Ich hoffe, @Jongleur verzeiht uns diese kleine Exkursion.
Ich bin sogar hoch erfreut über solche Diskussionen.
Genau genommen reden wir über das Handwerk - welches bei MIR immer am Anfang eines neuen Textes total im Vordergrund steht. Die Struktur ist quasi mein Treibstoff für die kommende Fahrt. Hier war der Treibstoff diesmal : “ |- |- “ - die einprägsame Wiederholung zum Anfang. Überhaupt
ist jeder Anfang extrem wichtig. Sagen wir mal, die Form der ersten Strophe steht quasi immer VOR der ersten Idee…jedenfalls bei mir!!
1. Ich wähle das Reimschema. Sagen wir mal Kreuzreim, ABAB.
2. Ich wähle die Zahl der Versfüße. sagen wir mal fünf Hebungen; |-|-|-|-|-
3. Ich wähle für die erste Zeile einen Hauptsatz Satzbau meist: Subjekt-Prädikat-Objekt.
4. Nun überleg ich die Satzart: Aussagesatz, Fragesatz, Imperativ
5,. Dann schreibe ich den ersten Satz. Gewöhnlich über eine, höchstens über zwei Zeilen.
6. Will ich den Gedanken weiter führen, kommt nach dem Hauptsatz ein Nebensatz, der mit „und oder „weil„ oder„damit“ (und so weiter) eingeleitet wird.
7. Und schon habe ich nach wenigen Minuten eine erste Strophe mit einer individuellen Arbeitsmusik im Ohr.
Ist das alles zum Thema Anfang? – Nein! Sehr wichtig ist auch die Struktur der Zeilen-Anfänge. Wer mich regelmäßig liest, wird feststellen, dass ich beispielsweise oft das Wort „Anapher“ erwähne. Das bedeutet, dass ich am Anfang einiger aufeinanderfolgenden Zeilen das identisch gleiche Wort benutze. Dieser formale Trick garantiert automatisch, dass man thematisch kohärent bleibt. Ich muss noch nicht einmal wissen, worum es überhaupt gehen wird. Allein die Benutzung der Anapher holt aus dem Schreibsalat allmählich einige vielversprechende Leckereien.
Soweit, so gut. Bleibt nur die Frage offen, warum ich immer wieder derartig ausführlich Einblicke in meine Arbeitsweise ungefragt präsentiere
Hm… das bin dann wohl ich!
Am Anfang meiner Karriere stolperte ich infolge eines eher zufälligen territorialen Hits in die Situation, dass plötzlich viele halbwegs bekannten Bands von mir Texte haben wollten. Aber ich hatte keinerlei Handwerk und schnell wurde das professionelle Schreiben eine echte Qual für mich. Ich schleppte mich Jahre lang (seelisch immer müder werdend) von Demo zu Demo. Und suchte verzweifelt nach Hilfsmitteln, um schneller und kräftiger arbeiten zu können.
Oder anders gesagt: Ich begann, am Anfang eines Textes geeignete Worte zu sammeln, und aus diesen Worten intuitiv eine Idee heraus zu filtern. Über die Jahre bemerkte ich aber, dass es fragwürdig ist, mit Worten oder einem Exposé zu beginnen, da so ein kleiner Musik-Text fast automatisch zu kopflastig wird. Zu viel Logik macht einen Text schwer. Das ist ein Thema für sich!
Es sind wohl gerade die Stilmittel, die automatisch für einen lockeren Ton sorgen, Aber den lockeren TON sollte man wörtlich nehmen. nehmen. Es sind die Klänge, die unser Ohr schmeicheln. Nicht etwa irgendwelche Slogans, die gerade modern sind. (Ein guter Slogan ist zudem meistens nichts weiter als eine Summe guter Klänge. )
Und somit lande ich wieder am Anfang dieses Diskussionsbeitrages. Die Wiederholungen sorgen automatisch für eine Idee. Ich möchte fast sagen, Wiederholungen (Gleichklänge) sind vielleicht sogar DIE Idee. Hat man die richtigen gefunden, ergibt sich die Story fast von selbst. Falls man es gelernt hat, sich auf sich selber konzentrieren zu können, Dass verändert völlig den Tagesablauf!!! Aber das ist ein eigenes Thema…
P.S.:
Falls dieser Beitrag bei irgendwem irgendwann eine Blockade löst, würde ich mich über eine entsprechende Reaktion (gern auch im PF) sehr freuen.