Wann ist man Musiker?
Ich schlage da folgende Hierarchie vor:
- Wenn man anfängt, ist man Gitarrenspieler oder Gitarrenbesitzer oder so. Man spielt einfacher Lieder nach oder schrammelt ein bisschen am Lagerfeuer. Man weiß nicht wirklich, was man da tut. Man hat noch keinen Drang zur Perfektion und arbeitet nicht an seinen Fehlern.
- Irgendwann wird man besser, erkennt seine Fehler, arbeitet an diesen, beginnt Tonleitern zu lernen und sich mit der Technik zu beschäftigen, improvisiert und streitet mit anderen über Equipmentfragen D). Man entwickelt sich zum Gitarristen. Ein Gitarrist beherrscht sein Instrument und ist in der Lage, Riffs zu entwickeln und Solos zu spielen und hat immer den Drang, besser zu werden. Jedoch steht die Gitarre meißtens im Mittelpunkt.
- Wenn man lang genug Gitarrist war, hat man schon einige Erfahrung mit Musik gemacht. Man hat ein Gefühl dafür entwickelt, wie Songs aufgebaut sind und was die Rolle der Gitarre in diesen ist und hat auch schon einen musiktheoretischen Hintergrund. Man wird langsam zum Musiker. Ein Musiker betrachtet Musik in einem größeren Zusammenhang. Er weiß, wie er sein Instrument in einem Song einzusetzen hat und verzichtet gegebenenfalls auch mal auf ein Solo, wenn das nun wirklich nicht in den Song passt. Man kennt sich auch ein bisschen mit den anderen Instrumenten aus, lernt vielleicht sogar selbst ein zweites, und benutzt die ihm zu Verfügung stehenden Mittel und sein Wissen, um songdienlich zu spielen. Der Song steht im Mittelpunkt, nicht die Gitarrenspur. Man weiß, wie man sein Instrument einzusetzen hat, damit etwas gutes dabei raus kommt. Als Musiker kann man jetzt immer besser werden und auch immer mehr Routine entwickeln etc. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Das ist natürlich nur ein Vorschlag und man kann auch z.b. schon als Gitarrist songdienlich spielen und außerdem muss man als guter Musiker jetzt nicht ein superduper Gitarrist sein usw. Es ist eben sehr schwammig und soll nur ein ungefähres Bild zeichnen. Es soll sich daher keiner beleidigt fühlen, wenn er da jetzt nicht unter die Kategorie Musiker fällt, denn man kann das sicher auch anders einteilen. Es ist auch nicht so gemeint, dass die Musiker jetzt die besseren Menschen sind.
Ich würde mich selbst auch nicht als vollendeten Musiker oder genialen Gitarristen bezeichnen, sondern eher als Übergangstyp oder so.
Wenn man von dieser Definition von Musiker ausgeht, würde ich sagen, dass man um Gehörbildung nicht herum kommt, denn das gehört einfach zum Besser werden. Man wird einfach den Wunsch haben, das auch zu können, weil man sich eben neue Möglichkeiten eröffnen will, statt irgendwo zu stagnieren. Außerdem braucht man ein gutes Gehör, wenn man nicht nur auf sein eigenes Instrument fixiert ist, um mit den anderen Instrumenten optimal zusammenzuspielen.
Bartek schrieb:
ich und viele andere sehen Beethoven als Musiker, aber was ist ein Beethoven schon gegen eure Meinungen. Der hat ja eh nichts zustande gebracht, na ok er hat vielleicht eine ganze Stilepoche geprägt aber wer von uns hat das nicht?
Beethoven war nicht immer taub. Er hat eben bis dahin ein bemerkenswertes Gehör entwickelt, das es ihm erlaubt hat, auch später noch zu komponieren. Ich weiß zwar selbst nicht, wie es ist, taub zu sein, aber durch den Verlust des Gehörsinns geht doch nicht die Möglichkeit verloren, sich Klänge vorzustellen, oder? Es geht doch jedem mal so, dass er einen Ohrwurm hat, der ihn den ganzen Tag lang begleitet. Beethoven hat sich die Lieder eben vorgestellt und diese Vorstellungen dann aufgeschrieben. Mit Gehörbildung ist ja nicht gemeint, dass man sein Sinnesorgan Ohr verbessert - das geht ja garnicht - sondern, dass man die Töne, die man hört, ob real oder eingebildet, identifizieren kann und Intervallen, Tonleitern, Akkorden, Rhytmik uvm. zuzuordnen. Und darin war Beethoven eben ein echter Meister. Wäre er von Anfang an taub gewesen, hätte er das nie entwickeln können.