Wie bestimt man eine Tonart?

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Quietsch-Boy
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Hello,
ich habe heute mal etwas Surfmusik auf Gitarre ausprobiert, also z.B. 2 Akkorde F und E Dur schon dunkel und etwas angezupft etc., über Looper, dann wollte ich darüber solieren, mir ist dabei aufgefallen, dass weder F oder E Dur Tonleiter so richtig harmonisch sind, auch nicht Minor (Aeolian), aber A Minor passte richtig gut, leider bin ich eine Null was Theorie angeht, habe mir größtenteils alles selbst beigebracht, Noten kann ich auch nicht lesen, also an die Cracks hier, bitte nicht bös werden. zurück zur Frage, warum passt weder F noch E Major Scale, zumindest klingt es nicht harmonisch, wenn man z.B. die Skala mal rauf und runter spielt, aber wie gesagt A Minor kann man schön rauf und runter dudeln. Selbstverständlich bin ich immer wieder dran etwas mich mit der Theorie zu beschäftigen um es zu zumindest einigermaßen im Moment zu verstehen. Freu mich auf eure Antworten
 
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Leberwurstsaft
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Wenn du auf eine Skala Dreiklänge bildest, ergeben sich für die jeweiligen Stufen der Skala die passenden Akkorde.

Wenn du von einer E-Dur Skala ausgehst, sind die Harmonien:
I - E-Dur
ii - F#-Moll
iii - G#-Moll
IV - A-Dur
V - B-Dur
vi - C#-Moll
vii° - D# vermindert

Wenn du von F-Dur ausgehst, sind die Harmonien:
I - F-Dur
ii - G-Moll
iii - A-Moll
IV - Bb-Dur
V - C-Dur
vi - D-Moll
vii° - E vermindert

Wie du siehst ist deine Akkordfolge, F-Dur / E-Dur in keiner der beiden harmonisierten Skalen vorhanden. Deswegen kannst du auch nicht über beide Akkorde hinweg in F-Dur oder E-Dur solieren, ohne dass "schiefe" Töne erklingen.

A-moll hingegen, passt aber! WEIL:

Die harmonisierte A-Harmonisch Moll Skala ergibt folgende Akkorde:
i - A-Moll
ii° - B vermindert
iii+ - C übermäßig
iv - D-moll
V - E-Dur
VI - F-Dur
vii° - G# vermindert

Aha, da sind also in der Skala schon E-Dur und F-Dur drin! Deswegen klingt das auch irgendwie richtig.

Wahrscheinlich spielst du natürlich moll oder äolische Skala, da ergibt sich in der Harmonisierung ein E-moll Akkord auf der fünften Stufe. Da könnte also eine gewisse Reibung entstehen. Trotzdem bist du damit schon sehr viel näher dran als mit F-Dur oder E-Dur.

Übrigens kannst du das ganze auch "modal" betrachten und einfach für jeden Akkordwechsel auf die Skala wechseln. Dann kannst du auch ganz getrost mit den Durskalen hantieren. Musst du halt immer nur rechtzeitig deine Hand um einen Halbton hoch oder runterschieben :D
 
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Die Töne von E-Dur: E-F#-G#-A-B-C#-D#
Die Töne von F-Dur: E-F - G - A-Bb-C-D

Die Dreiklangstöne von E-Dur: E-G#-B
Die Dreiklangstöne von F-Dur: F-A-C

Du siehst, die beiden Dreiklänge haben keinen gemeinsamen Ton, die beiden Tonleitern haben nur 2 gemeinsame Töne.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass keine der beiden Tonleitern für BEIDE Akkorde passend klingt.

Thomas
 
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Hallo,
warum die E und F Skala nicht gut klingt, kann ich dir auf die Schnelle nicht begründen.
Dafür aber, warum dein a-moll gut darüber klingt:
E und F ist eine typische Akkordfolge von spanisch klingender Musik, (kann man auch gut mit G und a-moll erweitern.)
Diesen Spanischen Sound kann man mit der phrygischen Kirchentonleiter erzeugen und das wäre hier die C-Dur Tonleiter.
Da die a-Moll Tonleiter das gleiche Tonmaterial wie C-Dur besitzt, spielst Du praktisch hier phrygisch drüber ohne es zu wissen.
Gratulation! (y)
 
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So kann der Praktiker die Tonart, allgemeiner die Skala, bestimmen:
Manchmal gibt man zu viele Töne ein, etwa wenn der eine oder andere Akkord nicht so ganz passt. Dann taktisch Noten/Töne rausnehmen.

Manchmal sind‘s zu wenige: Dann welche hinzunehmen. Wo man die am besten findet? In der Melodie :evil:

Mit diesem Ansatz kommt man erstaunlich schnell erstaunlich weit: Melodie und Akkorde aus derselben Skala zu nehmen, vermeidet viele Kollisionen. Und manchmal verstößt man gezielt dagegen, wie mit einem schmackhaften Gewürz.

Gutes Gelingen :cool:
 
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Hallo,
warum die E und F Skala nicht gut klingt, kann ich dir auf die Schnelle nicht begründen.
Dafür aber, warum dein a-moll gut darüber klingt:
E und F ist eine typische Akkordfolge von spanisch klingender Musik, (kann man auch gut mit G und a-moll erweitern.)
Diesen Spanischen Sound kann man mit der phrygischen Kirchentonleiter erzeugen und das wäre hier die C-Dur Tonleiter.
Da die a-Moll Tonleiter das gleiche Tonmaterial wie C-Dur besitzt, spielst Du praktisch hier phrygrisch drüber ohne es zu wissen.
Gratulation! (y)
Vom Ding her auch ein guter Ansatz, allerdings sind die Akkorde der C-Dur Tonleiter ja:

C-Dur
d-moll
e-moll
F-Dur
G-Dur
a-moll
b vermindert.

Weil also C-Ionisch/E-Phrygisch ein E-moll enthält, und kein E-Dur, geht das nicht so ganz auf.
 
Megatronisch, so schnelle und verständliche Hilfe, besten Dank euch allen!
 
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E und F liegen nur einen Halbton auseinander.
Damit man eine gemeinsame Dur Tonleiter bilden kann in der beide ein Dur Akkord bilden, müssten die beiden Töne aber einen Ganzton voneinander entferndt sein, dann wären sie die 4.te und 5.te Stufe.
E+F# -> B Dur
Eb+F -> Bb Dur

In A Moll sind sie die 5.te und 6.te Stufe, da müsste E dann ein Moll Akkord sein, also beißt sich eigentlich auch die A Moll.
 
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Das passende Stichwort wurde schon genannt: "spanisch klingende Musik", im Fachjargon spricht man von der sog. "andalusischen Kadenz". Hier ein Link dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Andalusische_Kadenz

Dein Denkfehler, @Quietsch-Boy, kam daher, dass du davon ausgegangen bist, dass die Skala sich auf deine konkreten Akkorde E und F beziehen müsste und du dann an E- bzw. F-Dur dachtest. Dass dem nicht so ist und warum, wurde ja schon hinlänglich geklärt.
Intuitiv hast du dann aber gemerkt, dass für das Solieren die A-Moll-Skala geeignet ist. Die beiden Akkorde E-Dur und F-Dur verweisen somit auf einen dritten als tonales Zentrum, den du aber als Akkord nicht gespielt hast: A-Moll ist hier nämlich das tonale Zentrum. Das ist das Wesen und Prinzip jeglicher Kadenz, dass es nämlich ein tonales Zentrum gibt, wobei dessen Akkord zwar üblicherweise und meistens am häufigsten und exponiertesten auftritt, aber dem muss nicht immer so sein.

In der andalusischen Kadenz ist die Folge in A-Moll (die auch im Link vorkommt) Am-G-F-E. Dabei steht E-Dur so exponiert am Ende der Kette, dass man den Eindruck bekommt, alles laufe auf E-Dur zu und E-Dur sei das tonale Zentrum (dazu einfach mal andalusische Volksmusik, vornehmlich Flamenco anhören). Auf E bezogen erscheint dann als Skala E-phrygisch passend zu sein. Aber der Schein trügt. Funktionsharmonisch betrachtet ist A-Moll das Zentrum und somit die Tonika, bzw. die 1. Stufe, folglich ist E-Dur die Dominante (5. Stufe). Im Link ist die Stufenfolge i - bVII - bVI - V angegeben mit i=A-Moll (leider auch wieder ein wenig irreführend, da auf A-Dur bezogen, bei A-Moll natürlich ist es i-VII-VI-V). Funktionsharmonisch: t-dP-sP-D.
Spannend dabei ist, dass der F-Dur-Akkord mit allen drei Tönen eine Leittonwirkung nach E-Dur hat und in dieser Kadenzfolge klanglich als eine Art Vorhaltsakkord zu E-Dur funktioniert, noch deutlicher, wenn der F-Dur-Akkord mit der major 7 zu Fmaj7 erweitert wird.

Da dieser Kadenzzusammenhang ganz klar auf A-Moll als tonales Zentrum verweist, wird auch nachvollziehbar, warum die A-Moll-Skala gut dazu passt.

Moll-Skalen sind ohnehin sehr komplex, weil darin immer auch Töne aus der gleichnamigen Dur-Skala auftauchen können. Akademisch wird ja zwischen "natürlich/äolisch" [a-h-c-d-e-f-g], "harmonisch" [a-h-c-d-e-f-g#] und "melodisch" [a-h-c-d-e-f#-g#] unterschieden. Mittlerweile folge ich lieber der Empfehlung von Diether de la Motte, der vorschlägt, alle in einer Skala zusammen zu fassen, also a-h-c-d-e-f-f#
-g-g# bei A-Moll.
Wegen des F-Dur in der andalusischen Kadenz würde wohl F# nicht passen, fällt also raus, und G bei E-Dur nur bedingt (als sehr "bluesig" klingende #9).

Ansonsten immer fleißig probieren und experimentieren und das Ohr mit entscheiden lassen, diesem schon gegebenen Rat möchte ich mich ausdrücklich anschließen. Die Theorie hilft einem zwar, zu verstehen, warum etwas passt bzw. klingt, ersetzt aber niemals das Hören und Empfinden der Klänge.
 
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Die Theorie hilft einem zwar, zu verstehen, warum etwas passt bzw. klingt, ersetzt aber niemals das Hören und Empfinden der Klänge.
Sie ersetzt es nicht, aber sie ergänzt es, und sie ermöglicht den Schritt vom planlosen Herumstochern zum gezielten Suchen.
 
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@Mister Spock, genau so isses!
 
2 Akkorde F und E Dur
Zuerst mal die allersimpelste Methode, um herauszufinden, welche Tonleiter da passt:

Wir haben 2 Akkorde: F-Dur und E-Dur.
Der F-Dur-Dreiklang hat die Töne F, A und C.
Der E-Dur-Dreiklang hat die Töne E, Gis und H (deutsche Bezeichnung).

Damit haben wir also insgesamt die Töne F, A, C, E, Gis und H.
Wenn ich diese Töne in eine aufsteigende Reihenfolge bringe, bekomme ich Folgendes:
E, F, Gis, A, H, C.
Das sind 6 Töne, eine normale Tonleiter hat aber 7 Töne, es fehlt also ein Ton. Welcher fehlt? Das D.

Dann habe ich die Töne E, F, Gis, A, H, C, D, E und damit eine komplette Tonleiter. Das ist zunächst mal der erste Schritt: Ich habe eine Tonleiter und bin handlungsfähig, kann also mit der Tonleiter spielen.

Ein ganz andere Frage ist, wie die Tonleiter heißt. Dafür kann man natürlich Internet-Tools verwenden, und dann findet man so Namen wie: Phrygisch Dominant, HM5, Ahava Rhaba, Phrygisch Dur, Orientalische Tonleiter und weiß der Teufel, was noch alles. Hier findet man noch ein paar weitere Namen für die Tonleiter: https://de.wikipedia.org/wiki/Phrygisch-dominante_Tonleiter Jeder dieser Namen hat einen Grund, und man kann jeden dieser Namen erklären. Und ich glaube, es gibt keine Tonleiter, die nicht irgendwie einen Namen hat. So gibt es z.B. eine Tonleiter mit dem seltsamen Namen "Slonimsky 286", oder eine heißt "Minor Polytetrachord" oder die "Messiaen-Modi". Aber was helfen die Namen, wenn man mit den Skalen nicht vernünftig spielen kann?

Wichtiger, als zu wissen, wie die Tonleiter heißt, ist also mMn, sie spielen und einsetzen zu können. Und da hilft häufig der Trick, die Töne mehrerer Akkorde einfach zusammen zu addieren.

Irgendwann kommt man natürlich drauf, daß diese Tonleiter vom Tonmaterial her identisch ist mit der A-harmonisch-Moll-Tonleiter. Aber das A als Grundton klingt halt nicht so dolle, wenn man E und F abwechselt. Deshalb muß man diese Tonleiter in diesem Fall mit dem E beginnen.

Dann kommt man darauf, daß das D ja in keinem der beiden Akkorde enthalten ist, Könnte man dann noch etwas anderes spielen? Ein Dis z.B. oder ein Des? Da hilft vor allem: Ausprobieren! Wenn es gut klingt, merken, wenn es schlecht klingt, gleich wieder vergessen. Das Dis klingt gut, und beim Recherchieren kommt man auf eine Tonleiter namens "Zigeuner-Dur". Das Des ist eher gewöhnungsbedürftig.

Fazit: Töne der Akkorde zusammenaddieren und fehlende Töne ergänzen führt häufig zum Ziel.

Da dieser Kadenzzusammenhang ganz klar auf A-Moll als tonales Zentrum verweist, wird auch nachvollziehbar, warum die A-Moll-Skala gut dazu passt.
Wie kann A-Moll tonales Zentrum sein, wenn A-Moll gar nicht in der Akkordfolge auftaucht?

Viele Grüße,
McCoy
 
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Wie kann A-Moll tonales Zentrum sein, wenn A-Moll gar nicht in der Akkordfolge auftaucht?
Die Frage ist absolut berechtigt, denn dass ausgerechnet die Tonika fehlen soll, ist weder üblich, noch gehört es sich - sozusagen.
Im Eingangspost beschreibt der TE ja, dass er über die Akkorde E und F mit der A-Moll- Skala isoliert.
Über diese gespielten Skalentöne ist A-Moll dann aber tatsächlich präsent, auch wenn A-Moll als Akkord selber gar nicht auftaucht.

Mit meinen Beitrag wollte ich über den theoretischen Hintergrund der andalusischen Kadenz erläutern, warum das so funktioniert. In dieser Kadenz ist A-Moll sowohl präsent als auch Tonika.

Wer weiß, vielleicht ergänzt der TE ja noch die Akkordfolge und landet dann auch bei der andalusischen Kadenz. Gangbar wäre dieser Weg ja wie beschrieben.
 
dass ausgerechnet die Tonika fehlen soll, ist weder üblich, noch gehört es sich - sozusagen.
So isses. Passieren tut's trotzdem. Man kann das testen, indem man z.B. mehrmals F - E7 spielt, d.h. die Dominantwirkung des Akkordes auf E verstärkt. Damit wird A-Moll als Tonika noch wahrscheinlicher. Mir drängt sie sich geradezu auf. Ohne Septime ist die Tendenz die gleiche, aber nicht mehr ganz so stark.
 
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Nicht was du machst zählt, sondern was alle Instrumente und der Gesang macht.
Die Tonika etabliert auch nicht der Fakt das du auf die Tonika gehst, sondern der Kontext und oft das Auftauchen des ersten Dominantakkordes der auf die Tonika hinweist. Nur weil die Septime fehlt ist die Tendenz dennoch da wenn auch nicht so stark.
Nicht viele, aber es gibt einige Songs die nicht auf den Grundchord der Tonika gehen oder zumindest längere Zeit. Ich musst Dreams von Fleetwood Mac ansehen, bei Teenage Dreams von Perry ist das denke ich auch. Bei Passion Fruit von Drake hab ich mir das auch notiert mit einem Fragezeichen. Ich weiß dass das nicht umbedingt die Musik ist die viele hier als Musik sehen, ... Bruno Mars hat auch viele Songs die nicht gerade ohne sind.

@LoboMix Tolle Erklärung, aber ich finde du überspringst da gleich mal vieles was man sich ansehen sollte bevor man da ist.
 
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... d.h. die Dominantwirkung des Akkordes auf E verstärkt. Damit wird A-Moll als Tonika noch wahrscheinlicher. Mir drängt sie sich geradezu auf. Ohne Septime ist die Tendenz die gleiche, aber nicht mehr ganz so stark.
Kleine biografische Anekdote:
Ich, der ich die ersten 30 Jahre meiner Musikmacherei keinerlei bewußte (!!) Notiz von Skalen und Tonleitern genommen habe, sondern alles immer nur aus Akkord-Sicht betrachtet habe, habe mich immer still und heimlich für mich selber darüber gewundert, warum in (progressiver) Flamencomusik so exzessiv auf der Dominante herumgespielt wird, ohne daß die erlösende Tonika irgendwann mal ins Spiel kam ...
Erst nach Betrachtung aus Tonleitersicht und nach Kennenlernen der Tonleiter Spanisch-Phrygisch (= Phrygisch dominant) als Tonika (!) ergab das alles plötzlich viel mehr Sinn ... :)

Thomas
 
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Ich kann den E-Dur Akkord durchaus als tonales Zentrum hören, sogar wenn ein A-Moll in der Akkordfolge enthalten ist, wie z.B. in diesem Stück:



Das sind natürlich Hörgewohnheiten, und in der Klezmermusik ist es nicht unüblich, daß Stücke komplett in Ahava Raba (Phrygisch-Dominant, HM5) stehen. Ich habe ein paar Jahre lang Klezmermusik gespielt, und da haben sich meine Hörgewohnheiten vielleicht geändert. Ich denke, diese Hörgewohnheiten sind kulturell bestimmt und man darf nicht immer von unseren westlichen Konzepten ausgehen. In die andalusischen Musik sind ja durch die sephardischen Traditionen durchaus auch gewisse "Klezmer-"elemente eingegangen.

Eine ähnliche Diskussion gab es hier schon mal:
https://www.musiker-board.de/thread...folgen-und-deren-deutung.607745/#post-7407593

Viele Grüße,
McCoy
 
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Tolle Erklärung, aber ich finde du überspringst da gleich mal vieles was man sich ansehen sollte bevor man da ist.
Erst mal Danke für das Kompliment! Sicher gehe ich da in großen Schritten voran, aber erstens gab es schon gute und sehr praktische Tipps und Erklärungen davor, da wollte ich in der Theorie noch mal etwas ausholen und aus diesem Blickwinkel eine weitere Erklärung liefern. Zweitens mag jeder, der sich weiter vertiefen möchte, in den Links stöbern und von da aus weiter suchen bei Bedarf. Das habe ich selber immer als hilfreich empfunden: Denkanstößen weiter nachzugehen - und empfinde es immer noch so, und das Forum hat mir bisher auch sehr viele Denkanstöße geliefert (und wird es sicher weiter tun).

Ich kann den E-Dur Akkord durchaus als tonales Zentrum hören, sogar wenn ein A-Moll in der Akkordfolge enthalten ist ...
Ja, das kann ich nachvollziehen, ich spiele regelmäßig Klezmer-Musik, die du auch ansprichst, und da fallen die unter ´abendländischen´ traditionellen Gesichtspunkten formulierten harmonischen Regeln und Gesetzmäßigkeiten schon mal unter den Tisch, bzw. sind nur angenähert anwendbar.
Analytisch
sehe ich bei der angesprochenen Akkordfolge E-F A-Moll auf jeden Fall als tonales Zentrum (wie gesagt mit der A-Moll-Skala für die melodische Seite - selbst, wenn es bei einer reinen Pendelharmonik E-F-E-F usw. bliebe) , aber mein Ohr rebelliert nicht, wenn es am Schluss auf E, sogar E7 stehen bleiben würde ohne Auflösung nach A - wie es z.B. bei Klezmer nicht selten der Fall ist, wo es schon mal auf der Dominante endet. Diese harmonisch recht offene Schlusswendung ist tatsächlich recht typisch in diesem Genre.

Man könnte daraus den Schluss ziehen, dass unsere abendländisch-tradierten Werkzeuge der harmonischen Analyse für solche Genres nicht taugen. Aber in der Ausgangsfrage ging es ja erst mal darum, warum weder E- noch F-Dur, aber A-Mol zu E-F für das Solieren passt. Das zu erklären, sind diese Werkzeuge hinreichend fähig.
Ansonsten sehe ich z.B. Klezmer als Grenzzone, hat diese Musik doch ebenso abendländische als auch orientalische Wurzeln.
 
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Ich lese als praktisch-autodidaktischer Gitarrist ohne theoretisches Wissen hier mit - und mir geht es genau so wie dem TE:

Ich spiele irgendwas und habe plötzlich irgendwas gefunden, was ich interessant finde - das kann eine Akkordfolge sein oder eine Melodie, manchmal auch ein Basslauf.
Wie komme ich nun von da aus weiter? Klar: das Stochern im Nebel und das Finden im Heuhaufen geht immer. Dauert aber und nervt mitunter, manchmal beseelt es ja auch und man kommt auf recht unkonventionelle Sachen, die trotzdem irgendwie funktionieren.

Es geht ja aber darum, dass man trotz des bestehenden Mangels an theoretischen Kenntnissen gewissermaßen ein Wurmloch sucht, das einen direkt und ohne Umwege in die Galaxie katapultiert, die passt und in der man dann mit Erfolg umherreisen kann. Das heißt auch, man sucht unter den ganzen wunderbar vielfältigen theoretischen Zugängen, Methoden und Werkzeugen die paar, die einem in dieser Situation wirklich helfen. Zufälliger (oder vielleicht auch nicht so zufälligerweise?) lande ich auch oft bei den beiden Tönen bzw. Akkorden, die bei der Gitarre direkt aufeinander folgen, aber halt doch einen Ganzton ausmachen - in der C-Dur-Tonleiter sind das: E und F bzw. H und C. (Bei Melodien passiert mir das auch öfter.).

Was ich bisher immer gemacht habe, ist - und das wurde hier ja schon beschrieben - wenn ich von einer schicken Akkordfolge ausgehe:
  • Ich notiere mir erst mal die Akkorde, also Grundton, Quinte, Terz - habe also je Akkord drei Töne.
  • Dann schaue ich erst mal, ob es da Töne gibt, die doppelt auftauchen. Das sind auf jeden Fall Töne, die "safe" sind, also über beide Akkorde gespielt werden können.
  • Dann schaue ich mir die Tonleitern der Akkorde an - und auch da schaue ich nach den doppelt vorkommenden Tönen - die sind auch "safe". Das nenne ich meinen "safen" Tonvorrat. Das andere wäre mein "gesamter" Tonvorrat.
  • Natürlich schaue ich mir auch den Quintenzirkel an und schaue mir da an, welche Akkorde noch passen. Damit kann ich dann die Akkordfolge erweitern, falls ich eine Bridge oder einen zweiten part oder so was brauche. Außerdem inspiriert das.
  • Und ich weiß natürlich, dass ich nicht nur die Töne spielen kann, die über beide Akkorde passen, sondern auch jeweils die, die halt nur für den jeweils einen oder anderen passen und dass das ganze viel interessanter wird, wenn ich nicht nur auf dem "safen" Tonvorrat rumdudele. (Da mache ich mir dann selbst einen backingtrack und bekomme dann durch Üben darüber mit der Zeit die Akkordwechsel intuitiv mit.)
  • Und ich weiß, dass wenn ich die Akkorde als powerchords spiele, ich einen größeren Tonvorrat habe, weil ich erst mal sowohl die Dur- als auch die Molltöne benutzen kann.
Also habe ich bisher an theoretischem Werkzeug benutzt: Akkorde und die Töne, aus denen sie zusammengesetzt sind, inklusive powerchords; dann die dazu gehörigen Tonleitern; dann über den Quintenzirkel die zu den Akkorden passenden weiteren Akkorde, die ich eventuell noch einbauen kann, um das Ganze harmonisch interessanter zu machen.

Das ist an theoretischem Werkzeug noch recht überschaubar und handhabbar, grenzt aber schon den Heuhaufen, in dem ich die Nadel finden will, ein.

Wo ich noch nicht so klar komme, ist folgende Frage: Bringt es etwas, wenn ich versuche, über die Grundtöne heranzutasten?
Ich gehe jetzt auch mal von E und F als Akkordfolge aus. Da hätte ich also diese beiden Grundtöne. Ich weiß, dass mir in E-Dur das F fehlt und in F-Dur das E. Wenn ich mich nun frage, in welcher Tonleiter das E und das F vorkommen, lande ich ziemlich schnell bei C-Dur und A-Moll. Klar - weil in beiden Tonleitern E und F die Halbtonstufen sind.
Schaue ich mir auf der verlinkten Seite C-Dur an https://chord.rocks/guitar/scales/c-major?accidental=flat, dann stelle ich fest, dass wenn ich durchgängig die C-Dur-Tonleiter nehmen will, ich bei E am besten auf den powerchord ausweiche oder auf Emin, Esus4 oder Em7. Wenn ich A-Moll (natural minor) durchgängig nehmen will, gilt das gleiche.

Dann bin ich zwar nicht ganz bei der Akkordfolge, die meine Ausgangsbasis war, aber vielleicht klingt die ja auch ganz gut ...

Aber wenn ich tatsächlich bei E-Dur und F-Dur bleiben will, bin ich so schlau wie als zuvor: Was ist denn dann die Tonleiter, die zu beiden gleichermaßen paßt - oder gibt es die nicht? A-moll natural passt doch nur bedingt zu E-Dur, oder mache ich da was falsch?
Und welches Werkzeug aus dem Theoriekasten brauche ich noch, um mich da erfolgreich vorwärts zu robben?

x-Riff
*In der Hoffnung, hier nicht völlig zur Verwirrung beigetragen zu haben*
 
Aber wenn ich tatsächlich bei E-Dur und F-Dur bleiben will, bin ich so schlau wie als zuvor: Was ist denn dann die Tonleiter, die zu beiden gleichermaßen paßt - oder gibt es die nicht? A-moll natural passt doch nur bedingt zu E-Dur, oder mache ich da was falsch?
Habe ich doch oben schon geschrieben: E-Phrygisch Dominant.
Dann habe ich die Töne E, F, Gis, A, H, C, D, E und damit eine komplette Tonleiter. Das ist zunächst mal der erste Schritt: Ich habe eine Tonleiter und bin handlungsfähig, kann also mit der Tonleiter spielen.

Ein ganz andere Frage ist, wie die Tonleiter heißt. Dafür kann man natürlich Internet-Tools verwenden, und dann findet man so Namen wie: Phrygisch Dominant, HM5, Ahava Rhaba, Phrygisch Dur, Orientalische Tonleiter und weiß der Teufel, was noch alles. Hier findet man noch ein paar weitere Namen für die Tonleiter: https://de.wikipedia.org/wiki/Phrygisch-dominante_Tonleiter
Viele Grüße,
McCoy
 
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