Ein paar praktische Erfahrungen und auch theoretische Überlegungen zu Isoboxen (keine Angst, ich werd jetzt nichts vorrechnen)
1. Warum braucht man eine Isobox, was ist also das oberste Ziel wenn man eine Isobox baut/kauft?
-> Schalldämmung, außerhalb der Box soll es also so leise sein, dass man niemanden damit stört, selbst wenn man den Verstärker so laut aufdreht dass die Lautsprecher selbst ein wenig zu zerren beginnen, wenn man also "auf amtlicher Lautstärke" aufnimmt.
2. Und angenommen man würde dieses Ziel erreichen (was nicht funktioniert wie ich gleich erläutern werde), welche Nebenziele hätte man?
-> Klang, die Gitarrenbox soll ja schließlich auch noch gut klingen, sonst war das alles für die Katz.
Also, Schalldämmung.
Wie laut sind Gitarrenverstärker?
90 bis 100 dB erreichen übliche Lautsprecher in 1 m Entfernung schon bei 1 Watt Leistung, viele Gitarrenverstärker bieten die zehnfache oder hundertfache Leistung. Wer also mehr als 1 Watt seiner Endstufe nutzt, erreicht deutlich höhere Pegel.
Um niemanden im Haus zu wecken und auch die Nachbarn nicht zu stören muss die Lautstärke auf jeden Fall unter 60 dB bleiben (gaaanz grob geschätzt).
Die Berechnung überspring ich jetzt mal und schreib gleich das Ergebnis: Mit keiner Isobox der Welt senkt man den Schalldruckpegel um 40 dB oder mehr. Dafür wären Ziegel- oder Betonmauern nötig.
Bei der üblichen Konstruktion von Isoboxen (einige Zentimeter dickes Sperrholz) werden zwar hohe Frequenzen und auch Hochmitten tatsächlich geblockt (was eine Menge Probleme aufwirft, siehe weiter unten), mittlere und tiefere Frequenzen jedoch kaum abgesenkt.
Die Kinder im Nebenzimmer hören also einen weniger höhenlastigen Gitarrensound, der aber nicht wirklich leiser ist. Einschlafen werden sie so nicht.
oberstes Ziel also verfehlt.
Und um gleich die Diskussion vorwegzunehmen:
Ja, viele Leute die sich eine Isobox bauen werden jetzt sofort sagen "aber durch meine Isobox ist es viel leiser geworden!"
Meine Frage darauf jedes Mal: "Leise genug um niemanden im Haus zu stören?"
Die Antwort darauf ist immer "Nein, nur ein bissl leiser aber nicht wirklich leise genug".
Zum Thema Klang:
Durch das eigentlich enorm kleine Volumen vor der Box, das durch die Wände der Isobox begrenzt wird entstehen völlig neue akustische Begebenheiten. An den Wänden entstehen Reflexionen, und weil die Wände sehr viel näher beim Mikrofon sind als in einer "normalen" Aufnahmesituation sind die Reflexionen deutlich lauter und haben deutlich mehr Einfluss auf den Klang: Es bilden sich stehende Wellen, Resonanzen und Kammfiltereffekte, einzelne Frequenzen werden ausgelöscht, andere stark überbetont. Durch die geringen Abmessungen liegen diese Effekte alle direkt im mittleren Frequenzbereich wo sie am meisten stören. Dazu kommt noch jede Menge wummern.
Kurz: Der Klang wird absolut unnatürlich, und weil die Effekte sehr zahlreich und überdies recht schmalbandig sind lässt sich das mit einem EQ auch kaum mehr geradebiegen, schon gar nicht für Ungeübte.
Üblicherweise wird versucht dies zu verhindern indem man die Innenseite der Isobox mit Schaumstoff auskleidet. Noppenschaumstoff ist dabei sehr beliebt - aber genauso wirkungslos, denn die verwendeten Schaumstoffe sind eigentlich immer zu dünn. Mit 2 bis 5 cm dünnem Schaumstoff absorbiert man nur sehr, sehr hohe Frequenzen, der Klang wird also noch dumpfer.
Das Nebenziel "möglichst guter Klang" wird also ebenfalls verfehlt.
Und um gleich wieder die Diskussion vorwegzunehmen:
Natürlich ist jeder der sich eine Isobox gebaut hat zuerst mal sehr stolz auf sein Werk und wird vehement behaupten, dass sie auch gut klingt.
Ich hab mittlerweile doch viele verschiedene Isoboxen gehört, sowohl kommerziell verkaufte als auch selbst gebaute. Geklungen haben sie allesamt (!) - man verzeihe mir die Wortwahl - ziemlich beschissen.
Ganz ehrlich, bevor ich so einen - man verzeihe mir die Wortwahl - scheiß unnatürlichen Gitarrensound verwende greif ich sogar lieber zu schlechten Ampsimulator-Plugins. Denn was den Plugins an "Leben" fehlt, das fehlt den Isoboxen ebenso UND sie sind außerdem auch immer noch zu laut.
Fazit:
Isoboxen klingen schlechter und sind trotzdem nicht leise genug.