Ich möchte die Sachen, welche hier stehen so nicht unkommentiert lassen, weil ich sie aus Erfahrung heraus für falsch und wenig empfehlenswert erachte.
Ich arbeite seit 10 Jahren auf täglicher Basis im professionellen Studiobereich als Recording-, Mixing-, Mastering-Engineer sowie als Producer - einige meiner Produktionen waren in den deutschen Charts. Im Schnitt produziere/recorde/mixe/mastere ich 25 Songs pro Monat und bestreite auch meinen Lebensunterhalt mit Musikproduktion. Mich würde sehr interessieren, welche professionelle Expertise im Studiobereich die Kommentierenden hier mitbringen, um ihre Meinung zu untermauern.
Als Producer würde ich jemanden bezeichnen, der mit entscheidet, was aus den Songs gemacht wird bzw. seine Ideen mit einbringt - sprich Arrangement, Texte, Melodien, Harmonien, Wahl der Instrumente oder Equipment etc. Das muss man vorab einfach klären, ob und wie viel Einflussnahme von einem Außenstehenden gewünscht wird.
Mein Anspruch an die Produktion ist Exzellenz, um das Bestmögliche zu diesem Zeitpunkt zu erreichen mithilfe meiner Skills, den Skills der Band sowie dem Equipment, welches zu dem Zeitpunkt zur Verfügung steht.
Ich lese hier viel Meinung, aber sehr wenig Begründung… der zynische und höhnische Unterton, der hier in einigen Kommentaren mit drin ist, bringt mich direkt zum Brechen, ohne dass irgendeine verwertbare Hilfestellung/Orientierung gegeben wird. Manche Antworten, die ich zu diesem Thema hier lese durfte, lassen schon sehr tief blicken. Wenn es nicht so lächerlich wäre, könnte ich vielleicht sogar noch drüber lachen.
Allein dieser Vergleich mit einem Schlagzeug oder dem Klavier - vollkommen hanebüchen und ist an Absurdiät kaum zu übertreffen... ich habe ein Schlagzeug für 4000 Euro (ohne die Becken) im Studio stehen - da kann man stundenlang drauf einprügeln und es verstimmt sich quasi nicht, trotzdem kontrolliere ich nach jedem Song oder nach einigen Takes. Und auch da gilt: neues Snare Fell nach ein paar Songs ist quasi Pflicht, wenn man ausschließlich das Original-Signal verwenden möchte... Nach ein paar Songs verliert das Snarefell an Brillanz, Obertöne etc. und klingt weniger, bei den Toms/Kick kommt das etwas später. Dazu gibt es Tension Locks, die das Verstimmen weitestgehend verhindern.
Und wie das Klavier bzw. die Saiten darin aufgebaut sind und funktionieren, muss wohl auch noch mal an anderer Stelle erklärt werden, denn auch hier zeigt sich deutlich, dass der ein oder andere Kommentierende sich vielleicht mal wirklich mit der Thematik auseinander setzen sollte, Zynismus allein reicht da nich!
Zurück zur Gitarre/Bass
Neue Saiten klingen einfach brillanter als nach ein paar Stunden in Gebrauch - wegen Materialermüdung und dem Dreck/Schweiß/Hautzellen der sich in den Rillen ansammelt, Korrosion etc.
Wie lange die Saiten dann „Neu“ klingen, liegt in der Regel an ein paar weiteren Faktoren: Spieltechnik, Gitarre, Modell der Saiten, Anzahl der Takes, Länge des Songs, Anzahl der Spuren, die pro Song benötigt werden… In der Regel kommen die ersten Verschleißerscheinungen nach 1-2 Songs – je nach den beeinflussenden Faktoren. Danach ändert sich der Klang der Saiten zunehmend. Beim Bass, aufgrund der dickeren Saiten, der geringeren Spannung, etc., dauert es etwas länger, bis sich das bemerkbar macht.
Als Recording Engineer möchte ich, dass der Klang bei jedem Song so identisch wie möglich ist. Das geht nur, wenn die Saiten neu sind. Analog dazu könnte man jetzt noch die Sticks beim Schlagzeug nennen. Gerade die Holztips können nach ein paar Songs schon beschädigt oder kaputt sein. Das macht sich ebenfalls bemerkbar. Auch das kontrolliere ich nach jedem Song. Es gibt auch Drummer, die selbst den Pitch der Sticks noch mal kontrollieren, weil sie dort einen Unterschied wahrnehmen… Und das sollen sie tun, wenn sie es für richtig oder wichtig erachten.
Das Problem beim Thema Tuning sehe ich nicht – wenn man die Saiten vorab einmal ordentlich (und damit meine ich „nicht zimperlich“) dehnt und das Instrument kein Schrott ist, dann hält die Stimmung. In den letzten 10 Jahren hatte ich kein einziges Mal das Problem, dass während eines Takes oder zwischen 4-5 Takes das Tuning einer Gitarre aus dem Rahmen gefallen wäre. Da stellt sich mir schon die Frage, was bei manchen da schief läuft.
Wenn dir/euch das bei deiner/eurer Aufnahme alles egal ist, weil es nur irgendein Hobby und Zeitvertreib ist, und du/ihr auch sonst keinen großen Anspruch hast/habt. Ok. Mach was du willst - meine Erwartung als Profi an mich und die Band ist eine andere.
Mein Prinzip ist es die Messlatte über so viele Ebenen so hoch wie möglich zu legen und zu halten. Jede gute und schlechte Entscheidung - vor und während des Aufnehmens - summiert sich und wirkt sich auf das Endprodukt aus.
Musikproduktion ist grundsätzlich ein Kompromiss, weswegen man trotzdem unbedingt drauf schauen sollte, dass die Pluspunkte stark überwiegen.
Als kleine „Anekdote“ – Der Rig Rundown hier für eine ACDC Live Show (ab ca. 9.30 min) zeigt, wie viel Wert man auf Details legen kann. Und das gilt nicht nur für Angus Young, sondern für jeden von uns, wenn er/sie das so möchte.
Rig Rundown - AC/DC's Angus Young & Stevie Young - YouTube