon klang etwas anderes. Vom Scharf bis (fast) Matt. Das hat am meistens mit die Stimmplatten-Zustand zu tun, auch mit die Stimmung.

Was der Alu-Bandoneon betrifft: Es musste schon ein riesige Schock für der Hersteller (ich spreche nur von AA) damals gewesen, das die Argentinien, sein neue Alu-Bandoneons nicht wollte. Auch ein riesig Verlustgeschäft. Also, trotz das bis daher vernünftig Marketing-Startegie, wollte die Tango Spielers diese leichte Bandos nicht haben - denn die produzieren bei weitem nicht das Staccatissimo, der wie schon erwähnt, dort besonderes gewollt war (und ist).

Ich denke nicht das der Preis für den Alu-Bando das Problem war: Es ist schon üblich, das neue Erfindungen teurer sind. Insofern dürfte auch die Alu-Bandoneons teurer sein. Übrigens, die besondere schöne Zink Instrumente, mit "Mother of Pearl", "Luis XIV" usw., waren auch damals erhäblich teuerer; trotzdem würde sie sehr angefragt.

Das neue Exportverbot gilt nur für Ausländer, nicht aber für die Argentinische Bandoneonisten: Sie dürfen weiter auf dem ganze Welt mit ihre Instrumente, tretten. Ein Export macht viel Sinn, übrigens: In Argentinien (auch in Montevideo) wird man ca. 2000-2500 US$, für eine gute Instrument, bezahlen. Hierzulande kostet einer Argeninische AA ca. 3500-5500 Euros. Sonder Fertigungen sind noch viel teurer... Übrigens, gerade hierzulande gibt es einige Fachleute, die fähig sind, die Argentinische Bandos am besten zu warten, besser als die Argentinein es machen. Der erwähnte "Bando-Bando" ist übrigens ein ausgezeichnete Man dafür.

Es wäre also ein grosse Irtum, ein Oktav-Instrument nach Argentinien zu exportieren, meine Meinung nach. Und dort wird man es sowiso nicht mehr leisten können, der Europäischen Preis zu zahlen.

Die moderne Instrumenten gefallen mir persönlich auch. Leider "springt" der Klang-Differenz zum alte 142 AA sofort ins Gesicht. Höffentlich wird es bald anderes, ist aber noch nicht so weit. Grosse Schade, eigentlich.

Gruß,

Mkl.454
 
Man konnte das Bandoneon aus dem Katalog mit Zink oder Aluminiumplatten bestellen. Ebenso konnte man gegen 8 Mark Aufpreis die abgeschrägten Ecken mit der Lyra bestellen. Es gab die Serienanfertigungen und die Sonderanfertigungen, die dann erheblich teurer und nach Kundenwunsch waren.

Allerdings müsste, soweit ich in Erinnerung habe, die Zinkplatten ein bißchen anders klingen. Die Aluminiumplatten sind dicker, wodurch auch der Ton beeinflusst wird. Beim Akkordeon bedeutet das, daß lauter und bessere Ansprache, weil mehr Masse da ist, aber auch dunkler und mildere Obertoncharakteristik. Beim Bandoneon würde das bedeuten, daß die Obertöne bei Aluminiumplatten nicht so scharf kommen würden. Jetzt hatten die Leute bei der Erstellung der Zungen einen inzwischen bekannten Trick angewandt, wodurch nach dem 8. oder 9. Oberton Schluß ist., weshalb sich auch da der Unterschied nicht zu stark auswirken dürfte. Ich würde gerne mal zwei vergleichen...

Grüße

Ippenstein

Grüße

Ippenstein
 
Hallo Ippenstein,

Eine mögliche Antwort dafür findest Du eventuell etwa 50 KM von Bamberg :) Vielleicht Kännst Du Thomas (Tim) Tröster (Blaues Haus - Döllnitz, Döllnitz 17, 95359 Kasendorf, Bayern / Oberfranken)? Er spielt Bandoneon und hat immer welsche Argentinische Bandoneons (ich meine das o.g. AA, Zink, 142/II/II) zu Hand. Ich bin mich ziemlich sicher, das er Dir es ermöglichen wird, einige sein Bandos zu vergleichen.

Gruß,

Mkl.454
 
Hallo und vielen Dank,

das ist eine gute Adresse, an die ich mich gelegentlich mal wenden werde.

Viele Grüße

Andreas
 
Nur mal so Thomas (Jim nicht Tim) Tröster spielt auch seit ein paar wochen ein niegelnagel neues instrument mit intarsien aus unserer firma
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Nur mal so Thomas (Jim nicht Tim) Tröster spielt auch seit ein paar wochen ein niegelnagel neues instrument mit intarsien aus unserer firma

Hallo ralf82,

Eine tolle Nachricht! Glückwünsche zum diese schönen Erfolg :great: ! Dabei hast Du mich sogar sehr neugierig auf Dein neue Bandoneon gemacht!

Ich kenne nicht alle Bord-Regeln, und vielleicht darfst Du hier die Name dein Firma nicht veröffentlichen(?). Dann kommunizieren wir weiter per PN.

Danke ins Voraus,

Mkl.454
 
Zuletzt bearbeitet:
L
  • Gelöscht von Wil_Riker
  • Grund: Crosspost - bitte nur einen Beitrag zur identischen Frage erstellen (siehe separaten Thread in Funkt

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben