Chord Progression und Voicings hören - Wie lang hat es bei euch gedauert?

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Wie lange hat es bei euch gedauert bis ihr bei Songs die Chord Progression raushören konntet? Konntet ihr dann auch die Voicings raushören oder ist es ein separater Skill den man auch separat erwirbt?

Liege ich mit der Annahme richtig, dass jeder "ernsthafter" Musiker das kann?

Die Fähigkeit bekannte Songs nach Gehör spielen zu können kam bei mir quasi über Nacht total überraschend ohne dass ich das jemals geübt hätte. Seitdem vertraue ich darauf, dass mit Chord Progression samt Voicings hören dasselbe passiert aber dieses "Heureka Moment" lässt auf sich warten. Nein, ich bin nicht ungeduldig und wenn das nie kommt, dann soll es halt so sein aber mich würde eure Erfahrung interessieren, um einschätzen zu können, ob das noch kommen wird oder eben auch nicht.

Danke.
 
Die exakten Voicings rauszuhören ist sicherlich nochmal ein ganz andere Schnack. Also nicht die Akkorde selber (ist ein maj oder was weiss ich) sondern die exakte Lage der Töne.
So liegen die einzelnen Töne auf dem Klavier z.T. sehr weit auseinander oder (IMHO noch schwerer) ziemlich eng beieinander.
Aber auch gilt: Training, Training, Training
 
Kommt immer auch darauf an, wieviel Mühe man sich gibt und wie komplex das Zeug ist.
Auch ein ungeübter Hörer kann etliches richtig machen, wenn er lange genug prüft.

Mit der Zeit geht es eben schneller.
Und irgendwann sind bestimmte Sachen quasi mühelos sofort klar.
 
und wie komplex das Zeug ist.
Das hier!
Ich hab ein Musikstudium hinter mir und es gibt Stücke wo ich weiß, dass ich da Wochen dran sitzen würde.
Klar, die Grundakkorde von nem Popsong gehen schnell, aber wenn man mal in experimentellere Richtungen schaut, gibt es da manchmal durchaus ungewöhnliche Geschichten, mit mehreren Tensions, die man dann auch wieder auf mehrere Arten deuten kann und dann kostet das einfach viel Zeit.
Und manchmal ist es halt auch grenzwertig komplex. Ich erinnere mich, dass wir im Studium mal was von Brahms analysiert haben, wo selbst unser Prof dann manchmal nicht mehr eindeutig bestimmen konnte was für ein Akkord das nun war, weil da so Ideen drinsteckten, dass man die Akkorde teilweise in einen höheren Block und einen tieferen Block aufteilen konnte und man dann quasi im oberen Teil eine andere Tonart hatte als im unteren. Sowas zu hören ist quasi unmöglich und letztlich muss man sich auch fragen warum man da transkribiert.
Wenn man einfach nur den Song nachspielen will, reichen ja oft auch viel einfachere Notizen, als wenn man da wirklich analytisch auf die Mikrostruktur gucken möchte.
 
Momentan höre ich die Melodie und mir schwant, dass ich das mache was Ed Sheeran sagte: Er könne jeden Song mit vier Akkorden spielen. Statt die Chordprogression zu hören reharmonisiere ich Songs mit I IV V vi wenn ich versuche am Radio mitzuspielen.

Bin auch unschlüssig. Es gibt Videos wo jemand ein Song in wenigen Minuten nur nach Gehör komplett zerlegt. Das verblüfft natürlich Anfänger wie mich. Dann gibt es davon nicht sehr viele. Ist es weil das für Profis langweiliges, täglich Brot ist das jeder kann oder ist es weil man Profi sein kann ohne das zu können?
 
Ist es weil das für Profis langweiliges, täglich Brot ist das jeder kann oder ist es weil man Profi sein kann ohne das zu können?
Hier müsste man erstmal klären, an was für einen Profi du denkst?
Denn wer hört denn überhaupt existierende Songs heraus und notiert die Akkorde?
Wenn ich Musiker bin und schreibe meine eigenen Songs.. brauche ich den Skill gar nicht, denn ich mache ja meine eigenen Songs, da weiß ich im Normalfall auch, was ich spiele.
Wenn ich Musiker in einer Coverband bin, könnte ich das machen, aber ehrlich gesagt, geht es schneller, wenn ich auf einer der unzähligen Seiten nach Chords für den Song gucke und die dann ggfs (meistens..) korrigiere. Alleine von der Schreibarbeit her.
So ging es mir als Gitarrenlehrer, wenn meine Schüler sich einen Song gewünscht haben: Ja, ich kann den Text raushören und die Akkorde dazu aufschreiben, aber das dauert zehnmal so lange, wie eine existierende Vorlage zu nehmen und nur zu überprüfen an welchen Stellen ich die optimieren möchte.
Mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl für die gängigsten Verbindungen und dann spielt man manchmal einfach mit und merkt „Oh, an der Stelle ist jetzt was Ungewöhnliches, höre ich da mal genauer hin“. Und ein Profi-Musiker, also im Sinne von jemandem, der wirklich einfach 8h am Tag Musik macht und damit sein Geld verdient, kommt da vermutlich sehr schnell hin.
Und dann kommt es halt drauf an, was für Musik man macht. Viele Jazz-Musiker sind unheimlich gut in Chordprogressionen, einfach weil sie darüber improvisieren und dann zwangsläufig wissen müssen was da gerade abläuft.
Viele klassische Musiker mit denen ich studiert habe, konnten gar nix raushören, weil die immer nur nach Noten spielen und wenn man z.B. Geige spielt, denkt man eher melodisch, als akkordisch, weil man halt immer nur einen Ton spielt.
Viele Pianisten wissen sehr genau, welche Umkehrungen und Akkorde sie spielen, weil das auf dem Klavier super einfach ist.
Viele Gitarristen spielen einfach nach Tabulatur oder nur nach Griffen und machen sich gar keine Gedanken über Tonart, zugehörige Akkorde etc. Das sieht man manchmal, wenn dann in Online-Tabs einfach Akkorde aus Kreuz- und b-Tonarten wild zusammengewürfelt werden, so dass es für einen studierten Musiker eigentlich keinen Sinn mehr ergibt, aber da geht es dann mehr um Praktikabilität, als um harmonische Korrektheit.
Also kommt es auch immer auf das Ziel an und die Umstände. Akkorde aus einem Stück zu hören ist mit Sicherheit ein nützlicher Skill, wenn man spontan mit anderen zusammenspielen möchte und auch allgemein förderlich für musikalisches Verständnis. Aber wie oft braucht man es wirklich?
Ich, als Musiklehrer, kann dir nicht genau sagen, wann ich das letzte Mal ein komplettes, fremdes Stück von Null aus komplett aufgeschrieben hab.. wahrscheinlich wirklich im Studium.
 
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Ich hatte schon mehrere Zeiten, wo ich so ein Heureka-Gefühl hatte. Und kann immer noch nicht auf genau dem Niveau Akkordfolgen hören, das ich mir wünschen würde. Andererseits kann ich sagen, dass ich inzwischen harmonische Komplexitäten zumindest kenne, die ich mir beim ersten Heureka noch gar nicht geträumt hätte - nur sicher unterscheiden kann ich sie noch nicht.

Es kommt schonmal vor, dass ich Akkordfolgen direkt nachvollziehen kann; oder nur wenig herumprobieren muss, um sie herauszufinden - da reden wir dann über - sagen wir mal - 7-8 mögliche Akkorde (außer den häufigen tonleitereigenen vielleicht noch die eine oder andere Dominante außerhalb - und das wars dann). Wenn es chromatisch wird, bin ich noch ziemlich verloren.

Mir macht es jedenfalls Spaß, da weiterhin eine Entwicklung zu sehen - auch wenn es z.T. Jahre dauert, bis man sich wieder auf der nächsten Stufe fühlt.
 
Aber wie oft braucht man es wirklich?
Also ich jeden Tag.
Werde von Schülern oder anderen Musikern ständig mit tonnenweise Musik konfrontiert, die ich in dem Moment erst kennen lerne.

Daraufhin muss ich irgendwie reagieren können. Zb. Hinweise geben, aber eben auch demonstrieren.

Genauso auf einer Session oder Probe.
"Spiel irgendwas, aber spiel!!!"


Statt die Chordprogression zu hören reharmonisiere ich Songs mit I IV V vi wenn ich versuche am Radio mitzuspielen.
Ist doch cool, solange es für Dich und Dein Publikum (?) funktioniert.
Bei Ed Sheeran funktioniert es ziemlich gut...😃

Mir macht das auch Spaß.
Andererseits ist das tatsächlich eine vom Aussterben bedrohte Fähigkeit.
 
Wie lange hat es bei euch gedauert bis ihr bei Songs die Chord Progression raushören konntet?
Bei einfachen, relativ melodischen Stücken konnte ich das nach etwa 2 Jahren, als ich mich damit beschäftigte (angefangen, Bass zu lernen, ein wenig Gitarre dazu...), und je mehr / öfter man das macht, umso leichter wird's.
Bei komplizierteren Strukturen (maj, dim, 7/9/11 und solche Geschichten) klappt es bei mir so lala - und manchmal stehe ich wie der berühmte Ochs vorm Berg...
auch die Voicings raushören
kann ich bis heute nur sehr eingeschränkt.
Liege ich mit der Annahme richtig, dass jeder "ernsthafter" Musiker das kann?
Schwierige Frage: Ich kenne ausgebildete / studierte Musiker, die ohne Notenblatt oder wenigstens Leadsheet (Text plus Akkordbezeichnungen) ziemlich hilflos rumeiern, wenn wir ein ihnen vom Hören bekanntes Strück "schnell mal anspielen" wollen. Hobbymusiker scheinen da weniger Probleme zu haben, können aber evtl. keine Noten lesen (was die "Ausgebildeten" wiederum den Kopf schütteln lässt).
wer hört denn überhaupt existierende Songs heraus und notiert die Akkorde?
Viele, die noch aus der Vor-Internet-Zeit kommen und das früher schon gemacht haben. Macht Spaß und führt zu teilweise recht lustigen Ergebnissen. Man denke nur an den "Schnitzelwagen" bei Roland Kaisers "Santa Maria" und viele verkorkste Akkorde (die, hätte man's gewusst, gar nicht so kompliziert wären).
eine existierende Vorlage zu nehmen und nur zu überprüfen an welchen Stellen ich die optimieren möchte
ist auch für mich heute der gängige und einfachste Weg - dem Internet sei Dank.
Aber wenn Du in den 1970-er Jahren auf dem Land hockst und Radio bzw. Cassettenrekorder Deine Anregungen und Hilfsmittel sind, bleibt halt nur anhören - anhören - nochmals anhören und "analysieren" (probieren, bis es stimmt, zumindest so in etwa)...

Also auch hier: Übung macht den Meister (oder bei mir: den Gesellen) ;)
 
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Um welches Instrument oder welche Besetzung geht es eigentlich?
 
Wie lange hat es bei euch gedauert bis ihr bei Songs die Chord Progression raushören konntet?
Das hängt ganz von der "harmonischen Komplexität" der Songs ab.
Leichte Lieder im Stile der Lagerfeuer-Songbooks konnte ich sofort, oder, genauer gesagt, nach einem Monat.

Konntet ihr dann auch die Voicings raushören oder ist es ein separater Skill den man auch separat erwirbt?
Das hat mich persönlich damals gar nicht interessiert, bzw. wußte ich gar nichts von der Existenz von "Voicings" oder deren Unterschied zu "normalen Griffen".

Ich denke, das geht Hand in Hand mit der persönlichen Entwicklung am Instrument: Kennt und kann man ein bestimmtes Voicing, dann kann man es auch in
der freien Wildbahn heraushören.

Liege ich mit der Annahme richtig, dass jeder "ernsthafter" Musiker das kann?
Nach meinem persönlichen Geschmack: JA.
Aber dazu wird es verschiedene Auffassungen geben. Und eine Diskussion genau darüber wird nicht sehr ergiebig im Sinne einer Horizonterweiterung sein ...

Die Fähigkeit .Songs nach Gehör spielen zu können kam bei mir quasi über Nacht ... Seitdem vertraue ich darauf, dass mit Chord Progression ... dasselbe passiert, aber ---
Das kann ich irgendwie nicht so recht vorstellen, bzw. es nachempfinden.
Wie will man einen Song nach Gehör nachspielen, wenn man die Chorprogression nicht heraushören kann ?! Irgendwas kann da doch nicht stimmen ...

LG
Thomas
 
@Disgracer

Keith Williams von five watt world schilderte mal wie seine Unterrichtstunde bei Rick Beato ablief. Man setzte sich ihm gegenüber, spielte die Musik die man lernen wollte von Kassette/Platte vor. Beato schrieb dann die Akkorde auf ein Blatt spiegelverkehrt auf, so dass der Schüler sie ablesen konnte. Beato selbst meine über seine Zeit als Gitarrenlehrer, er habe wegen der Schüler alle mögliche Songs gelernt.

Justin Ostrander, ein Nashville Session Gitarrist erzählte, dass er die Chordprogression beim ersten Hören des Tracks die er zugeschickt bekommt aufschreiben könne bevor er daran geht seinen Part darüber zu entwickeln.

Andererseits bin ich bei keinem anderen Youtube Gitarristen darüber gestolpert wie er darüber spricht. Daher meine Verunsicherung. Spricht niemand darüber weil das so selbstverständlich ist und deswegen gar nicht auf die Idee kommt darüber zu reden oder weil das unnötig ist?

Bei Keyboard habe ich das eine oder andere Videos gesehen aber das lief eher als Kunststückchen weil das megakomplizierte Jazz Stücke waren oder jemand demonstrieren wollte was möglich ist mit absolutem Gehör.

Ansonsten, vielen Dank für die Beiträge bisher.

Mein "Traum" ist, in der Lage zu sein mich mit der Gitarre an jede Gruppe von Musikern setzen und mitzuspielen auch wenn ich die Songs gar nicht kenne. Momentan stelle ich irgendeinen beliebigen Stream ein, wie Top 100, Thailändische Schlager, Spanische Gitarrenmusik, Mongolische Kehlkopfgesänge, Soundtracks, Gute Laune Pop, Alpenmusik, Traditionelle koreanische Musik, Tango, Bossa Nova, Touareg Gesänge etc.
Solange eine Oktave in 12 Halbtönen aufgeteilt ist gelingt es mir mittlerweile recht schnell mit der Melodie "herumzugrooven" aber bei Akkorden reharmonisiere ich eher statt zu hören.

Nicht falsch verstehen. Das klingt hochgestochener als es ist. In Wirklichkeit eiere ich inspirationslos um Tonleitertönen herum und versuche nicht zu viele falsche Töne zu erwischen. Ich gebe mir hier auch weitere 10 Jahre, um so weit zu sein, dass etwas herauskommt das ich jemandem zumuten mag. Nur gut, dass einem Stream egal ist was man vor dem Computer macht. :)
 
mitzuspielen auch wenn ich die Songs gar nicht kenne
kann ich mir -für mich- nicht vorstellen, gerade nicht bei allen von Dir genannten, völlig unterschiedlichen Musikstilen. Ich muss schon ungefähr wissen, was da auf mich zukommt, d.h. das Stück zumindest mal teilweise gehört haben. Ausnahme sind die immer nach demselben Strickmuster produzierten Sachen, die mit zwei oder drei Akkorden auskommen und "vorhersehbar" sind, weil man drünfzig praktisch gleiche Melodien schon mal gehört hat (z.B. Schlager und volkstümliche Musik).
 
Das kann ich irgendwie nicht so recht vorstellen, bzw. es nachempfinden.
Wie will man einen Song nach Gehör nachspielen, wenn man die Chorprogression nicht heraushören kann ?! Irgendwas kann da doch nicht stimmen ...
Ist bei mir aber so. Beim Spielen könnte ich nicht sagen, es kommt jetzt ein F-Dur sondern meine Finger wandern dahin.

Gut möglich, dass ich das doch höre aber Schwierigkeiten habe sie zu benennen.

Andererseits, die wenigsten werden nach "c d e f g g a a a a g" auf dem Griffbrett suchen wenn sie "Alle meine Entchen schwimmen auf dem See" nach Gehör spielen sollen?
 
Mein "Traum" ist, in der Lage zu sein mich mit der Gitarre an jede Gruppe von Musikern setzen und mitzuspielen auch wenn ich die Songs gar nicht kenne.
Wenn Du das bewerkstelligt hast, lass es mich gern wissen. Lass es vielleicht auch Tim Pierce, Dan Huff, Al Di Meola und Paul Gilbert wissen, denn auch die müssen Songs lernen. Ich behaupte sogar, die machen das sehr intensiv und keineswegs on the fly. Das ist dann ja nimmer nötig.
 
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die wenigsten werden nach "c d e f g g a a a a g" auf dem Griffbrett suchen wenn sie "Alle meine Entchen schwimmen auf dem See" nach Gehör spielen sollen?
Was hat denn eine einstimmige Melodie mit "Chord Progression" und "Voicing" zu tun? Reden wir vom selben Thema?
Außerdem "sucht" man Töne nicht auf dem Griffbrett, sondern weiß, wo sie sind oder spielt (bei diesem Lied) halt einfach die Tonleiter ab dem Grundton nach oben und unten. ;)
 
Gut möglich, dass ich das doch höre aber Schwierigkeiten habe sie zu benennen.
Naja, wenn das so ist, dann ist das meiste doch ohnehin schon getan.
Dann musst Du nur mehr lernen, wie man die Dinge bezeichnet, die Du so automatisch identifizieren kannst. Sprich: Stufenakkorde in allen Tonarten.

Thomas
 
Also ich jeden Tag.
Werde von Schülern oder anderen Musikern ständig mit tonnenweise Musik konfrontiert, die ich in dem Moment erst kennen lerne.
Es war ja durchaus eine ernsthafte Frage von mir, wie oft man das braucht. Es gibt mit Sicherheit Leute, die das ständig brauchen können.
Genauso auf einer Session oder Probe.
Da hab ich z.B. ganz andere Erfahrungen gemacht. Bei meiner Band hören wir in neue Songs gemeinsam rein, beraten ob wir die ins Programm aufnehmen wollen und dann. Erklärt sich einer bereit die Noten/Chords zu besorgen und schickt die rum, damit alle die gleiche Version haben.
Es gibt bei vielen bekannten Songs viele unterschiedliche Versionen, oft finden wir auch die Live-Versionen tauglicher oder checken direkt vorab die Tonart für unsere Sängerin, so dass sonst immer die Gefahr ist, dass am Ende fünf Leute mit fünf unterschiedlichen Versionen zur nächsten Probe auftauchen und wir uns dann erst einigen müssen..
Um welches Instrument oder welche Besetzung geht es eigentlich?
Das Thema stand ursprünglich im Akustik-Gitarren-Forum.. also.. vermutlich.. A-Gitarre ;-)
Keith Williams von five watt world schilderte mal wie seine Unterrichtstunde bei Rick Beato ablief. Man setzte sich ihm gegenüber, spielte die Musik die man lernen wollte von Kassette/Platte vor. Beato schrieb dann die Akkorde auf ein Blatt spiegelverkehrt auf, so dass der Schüler sie ablesen konnte. Beato selbst meine über seine Zeit als Gitarrenlehrer, er habe wegen der Schüler alle mögliche Songs gelernt.

Justin Ostrander, ein Nashville Session Gitarrist erzählte, dass er die Chordprogression beim ersten Hören des Tracks die er zugeschickt bekommt aufschreiben könne bevor er daran geht seinen Part darüber zu entwickeln.
Auch das sind Fälle, wo es sicherlich nützlich ist, diesen Skill zu haben. Als Session Gitarrist sowieso.
Aber das war eben auch eine Zeit, wo Ressourcen wie das Internet noch nicht vorhanden waren. Klar, wenn es keine frei verfügbaren Noten gibt, muss ich die halt selbst raushören. Aber die Welt sieht heutzutage anders aus. Es würde mich nicht wundern, wenn wir (vielleicht sogar schon jetzt) bald einfach Musik in ein AI-Programm schmeißen und dann kommen Text und Akkorde hinten raus. Ich erinnere mich schon vor 10 Jahren oder so ein Programm benutzt zu haben, in das ich mp3s laden konnte und dann zeigte es die Frequenzen an, so ein bisschen wie Melodyne, aber halt zum transkribieren.
Im Fall von Unterricht, kenne ich das von meinem alten Gitarrenlehrer auch, dass ich mal Musik mitgebracht habe und er die dann im Unterricht transkribiert hat und das war eine Sache, die ich dann später als Lehrer selbst nie machen wollte, aus folgenden Gründen:
- ich empfinde das als vergeudete Unterrichtszeit: Der Schüler guckt dann dem Lehrer (mindestens) ~10 Minuten dabei zu, wie er die Akkorde raushört und aufschreibt und hat in der Zeit absolut nix zu tun.
- der Schüler hat hinterher einen handgeschriebenen Schmierzettel mit Akkorden, ohne Text zur Orientierung, teilweise vielleicht korrigiert und unleserlich, etc
Ich war da immer der Meinung, dass das zu den „Hausaufgaben“ des Lehrers gehört und habe das dann auch so behandelt: Im Unterricht zusammen mit den Schülern in den Song reingehört, entschieden ob das machbar ist oder nicht und dann hab ich zu Hause eine korrekte und schön formatierte Version erstellt, für die nächste Woche.
Na klar, wenn man das (wie im Falle Rick Beato vmtl) direkt fehlerfrei live mit aufschreiben kann: Good for you. Aber bei etwas komplexeren Sachen kenne ich wenig Leute, die nicht zumindest mal kurz zwischendrin ihr Instrument nehmen und das gegenchecken müssen.

Leichte Lieder im Stile der Lagerfeuer-Songbooks konnte ich sofort, oder, genauer gesagt, nach einem Monat.
Respekt. Ich glaube nicht, dass ich nach einem Monat auch nur drei Akkorde fehlerfrei spielen und wechseln konnte..
 
Wie lange hat es bei euch gedauert bis ihr bei Songs die Chord Progression raushören konntet? Konntet ihr dann auch die Voicings raushören oder ist es ein separater Skill den man auch separat erwirbt?
Bei mir hat das Heraushören von Akkorden so vielleicht 2 Jahre gedauert, allerdings zwei musikalisch ziemlich entscheidende, nämlich vom Alter 14-16.

Voicings heraushören ist um Längen schwerer, denn je nachdem von welchen Instrumenten wir reden und welcher Aufnahmequalität kann das von „Kindergartenniveau“ bis „vollkommen unmöglich“ reichen. Ich habe versucht, Saxophonsatz-Voicings von Swing-Big-Bands der 30er/40er-Jahre herauszuhören und bin damals ziemlich daran gescheitert. Streichorchester-Voicings gehen oft besser. Chor geht je nach Besetzung ganz gut, es hängt auch immer davon ab, wie der Tontechniker da noch an den Stimmen gedreht hat. Bläserensembles rauszuhören geht bei kleinen Besetzungen ziemlich einfach, wenn die Einzelinstrumente hörbar sind.

Also, das ist ein weites Feld. Man kann ein Leben lang daran dazulernen.

Mindestens genauo wichtig ist aber, immer einen Punkt zu finden, an dem man ergebnisorientiert arbeitet: keiner bezahlt einen fürs Raushören, sondern man muss normalerweise mit dem Herausghörten etwas produktives machen. Aufschreiben, nachspielen, mitspielen, neu aufnehmen, umarrangieren, oder so etwas. Da muss man rechtzeitig den Absprungspunkt finden, um vom Heraushören zum Gestalten des Zielproduktes überzugehen.

Liege ich mit der Annahme richtig, dass jeder "ernsthafter" Musiker das kann?
Nein, nicht jeder ernsthafte Musiker kann das. Manche können es nicht. Dafür können es die unernsten Musiker dann. Oder auch nicht. Je besser ein Musiker ist, desto mehr Kompetenzen hat er.
Die Fähigkeit bekannte Songs nach Gehör spielen zu können kam bei mir quasi über Nacht total überraschend ohne dass ich das jemals geübt hätte. Seitdem vertraue ich darauf, dass mit Chord Progression samt Voicings hören dasselbe passiert aber dieses "Heureka Moment" lässt auf sich warten.
Naja, dann solltest du dich erstmal auf einfache musikalische Strukturen beschränken, die sind nun mal einfacher herauszuhören als komplexe. Also z.B. die Harmonien von Schlagerproduktionen und die Voicings von Bläsertrios und -quartetten, z.B. Posaunenchorliteratur. Wenn du sowas kannst, kannst du die Erfahrungen auf komplexere Harmonien und andere schwerer herauszuhörende Instrumente ausdehnen.
 
Wie lange hat es bei euch gedauert bis ihr bei Songs die Chord Progression raushören konntet?
kommt drauf an. das ist auf jeden fall keine Sache, die ab einem bestimmten Zeitpunkt immer in jedem fall geht.
wenn man das blues- I IV V schema verstehen will, dauert es 5 Minuten, das zu erklären, und ab dann erkennt man es immer, aber je komplexer oder komplizierter, desto schwieriger, desto mehr Übung nötig.

Konntet ihr dann auch die Voicings raushören oder ist es ein separater Skill den man auch separat erwirbt?
separate Sache.


Mein "Traum" ist, in der Lage zu sein mich mit der Gitarre an jede Gruppe von Musikern setzen und mitzuspielen auch wenn ich die Songs gar nicht kenne.
Wenn Du das bewerkstelligt hast, lass es mich gern wissen. Lass es vielleicht auch Tim Pierce, Dan Huff, Al Di Meola und Paul Gilbert wissen, denn auch die müssen Songs lernen.
ich vermute, damit ist sowas wie eine jam session gemeint.
 
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