Generalbass auf dem MIII-Akkordeon lernen

Das ist mir auch noch eine Empfehlung wert.

Grabner Generalbassübungen
Dieses Buch hat sich als gewinnbringend herausgestellt. Man kommt tatsächlich in das Thema rein. Vielen Dank für den Tipp, @Klangbutter.

Unser Problem im Generalbass ist, dass wir anfangen zu rechnen. Das will man nicht, weil Denken zu lange dauert. Sondern man soll die Zahlen am Instrument haptisch lernen und die Zahlen automatisieren. Wie kriegt man das hin? Indem man Choräle zunächst einfach harmonisiert (also nur mit Akkorden (3er und 5er), dann den 6er dazu packt, dann einfache Kadenzen spielt und die Stimmen in den Kadenzen aufpeppt. Da Choräle viele Kadenzen haben, ist sichergestellt, dass sich ein Übeerfolg einstellt.

Neben dem o.g. Grabner zieht dieses Verfahren auch der Bachschüler Johann Christian Kittel durch. Von ihm gibt es 24 Choralmelodien mit je 8 Bass-Linien. Der Bass wird sukzessive schwerer. Auf einem Knopfakkordeon kriegt man automatisch vierstimmige Choräle zusammen, wenn man den Bass nach links packt und rechts Akkorde ergänzt. Wenn man Bass-Noten lesen kann, kann man die Sache auch auf dem MII probieren. Klingt dann halt ein wenig voluminöser.

Anbei der Kittel.
 

Anhänge

  • Johann Christian Kittel - Exzerpt Manuskript - 24 Choräle in Generalbass.pdf
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Grund: Terminologie geändert auf den Hinweis von @opa_albin
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wenn man den Generalbass nach links packt
Unter "Generalbass" versteht man mMn Bassstimme und Akkorde. Ihr meint sicher ganz normal Akkorde rechts und Bassstimme links, wie auf dem Klavier.

Unser Problem im Generalbass ist, dass wir anfangen zu rechnen. Das will man nicht,
Ihr wollt es nicht, aber Ihr werdet am Anfang nicht drumherumkommen 🙂 das automatisieren dauert halt immer etwas.
Das ist aber normal.
 
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Unser Problem im Generalbass ist, dass wir anfangen zu rechnen. Das will man nicht, weil Denken zu lange dauert. Sondern man soll die Zahlen am Instrument haptisch lernen und die Zahlen automatisieren. Wie kriegt man das hin? Indem man Choräle zunächst einfach harmonisiert (also nur mit Akkorden (3er und 5er), dann den 6er dazu packt, dann einfache Kadenzen spielt und die Stimmen in den Kadenzen aufpeppt. Da Choräle viele Kadenzen haben, ist sichergestellt, dass sich ein Übeerfolg einstellt.
Das ist genau die Frage beim Generalbass, bei jedem Instrument. Ich habe ihn auf dem Cembalo gelernt, aber da stellt sich die Frage der Automatisierung genauso.

Der Schlüssel liegt im Denken in Tonarten, also im harmonisch bewussten Spielen. Deswegen kann ich das Spielen von Kadenzen (ohne direkten Bezug zu einem Stück oder Choral) sehr empfehlen. Zunächst nur I-IV-V-I, man arbeitet damit sich von oben nach unten durch den Quintenzirkel durch (also in ansteigender Zahl von Vorzeichen). Die rechte Hand sollte alle drei Umkehrungen schnell können. Von "C-Dur, I-IV-V-I, Oktavlage" bis "As-Dur, Quintlage, I-IV-IV6-VI-V7-I" sollten ganz viele Varianten (idealerweise: alle :evil:) vorkommen.

Ziel ist es, vom Einsteigerzustand "Akkorde ausrechnen" (d.h. rationalen Überlegen) durch die Phasen "Fällen schneller Entscheidungen" und "Vorausahnen von Griffen" bei gleichzeitigem "Wissen, wo man sich in der Tonart befindet" zum flüssigen Generalbassspiel zu kommen.

Die Frage beim Akkordeon wäre dann halt noch, in welchen Szenarien das klanglich überhaupt sinnvoll einsetzbar ist, denn die Ästhetik des Klanges ist ja nicht die der traditionellen Generalbassinstrumente. Man müsste die konkreten Akkordvoicings daher daraufhin abstimmen, wen man denn da überhaupt begleitet und ob andere GB-Instrumente dabei sind.
 
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Ihr meint sicher ganz normal Akkorde rechts und Bassstimme links, wie auf dem Klavier.
Ja, hab's geändert.

Ihr wollt es nicht, aber Ihr werdet am Anfang nicht drumherumkommen 🙂
Das ist richtig und falsch. Man muss im Kopf weg von den Zahlen. Ich geb mal ein Beispiel. Wir haben etwas, das so aussieht:

1738510250370.png


Weg 1 (rechnen, verständlich, aber gefährlich):
Wir haben ein e. e wäre in dieser Tonart normalerweise e-g-h. Das entspräche e-Moll. Aber den Ton auf der Quinte soll man nicht spielen. Auf der Quinte liegt h. Den soll man durch die Sexte ersetzen. Das wäre c. Also spielen wir e-g-c.

Wenn Du mit diesem Gedankengang fertig bist, hat der Rest deiner Truppe wahrscheinlich schon den Schlussakkord gespielt. Denn Du hast drei mentale Schritte gebraucht, um das Ding wiederzugeben: 1. Was wäre normal? 2. Was muss ersetzt werden? 3. Wie sollte das aussehen?

Weg 2 (mentaler Kurzschluss):
Wenn eine 6 dasteht: Spiel den Basston und pack den Akkord drauf, der im Violinschlüssel dastünde.

Weg 3 (Automatisierung über Kadenzen):
Darüber habe ich oben alles gesagt. Die Literatur arbeitet mit mir so. Und @HaraldS hat es so gelernt. Es ist ziemlich erfolgversprechend, wenn man vorgegebene Zahlenfolgen immer wieder abspielet. Bei mir ist es inzwischen so wie bei den Noten. Ich höre Noten und ich höre auch, wenn da 4 oder 6 drüber steht und spiele dann einfach.
 
Weg 1 (rechnen, verständlich, aber gefährlich):
e wäre in dieser Tonart normalerweise e-g-h. Das entspräche e-Moll.
Dieser Gedankengang ist mir nicht verständlich

Da steht eine 6, es ist also ein Sextakkord, dh 1. Umkehrung.

Zu überlegen, was das für ein Akkord wäre, wenn da was anderes stünde, macht Ihr doch sonst auch nicht...

Bei einer 6 hast Du das in einer Woche spätestens drauf. Bei komplizierten Bezifferungen wüsste ich nicht, wie das ohne Abzählen gehen sollte, wenn man es noch nicht kennt. zB 742 mit Auflösungszeichen oder ähnliches.

Kein Mensch spielt Generalbass vom Blatt, wenn er die Bezifferungen noch nicht kennt.
 
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Kein Mensch spielt Generalbass vom Blatt, wenn er die Bezifferungen noch nicht kennt.
Nö, da hast du Recht. Die Frage ist, wie man vom Abzählen wegkommt.

742 mit Auflösungszeichen oder ähnliches.
Ja, tricky. Das ist Oberstufe. Soweit bin ich noch nicht. Noch reichen mir zwei Ziffern oder eine Ziffer und ein b oder #.

Da steht eine 6, es ist also ein Sextakkord, dh 1. Umkehrung.
Zu überlegen, was das für ein Akkord wäre, wenn da was anderes stünde, macht Ihr doch sonst auch nicht...
Doch diesen Blödsinn habe ich anfangs gemacht. Das lag am Grabner. Es steht auf Seite 7: "6 bedeutet Sexte statt Quinte (Sextakkord)." Ein Hauptsatz mit fataler Wirkung, weil nicht praktikabel. Das ist überhaupt ein Problem. Kein Lehrheft und keine Lektüre sagt Dir, was Du mental tun musst, um das Gezeigte zu erreichen. Dargestellt wird nur das Ergebnis, nicht der Weg dorthin.
 
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Das stimmt, wie man dahin kommt, die ganzen Tricks und Kniffe.... Da wäre vielleicht ein Lehrer doch mal ganz hilfreich? Ich habe es damals bei einem Organisten gelernt, bin aber praktisch auch nie über die Grundlagen hinaus gekommen.
 
Der Schlüssel liegt im Denken in Tonarten, also im harmonisch bewussten Spielen.
Ich habe gestern ein bisschen darüber nachgedacht. Ich mache das ja genauso harmonisch, wie Du es beschreibst.

Im Beispiel von Bernnt
1738582547264.png

Ich sehe das E im Bass und die 6. Bei "6" über E geht mein Kopf die Schritte "Sextakkord", also erste Umkehrung, wir sind ohne Vorzeichen. Also C-Dur.

Wären vorne ein paar Kreuze, könnte die 6 über dem E aber ja auch C#-Moll bedeuten, oder C#-Dur. Oder mit zwei/drei b vorgezeichnet Cm. Man muss also schon immer den Kontext im Hinterkopf haben. Da ist Spielen nach Akkordsymbolen (hier C/E) viel einfacher und eindeutiger.

Ich habe irgendwo mal gelesen, dass Bach und Zeitgenossen das wahrscheinlich nicht so "harmonisch", also in Tonarten gedacht haben. Sondern wahrscheinlich mehr intervallbezogen, vielleicht doch ähnlich, wie Grabner es oben beschreibt. Kennt Ihr dazu vielleicht eine Literaturquelle?

Ich kann mir schon vorstellen, dass man das so im Kopf macht - 3 ist implizit dabei, 6 ersetzt 5. Warum nicht? Man muss sich ja nicht den Umweg machen, zu überlegen, dass das mit der 5 E-Moll wäre, wie Bernnt das oben schrieb. Terz und 6, und mit etwas Routine dürfte das vermutlich genauso schnell gehen.
Viele von uns sind natürlich das Denken in Tonarten gewöhnt und das fällt uns deshalb leichter. Vielleicht geht es ja nach einer Weile mit Zahlen auch "direkt" ... ohne sich die Tonarten zu überlegen. Aber vermutlich automatisiert es sich von selbst und man nutzt alles irgendwie gemeinsam.

@Bernnt: Dein Link zu Herrn Kittels Manuskript ist toll, danke!
Ich vermute, das hat jemand neu überarbeitet mit Hilfestellungen.
"0" habe ich vorher noch nie gesehen, und auch die Striche und 3, 5, 8 kommen relativ häufig vor.
1738574652399.png
Das hilft bestimmt.


wenn man den Bass nach links packt und rechts Akkorde ergänzt.
So haben es auch Johann David Heinichen: Der General Bass in der Composition ...

also wurde dieses 4.stimmige Accompagnement vor die Hände ungleich eingtheilet: nemlich drey Stimmen vor die rechte Hand, und die eintzige Bass-Stimme vor die lincke Hand.

... und Bach beschrieben:
„Der General Bass ist das vollkommste Fundament der Music welcher mit beyden Händen gespielet wird dergestalt das die lincke Hand die vorgeschriebene Noten spielet die rechte aber Con- und Dissonantien darzu greifft damit dieses eine wolklingende Harmonie gebe zur Ehre Gottes und zulässiger Ergötzung des Gemüths ... Wo dieses nicht in Acht genommen wird, da ists keine eigentliche Music, sondern ein teuflisch Geplerr und Geleyer.“
– Johann Sebastian Bach: Vorschriften und Grundsätze zum vierstimmigen Spielen des General-Bass oder Accompagnement 1738

Wobei Bach vermutlich nicht die Tücken des Akkordeons im Sinn hatte, ;) ... oder vielleicht doch, als er von "teuflisch Geplerr und Geleyer" schrieb?
 
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... ein bei uns in der Familie viel zitierter Spruch seit Ewigkeiten. Einfach herrlich.
 
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Als Ergänzung, ich bin nebenbei zufällig auf eine Besprechung des Buches "Eichler: Generalbass, Eine Einführung nach historischen Quellen" gestoßen, die ganz interessant klingt.

Eichler baut sein Unterrichtswerk methodisch-systematisch nach steigendem Schwierigkeitsgrad auf, mixt aus den historischen Quellen Übungen zu Grundakkorden und Akkordumkehrungen, zu Vorhalten bis hin zu komplizierteren Klängen mit Zusatztönen. Dieser Ausbildungsgang erscheint vor allem für AnfängerInnen geeignet, weil er bestechend klar ist. In Zusatzerläuterungen zitiert Eichler entweder die Spielanweisungen der Originalautoren oder macht Ausflüge in die Welt der Harmonielehre, indem er immer wieder auf die Tücken und Fallstricke eines sauberen Tonsatzes und damit auch eines gut klingenden Generalbasses verweist.

Kennt das jemand? Ist natürlich nicht akkordeonspezifisch, aber wenn wir einmal beim GB sind ;)
 
Hallo @Bernnt ,

also wurde dieses 4.stimmige Accompagnement vor die Hände ungleich eingtheilet: nemlich drey Stimmen vor die rechte Hand, und die eintzige Bass-Stimme vor die lincke Hand.
„Der General Bass ist das vollkommste Fundament der Music welcher mit beyden Händen gespielet wird dergestalt das die lincke Hand die vorgeschriebene Noten spielet die rechte aber Con- und Dissonantien darzu greifft damit dieses eine wolklingende Harmonie gebe ...
Genau aus diesem Grund bevorzuge ich das vorgelagerte MIII System und nicht ein Konverter (aus der Perspektive vom Generalbass). Weil:
  • Beim vorgelagerten System, der Standardbass (MII- Manual) verfügt in den Grundtönen und Terztönen über genügend Schwerkraft auch für das tiefe Fundament des Basso continuo. Denn:
  • Der Standardbass (MII Manual) ist bei alten (MIII -vorgelagerten) Systemen immer stärker im Vergleich zum MIII Manual -weil es in den meisten Fällen aus einer Doppeloktave besteht. Dabei ist der Einzelton Bass über den gesamten Tonumfang gleichmäßig klanglich intensiv (für die tiefste Oktave sind keine Oktavkoppel(n) notwendig).
  • Dies ermöglicht die nahtlose Verwendung (Abwechslung) beider Manuale während des Spiels (ohne den Konverter umschalten zu müssen) und bei fortgeschrittener Spielerfertigkeit sogar das parallele Spielen auf beiden Manualen gleichzeitig.
Vielleicht ist dies der Grund, warum Du nach einem Instrument mit einem stärker hervorgehobenen MII-Manual suchst. Das Akkordeon ist kein Tasten-Saiten-Schlaginstrument (Klavier, Cembalo), bei dem man durch stärkeres Anschlagen der Taste den tiefsten Ton praktisch verstärken kann. Bei einem Akkordeon gibt es drei Möglichkeiten:
  • passen das Werk an ein vorhandenes Instrument an,
  • finden/kaufen ein Akkordeon, dessen Parameter die beste Interpretation des Werkes ermöglichen, oder
  • eine Kombination der beiden vorherigen Punkte.
Die Umsetzung des ersten Punktes erachte ich persönlich als höchste musikalische Meisterschaft. Ich habe so was nur ein paar Mal gesehen und gehört, aber es war jedes Mal großartig. In den Händen eines wahren Meisters ist jedes musikalische Werk plastisch und nicht rigid... :nix:

Gruß, Vladimir
 
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Das Akkordeon ist kein Tasten-Saiten-Schlaginstrument (Klavier, Cembalo), bei dem man durch stärkeres Anschlagen der Taste den tiefsten Ton praktisch verstärken kann.
Das geht auf einem Cembalo auch nicht.
 
@Akkordeonengel, "drey Stimmen vor die rechte Hand, und die eintzige Bass-Stimme vor die linke Hand" geht mit allen MIII-Instrumenten. Bestreicht der Bass nur eine Oktave, hat man weder mit einem Konverter, einem vorgelagerten System oder einem Standardbass-Akkordeon irgendwelche Vor- oder Nachteile beim Generalbass.
 

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