Beruflich Musik machen: kommt irgendwann die Langeweile?

  • Ersteller murmichel
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Ich habe 21 Jahre Starlight Express in Bochum gespielt, von 1997-2018. Diese Sendung über die Musiker, die 20 Jahre Phantom gespielt haben, zeigt vor allem die negativen Seiten und lässt vor allem die Musiker zur Sprache kommen, die möglicherweise mit ihrer Tätigkeit da ein gewisses Problem hatten. Die gibt es, absolut.

Was in der Sendung nicht zur Sprache kommt bzw. zu wenig, sind die positiven Seiten: die Freiheit, die einem ein solcher Job ermöglicht. Die Herausforderung, jeden Abend immer wieder erstklassiges Handwerk herzustellen. Die sozialen Verbindungen, die absolut gewinnbringend sein können. Die allabendlichen wechselnden Randbedingungen, weswegen keine Show wie die andere ist. Das musikalische Leben, das man neben der Show noch führt.

Ich war dort und in mehreren anderen Musicals Ersatzspieler auf mehreren Positionen mit mehreren Instrumenten, weswegen ich mehr Abwechslung hatte als diejenigen, die nur eine Show und ein Instrument spielten. Auch der Freiheitsgrad im Part, also ob man nur nach Noten spielt oder improvisieren kann, hat eine Auswirkung auf die Zufriedenheit des Musikers, meiner Erfahrung nach, und da hatte ich Glück. Aber das hat ja jeder auch zu einem Teil selbst in der Hand. Wer aber an der wenigen Abwechslung verzweifelt oder damit hadert, muss sich grundsätzlich Gedanken machen, ob er hier im richtigen Job ist. Und wer es nicht ist, mache den Kollegen das Leben bitte nicht zur Hölle.

Man muss der richtige Typ für so einen Job sein bzw. sich selbst zu jemandem verändern, der mit diesen Arbeitsbedingungen klar kommt. Man muss und darf mit dem Job nicht verheiratet sein, aber eine positive Einstellung muss man sich bewahren.

Alles so wie in jeder anderen Branche auch.
 
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Wer aber an der wenigen Abwechslung verzweifelt oder damit hadert, muss sich grundsätzlich Gedanken machen, ob er hier im richtigen Job ist.
Also ich sehe das so : 1. Es gibt ganz andere Jobs, die deutlich härter und schlechter bezahlt sind. Kein Grund zu jammern, wenn man fürs Musikmachen bezahlt wird.
2. Wenn man Geld dafür nimmt, liefert man auch einen ordentlichen Job ab.

Zur Abwechslung kann man als Musiker immer noch Projekte nebenbei machen. Das ist für eine Kassiererin oder einen Gebäudereiniger schwieriger.
 
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Was in der Sendung nicht zur Sprache kommt bzw. zu wenig, sind die positiven Seiten: die Freiheit, die einem ein solcher Job ermöglicht.
Mir ging es bei meiner Frage nicht darum, an diesem Modell des Broterwerbs zu kratzen. Aber selbst bei deiner Reaktion klingt sehr klar durch, dass du diese Tätigkeit nicht um ihrer selbst willen ausüben würdest. Deshalb gibt es schließlich Geld dafür und es ist in anderen Berufen nicht anders. Wenn daneben genug Zeit für die Herzensangelegenheiten bleibt, dann passt das auch.
 
dass du diese Tätigkeit nicht um ihrer selbst willen ausüben würdest. Deshalb gibt es schließlich Geld dafür
Geld gibt es primär, weil Du für irgendjemand einen positiven Beitrag leistest und die/der dafür bereit ist, etwas zu zahlen - nicht weil man sich quälen muss. ;)

Und es ist auch ein Zeichen dafür, dass es den Leuten etwas wert ist, finde ich. Ich spiele gern ohne Geld, wenn es dem Anlass entspricht.
Aber Leute, die genügend Geld haben, dürfen auch was dafür zahlen. Ich sehe das Geld da aber eher als Gegenleistung für die Zeit, den Aufwand, das Instrument, die Fahrtkosten usw. - und nicht fürs Musizieren.
 
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Moin zusammen.
Diese "Studie" hier, passt, denke ich, ganz gut zum Thema:

Gruß
SlapBummPop
 
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@SlapBummPop - die Studie ist gut, habe sie auch für eine Veröffentlichung als Grundlage nutzen können, aber afair enthält sie nix zur psychischen Situation der Musiker*innen auf Grund der Beziehung zur Musik selbst. Das Thema "Langeweile" war ja hier die Überschrift. (Dass eine mangelnde materielle Absicherung sich sehr stark auf "die Psyche" auswirken kann bzw. auswirkt, steht wohl außer Frage.)
 
Hallo "rw".

Wer finanziell keine Nöte hat, "lediglich" gelegentlich "Langeweile" in seinem/ihrem Job verspürt,
hat der/die nicht eventuell, (angesichts all der Probleme aktuell in dieser Welt) doch eher ein Luxusproblem?

Gruß
SlapBummPop
 
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Na klar. Dass die Langeweile ein existentielles Problem darstellt, würde ich auch nicht behaupten. Natürlich möchte jeder ein bisschen Abwechslung im Beruf. 50 Jahre Starlight Express wäre jetzt auch nicht so mein Traumjob. ;)

Und Du hast vollkommen recht: Die empfundene Wertigkeit eines Problems entspricht fast nie der tatsächlichen. Man sieht und hört doch täglich, wieviel in Deutschland gemeckert und gemuffelt wird, obwohl selbst die Ärmeren bei uns zu den Privilegiertesten auf diesem Planeten gehören. Es kommt immer darauf an, womit man sich vergleicht.
 
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Während meiner Berufszeit habe ich mich zunehmend darüber genervt, das nicht rein berufliche Angelegenheit (Verfahren, Technik, Material) Gegenstand von Alltagsgesprächen war, sondern viel zu oft Organisatorisches, Betriebspolitik, Strategie etc. im Vordergrund waren. Jetzt bin ich nach der Pensionierung in einer etwas ambitionierteren Amateurbigband und um was drehen sich am häufigsten die Gespräche? Sicher zu selten um rein musikalische Themen. Ich habe oft ein déjà vu...... Dann denke ich, ich kann froh sein, das es nicht mein Beruf war. In einem anderen Zusammenhang bekam ich mal den Rat, sein Hobby nicht zum Beruf zu machen.
 
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Natürlich möchte jeder ein bisschen Abwechslung im Beruf. 50 Jahre Starlight Express wäre jetzt auch nicht so mein Traumjob. ;)
Ich habe mal ein interview mit einem der ehemaligen Bassisten von Whitesnake gelesen.
Er war angestellt in irgendeinem Las-Vegas-mäßigen Theater, wo jedes Wochenende Queen-Covers aufgeführt wurden.

Er sagte, dass ihm die Queen-Songs mittlerweile defintiv auf den Zeiger gehen. Er wäre auch von seinen Kollegen genervt, weil die immer das gleiche spielen. Er vermutete stark, dass es denen umgekehrt genauso ginge.

Gleichzeitig schämte er sich dafür, dass ihn das so sehr belastet. Da er sich voll bewusst darüber war, dass die allermeisten Menschen in viel weniger glamourösen, ebenfalls eintönigen Jobs dahin-malochen.

Wie hier schon oft festgestellt wurde: Um mit Musik Geld zu verdienen, muss man in aller Regel diejenigen Musik-Jobs machen, die eben eher Arbeit als Fun sind. Immer interessant ist hier auch die Lektüre des Klassikers "Fleisch ist mein Gemüse", in welchem ein desillusionierter Tanz-Musiker seinen Frust niederschreibt. Wohlgemerkt...in den 80ern, als DJs noch nicht so große Konkurrenz waren.

Ein semi-professioneller Musiker hat mir mal erzählt, dass DJs mittlerweile eh mehr Geld verdienen würden als Tanz-Combos. Das kann ich weder bestätigen noch verneinen.

Ich kannte Profi-Musiker, die froh über ihren Beruf waren, und solche, die es bereuen. Aber ich habe noch keinen Hobby-Musiker kennen gelernt, der es bereut, Ingenieur gelernt zu haben.
 
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Wie hier schon oft festgestellt wurde: Um mit Musik Geld zu verdienen, muss man in aller Regel diejenigen Musik-Jobs machen, die eben eher Arbeit als Fun sind.
Die Kunst besteht eher darin, sich eine Haltung zu erarbeiten, dass auch die handwerklichen Musikjobs Spaß machen.

Immer interessant ist hier auch die Lektüre des Klassikers "Fleisch ist mein Gemüse", in welchem ein desillusionierter Tanz-Musiker seinen Frust niederschreibt. Wohlgemerkt...in den 80ern, als DJs noch nicht so große Konkurrenz waren.
Ja, aber Heinz Strunk schreibt das ja satirisch. Ich war selbst lange Zeit Tanzmusiker in den 90ern und habe einige Dinge so erlebt, wie er beschreibt, wenn auch nicht so drastisch. Strunk beschreibt sehr gut, dass sein Leben in Kombination mit Drogen, Spielsucht und Depression die reine Hölle war und dass ihn da das soziale Miteinander mit den Bandmitgliedern zumindest halbwegs in Kontakt mit Mitmenschen treten ließ. Seine Mitmusiker haben ja im Real Life beschrieben: "Mathias „Heinz Strunk“ Halfpape wuchs über die Jahre langsam aus der Band heraus, spielte mehr und mehr für namhafte Künstler und verließ die Band 1997" . In Wahrheit war Strunk nicht alleine ein desillusionierter Tanzmusiker, sondern entwickelte sich zum vielseitigeren Künstler. Das Buch gibt nicht die Realität pur wieder, sondern ist eine satirische Überhöhung.

Ein semi-professioneller Musiker hat mir mal erzählt, dass DJs mittlerweile eh mehr Geld verdienen würden als Tanz-Combos. Das kann ich weder bestätigen noch verneinen.
Ja, aber das ist doch nicht neu. Tanzcombos haben viel mehr Personal und Aufwand als ein DJ.

Ich kannte Profi-Musiker, die froh über ihren Beruf waren, und solche, die es bereuen. Aber ich habe noch keinen Hobby-Musiker kennen gelernt, der es bereut, Ingenieur gelernt zu haben.
Bereut nicht, da stimme ich zu. Aber ich kenne durchaus einige Leute, die nach der Wahl eines Berufes in einem genau umrissenen Studien-/Berufsweg ( z.B. Juristen, Mediziner, Lehrer) sich manchmal fragen, ob sie es als Musiker eventuell auch geschafft hätten - nur wissen sie es natürlich nicht, weil sie es nicht probiert haben. Wer gleichzeitig so begabt ist, dass er sowohl als Musiker professionell arbeiten könnte als auch ein Ingenieurstudium geschafft hat, hat es natürlich gut. Ich habe solche Leute aber nie ernsthaft mit dem Schicksal hadernd, sondern eher dankbar für ihre Mehrfachbegabung erlebt.
 
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Danke für den Link! Historisch für Fans des Buches sehr interessant ^^

Die Kunst besteht eher darin, sich eine Haltung zu erarbeiten, dass auch die handwerklichen Musikjobs Spaß machen.
Richtig. Schließlich gibt es ja auch die Leute, denen eben gerade das Freude bringt: Unterhaltungsmusik für ein enthusiastisches Publikum machen. Gab hier im Thread ja auch viele Beispiele dafür. Dir als ehemaliger Tanz-Musiker ging es evtl genauso.

Bei berühmten Musikern geht es auch oft auseinander. Aqua sagen, sie würden bis heute gerne Barbie Girl spielen - weil der Song das Publikum so sehr elektrisiert. Lemmy hingegen fing wohl schon früh an, Ace of Spades zu hassen. Und Mike Oldfield mochte es ohnehin nie, wenn dem Publikum seine kurzen Songs besser gefielen als Amaroq ^^

Ja, aber das ist doch nicht neu. Tanzcombos haben viel mehr Personal und Aufwand als ein DJ.
Angeblich läge es aber nicht nur an den Nebenkosten, sondern daran, dass der DJ alleine effektiv deutlich mehr Geld bekäme als eine mehrköpfige Truppe. Das Geld müsse also nicht nur geteilt werden, es sei insgesamt weniger. Kannst du das bestätigen?

Bereut nicht, da stimme ich zu. Aber ich kenne durchaus einige Leute, die nach der Wahl eines Berufes in einem genau umrissenen Studien-/Berufsweg ( z.B. Juristen, Mediziner, Lehrer) sich manchmal fragen, ob sie es als Musiker eventuell auch geschafft hätten - nur wissen sie es natürlich nicht, weil sie es nicht probiert haben. Wer gleichzeitig so begabt ist, dass er sowohl als Musiker professionell arbeiten könnte als auch ein Ingenieurstudium geschafft hat, hat es natürlich gut. Ich habe solche Leute aber nie ernsthaft mit dem Schicksal hadernd, sondern eher dankbar für ihre Mehrfachbegabung erlebt.
Vielleicht ist bei den Reuigen aber nicht der ordentliche Beruf das HIndernis gewesen. Denn wenn man sich Künstler-Biographien anschaut, dann scheint mir ein anfänglich zweigleisiger Weg eher die Regel als die Ausnahme. Andrea Bocelli hat Jura studiert, Dr. Alban war Zahnarzt, Sting und Brian May waren Lehrer. Mein Favorit ist die Karriere von John Entwistle - er war Finanzbeamter :ROFLMAO:

Die mehrfach-Begabten sind natürlich schon gesegnet. Vor allem sorgenfreier als so mancher verhungernde Künstler, der voll-spezialisiert ist.
 
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Das Geld müsse also nicht nur geteilt werden, es sei insgesamt weniger. Kannst du das bestätigen?
Aus meiner Sicht nicht, aber vielleicht kenne ich keine soo guten DJs. Ist ja immer Verhandlungssache, wie bekannt ist die Band im Vergleich zum DJ usw.

Was ich so kenne (nicht repräsentativ) lag das Geld für den DJ grob bei 2/3 der Größenordnung der Band.
Ich habe den DJ aber nie beneidet.

Und ganz einfach ist es ja auch nicht. Man muss halt den Publikumsgeschmack gut einschätzen können und die Stimmung der Leute erfassen und danach die Musik raussuchen.
 
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