Akkordbezeichnung im lead sheet

  • Ersteller Multimax
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Von Volklied steht im Startpost nirgendwo was.
Ich sah dort dies:
1688458940297.png

Die Frage (die eigentlich nicht der Ausgang des Threads war), ob Volkslieder einfach oder komplex harmonisiert bzw. niedergeschrieben werden sollten

:)


Kann aber sein, dass "harmonisch" hier nicht der korrekte Fachausdruck ist.
Das denke ich auch. Ich habe ja schon gefragt, ob Du "dissonant" meinst.
Die Intervallteilungen brauchst Du uns hier glaub ich nicht zu erklären ;)


Wie McCoy es sehr gut geschrieben hat, gibt es Gepflogenheiten in den Genres, an die man sich halten sollte.
Bei Volksliedern siehe oben.
Jazz, Latin u.a. haben ihre eigenen (meist ungeschriebenen und nicht immer konsistenten) Regeln.
 
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Wie McCoy es sehr gut geschrieben hat, gibt es Gepflogenheiten in den Genres, an die man sich halten sollte.
Diesen Satz würde ich gerne ergänzen "wenn man ein traditionelles und Genre-typisches Klangbild anstrebt".
Anders als in vergangenen Zeiten haben wir heute im 21. Jahrhundert eine große Auswahl auch bei der Vertonung von eher schlichten Melodien wie Volksliedern.

Eine Empfehlung zur Harmonisierung sollte meiner Meinung nach daher stets eine Bedingung enthalten:

- "Wenn du das Lied traditionell schlicht harmonisieren willst, und auch sicherstellen möchtest, dass auch Laien ohne Sing-Routine einfach so mitsingen können, solltest du dich auf die 3 Funktionen T/S/D beschränken. Die Dominante darf auch als D7 auftreten."

- "Wenn du etwas mehr Farbe in den Satz bringen möchtest, kannst du auch einige andere Funktionen aus den leitereigenen Akkorden einbeziehen, z.B. Tp, Sp."

- "Wenn du noch mehr Farbe einbringen möchtest, kannst du diesen Funktionen noch ihre Septe hinzufügen, aber achte darauf, dass du die Sänger nicht beginnst zu verwirren, jedenfalls, wenn sie nicht sattelfest im Singen sind."

- "Wenn du es sehr jazzig klingen lassen möchtest, dann bediene dich frei aus der Fülle der Jazz-Akkorde mit ihren Tensions und Options. Dabei dürfen die Melodietöne gerne auch tendenziell dissonante Spannungstöne des Akkordes bzw. zum Akkord sein. Mit einer solchen Harmonisierung wirst du aber Sing-Laien raus bringen und eventuell sogar abschrecken."

Dabei ging es bei der Ausgangsfrage gar nicht um das "wie" der Harmonisierung, sondern darum, wie die Akkorde am besten zu notieren seien.
Diese Frage steht naturgemäß aber im Zusammenhang mit der Wahl der Harmonisierung. Je ausgefallener, komplexer, "jazziger" sie ausfällt, desto mehr halte ich es für geboten, alle Tensions und Options usw. zu notieren. Dabei dann auch bitte den Standard einhalten, den Grundton des Akkordes (und die Slash-Töne) in Großbuchstaben zu schreiben. Moll-Akkorde dann mit dem Zusatz "m" oder "-", z.B. Dm.
Ansonsten wissen diejenigen, die den Satz nachspielen wollen, nicht, bzw. nicht konkret genug, was denn nun gemeint war und finden nicht den beabsichtigten Klang.
 
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Das ist sehr schön zusammengefasst.

Wobei ich grade feststelle, dass wir schon etwas von der eigentlichen Frage abgekommen sind
stellt sich mir öfters die Frage, ob ein Ton einer Harmonie, z.B. eine 7 oder eine 6 und weitere, wenn diese in der Meldie vorkommen, in der Akkordbezeichnung auftauchen sollen.

Die Akkorde sollten aus meiner Sicht ausdrücken, was das Begleitinstrument spielen soll.

Wenn Du also Wert darauf legst, dass die 6 nicht nur gesungen, sondern auch gespielt werden soll, dann ja, aber - siehe Lobos Post - nur wenn das Zielpublikum das auch verkraftet und einen Mehrwert davon hat.

Ansonsten eher nein, besonders wenn es wie in deinem Beispiel ein "Durchgangsakkord" ist.

Die 7 kann man schon eher hinschreiben, weil Septakkorde auch unter Laien verbreiteter sind.
 
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Danke für Eure Antworten. Ich habe bis jetzt die Erfahrung gemacht, dass die Sänger das ganz gut hinbekommen, wenn man öfter mal ein paar 7er in Dur und Moll streut.

Was die Notierung angeht, finde ich die 6 in dem Beispiel auch zu viel. Ich hatte das in einem anderen Buch mal so gesehen.

Über die deutsche Art, Moll in kleinbuchstaben zu schreiben, habe ich auch schon nachgedacht. Ich finde es bei Volksliedern eigentlich ganz schick. Vielleicht ist es nicht mehr ganz modern, aber da bin ich noch nicht ganz entschieden, ob ich vielleicht zu Großbuchstaben wechsele.
 
Was die Groß- und Kleinschreibung angeht, hatte ich ja die Großschreibung empfohlen, weil ich diese mittlerweile als Standard sehe.
Auf jeden Fall würde ich das machen wenn die Harmonik deutlich in Richtung "jazzig" geht. Da gehört dann für mich diese Schreibweise unbedingt dazu.

Bei einem eher traditionellen, schlichteren Satz der sich nicht eigentlich an Jazzer wendet, sondern an mehr "Volksmusik-affine" Musikinteressierte, oder auch z.B. an Kirchenmusiker, passt die überkommene deutsche Schreibweise mit Großbuchstaben für Dur und Kleinbuchstaben für Moll nach wie vor - wenn sie dort nicht sogar favorisiert wird.
 
Ich denke da irgendwie ganz anders: o_O
Die Akkordbezeichnungen bezeichnen nicht das, was der Instrumentalist spielen soll. Vielmehr stellen sie die harmonische Struktur des Stückes dar: Wo ist Tonika (I), wo ist Subdominante (IV), und wo ist Dominante (V), wo ggf. Doppeldominante (IIx7)?

Wenn man dann die Substitutionen (z.B. II-V statt V, I-VI statt I) und Nebenfunktionen etc. ein bisschen übt, kann man aus dem einfach harmonisierten Leadsheet, das @dubbel gepostet hat, das komplexere Leadsheet improvisieren, das @Multimax ganz am Anfang gepostet hat. Ich meine, daß das in der Volksmusik und auch z.B. in der Kirchenmusik (Gemeindegesang) durchaus gängige Praxis ist.

Aus dieser Art, Akkordymbole zu lesen, ergibt sich für mich ein ganz anderer Blickwinkel zur Eingangsfrage, ob die Melodietöne in der Akkordbezeichnung auftauchen sollen, wenn sie nicht im Ausgangsakkord enthalten sind.

Als Beispiel mal eine Zeile aus dem Jazzstandard There Will Never Be Another You:

Hier aus dem New Real Book: Im 3. Takt des Ausschnitts wird der Melodieton c'' im Akkordsymbol als 9 und als 13 dargestellt:
1688513182522.png



Im alten Real Book wird der Melodieton nicht im Akkordsymbol abgebildet, sondern bei Bbm und bei Eb lediglich die 7 hinzugefügt:
1688513249476.png


Ich finde die Version des alten Real Books viel besser, denn am Melodieton sehe ich ja in den Noten sofort, daß es sich um die 9 bzw. 13 handelt. Das muß doch im Akkordsymbol nicht nochmal extra aufgeführt werden. Mir reicht doch die Information, daß mit einer II-V die Subdominante Ab, die im Folgetakt erklingt, eingeleitet wird (das Stück steht in Eb-Dur). Wie ich diese II-V dann genau ausführe, bleibt ja mir überlassen. Die 9 und die 13 schränken mich da eher in den Möglichkeiten ein.

Und durch die 9 und die 13 im New Real Book werden gerade Amateurmusiker davon abgehalten, an dieser Stelle z.B. im Solo-Chorus mal etwas anderes auszuprobieren.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Die Akkordbezeichnungen bezeichnen nicht das, was der Instrumentalist spielen soll. Vielmehr stellen sie die harmonische Struktur des Stückes dar: Wo ist Tonika (I), wo ist Subdominante (IV), und wo ist Dominante (V), wo ggf. Doppeldominante (IIx7)?
Beim Jazz / Swing stimme ich Dir voll zu. Da geht es um das Erfassen der Struktur des Stücks, fürs Improvisieren und Reharmonisieren.

Bei Volksliedern sehe ich das Zielpublikum für die Akkordsymbole wie im Ursprungspost hier viel mehr in Richtung Kindergärtnerin / Lagerfeuergitarre.
Bei einem Buch mit ausnotierter Klavierbegleitung dann schon eher in die von Dir beschriebene Richtung.

Das Ergebnis ist aber am Ende das gleiche:
Das muß doch im Akkordsymbol nicht nochmal extra aufgeführt werden.
(y)

Wer improvisieren und /oder funktionale Harmonielehre kann, der kann auch bei Volksliedern Zwischendominanten, Parallelen usw. spontan ergänzen. Stehen aber solche kunstvollen Wendungen als Begleitakkorde fest da, dann habe ich schon öfters erlebt, dass das Lied nicht gespielt wird, weil der/die Spieler das auf der Gitarre nicht können und auch nicht wissen, was man weglassen kann.
Deshalb finde ich es gut, wenn man optionale Harmonien hinschreibt, die in Klammern zu setzen.

Aber es kommt natürlich immer auf das Zielpublikum und das Genre an.
 
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Ich finde die Version des alten Real Books viel besser, denn am Melodieton sehe ich ja in den Noten sofort, daß es sich um die 9 bzw. 13 handelt.


Hi McCoy,
Chordchanges sollten im Einklang mit der Melodie stehen, da sie auch unabhängig von dieser gespielt, den Melodiecharakter wiedergeben sollten (nicht jeder Begleiter liest die Melodie mit!).
nach Deinem Fahrplan kann es z.B. wenn die Melodie b13 darstellt und Du die Quinte im Voicings hast zu Problemen kommen.
Wenn der Melodieton eine Tension mit langem Notenwert darstellt sollte diese Tension auf jeden Fall im Akkordsymbol stehen um extreme Dissonanzen zu vermeiden.
 
nicht jeder Begleiter liest die Melodie mit!).
Warum denn nicht? Das sollte jeder Begleiter tun.

In Mollkadenzen die Dominante mit einer b9 kennzeichnen, ggf. bei Tongeschlechtskreuzungen oder wenn die Melodie leiterfremde Töne hat, kann auch entsprechend gekennzeichnet werden, aber bei There will never be finde ich das an der geposteten Stelle unnötig.

Aber da sind wir genau beim Thema genrespezifische Gebräuchlichkeiten.

Viele Grüße,
McCoy
 
In Mollkadenzen die Dominante mit einer b9 kennzeichnen, ggf. bei Tongeschlechtskreuzungen oder wenn die Melodie leiterfremde Töne hat, kann auch entsprechend gekennzeichnet werden, aber bei There will never be finde ich das an der geposteten Stelle unnötig.
Im 7. Takt von "Bewitched, Bothered And Bewildered" dann auch ohne 9 und 13?


1688569090888.png
 

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Braucht man mMn nicht hinzuschreiben. Für mich ist das evident, daß da 9 und 13 hinkommen. (Wie nennt man das: chromatische Ausweichung, Modal Interchange Ausweichung, tritonussubstituierte Doppeldominante?)

Die G9 in Takt 8 hindert mich aber, einen schönen US bVI (#9 b13) oder einen US bIIm (b9 b13) zu spielen, und bei Ab13 klingt ein US VI mit einer b9 auch toll. Die b9 steht aber auch nicht im Akkordsymbol.

Bei Big Band-Noten muß das alles rein, damit es nicht mit den Bläserchords clasht, aber bei Leadsheets nicht. Aber das ist wieder genretypisch.

Viele Grüße,
McCoy
 
Die G9 in Takt 8 hindert mich aber, einen schönen US bVI (#9 b13) oder einen US bIIm (b9 b13) zu spielen, und bei Ab13 klingt ein US VI mit einer b9 auch toll
Hi,
Was ist denn ein US?
 
Upper Structures

https://www.musiker-board.de/threads/upper-structure-chords-bestimmen.214651/

Upper Structures: Dieser Begriff [bezeichnet] Strukturen, die in erster Linie aus den oberen Bestandteilen eines Akkords - also vorwiegend den Tensions - zusammengesetzt sind. Dabei wird das verfügbare Tonmaterial einer Skala (abzüglich eventueller Avoid Notes) so angeordnet, dass Drei- oder Vierklänge entstehen, die nicht dem jeweiligen Akkordsymbol entsprechen. Die resultierenden Strukturen werden in beliebiger Umkehrung über den Grundton und/oder die wichtigsten Töne (z. B. 3/7) des eigentlichen Akkords geschichtet (Akkord über Akkord).
 
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Ah, verstehe.
Danke (y)
 
Bloß nochmal zur Erinnerung, dass es dem Threadersteller um Volkslieder ging.
US kann man da nehmen, aber eher selten ;)

Ich hatte allerdings als Klavierspieler auch oft nur die Harmonien und keine Noten (Dixieland, Swing).
Bei den Bläsern steht die Melodie und die Changes. Wenn man die Harmonien für die Bläser ohne Extensions schreibt und die dann einfach für die Rhythmusgruppe übertragen werden, könnte es zu den von Cudo beschriebenen Missverständnissen kommen.

Wenn man natürlich die Melodie kennt, wenn man probt usw. sollte das auffallen.
 
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Bloß nochmal zur Erinnerung, dass es dem Threadersteller um Volkslieder ging.
...wobei Multimax das in #16 ja ausführlich kommentiert hat:
Wenn ich den TE richtig verstehe, geht es ihm bei der Harmonisierung von Volksliedern weniger um das Volkslied als ums Harmonisieren.
Im Sinne der Übung sind ja gerade die eher exotischen Akkorde auch interessant.
 
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Wieso soll die Dominante in den Takten 6 und 8 ohne Sept gespielt werden. Das macht keinen Sinn.
Das verstehe ich nicht. Natürlich kann man die Sept spielen, aber wieso muss man?
 
Wieso soll die Dominante in den Takten 6 und 8 ohne Sept gespielt werden. Das macht keinen Sinn.
Für Moll würde ich gerne die internationale Schreibweise sehen. also nicht d7 sondern Dm7.
Ansonsten gefällt mir die Harmonisation.

Ich frage mich das häufiger und probiere es einfach aus. In diesem Fall hat mir die sept zu viel Reibung. Da endet für mich ein Abschnitt. Ein Septakkord zieht mir da zu dolle richtung Tonika.
Das ist reine Geschmackssache, denke ich.
 
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