Dann vielleicht auch mal, wie die erste Stunde bei mir so ablaeuft:
Fuer Erwachsene normalerweise 60min. Eine gute Viertelstunde verbringen wir meist mit einem Gespraech ueber musikalische/saengerische Vorbildung, saengerische Ziele und Probleme, ob es irgendwelche medizinischen Probleme gibt, die beim Singen beeintraechtigen koennten usw. Auch Formalitaeten, so noch noetig. Dazu muss ich direkt mal ausholen:
Aus Lehrersicht muss man sich natuerlich irgendwie absichern. Letzten Ende ist das Unterrichten kein Hobby fuer uns (auch, wenn es Spass macht), sondern unser Beruf, fuer den wir oft Jahre an Unis verbracht haben. Unsere Rechnungen muessen wir genauso bezahlen wie alle anderen auch.
Ich habe ueber die Jahre alles durchprobiert, von Pay-as-you-go, ueber Bloecke und monatliche "Flatrates". Letztere haben zwar prima funktioniert, und man hatte nicht die ewigen Diskussionen, ob fuer eine kurzfristig abgesagte Stunde bezahlt werden muss oder nicht (hat man halt einfach irgendwann nachgeholt). Mir war das aber auf die Dauer zu unflexibel, da ich die Tendenz habe, zu viel zu arbeiten und den Schuelern dann, weil ich's gerne gemacht habe, viel zu viele "unbezahlte Extrastunden" habe zukommen lassen. Mit dem Ergebnis, dass mein Stundenlohn immer weiter sank und ich so gut wie keinen Urlaub mehr hatte (Singen tu' ich ja ausserdem auch noch). Die Vertraege liefen nur ueber 40 Stunden pro Jahr, manch Einer hatte aber 46 oder 48. Mein eigenes Problem, weil ich total im Job aufgehe, aber da musste ich aus Selbstschutz irgendwann einfach die Notbremse ziehen (zumal es bei den Schuelern irgendwann auch zu einer gewissen Erwartungshaltung gefuehrt hat - "reicht man den kleinen Finger" und so
).
Mittlerweile bin ich wieder bei Pay-per-lesson angekommen. Wer absagt, muss das spaetestens 48 Stunden vor Unterrichtsbeginn tun, sonst muss die Stunde bezahlt werden. Auch bei Erkaeltung, Ueberstunden und im Stau steckenbleiben, sorry. Das Problem ist einfach, dass manche Leute (nicht alle!) es ausnutzen, wenn du Ausnahmen machst. Wie sagen wir hier so schoen: "Provide a loophole, and people will jump through!" Die sagen dann grundsaetzlich 'ne halbe Stunde vorher ab, weil sie angeblich krank sind, abends geht's ihnen dann aber auf einmal gut genug, dass du sie im Kino triffst. Ich muss hier nicht erwaehnen, dass ich bei echten Notfaellen auch kulant bin. Das entscheide ich aber spontan - offiziell gibt's erstmal keine Ausnahmen, und seitdem ich das so handhabe, habe ich wesentlich weniger Probleme mit Timewastern. Die merken dann relativ schnell, dass das auf Dauer zu teuer wird, wenn man staendig absagt. In 8 von 10 Faellen sind die Schueler aber verlaesslich - nur gegen die anderen muss man sich halt auch absichern, und mittlerweile fackele ich da nicht mehr lange.
Ja, bezahlt wird am Unterrichtstag. Einzige Ausnahme sind Online/Skype Sessions; die finden nicht statt, wenn das Geld nicht vorher auf meinem PayPal Konto eingegangen ist, liegt in der Natur der Sache.
Zurueck zur ersten Unterrichtsstunde: Nachdem wir dann also alle Formalitaeten abgeklaert haben und uns gegenseitig "beschnuppern" konnten, gibt's ein kleines Koerper Warmup und eine Einfuehrung in die Basics der Atmung. Ist auch fuer mich gut zu sehen, wo der Schueler da ggf. Blockaden/Verspannungen hat, wie der generelle Koerpertonus ist usw. Dann geht's ans Klavier, und ich mache ein schnelle Stimmpruefung. Da sehe ich dann gleichzeitig, wie's um Musikalitaet steht, ob Toene abnehmen ein Problem ist usw. Danach habe ich eine relativ gute Idee ueber derzeitigen Stimmumfang, Bridges und v.a. COMFORT ZONE - die ist naemlich in aller Regel wesentlich kleiner.
Dann kann der Schueler mir ein bis zwei Songs vorsingen, an denen wir auch gleich technisch ein bisschen arbeiten, so dass er/sie die erste Stunde mit einer Art Aha-Erlebnis verlaesst. Ich denke, das ist wichtig. Man muss da nicht im Detail arbeiten und es in der ersten Stunde gleich uebertreiben, aber der Schueler sollte schon das Gefuehl haben, dass ein paar Dinge nach Anleitung besser funktioniert haben. Meistens versuche ich auch direkt rauszufinden, worauf der Schueler am besten reagiert - reagiert er/sie auf Bilder, muss ich viel Vorsingen etc. Das ist auch wichtig fuer die weitere Zusammenarbeit.
60 min sind schnell rum, aber man kriegt da schon einiges geschafft. Wunder vollbringen kann der Gesangslehrer allerdings auch nicht. Manche Leute haben auch unrealistische Vorstellungen - kommt vor. Ich wuerde aber generell auch sagen, dass man auf sein Bauchgefuehl hoeren sollte. Dass man mit einem Lehrer/Schueler nicht klarkommt, hat nicht zwangslaeufig damit zu tun, dass es ein schlechter Lehrer oder nerviger Schueler ist - manche Persoenlichkeiten klicken halt einfach nicht, das ist auch keine Schande. Sieht man sich halt anderweitig um...
P.S.: Wie oft Stunden stattfinden haengt bei mir uebrigens auch von Musikstil und saengerischer Vorbildung ab (und natuerlich, worauf der Schueler sich einlassen will/kann - wenn jemand extreme Intonationsschwierigkeiten hat und keinen Ton trifft, aber meint, er kommt mir einer Stunde alle zwei Monate aus, werde ich dem irgendwann mitteilen, dass er so nicht vorankommt und es besser laesst - da bin ich dann auch ehrlich).
Ich unterrichte Anfaenger, Profis und alles dazwischen. Kinder kommen grundsaetzlich woechentlich, klassische Anfaenger meistens auch. Fortgeschrittene Saenger koennen kommen, wenn sie's benoetigen, und bei Pop und Rock arbeite ich eher nach dem Grundsatz: "Don't fix it if it ain't broken". Heisst, die kommen oft nur, wenn sie alleine nicht weiterkommen oder merken, dass die Technik eben doch nch nicht stabil genug fuers Touren ist.