Guitar-Chris
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Hallo!
Hier ein erstes Review zum noch relativ neuen Boss ME-80 Multieffekt:
Nach früheren Erfahrungen mit der GNX Serie von Digitech war ich seinerzeit auf Einzeleffekte umgestiegen. Klanglich gefiel mir das auch sehr gut. Allerdings wuchs das Board doch sehr an, um verschiedenste Sounds in der Coverband schnell verfügbar zu machen. Nachdem dann am Ende 12 Treter auf dem Board waren, wurde mir die Schlepperei zuviel. Auch war ein schneller Wechsel zwischen unterschiedlichen Einstellungen nicht machbar. Und ganz ehrlich: Ich wollte mal was neues ausprobieren.
Testumgebung: Fender Telecaster, Squier Classic Vibe 50, Yamaha Pacifica 412V vor einem clean eingestellten Vox Valvetronix AD50VT.
Lieferumfang und Ausstattung/ Gehäuse
Das Boss ME-80 kommt zunächst einmal nur mit einem Satz Batterien und ohne Netzteil. Das original Netzteil von Boss kostet 30 Euro extra. Ein ausreichend dimensioniertes Standardnetzteil reicht natürlich auch. Eigentlich erwartet man das schon als Grundausstattung, aber na gut, man wollte wohl die 300 € Marke deutlich unterbieten, um attraktiv zu sein.
Das Gehäuse ist aus Metall, macht einen grundsoliden Eindruck und weist äußerlich auch paar pfiffige Details auf. So kann der Netzteil Anschluss über eine Zugentlastung festgeklemmt werden. Der Ein-/Ausschalter ist ein Taster, der gegen unabsichtliche Betätigung gesichert ist. Gefällt mir. Ansonsten Hinten die Anschlüsse für Kopfhörer (3,5 mm Klinke), USB und zwei 6,3 mm Monoklinken. Wahlweise können beide Klinkenausgänge für Stereobetrieb oder nur der linke für Monobetrieb verwendet werden.
Das Bedienfeld des Multieffektes folgt der Philosophie von Einzeleffekten. Insoweit gibt es für jede Funktion (z.B. Gain, oder Volume oder Effektstärke) einen Regler, der nicht mehrfach belegt ist.
Die Knöpfe sind durch grafische Rahmen zusammengefasst zu folgenden Effekten: Preamp, Compressor/FX1, EQ/FX2, Overdrive/Distortion, Modulation, Delay, Reverb. Daneben gibt es nur noch 4 kleine Taster (Exit, Write, CTL, Edit)
Daneben sind 4 Doppelschalter als Fußschalter vorhanden. Diese sehen optisch wie ein Schalter aus, bestehen aber aus einem Taster unten und einem Taster oben. Rechts daneben dann noch das Fußpedal.
Grundkonzept des Multieffektes
Das ME-80 kennt zwei Modi, den Manual-Modus und den Memory-Modus. Im Manual Modus bedient man das Board, als wenn es sich um einzelne Bodentreter handelt. Alle Regler wirken direkt auf den Sound. Die oben genannten Effektblöcke verfügen jeweils über einen zugehörigen Fußschalter. Wer also in der Probe mit der Band schnell mal einen Sound bauen muss, kann das hier schnell bewerkstelligen. Das hebt sich wohltuend von den oft vorgefundenen menülastigen Geräten ab und gefällt mir sehr gut.
Im Memorymodus gibt es 72 Presets. Davon sind 36 frei veränderbar, 36 Werkspresets sind unveränderbar. Die 36 Userpresets sind in 9 Bänken zu 4 Sounds organisiert. Das heißt, man wählt mit den beiden oberen linken Pedalen die Bank aus und dann mit den 4 unteren Pedalen die Sounds 1 bis 4. Hierbei gibt es jetzt eine wirklich gut gelungene Besonderheit: Wenn man ein Preset entwickelt hat kann man dem dritten Fußschalter oben (CTL = Control) besondere Funktionen zuordnen: Entweder wird beim Drücken des Pedals ein bestimmter Wert eines Reglers verändert, oder ein bzw. mehrere Effekte werden hinzu oder abgeschaltet.
Das muss man an Beispielen erläutern. Es wurde z.B. ein Patch erstellt mit einem crunchigen Rocksound. Jetzt möchte man schnell einen Solosound haben, der auf diesem Sound basiert. Gewünscht ist: Etwas lauter, etwas verzerrter, etwas Delay. Hierfür muss man nun keinen zweiten Patch anlegen, sondern macht folgendes: Man weist dem CTL-Pedal z.B. den Overdrive und das Delay zu. Der Grundsound wird ohne diese beiden aktiven Effekte gespeichert. Jetzt kann zunächst der Grundsound gespielt werden und nach einem Tritt auf das CTL Pedal wird der Overdrive und das Delay hinzugeschaltet. Alternativ könnte man z.B. den Volume Wert des Preamps auf das CTL Pedal legen, wenn es nur lauter werden soll. Das finde ich eine wirklich praxisnahe Lösung. Auch komplexere Soundänderungen sind machbar: So kann etwa das CTL Pedal den Overdrive ausschalten und gleichzeitig den Chorus an. So kann zwischen verzerrten Sound und Chorussound gewechselt werden und, und und....
Das Multieffekt kann vor einem Amp betrieben werden oder direkt in die PA oder einem Aufnahmeinterface etc. Die dafür notwendige Frequenzkorrektur liegt am Kopfhörerausgang an. Steckt dort ein Stecker, werden auch die Ausgänge an den großen Klinken korrigiert. Wer also nur die großen Klinken nutzen möchte und von dort direkt in die PA, der muss einen Stecker in den Kopfhörerausgang stecken, damit die Boxensimulation greift. Das funktioniert, ist aber nicht wirklich elegant gelöst. Ein Schalter für die Lautsprechersimulation wäre schöner gewesen.
Funktionen und Qualität der Effektblöcke
Preamp:
Auch wer das ME-80 vor einem Amp benutzt wird hier fündig. Die Preamps biegen den Grundsound so hin, dass der typische Klang bestimmter Verstärkertypen oder Sounds als Basis für die weitere Klangaufbereitung dienen. Der Preamp kann natürlich auch aus bleiben, dann baut man auf den Sound seines eigenen Verstärkers auf. Natürlich wir aus einem 1*12 Verstärker kein 4*12 Turm. Dennoch hat man z.B. mit der Einstellung Combo den Grundsound eines Vox Combos oder mit Stack einen Marshall vor den Ohren. Die Regelung von Gain, Volume und EQ greifen übrigens deutlich in den Sound ein, so dass wirklich große Anpassungsmöglichkeiten bestehen. Die Grundabstimmung der Modelle finde ich allesamt gelungen.
Compressor/FX1:
Hier findet man einen Compressor oder Sondereffekte wir etwa ein Defretter, der einen bundlose Gitarre simuliert. Da der Compressor besonders häufig benutzt werden wird hierzu noch eine Anmerkung: Der Sustainregler und der Level-Regler reagieren so, wie ich es gewohnt bin. Der Attackregler wirkt sich dagegen eher homöopathisch aus. Das gefällt mir persönlich nicht so gut, da ich z.B. von einem MXR SuperComp da eine deutlichere Wirkung kenne. Dennoch können die Compressor Sounds in der Praxis gefallen, wenngleich sie was das Attack angeht eben eher zurückhaltend eingreifen.
Besonders hervorheben möchte ich noch die Singlecoil->Humbucker und Humbucker->Singlecoil Funktionen. Besonders bei verzerrten Sound nutze ich mit meiner Strat die Möglichkeit, den Single Coil an der Bridge durch die Einstellung Humbucker->Singlecoil so zu verändern, dass er eben eher nach Humbucker klingen. Im Prinzip werden dort Presets für die Mitten und Höhen eingestellt. Das funktioniert tatsächlich gut.
EQ/FX2:
Hier steht ein 3-bandiger EQ mit Volumeanpassung zur Verfügung, der hinter(!) dem Preamp greift. Das ist klasse, um den Sound etwas zu verfeinern, ohne dass das Auswirkung auf die Verzerrung hat. Daneben stehen noch einige Modulationseffekte (z.B Phaser, Tremolo, Chorus, Delay und ein Booster zur Verfügung). Delays kann man beim ME-80 übrigens in 3 Sektionen einstellen (EQ/FX2, Modulation und Delay). Das macht z.B. Multidelays möglich. Die Modulationseffekte in dieser Abteilung gefallen mir sehr gut. Hier sind in der Regel wenig Anpassungen nötig und man hat schnell einen angenehmen Sound eingestellt.
Overdrive/Distortion:
Auch hier gibt es eine breite Auswahl von Verzerrern, die sich zumeist an bekannten Boss-Pedalen orientieren. Vom Boost bis zum Heavy Metal Verzerrer ist alles dabei. Die große Frage bei den Multis ist ja immer, wie dynamisch diese Effekte umgesetzt sind oder ob es brizzelig digital klingt. Wie sieht es also beim ME-80 aus? Zunächst einmal finde ich, dass es hier gelungen ist, sowohl Verzerrer abzubilden, die eher bluesig anzerren, mal crunchig drücken oder richtig "braten". Erfreulich auch, dass die Latenzen früherer Zeiten und Modelle heute nicht mehr (spürbar) auftreten. Die Dynamik der Verzerrer ist unterschiedlich: Klar, ein MetalCore verhält sich auch als einzelnes Pedal nicht besonders anschlagdynamisch, aber der Blues-Verzerrer kann das doch ganz gut. Sowohl Anschlagstärke wie auch Volumepoti lassen sich gestaltend einsetzen. Insgesamt würde ich aber meinen, dass die Dynamik etwas hinter hochwertigen Overdrives zurückbleibt. So habe ich z.B. eine Box of Rock in den Ohren, die über die Dynamik von bluesig bis zum Heavy-Brett alles mit einer Einstellung abdeckt. Das ist beim ME-80 etwas mehr Feinarbeit notwendig.
Als Gesamtergebnis würde ich hier 4 von 5 möglichen Punkten geben. Die Dynamik ist etwas eingeschränkt, dafür stehen aber sehr praxisnahe und eine große Bandbreite abdeckende Zerren zur Verfügung.
Modulation:
Noch mehr Feingefühl beim Einstellen erfordern die Modulationseffekte. Denen stand ich aber schon immer skeptisch gegenüber. Nach etwas Einstellung kommen aber nette Phaser, Flanger, Chorus, Tremolos oder Univibes heraus. Vorsicht bei den Effekten, die die Tonhöhe verändern. Zwar führen die Pitch-Shifter und Harmonist Effekte schnell zu einem Wow-Effekt, allerdings verspürt man doch immer recht deutlich, dass hier der Sound digital entsteht und zuweilen auch einige Artefakte hörbar sind. So habe ich mir einen Harmonist Effekt gebaut, der dem Signal eine Terz in der Tonart C-Dur hinzufügt. Dazu muss dann aber mit dem EQ in die Höhen Eingegriffen werden, dass es ansonsten doch irgendwie "unrund" klingt.
Gerade bei diesen Effekten gilt daher wie so oft: Weniger ist mehr.
Delay:
Diese Sektion bietet eigentlich alles was man braucht. Vom normalen Digitaldelay bis zum analog klingenden, höhenabschneidenden Echo über einem Modulationsdelay bis zum neuen Tera-Delay ist hier alles da. Was mir auffiel: Insbesondere das Modulations-Delay ist im DD-7 von Boss meiner Meinung nach deutlich besser umgesetzt. Insgesamt klingen alle Delayeinstellungen im Vergleich zu eben diesem DD-7 etwas "schlichter". Auch hier geht es nur um Nuancen, wundert mich aber doch, das die Einstellmöglichkeiten (Zahl der Regler) an sich ja gleich sind.
Ach ja, das Delay hat natürlich eine TapTempo Funktion. Sehr schön: Es lassen sich gleich punktierte 1/8 Noten eintappen. The Edge lässt grüßen! An diesere Stelle kann man auch die Delay-Unit als Looper nutzen. Maximal 38 Sekunden stehen hier zur Verfügung, für kurze Akkordphrasen sicherlich genug.
Reverb:
Room, Hall (Halle), Spring (Federhall) mit nur einem Regler. Funktioniert, mehr aber nicht. Andere Multieffekte lassen beim Hall noch die Regelung von Halllänge und Höhendämpfung getrennt zu. Letzteres hätte ich auch hier gerne gesehen. So ist es lediglich ein durchschnittliches Feature.
Fußpedal:
Das Pedal ist in der Grundstellung als Lautstärkepedal eingestellt. Tritt man es nach vorne etwas kräftiger durch, wird der Effektmodus eingeschaltet. Jetzt kann man das Pedal z.B. als WahWah oder zur Tonhöhenveränderung als Effekt nutzen. Viel mehr gefällt mir allerdings die Möglichkeit, z.B. das Gain vom Overdrive zu regeln. Der absoluter Hammer ist aber die "Freeze" Funktion. Damit kann man den Klang einfrieren. So ist der "Sound-On-sound" Effekt machbar, den z.B. David Gilmour bei "Shine on you crazy diamond" in Live at the Royal Albert Hall genutzt hat.
USB Anschluss
Über den USB Anschluss lässt sich sowohl der Sound ausgeben also auch die Pachverwaltung vornehmen. Die Soundaufnahme habe ich noch nicht gestestet. Das hole ich nach.
Mit der Software Boss ToneStudio, die sich frei herunterladen lässt, wird die Patcherstellung und Verwaltung zum Kinderspiel. Daneben kann man über die Software auch auf eine Patchbibliothek von Boss zugreifen, in der wirklich erstklassige Patches aus verschiedenen Genres zur Verfügung stehen. Was die Sounderstellung angeht, ist das einer der intuitivsten Programme die ich kenne. Lediglich fiel auf, dass die 1.0 Version noch die ein oder andere kleine Macke hat. So verschluckt sie sich z.B. manchmal bei den Patchnamen.
Fazit
Mein Gesamtfazit fällt positiv aus. Aufgrund des durchdachten Bedienkonzeptes kann man sich mehr mit Musikmachen als mit Programmierung beschäftigen. Klanglich erfüllt das ME-80 meine Anforderungen. Den einen oder anderen Kritikpunkt (z.B. die sparsame Hallsektion) gibt es, aber die führen nicht dazu, dass ich das Gerät nicht grundsätzlich empfehlen könnte. Nur wer den Zerrsound seines Amp nutzen möchte, sollte vorsichtig sein, denn die 4-Kabel-Methode ist beim ME-80 nicht möglich.
In einer Band, wo viele Sounds benötigt werden, dürfte sich das ME-80 zuhaus fühlen.
Hier ein erstes Review zum noch relativ neuen Boss ME-80 Multieffekt:
Nach früheren Erfahrungen mit der GNX Serie von Digitech war ich seinerzeit auf Einzeleffekte umgestiegen. Klanglich gefiel mir das auch sehr gut. Allerdings wuchs das Board doch sehr an, um verschiedenste Sounds in der Coverband schnell verfügbar zu machen. Nachdem dann am Ende 12 Treter auf dem Board waren, wurde mir die Schlepperei zuviel. Auch war ein schneller Wechsel zwischen unterschiedlichen Einstellungen nicht machbar. Und ganz ehrlich: Ich wollte mal was neues ausprobieren.
Testumgebung: Fender Telecaster, Squier Classic Vibe 50, Yamaha Pacifica 412V vor einem clean eingestellten Vox Valvetronix AD50VT.
Lieferumfang und Ausstattung/ Gehäuse
Das Boss ME-80 kommt zunächst einmal nur mit einem Satz Batterien und ohne Netzteil. Das original Netzteil von Boss kostet 30 Euro extra. Ein ausreichend dimensioniertes Standardnetzteil reicht natürlich auch. Eigentlich erwartet man das schon als Grundausstattung, aber na gut, man wollte wohl die 300 € Marke deutlich unterbieten, um attraktiv zu sein.
Das Gehäuse ist aus Metall, macht einen grundsoliden Eindruck und weist äußerlich auch paar pfiffige Details auf. So kann der Netzteil Anschluss über eine Zugentlastung festgeklemmt werden. Der Ein-/Ausschalter ist ein Taster, der gegen unabsichtliche Betätigung gesichert ist. Gefällt mir. Ansonsten Hinten die Anschlüsse für Kopfhörer (3,5 mm Klinke), USB und zwei 6,3 mm Monoklinken. Wahlweise können beide Klinkenausgänge für Stereobetrieb oder nur der linke für Monobetrieb verwendet werden.
Das Bedienfeld des Multieffektes folgt der Philosophie von Einzeleffekten. Insoweit gibt es für jede Funktion (z.B. Gain, oder Volume oder Effektstärke) einen Regler, der nicht mehrfach belegt ist.
Die Knöpfe sind durch grafische Rahmen zusammengefasst zu folgenden Effekten: Preamp, Compressor/FX1, EQ/FX2, Overdrive/Distortion, Modulation, Delay, Reverb. Daneben gibt es nur noch 4 kleine Taster (Exit, Write, CTL, Edit)
Daneben sind 4 Doppelschalter als Fußschalter vorhanden. Diese sehen optisch wie ein Schalter aus, bestehen aber aus einem Taster unten und einem Taster oben. Rechts daneben dann noch das Fußpedal.
Grundkonzept des Multieffektes
Das ME-80 kennt zwei Modi, den Manual-Modus und den Memory-Modus. Im Manual Modus bedient man das Board, als wenn es sich um einzelne Bodentreter handelt. Alle Regler wirken direkt auf den Sound. Die oben genannten Effektblöcke verfügen jeweils über einen zugehörigen Fußschalter. Wer also in der Probe mit der Band schnell mal einen Sound bauen muss, kann das hier schnell bewerkstelligen. Das hebt sich wohltuend von den oft vorgefundenen menülastigen Geräten ab und gefällt mir sehr gut.
Im Memorymodus gibt es 72 Presets. Davon sind 36 frei veränderbar, 36 Werkspresets sind unveränderbar. Die 36 Userpresets sind in 9 Bänken zu 4 Sounds organisiert. Das heißt, man wählt mit den beiden oberen linken Pedalen die Bank aus und dann mit den 4 unteren Pedalen die Sounds 1 bis 4. Hierbei gibt es jetzt eine wirklich gut gelungene Besonderheit: Wenn man ein Preset entwickelt hat kann man dem dritten Fußschalter oben (CTL = Control) besondere Funktionen zuordnen: Entweder wird beim Drücken des Pedals ein bestimmter Wert eines Reglers verändert, oder ein bzw. mehrere Effekte werden hinzu oder abgeschaltet.
Das muss man an Beispielen erläutern. Es wurde z.B. ein Patch erstellt mit einem crunchigen Rocksound. Jetzt möchte man schnell einen Solosound haben, der auf diesem Sound basiert. Gewünscht ist: Etwas lauter, etwas verzerrter, etwas Delay. Hierfür muss man nun keinen zweiten Patch anlegen, sondern macht folgendes: Man weist dem CTL-Pedal z.B. den Overdrive und das Delay zu. Der Grundsound wird ohne diese beiden aktiven Effekte gespeichert. Jetzt kann zunächst der Grundsound gespielt werden und nach einem Tritt auf das CTL Pedal wird der Overdrive und das Delay hinzugeschaltet. Alternativ könnte man z.B. den Volume Wert des Preamps auf das CTL Pedal legen, wenn es nur lauter werden soll. Das finde ich eine wirklich praxisnahe Lösung. Auch komplexere Soundänderungen sind machbar: So kann etwa das CTL Pedal den Overdrive ausschalten und gleichzeitig den Chorus an. So kann zwischen verzerrten Sound und Chorussound gewechselt werden und, und und....
Das Multieffekt kann vor einem Amp betrieben werden oder direkt in die PA oder einem Aufnahmeinterface etc. Die dafür notwendige Frequenzkorrektur liegt am Kopfhörerausgang an. Steckt dort ein Stecker, werden auch die Ausgänge an den großen Klinken korrigiert. Wer also nur die großen Klinken nutzen möchte und von dort direkt in die PA, der muss einen Stecker in den Kopfhörerausgang stecken, damit die Boxensimulation greift. Das funktioniert, ist aber nicht wirklich elegant gelöst. Ein Schalter für die Lautsprechersimulation wäre schöner gewesen.
Funktionen und Qualität der Effektblöcke
Preamp:
Auch wer das ME-80 vor einem Amp benutzt wird hier fündig. Die Preamps biegen den Grundsound so hin, dass der typische Klang bestimmter Verstärkertypen oder Sounds als Basis für die weitere Klangaufbereitung dienen. Der Preamp kann natürlich auch aus bleiben, dann baut man auf den Sound seines eigenen Verstärkers auf. Natürlich wir aus einem 1*12 Verstärker kein 4*12 Turm. Dennoch hat man z.B. mit der Einstellung Combo den Grundsound eines Vox Combos oder mit Stack einen Marshall vor den Ohren. Die Regelung von Gain, Volume und EQ greifen übrigens deutlich in den Sound ein, so dass wirklich große Anpassungsmöglichkeiten bestehen. Die Grundabstimmung der Modelle finde ich allesamt gelungen.
Compressor/FX1:
Hier findet man einen Compressor oder Sondereffekte wir etwa ein Defretter, der einen bundlose Gitarre simuliert. Da der Compressor besonders häufig benutzt werden wird hierzu noch eine Anmerkung: Der Sustainregler und der Level-Regler reagieren so, wie ich es gewohnt bin. Der Attackregler wirkt sich dagegen eher homöopathisch aus. Das gefällt mir persönlich nicht so gut, da ich z.B. von einem MXR SuperComp da eine deutlichere Wirkung kenne. Dennoch können die Compressor Sounds in der Praxis gefallen, wenngleich sie was das Attack angeht eben eher zurückhaltend eingreifen.
Besonders hervorheben möchte ich noch die Singlecoil->Humbucker und Humbucker->Singlecoil Funktionen. Besonders bei verzerrten Sound nutze ich mit meiner Strat die Möglichkeit, den Single Coil an der Bridge durch die Einstellung Humbucker->Singlecoil so zu verändern, dass er eben eher nach Humbucker klingen. Im Prinzip werden dort Presets für die Mitten und Höhen eingestellt. Das funktioniert tatsächlich gut.
EQ/FX2:
Hier steht ein 3-bandiger EQ mit Volumeanpassung zur Verfügung, der hinter(!) dem Preamp greift. Das ist klasse, um den Sound etwas zu verfeinern, ohne dass das Auswirkung auf die Verzerrung hat. Daneben stehen noch einige Modulationseffekte (z.B Phaser, Tremolo, Chorus, Delay und ein Booster zur Verfügung). Delays kann man beim ME-80 übrigens in 3 Sektionen einstellen (EQ/FX2, Modulation und Delay). Das macht z.B. Multidelays möglich. Die Modulationseffekte in dieser Abteilung gefallen mir sehr gut. Hier sind in der Regel wenig Anpassungen nötig und man hat schnell einen angenehmen Sound eingestellt.
Overdrive/Distortion:
Auch hier gibt es eine breite Auswahl von Verzerrern, die sich zumeist an bekannten Boss-Pedalen orientieren. Vom Boost bis zum Heavy Metal Verzerrer ist alles dabei. Die große Frage bei den Multis ist ja immer, wie dynamisch diese Effekte umgesetzt sind oder ob es brizzelig digital klingt. Wie sieht es also beim ME-80 aus? Zunächst einmal finde ich, dass es hier gelungen ist, sowohl Verzerrer abzubilden, die eher bluesig anzerren, mal crunchig drücken oder richtig "braten". Erfreulich auch, dass die Latenzen früherer Zeiten und Modelle heute nicht mehr (spürbar) auftreten. Die Dynamik der Verzerrer ist unterschiedlich: Klar, ein MetalCore verhält sich auch als einzelnes Pedal nicht besonders anschlagdynamisch, aber der Blues-Verzerrer kann das doch ganz gut. Sowohl Anschlagstärke wie auch Volumepoti lassen sich gestaltend einsetzen. Insgesamt würde ich aber meinen, dass die Dynamik etwas hinter hochwertigen Overdrives zurückbleibt. So habe ich z.B. eine Box of Rock in den Ohren, die über die Dynamik von bluesig bis zum Heavy-Brett alles mit einer Einstellung abdeckt. Das ist beim ME-80 etwas mehr Feinarbeit notwendig.
Als Gesamtergebnis würde ich hier 4 von 5 möglichen Punkten geben. Die Dynamik ist etwas eingeschränkt, dafür stehen aber sehr praxisnahe und eine große Bandbreite abdeckende Zerren zur Verfügung.
Modulation:
Noch mehr Feingefühl beim Einstellen erfordern die Modulationseffekte. Denen stand ich aber schon immer skeptisch gegenüber. Nach etwas Einstellung kommen aber nette Phaser, Flanger, Chorus, Tremolos oder Univibes heraus. Vorsicht bei den Effekten, die die Tonhöhe verändern. Zwar führen die Pitch-Shifter und Harmonist Effekte schnell zu einem Wow-Effekt, allerdings verspürt man doch immer recht deutlich, dass hier der Sound digital entsteht und zuweilen auch einige Artefakte hörbar sind. So habe ich mir einen Harmonist Effekt gebaut, der dem Signal eine Terz in der Tonart C-Dur hinzufügt. Dazu muss dann aber mit dem EQ in die Höhen Eingegriffen werden, dass es ansonsten doch irgendwie "unrund" klingt.
Gerade bei diesen Effekten gilt daher wie so oft: Weniger ist mehr.
Delay:
Diese Sektion bietet eigentlich alles was man braucht. Vom normalen Digitaldelay bis zum analog klingenden, höhenabschneidenden Echo über einem Modulationsdelay bis zum neuen Tera-Delay ist hier alles da. Was mir auffiel: Insbesondere das Modulations-Delay ist im DD-7 von Boss meiner Meinung nach deutlich besser umgesetzt. Insgesamt klingen alle Delayeinstellungen im Vergleich zu eben diesem DD-7 etwas "schlichter". Auch hier geht es nur um Nuancen, wundert mich aber doch, das die Einstellmöglichkeiten (Zahl der Regler) an sich ja gleich sind.
Ach ja, das Delay hat natürlich eine TapTempo Funktion. Sehr schön: Es lassen sich gleich punktierte 1/8 Noten eintappen. The Edge lässt grüßen! An diesere Stelle kann man auch die Delay-Unit als Looper nutzen. Maximal 38 Sekunden stehen hier zur Verfügung, für kurze Akkordphrasen sicherlich genug.
Reverb:
Room, Hall (Halle), Spring (Federhall) mit nur einem Regler. Funktioniert, mehr aber nicht. Andere Multieffekte lassen beim Hall noch die Regelung von Halllänge und Höhendämpfung getrennt zu. Letzteres hätte ich auch hier gerne gesehen. So ist es lediglich ein durchschnittliches Feature.
Fußpedal:
Das Pedal ist in der Grundstellung als Lautstärkepedal eingestellt. Tritt man es nach vorne etwas kräftiger durch, wird der Effektmodus eingeschaltet. Jetzt kann man das Pedal z.B. als WahWah oder zur Tonhöhenveränderung als Effekt nutzen. Viel mehr gefällt mir allerdings die Möglichkeit, z.B. das Gain vom Overdrive zu regeln. Der absoluter Hammer ist aber die "Freeze" Funktion. Damit kann man den Klang einfrieren. So ist der "Sound-On-sound" Effekt machbar, den z.B. David Gilmour bei "Shine on you crazy diamond" in Live at the Royal Albert Hall genutzt hat.
USB Anschluss
Über den USB Anschluss lässt sich sowohl der Sound ausgeben also auch die Pachverwaltung vornehmen. Die Soundaufnahme habe ich noch nicht gestestet. Das hole ich nach.
Mit der Software Boss ToneStudio, die sich frei herunterladen lässt, wird die Patcherstellung und Verwaltung zum Kinderspiel. Daneben kann man über die Software auch auf eine Patchbibliothek von Boss zugreifen, in der wirklich erstklassige Patches aus verschiedenen Genres zur Verfügung stehen. Was die Sounderstellung angeht, ist das einer der intuitivsten Programme die ich kenne. Lediglich fiel auf, dass die 1.0 Version noch die ein oder andere kleine Macke hat. So verschluckt sie sich z.B. manchmal bei den Patchnamen.
Fazit
Mein Gesamtfazit fällt positiv aus. Aufgrund des durchdachten Bedienkonzeptes kann man sich mehr mit Musikmachen als mit Programmierung beschäftigen. Klanglich erfüllt das ME-80 meine Anforderungen. Den einen oder anderen Kritikpunkt (z.B. die sparsame Hallsektion) gibt es, aber die führen nicht dazu, dass ich das Gerät nicht grundsätzlich empfehlen könnte. Nur wer den Zerrsound seines Amp nutzen möchte, sollte vorsichtig sein, denn die 4-Kabel-Methode ist beim ME-80 nicht möglich.
In einer Band, wo viele Sounds benötigt werden, dürfte sich das ME-80 zuhaus fühlen.
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