Ich kann hier als Mischer einen Erfahrungsbericht beisteuern von einem Gig mit In-Ear.
5 Bands, jeweils 15 Minuten Umbau, 3 In-Ear-Racks
Klingt ambitioniert, war es auch.
Eine der Bands ist wegen Backing- und Klicktrack auf InEar angewiesen (die kannte ich auch schon).
Die anderen konnte ich nicht einschätzen und die zwei ersten Bands waren Duos ohne Schlagzeug, die bekamen dann zwei Monitore auf die Bühne.
Kurzfazit: Alles hat gut funktioniert, den Zeitplan haben wir sogar etwas überholt.
Es war aber viel Vorbereitungsaufwand, viel Verkabelung. Machen will ich das nicht noch einmal.
Hier ein Bild auf die Racks an der Bühnenseite. Eins davon war meine Stagebox mit Endstufenrack.
Nicht auf dem Bild ist die Kaskade an Gitarrenmodellern, die am Bühnenrand aufgebaut war
Eine Woche lang haben wir in einer Whatsapp-Gruppe den Aufbau ausdiskutiert. Umstecken von Kabeln wollte ich möglichst vermeiden, Kaskadieren von Splittern war uns zu heikel, weil wir die Geräte nicht wirklich kannten.
Umgesteckt wurden dann am Ende 8 Mikrophone (vor allem drums).
Mit allen Signalen aus den technical ridern wäre ich auf 37 Inputs gekommen (trotz gemeinsamem Schlagzeug). Der eine hat Keyboards, der andere zwei Gitarren, Backingtrack, backing vocals, Akustikgitarren, Cello ... In Summe relativ wenig Überschneidungen. Mein Pult hätte es hinbekommen, aber nicht meine Stagebox - und auch nicht mein Hirn
Wir konnten auf 28 Inputs runterstrippen, unter anderem, weil ich eine Band komplett mit deren Pult gemischt habe und nur die Stereosumme bekommen habe. Das ging, weil ich diese Band mit genau deren Tablet schon einmal gemischt hatte und ich genau wußte, wie dort das Setup ist. Anderenfalls hätte ich das ablehnen müssen.
Ich hatte am Ende 3 Userlayer auf meinem Digipult, zusammen mit meinem Tablet, das ich als weiteren Layer auf mein Pult nutzen konnte. Die Band mit eigenem Tablet war für mich dann sozusagen ein weiterer Userlayer.
Warum hat es funktioniert ? Ich hatte im Vorfeld eine fast komplette Show gebaut, auf dem Tablet auch schon Layer so organisiert, so daß ich im Grunde mein Pult-Setup auswendig hatte.
Alle InEar-Racks waren frühzeitig vor Ort, alle blieben bis zum Ende und alle Bands waren diszipliniert.
Wir hatten genug Zeit, um alle Signale anzuchecken und alle Bands hatten kompletten Soundcheck.
Es war auf der Bühne auch genug Platz, um die Racks aufzustellen und passabel zu verkabeln.
Jede Band mußte ein wenig die Pegel anpassen, da das Schlagzeug und Mikrophonierung von zwei verschiedenen Bands kam.
Die einzigen "Unfälle" passierten bei einem spontanen Mikro ("Ach ja, da kommt nachher noch einer, der singt bei einem Song mit"). Das mußte ich umstecken und hatte mich dann im Userlayer vertan und das Signal nicht gleich wieder gefunden. Und derjenige hat beim Aufgang auf die Bühne prompt das falsche Mikrophon genommen ...
Mit besserer Vorbereitung wäre das dann auch nicht passiert.
Mehrere InEar-Setups können also funktionieren, wenn
- genügend Zeit da ist (im Vorfeld und am Tag selbst)
- genügend Platz da ist
- genügend Kabel da sind
- genügend Leute da sind, die ihren Kram kennen.
Sobald einer der Punkte nicht paßt, wird es schwierig.
Das Argument, InEar würde dem Techniker Zeit sparen, lasse ich hier nicht gelten. Es war viiieel Zeit nötig, vorher.
InEar ist für mich dann gut, wenn z.B. eine Band den ganzen Abend spielt. Oder es geht um ein Festival, mit viel Platz auf und hinter der Bühne. Da sind auch die Mischpulte gerne etwas größer dimensioniert.
Die allermeisten meiner Jobs spielen sich aber auf kleinen, engen Bühnen ab. Da ist solch ein Aufbau wie auf dem Bild oben unpraktikabel bis schlicht unmöglich. Und der Faktor Zeit ist natürlich bei Amateurbands schwierig. Die Musikanten müssen ja tagsüber arbeiten.
Und lasse eine Band im Stau stehen ... Genau das hatte ich vor einiger Zeit. Die Hauptband kam viel zu spät und brauchte unbedingt InEar, und das auf einer sowieso schon engen Bühne. Das war der grauslichste Aufbau, den ich bislang erlebt hatte.
Wenn man also über InEar diskutiert, muß unbedingt der Kontext betrachtet werden. Je nachdem, kann es gut gehen oder ziemlich daneben.
Ich werde solch einen Job bei der nächsten Anfrage ablehnen. Ich müßte viel mehr dafür verlangen und es hat mich vorher echt Nerven gekostet.
Im Oktober mache ich wieder 5 Bands an einem Abend. Aber alles Rocker, mit 4 Wedges auf der Bühne und ein paar InEar-Hörer kriege ich von meinem Pult aus angesteuert. Das wird viel weniger Aufwand als dieser Gig hier.
So hatte ich auch schon erfolgreich 9 Bands am Abend versorgt ...