Aktivierung von Automatismen beim Akkordeonspielen

Bernnt
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Jeder von uns weiß, wie es sich anfühlt, wenn man ein Stück einübt. Man ist auf die Noten fixiert, schaut, dass man den richtigen Fingersatz findet und überlegt, wann man den Balg hin- und herschiebt. Man denkt an die Register, hirnt, welche Lautstärkenverlauf man haben möchte etc. pp. Das alles spielt sich im Kopf ab. Nun gibt es Stücke, bei denen kann man nicht mit dem Kopf durch die Wand. Man sollte locker lassen, so dass (hoffentlich irgendwann) nicht-bewusste Automatismen greifen.

Mich interessiert genau dieser Übergang von der bewussten Kopfarbeit in das automatisierte Spielen, weil ich festgestellt habe, dass manche diesen Sprung nicht hinkriegen. Folgendes habe ich probiert, um das zu ermöglichen:
1. Ein bisschen Psychologie: Zeit geben, das Stück reifen lassen, den Druck rausnehmen bei vermeintlich schweren Stücken.
2. Das Akkordeon bewusst auf den Oberschenkeln belassen und auf keinen Fall zwanghaft anheben beim Drücken. Eventuell Gurtlänge anpassen.
3. Lockerlassen der Schultern.
4. Eventuell Verzichten auf Noten oder Weggucken von den Noten bei den Stellen, an denen sich die Leute versteifen.

Meine Fragen:
Gibt es andere Kniffe, Tricks oder Tipps, wie man Akkordeonisten den Übergang aus dem verkrampften kopflastigen Spiel in das automatisierte Spielen erleichtert? Oder wie man das einfacher und effektiver selber hinkriegt?
 
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Hallo @Bernnt
Sehr gutes Thema!
Ich fasse mich jetzt spontan recht kurz, sicher wird das noch weiter vertieft.
Bei mir ist es so, dass ich ZUVIEL automatisiere. Ich nutze Noten so gut wie gar nicht, lerne Stücke aus Noten natürlich erstmal und lege diese innerhalb kürzester Zeit weg. Dadurch automatisiert es sich relativ schnell zunächst. Wie das passiert ... ? Ich vermute, dass sich (bei mir) Klangeindruck mit motorischen Abläufen durch Wiederholung und motorischer Beschäftigung (ohne auf Noten zu schauen) relativ schnell die entsprechenden Verknüpfungen bilden.

Soweit so gut, bzw. so schlecht :)
Der Fehler liegt (bei mir) dann darin, dass diese Automatisierung (natürlicherweise) nicht immer sicher funktioniert (besonders in langsamen Stücken, bei denen der Bewegungsreiz sehr schwach ist und sich viel schwerer als Bewegungsmuster abspeichert) . Oder es kann komplett versagen, wenn irgendetwas stört, verunsichert etc. Dann setzt die Feinmotorik als erstes aus (Vorläufer zu Panik/ Angst) und der Ablauf ist unterbrochen.
Wenn nun nichts anderes als "Backup" zur Verfügung steht, wars das dann mit dem Stück.
Ich habe "gelernt" (heißt ich weiß bloß theoretisch) dass es viel besser ist, Musikstücke kognitiv in seiner Struktur und Logik zu erfassen, also ein inneres Bild von musikalischen Formen, Figuren, Harmonien, Intervallen, Abläufen vor sich zu haben und motorische Automatismen nur dort einzusetzen, wo das Hirn quasi viel zu langsam ist, um nachvollziehen zu können, was man gerade tut. Ansonsten aber sehr wohl WEISS, was man warum genau so und nicht anders spielt und das auch bewusst steuert. Mir fällt das wider besseren Wissens immer noch schwer, da die Versuchung, die so schön funktionierende motorische Merkfähigkeit zu nutzen sehr groß ist. Klappt ja an sich - dennoch: Ergebnis: Unzuverlässiges Spiel :/

Es wäre also optimal den Kopf und die unbewusste eingeschliffene Motorik nahtlos miteinander harmonisieren zu lassen anstatt ZU kopflastig oder ZU automatisch zu spielen. Also bei schnellen Passagen die Motorik herrschen zu lassen, aber insgesamt dem Ganzen kognitiv auf so viele Arten wie möglich zu folgen.

Beispiel: Stück hat einen Tonartwechsel für 4 Takte, der langsam beginnt und dann technisch knifflig wird. -> Hier darf man sich nicht drauf verlassen, dass allein die Motorik diese Stelle findet, sondern muss sich voll im Klaren sein, dass dieser Tonartenwechsel kommt, am besten auch, auf welcher Stufe dieser Skala er beginnt, warum er kommt, wie er sich harmonisch äußert (beidseitig), wo er hinführt, warum diese und jene Ausnahmen passieren etc... die knifflige Passage allerdings unbewusst, da zu komplex oder schnell, um sie kognitiv verfolgen zu können. -> im besten Fall ist man sich zu jedem Zeitpunkt einerseits bewusst, WAS man da spielt (z.B. einen moll 7, beginnend mit der Terz mit Durchgangston x) und gleichzeitig diesen Ablauf als motorischen Ablauf im motorischen Gedächtnisrepertoire hat. -> Setzt die Motorik aus, WEISS man, was jetzt kommt und kann schon mal anfangen, hat man vergessen, was jetzt kommt, macht es die Motorik. -> Redundanz -... kommt weder das eine noch das andere, hat man klar nicht ausreichend oder effektiv geübt.

Da du die Frage nach der Motorik gestellt hast, kann ich mir vorstellen, dass wir beide ggf. in den "Mankos" komplementär sind (?) und voneinander lernen könnten.

Was ich sicher sagen kann, ist dass das gewohnheitsmäßige Spielen von Noten deinem Anliegen entgegensteht (wie du auch vermutest). So braucht es ja keine oder kaum Automatismen, die zwingend das innerlich Gehörte mit einer dazugehörenden Bewegung verknüpft. (Wie gesagt ist ausschließlich diese Übemethode beim Vorspielen extrem riskant/ unsicher)
Das Problem, sich beim Spielen zu entspannen, um den Kopf frei zu machen, kenne ich so gar nicht, eher umgekehrt o_O -> Spielen..., dann aus irgendwelchen Gründen beim Vorspielen ins Grübeln zu kommen, was ich da eigentlich spiele plus Blackout (da ja nicht wirklich BEWUSST mit Kopf geübt, bzw. zu wenig offenbar) allerdings ohne zu verspannen, einfach Leere ...

Meine Lehrer sprechen von Hirnhälften, die zu wenig miteinander verknüpft sind, die aber beide harmonieren müssen, um sicher zu spielen.
Ich übe also quasi motorisch und verfalle in unbequemen Situationen leicht ins Kognitive, und da iss nicht viel mit geübt -> Fertig :D

Schau mer mal, wie sich das vertieft ;)

Grüßle!
 
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Ich habe verschiedene Methoden zum einstudieren.

- Schwierige Passagen langsam und bewußt spielen,
- mit unterschiedlichen Rhythmen spielen
- liegen lassen
- Geduld bewahren (ist der schwierigste Part)
 
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Es wäre also optimal den Kopf und die unbewusste eingeschliffene Motorik nahtlos miteinander harmonisieren zu lassen anstatt ZU kopflastig oder ZU automatisch zu spielen. Also bei schnellen Passagen die Motorik herrschen zu lassen, aber insgesamt dem Ganzen kognitiv auf so viele Arten wie möglich zu folgen.
Dazu fällt mir das hier ein:

Früher war es bei mir so, dass ich ein neues Stück entweder nach Noten einstudiert und gespielt habe oder nach Gehör (mit Aufnahme, gedrosselte Geschwindigkeit, Raushören, trial and error). Die Noten-Stücke konnte ich dann auch nur mit Noten spielen. Wenn ich sie auswendig spielen wollte, fühlte es sich fast wie nochmal von vorne lernen an, was sehr deprimierend sein kann. Wenn ich für ein auswendig gelerntes Stück plötzlich Noten vor mir stehen hatte, z.B. beim Unterricht, haben sie mich völlig rausgebracht und es war besser nicht hinzusehen.

Ich versuche jetzt immer öfter, beide Herangehensweisen von Anfang an zu kombinieren und fühle mich damit viel sicherer.
Wenn ich mir ein neues Stück nach Noten vornehme, spiele ich kleine Abschnitte langsam und nach Noten und dann nochmal wie ein Echo ohne hinsehen. Beim Wiederholen ohne Noten, habe ich das Gefühl, dass mein Gehirn ganz anders arbeitet. Die Melodie und der Klang werden direkt mit den Fingern und Tasten verknüpft. Dadurch dass ich zwischen mit und ohne Noten hin und her switche, kann ich die Vorteile von beiden nutzen.

Es kostet mich noch Überwindung, es wirklich so zu machen. Der Drang immer auch hinzusehen, wenn Noten da sind, ist sehr stark, aber ich bemühe mich, dieses Switchen als neue Gewohnheit zu etablieren.

Durch verschiedene Übestrategien (oben Genanntes oder andere Übevarianten) das Stück oder schwierige Passagen mehrfach abzusichern, ist wirklich sehr hilfreich. Ich habe festgestellt, dass mir dies leichter fällt, wenn ich es gleich von Anfang an beim Erlernen eines neuen Stückes mache. Wenn ich ein Stück immer auf die gleiche Art spiele, bis ich es einigermaßen kann, fällt es mir schwer und bringt mich raus, es anders zu versuchen und es macht keinen Spaß, weil es ja schon so gut flutschte. Macht man das beim Lernen gleich mit, funktioniert es viel besser!
 
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Ja, ein sehr gutes Thema!

Ich muss für mich unterscheiden zwischen Diatonisch und Chromatisch.

Diatonisch habe ich so gelernt, dass ich einfach "Chehrli" ( = Kehren, gleichbleibende Ton-, bzw. Knopffolgen) üben soll. Das hat zu starkem motorischem Gedächtnis geführt, ich kann alle diatonischen Stücke von Beginn weg ohne Noten "runterrasseln". Dagegen kann ich aus dem Kopf nicht mal eine Tonleiter diatonisch spielen: Das war nie Bestandteil von einem "Chehrli".
Spielen..., dann aus irgendwelchen Gründen beim Vorspielen ins Grübeln zu kommen, was ich da eigentlich spiele plus Blackout
Auch das kenne ich bestens. Zudem: Wenn ich mich irgendwo rausgehauen habe, kann ich nicht irgendwo einsetzen, sondern muss einen ganzen Teil wiederholen, so wie er motorisch verdrahtet ist. Und das auch bei Stücken, die ich seit >20 Jahren regelmässig spiele.

Chromatisch spiele ich nach Noten, habe allerdings wie Du, @Malineck , die Tendenz, die Stücke auswendig zu lernen und die Noten möglichst bald wegzulegen. Ich merke auch, dass ich das Stück eigentlich erst umfassend musikalisch gestalten kann, wenn ich die Noten nicht mehr brauche. Allerdings: Das Problem, dass ich nicht einfach irgendwo bei Takt elfundneunzigeinhalb einsetzen kann, bleibt aber trotzdem bestehen - wahrscheinlich, weil ich wirklich nicht gut Noten lesen kann. Bei mir tönt das wie ein Erstklässler liest, dh. ich lese jeden Buchstaben (Note), ohne den (musikalischen) Zusammenhang (aka Melodie) herstellen zu können. Ich nehme für mich mit, dass ich wohl mehr ab Blatt und überhaupt mit Notenlesen spielen muss, um da weiter zu kommen.

Ich bin gespannt, welche Übestrategien neben denen von @Ursula52 noch angeboten werden, um der Herausforderung zu begegnen...
 
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Mich interessiert genau dieser Übergang von der bewussten Kopfarbeit in das automatisierte Spielen, weil ich festgestellt habe, dass manche diesen Sprung nicht hinkriegen.
Noch mal: Mich interessiert der Übergang, wenn Leute es nicht hinkriegen, überkontrolliert gedrückte Noten in flüssiges automatisiertes Spielen zu übersetzen. Wenn sie also beim Lernen festhängen. Dafür kann es verschiedene Gründe geben, zum Beispiel ein verdammt schweres Stück, eine Technik, die man noch nie hatte, Stücke, die den eigenen musikalischen Gewohnheiten total konträr sind etc. Es geht also nicht um Absicherungsstrategien, wenn man zuviel oder falsch automatisiert oder...

Das ist demzufolge schon OT:
<Off Topic1>
Ich vermute, dass sich (bei mir) Klangeindruck mit motorischen Abläufen durch Wiederholung und motorischer Beschäftigung (ohne auf Noten zu schauen) relativ schnell die entsprechenden Verknüpfungen bilden.
Da müsste man genauer gucken. Ich sehe es so, dass Noten den Fahrplan darstellen können und das eigene Spiel die Eisenbahn. Verliert man den Fahrplan aus dem Blick, weiß die Eisenbahn nicht mehr wo und wann es wohin gehen soll. Wie es gedruckte Fahrpläne gibt, gibt es aber auch Apps mit den Fahrzeiten der Züge und auch ein Kursbuch, in dem alles noch mal genauer drinsteht. Und es gibt das Internet, in dem man Hinweise zu den Zügen finden kann. Man könnte auch Anwohner von Bahngleisen fragen, wann welcher Zug vorbeirast und wohin der geht. Auf was ich hinaus will: Noten müssen nicht der einzige Fahrplan sein. Ich habe nur den Klang von Stücken im Gedächtnis. Nach diesem Klang spiele ich. Das hakt gewöhnlich auch nicht. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es haken könnte, wenn der motorische Ablauf die Grundlage des Spiels bildet, weil der sich stören lässt. Die Frage wäre für mich, wenn ich mich damit beschäftigen müsste: Was kommt im Kopf zuerst? Der Klang? Oder motorische Impulse? Ich vermute stark, dass es bei Dir die motorischen Impulse sind, @Malineck, was unter Stress ja nicht unbedingt funktioniert.
</Off Topic1>

Da du die Frage nach der Motorik gestellt hast, kann ich mir vorstellen, dass wir beide ggf. in den "Mankos" komplementär sind (?) und voneinander lernen könnten.
Yupp, das vermute ich. Ich übersetze meine Frage noch mal anders: Du hast mal gesagt, dass Du eine Zeit lang getanzt hast. Stell Dir mal vor, es geht um Quick Step, also etwas, dass man früher an Tanzschulen nicht an Anfänger weitergegeben hat, weil schon die Schrittfolgen für die Damen und Herren ziemlich lang und kompliziert sind. Was hättest du mit einem Fortgeschrittenen gemacht, der ziemlich verkrampft an seiner Tanzanleitung festhält und vor lauter Kontrolle nicht dazu kommt, sich in den Tanz hineinzugeben? Kannst Du damit etwas anfangen?

<Off Topic2>
Spielen..., dann aus irgendwelchen Gründen beim Vorspielen ins Grübeln zu kommen, was ich da eigentlich spiele plus Blackout
Es geht mir auch nicht um Blackouts, aber egal. Für die, die sich klar machen wollen, was beim Blackout passiert, hilft Harald Lesch weiter, der zwei Funktionen des Gehirns in einem völlig anderen Zusammenhang erklärt. Seine Übung: Lass mal einen Fußballer gleichzeitig zum Spielen Matheaufgaben lösen. Hier ein nettes Video (Minuten 25:23 bis 26:45 reichen):



Beim falschen Automatisieren ist Akkordeonspielen so ählich wie Fußballspielen in dem Video. Es funktioniert und hält kleineren Randaufgaben stand. Wenn etwas stört, wird das Hirn übermäßig stark beansprucht und das Spiel endet. Fatalerweise können nun gerade Noten Auswendigspieler stören, wie @Akkofant beschreibt. Wichtig ist festzuhalten: Die flotte Funktion 1 des Hirns (der Hase in dem Video) und die Funktion 2 (die Schildkröte) sind was anderes. Diese Unterscheidung wird beim Akkordeonspielen nicht aufgehoben, sondern man kann sie spüren:
Beim Wiederholen ohne Noten, habe ich das Gefühl, dass mein Gehirn ganz anders arbeitet.

</Off Topic2>

Ich habe verschiedene Methoden zum einstudieren.
- Schwierige Passagen langsam und bewußt spielen,
- mit unterschiedlichen Rhythmen spielen
- liegen lassen
- Geduld bewahren (ist der schwierigste Part)
Ja, das gefällt mir. Das habe ich Leuten auch immer wieder gesagt. Langsam, langsam, liegen lassen, Geduld Geduld. Was aber, wenn das nicht ausreicht oder funktioniert? Kann man dann noch etwas tun? Gibt es paradoxe Interventionen die helfen? Das mit den verschiedenen Rhythmen könnte tatsächlich wichtig sein? Wie kommt man ins Spielen rein? Bildlich: Wie ermuntert man Leute dazu, Tanzanleitung Tanzanleitung sein lassen und sich in den Tanz hineinzugeben? Vielen Dank für den Anstoß, @Ursula52.
 
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Es kommt ganz darauf an.
Im Unterricht durch unsere - damals einzige Akkordeonlehrerin in Gütersloh 1965 - mussten wir auch auswendig spielen. Sie war übrigens noch mit Rudolf Würthner befreundet und hatte in Trossingen studiert.
Sie war eine strenge Lehrerin, die manch einem nicht gefiel.
Aber wir haben unser Instrument von der Pike auf gelernt und profitieren noch heute.
Ich selbst konnte erst mit 13 Jahren bei ihr anfangen, weil sie durch zuviele Schüler überlastet war.
Die Stücke, die ich auswendig lernen sollte, gefielen mir nicht, so dass ich froh war, durch meine Berufsausbildung keinen Unterricht mehr nehmen zu müssen.
Knapp 30 Jahre später habe ich freiwillig und gerne einige Stücke auswendig gelernt, um mit meinem damaligen Duo Partner, der inzwischen leider verstorben ist, mithalten zu können. Das ging eigentlich ohne große Probleme.
Den Spanischen Walzer, Achtung los und Angelique.
Geht inzwischen nicht mehr, denn habe die Stücke nicht weiterhin gespielt.
Dafür spielte ich viele Jahre mit einer Duo-Partnerin, die keine Noten kennt.
Wir spielten regelmäßig zu Seniorennachmittagen des hiesigen DRK.
Hier war ich gezwungen, ebenfalls ohne Noten zu spielen und es ging richtig gut und ich profitiere immer noch davon, obwohl sie leider nicht mehr spielen kann.
 

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Hallo,

lieber @Bernnt , vielen Dank für ein interessantes Thema! Ich werde meine bescheidenen Erfahrungen beschreiben.

Meine allgemeine Ansicht:
Flugzeuge müssen über Triebwerke mit sogenanntem Nachbrenner verfügen, die es ihnen ermöglichen, die Leistung erheblich zu steigern (z. B. beim Start), jedoch auf Kosten eines höheren Kraftstoffverbrauchs.
Auch wir wollen mit unserer Musik in die Höhe “fliegen“. Deshalb kostet uns der Start so viel “Treibstoff“: Kraft, Energie, Nerven, Zeit. Es ist logisch, dass diese Situation nicht dauerhaft bestehen kann. Und deshalb kommt der Moment, in dem wir unsere Ausgaben normalisieren und rationalisieren müssen. In den folgenden Abschnitten beschreibe ich meine Erfahrungen und meine Herangehensweise an:
dieser Übergang von der bewussten Kopfarbeit in das automatisierte Spielen

  • beim Spielen versuche ich, meinen Fingern mehr Autonomie zu geben, damit der Kopf auch die Umgebung wahrnimmt, insbesondere:
  • Ich fange an, meinen Körper zu spüren, versuche, meine Muskeln zu entspannen und meine Körperhaltung während des Spiels zu optimieren dann:
  • Ich versuche, meine Augen zu schließen und das Klang im Raum zu spüren, ich drehe leicht meinen Kopf.
Ein Notenständer ist jedoch während dieser Befreiung immer verfügbar, damit es immer sicher landen kann. Später:
  • Ich versuche, mir dasselbe auf anderen Registern spielen, und Ich auch:
  • versuche, dasselbe in verschiedenen Tempi zu spielen, und schließlich:
  • versuche ich (wenn es das Werk zulässt) z.B. eine Oktave höher oder tiefer.
Der Übergang gelingt, wenn ich vom mentalen Zustand “Ich spiele das Stück“ in den mentalen Zustand “Ich spiele mit dem Werk“ übergehe.

Meine wichtigste Erfahrung:
Wenn der Übergang fehlschlägt und ich das Werk nicht auswendig und entspannt spielen kann, habe ich fast sicher einen Fehler bei der Einstudierung des Werks gemacht und es ist notwendig, es zurückzugeben!

Beispiel:
Ich habe eine Händels Fughetta einstudiert, und habe das Stück vor zwei Jahren sogar in der Hörproben-Sektion veröffentlicht. Aber ich bin nie in die Höhe "geflogen". Warum? Die Antwort liegt in der falschen Übung: Ich habe während des Spiels unbewusst mehr meine rechte Hand benutzt (schwarz- rechte Hand; blau: linke Hand für MIII): Diese rechte Hand wurde “übersaturiert“ die ersten sechs Takte, und das wirkte sich auf das ganze Werk aus:
Händel FALSCH.jpg
Lösung: Beenden und neu starten: Ein ausgewogenes Gleichgewicht beider Hände fördert und hilft die körperliche und mentale Harmonie während Spielen:
Händel RICHTIG.jpg
Es ist lächerlich, dass ein eventuelles Klangbeispiel keine Aussagekraft hat, weil das Hindernis im Kopf lag und nicht im Klang des Instruments:


Meine Fragen:
Gibt es andere Kniffe, Tricks oder Tipps, wie man Akkordeonisten den Übergang aus dem verkrampften kopflastigen Spiel in das automatisierte Spielen erleichtert? Oder wie man das einfacher und effektiver selber hinkriegt?

Ich glaube, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss...

Herzliche Grüße aus der Slowakei wünscht Vladimir
 
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@Malineck
genau Deine Denke hatte ich am Ende meines Studiums. DIese Strategie hat sich gelohnt. Allerdings - man sollte nicht glauben, dass dieses durch und durch bewusste Spiel gut klingt. Es muss automatisiert sein! Man sollte nur einen Fahrplan für die Gedanken haben, weil sie sonst Schaden anrichten können. Es klingt ganz anders, wenn man träumt und spielt oder wenn man jeden Ton aus "der Nase" bzw dem Gedächtnis zieht.
Ich weiß, Du meinst das gleiche wie ich, es soll nur eine Ergänzung sein.

Zum Thema:
Beim Akkordeon entpuppt sich die Automatisierung ja sofort, sobald man beide Hände spielt. Irgendetwas muss automatisch gehen, sonst funktioniert ja überhaupt nichts. Deshalb teste ich immer, welche Strategie bei jemandem am besten funktioniert:

A: Noten spielen und nicht drücken bevor nicht völlig klar ist, was jetzt passiert. Unzählige Wiederholungen bis es Schritt für Schritt schneller wird.
Den Klick (also den Übergang zur Automatisierung) kann man garnicht verpassen, der Groschen fällt laut zu Boden.


B: Ich lasse überhaupt nicht viel Überlegung zu, indem eine Hand spielfreudig eine schnell erlernte Automatisierung zelebriert und quasi improvisatorisch die andere Hand Ton für Ton ergänzt. Es fließt also die ganze Zeit (rechts oder links) und man fügt immer Elemente an der richtigen Stelle ein ohne den Fluss zu unterbrechen.

Das ist auf eine andere Art auch bewusst und trainiert Varianten, genau wie diese punktierten Übungen, nur eben mit Einzelteilen, die man dadurch intuitiv spürt weil sie keine unbegrenzte Zeit zum Überlegen lassen.
Wenn alles zsammengesetzt ist und das Stück gut automatisiert läuft, kann und sollte man später durchaus mal wieder Elemente weg lassen (Grundbässe oder Akkorde, oder Melodie oder eine Stimme in einer Fuge ... egal, Kreativität bei der Übungsgestaltung ist gefragt.

So entstehen auch keine Wünsche nach einem Technik-Kompendium :)
 
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Was für tolle Anregungen, @Akkordeonengel und @Klangbutter. Vielen herzlichen Dank.
Der Übergang gelingt, wenn ich vom mentalen Zustand “Ich spiele das Stück“ in den mentalen Zustand “Ich spiele mit dem Werk“ übergehe.
Also: Spiele nicht das Stück, spiele mit dem Stück.:great:

Ihr habt Ursulas Liste auch um einige Anregungen ergänzt: verschieden registrieren, Oktave höher oder tiefer spielen, Elemente weglassen (Reise nach Jerusalem-Übung), Augen zu, bewusst in den Raum hören. Wunderbar.

Interessanterweise fange ich an, mich selber besser zu verstehen. Ich habe zwei Möglichkeiten, Stücke zu lernen. Jazz-Standards spiele ich nach Gehör. Es ist natürlich, dass man improvisiert. Also tue ich das auch. Das spielerische Lernen kommt dann ganz von selber, so dass die Stücke gut sitzen. Bei dem Konsum von Noten tue ich selber mich schwerer, offensichtlich weil es früher immer hieß, die Noten sauber kontrolliert abzuspielen. Hielt man sich beim Unterricht nicht so ganz an den Notentext, hieß es: "Du träumst." "Das steht so nicht da." Das Lehrer-Überich schlug also zu. So ein Quark. Wahrscheinlich machen Kinder mehr richtig als Lehrer für richtig halten. Kein Wunder, dass so viele Kinder irgendwann keine Lust mehr haben. Man müsste mal ein Buch schreiben, Titel: Konkreativsinnig mit Noten spielen.;)

Spiele nicht das Stück, spiele mit dem Stück. Mir fiel noch ein Film ein, den manche von euch bestimmt kennen: "The King's Speech." Die Handlung mit den Worten von Harald Lesch aus dem Video oben: Ein König hatte strenge Erzieher. Sie hatten ihm jegliche unpassenden Verhaltensweisen schmerzhaft ausgetrieben und forderten, alles richtig zu machen. Also lernte der König, nur sein Schildkrötenhirn zu benutzen. Das machte sich in seiner Sprache bemerkbar: Er stotterte. Eine schlechte Voraussetzung für einen König, der Reden halten muss. Die Therapie seines Therapeuten förderte dann den spielerischen Umgang mit Sprache. Er sollte sich auf dem Boden wälzen, die Schulter locker lassen, die Arme munter hin und her schwingen... Letztlich ging es um die Reaktivierung des intuitiv reflexartig arbeitenden Hasenhirns. Mir gefällt die Geschichte. Sie zeigt, dass man lernen kann, falsch angeeignete Prozesse zu ändern. Bis ins hohe Alter. Und bestimmt auch beim Akkordeonspielen.:)
 
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Manchmal stellt sich Automatismus oder Spielen im Flow von alleine her, aber oft eben auch nicht. Man kann es aber sehr wohl fördern, was mir lange nicht bekannt war. Hier beschäftigt sich jemand damit:

https://www.flowskills.com/methode.html

Es geht darum, eine positive Atmosphäre dafür schaffen, durch bewußte Sinneswahrnehmung so wie es auch @Akkordeonengel es schon erwähnt hat.

Für mich funktioniert es sehr gut. Wenn ich beginne zu üben, spiele ich zunächst etwas einfaches, von dem ich weiß, dass ich mich wohl damit fühle, konzentriere mich auf die Sinne - Hören (ich lege dabei mein linkes Ohr fast an den Balg) - Spüren mit Fingern und bis in den Bauch, und verbinde mich sozusagen sinnlich mit dem Akkodeon. Danach ist auch die ganze restliche Übesession genußvoller, entspannter und müheloser.

Alle Dinge, die die Übesituation verändern sollen, sind einfacher umzusetzten, wenn sie am Anfang stehen (Anfang der Übesession, ein neues Stück).
Bereits etablierte Gewohnheiten/Stücke sind für mich schwer zu verändern. Veränderung als i-Tüpfelchen oder Zuckerguss funktioniert für mich nicht. Wenn die Verspieltheit fehlt, kann man sie nicht einfach obendraufpacken, sie steht am Anfang. Wenn man sich ganz unbedarft darauf einlässt, stellt sie sich ein.
 
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Vielen Dank für den Link, @Akkofant . Ich finde interessant, wie der Autor mit Noten umgehen möchte. Seiner Meinung nach ist die Notenfassung das Ziel, dem er entgegenstrebt. Er bastelt also zunächst einmal einfachere Versionen und spielt die. Danach entstehe automatisch der Wunsch, sich der Notenfassung immer genauer anzunähern. Bei mir im Kopf ist das anders: Die Notenfassung ist die Basis für alles Weitere. Ich bin damit bestimmt nicht alleine. Was das nun wieder bedeutet…
 
Die Noten ohne Berücksichtigung auf den Notenwert zu spielen, fand ich auch merkwürdig. Ich hatte es mal probiert und für mich funktioniert es nicht. Wenn ich vereinfachte Versionen spiele, dann immer so, dass die Grundmelodie erhalten bleibt, d.h. ich lasse Töne weg, die ich als Verzierungen oder Übergangstöne empfinde.

Der Fokus auf das Sinnliche ist das, was mich daran wirklich weiterbringt!

Ich denke bei vielen Musikern ist das automatisch sowieso da. Bei mir war es früher sehr zufällig und situationsbedingt, ob so ein Flow beim Spielen entstand. Jetzt klappt es zwar nicht immer, aber immer öfter.
 
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Ich denke bei vielen Musikern ist das automatisch sowieso da. Bei mir war es früher sehr zufällig und situationsbedingt, ob so ein Flow beim Spielen entstand.
Bei mir ist das beim Jazz oder Rock fast immer so. Beim Spielen nach Noten habe ich den richtigen Dreh für mich noch nicht raus, vor allem wenn es um rhythmisch anspruchsvolleres Material oder um "technisch schwieriges" Zeug geht, das knapp über meinem Horizont liegt. Genauso wenig wie bei Schülern, denen man Akkordeon oder Gitarre beibringt, die festfahren. Die kommen nicht in den Flow. Darum dieser Thread. Allmählich sehe ich ein kleines bisschen klarer. Nun frage ich mich, was das praktisch bedeutet...
 
vor allem wenn es um [...] Zeug geht, das knapp über meinem Horizont liegt
das dürfte das Problem sein. Solange das "Zeug" über deinem Horizont liegt, kannst du es vermutlich nicht automatisieren. Das bedeutet umgekehrt, es so lange zu üben, bis sich dein Horizont so weit verschoben hat, dass das "Zeug" im Bereich des Machbaren liegt. Dann klappt es auch mit dem Automatisieren (vermute ich).
 
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habe allerdings wie Du, @Malineck , die Tendenz, die Stücke auswendig zu lernen und die Noten möglichst bald wegzulegen.

Das ist aus meiner Sicht eine Typfrage. Das muss jeder für sich herausfinden was für ein Typ man selber ist. Auswendigspielen hat den Vorteil dass man keine Konzentration für die Noten braucht und hat den Nachteil dass man sich darauf konzentrieren muss, sich zu erinnern, was als nächstes kommt.

Dem einen liegt das eine mehr, dem anderen das andere....



wahrscheinlich, weil ich wirklich nicht gut Noten lesen kann. Bei mir tönt das wie ein Erstklässler liest, dh. ich lese jeden Buchstaben (Note), ohne den (musikalischen) Zusammenhang (aka Melodie) herstellen zu können.

Wenn man nach Noten spielen will ist natürlich essentiel, dass man auch Noten flüssig lesen kann. Andernfalls muss man konsequent möglichst schnell ins Auswendigspiel übergehen, oder sich mit Notenlesen mehr auseinandersetzen bis es besser läuft. Auch das ist eine Typfrage und hängt auch davon ab, welches Ziel man eigentlich verfolgt und was dabei wichtig ist.

Für mich ist z.B. Notenlesen wie ein Blick in die Landkarte. Da schau ich rein und lerne, wie der Weg von mir nach z.B. Hamburg läuft. Um mir das zu merken, damit ich nicht an jeder Straßenecke nachschauen muss, wo s weitergeht merke ich mir den Weg so gut es geht, um den mehr oder weniger im Kopf zu haben... Trotzdem gibt es diverse "knifflige Punkte (wie z.B. größere Autobahnkreuze) wichtige Abfahrten etc.) und da schau ich dann zwischendurch dann doch wieder kurz in die Karte um die richtige Abzweigung nicht zu verpassen. Musikalisch bedeutet das für mich: wenn ich das Stück spiele, dann kann ich das im Prinzip... und brauch ab und zu nur eine kurze Gedächtnishilfe um bei "Variation 34b" in die richtige Richtung abzubiegen.


Es wäre also optimal den Kopf und die unbewusste eingeschliffene Motorik nahtlos miteinander harmonisieren zu lassen anstatt ZU kopflastig oder ZU automatisch zu spielen.

Auch hier funktioniert weder das eine noch das andere Extrem.

Wenn ich so automatisiert spiele dass ich nebenzu über Backrezepte nachdenken kann, dann haben sich die Finger vom Kopf entkoppelt und man hat auch nicht mehr wirklich eine Kontrolle darüber was die denn wirklich tun sollen - sprich in dem Zustand wird s schwierig werden neue Impusle einzubringen.

Genauso wird es auch nichts werden, wenn man jede Passage komplett mit dem Kopf kontrollieren und verfolgen will. Denn der Kopf ist mit seinem analytischen Part einfach zu langsam für das (flotte) Spielgeschehen. Sprich - auch hier muss ich, wenn ich das Stück analysieren will das zuerst vorweg machen und daraus dann für die Finger Auftragspakete schnüren (und vorweg einüben) damit das danach im Spielgeschehen auch von den Fingern umgesetzt werden kann. Der Kopf kann dann in dem Moment maximal kleine dirigistische Hinweise mitgeben... aber die Finger setzen das dann selbsttätig um (sofern der Bewegungsablauf vorher schon mal eingeübt wurde... sonst wirds auch für geübte Finger schwierig!).

Für mich ist hier die wesentliche Erkenntnis: Was ich nicht vorher zumindest als Sequenzen geübt habe kann ich dann während des Spiels auch nicht als "Variation" abrufen. Denn sonst muss ich komplett auf Kopfkontrolle umschalten und der ist dafür dann in dem Moment zu langsam (weil halt "Schildkröte").

Das gilt auch wenn ich in einem Stück andere Akzente setzen will - auch das muss ich zuvor geübt haben, um den Bewegungsablauf zu kennen. Ich muss zuerst rauskriegen, wie sich die Idee die ich im Kopf habe in den Fingern auf meinem Akkordeon anfühlt. Sonst habe ich keine Chance das im Spiel einfließen zu lassen. Da hilft mir die beste Idee nichts, wenn die Finger den Bewegungsimpuls nicht kennen, oder das Akkordeon auf diesen Impuls nicht so reagiert, wie ich mir das ausgedacht habe.

Hier ist für mich auch das Akkordeon wichtig. Denn jedes Instrument reagiert n bissl anders und wenn man feine Akzente setzen will muss man neben den eigenen Fingern auch die Reaktion des Akkordeons miteinbeziehen - da ist halt wie bei den Spielern auch jedes n bissl anders!


Beim Spielen nach Noten habe ich den richtigen Dreh für mich noch nicht raus, vor allem wenn es um rhythmisch anspruchsvolleres Material oder um "technisch schwieriges" Zeug geht, das knapp über meinem Horizont liegt.

Der Fall ist für mich, als höchst mittelmäßiger Spieler, recht einfach: Wenn ein Stück oder eine Passage über meinen spielerischen Fähigkeiten liegt, dann hat sich das mit dem "spielerischen" erledigt - dann gehts erstmal um elementares beherrschen des Stücks oder der Passage.

Da gehts dann zuallererst um Vokabeln und Grammatik lernen, bevor ich an s elegante Schreiben gehen kann.


Ich glaube, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss...

Das ist für mich der elementarste Satz überhaupt von alledem!

Jeder muss erstmal ganz ehrlich zu sich selbst sein und rausfinden was für ein Typ ist man und welche Probleme hat man persönlich. Und wenn man diese Ehrlichkeit geschafft hat ( was gar nicht so einfach ist!) dann zeigt sich auch ein Weg auf , wie man aus diesem persönlichen Dilemma rauskommt.


Das wiederum ist allerdings harte Arbeit an und und mit sich selbst! Da gibts keinen geheimen Wundertip den man gepflegt am Kaminfeuer zwischen zwei Brandys weitergibt und dann klappts auch schon! ... Da heißt es, wenn man seine persönlichen Problempunkte erkannt hat daran zu arbeiten - langsam, nachdrücklich und ausdauernd Stück, für Stück.
 
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Solange das "Zeug" über deinem Horizont liegt
Der Fall ist für mich, als höchst mittelmäßiger Spieler, recht einfach: Wenn ein Stück oder eine Passage über meinen spielerischen Fähigkeiten liegt, dann hat sich das mit dem "spielerischen" erledigt - dann gehts erstmal um elementares beherrschen des Stücks oder der Passage.

Naja, es ist schon ein Unterschied bei einem Hochspringer, der 1,99m packt und an 2,00m scheitert oder einem Hochspringer, der über 1,80m drüber segelt und nun plötzlich über 2,00m möchte. Und darf ich noch etwas zu bedenken geben: Bei einem Anfänger ist jede neue Seite des Akkordeonlehrbuchs über seinem Horizont und es geht dennoch, oder kann man das jetzt nicht vergleichen?:gruebel:

Da gibts keinen geheimen Wundertip den man gepflegt am Kaminfeuer zwischen zwei Brandys weitergibt
Das glaube ich auch nicht. Ein Tipp hilft wahrscheinlich bei Verstockung nicht weiter. Alles was oben steht, hängt für mich mit der Einstellung zusammen, die zu ändern ist. Für MICH heißt es: "Mach Dich nicht zum Noten-Roboter. Spiel/Spinn mal ein bisschen mehr rum."
 
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Beim Lesen der Problemdarstellung von Bernnt und Malineck musste ich an Referate denken.
Ohne Stichpunktzettel oder ähnliches verhaspeln sich viele. Mit ausformuliertem Text ist man nur am Ablesen und es klingt nicht gut.

Kann man die Noten vll. so verkürzen, dass sie quasi Stichpunkte darstellen, also nur eine nur eine Grundstruktur zur Orientierung? :nix:
 
Naja, es ist schon ein Unterschied bei einem Hochspringer, der 1,99m packt und an 2,00m scheitert oder einem Hochspringer, der über 1,80m drüber segelt und nun plötzlich über 2,00m möchte. Und darf ich noch etwas zu bedenken geben: Bei einem Anfänger ist jede neue Seite des Akkordeonlehrbuchs über seinem Horizont und es geht dennoch, oder kann man das jetzt nicht vergleichen?:gruebel:

Dessen war und bin ich mir völlig bewusst! Nicht umsonst habe ich bei meinem Beispiel erwähnt dass ich das auf mich, einen höchst mittelmäßigen Spieler, bezogen habe. Das macht nämlich zunächst - vielleicht auch nur vordergründig - einen Unterschied!

Ab einem gewissen Niveau ist man in der Lage sehr schnell und relativ spontan auf neue Gegebenheiten sich einzustellen. das erlaubt einem sich sehr rasch auf neue Erfordernisse einzurichten und sich neue - na sagen wir mal - Aspekte anzueignen. Das erlaubt es einem sich sehr schnell neue Stücke anzueignen. Es genügen meist ein paar Sondierungsrunden , ein paar Details an denen man noch etwas feilen muss und dann läuft die Sache meist auch schon so in etwa.

Bei weniger guten Spielern ist das mitnichten so - da ist oftmals lange elementare Arbeit angesagt, bis man soweit kommt, dass man das Stück so einigermaßen "im Griff " hat und dann anfangen kann damit Musik zu machen. Da kann es sein dass man schon lange vorher eine Idee im Kopf hat , wo man hin möchte, aber das lange Zeit nicht musikalisch ausdrücken kann, weil die mechanischen Fähigkeiten hierzu nicht ausreichen.

Diesen Umstand kennen sehr gute Spieler oftmals gar nicht mehr und haben damit oftmals auch kein Verständnis dass das was man im Kopf hat nicht einfach musikalisch ausdrücken kann und es zuvor harte, elementare Arbeit bedeutet um an den Punkt zu können. Dieser Effekt ist mir z.B. vor längerer Zeit in dem MIII Lernthread bewusst geworden. Da hatte ich für ein bestimmtes Stück Ideen , wie ich da bestimmte Passagen angehen wollte um einen Effekt zu mildern der durch bestimmte Eigenschaften des Akkordeons dem Stück einen Charakter aufdrückt der so nicht unbedingt dort hinpasst. Und die Idee habe ich auch beschrieben. Woraufhin von einem sehr guten Spieler bemängelt wurde, dass ich nur darüber schreibe und keine Hörprobe davon einstelle.

Das Problem bei mir war damals ganz einfach, dass ich zwar eine Vorstellung hatte, wo ich hin wollte und was ich machen wollte, aber zu dem Zeitpunkt schlicht nicht in der Lage war das in annehmbarer Zeit umzusetzen und vorführen zu können. (und jetzt interessierts vermutlich keine Sau mehr). Den Umstand dass, ich nicht vermitteln konnte, dass das mir zu dem Zeitpunkt spielerisch schlichtweg (noch) nicht möglich ist, hat mir klar gemacht dass man ab einer gewissen Könnensstufe manche Probleme nicht mehr so richtig wahrnimmt, weil man den Maßstab dafür aufgrund seines eigenen Könnens nicht mehr hat!

Aber was sich nicht ändert ist, dass jeder Spieler - egal auf welcher Könnensstufe - seine spezifischen Probleme hat. Und wenn man an denen nicht konsequent arbeitet kommt man auch nicht über einen bestimmten Punkt hinaus! Der mittelmäßige Hochspringer kommt nicht von 1,80 m auf 1,85 m und der Spitzenspringer kommt nicht über seine 1,99 m auf die gewünschten 2 m!

In der Liga stellen oftmals kleine Details - persönliche Angewohnheiten, Details an der Haltung, Details am Timing etc... - all solche Petitessen spielen in dieser Liga auf einmal eine Rolle und jedes für sich kann dann ein unüberwindliches Hindernis werden, über das man von sich aus nicht hinweg kommt. Nicht umsonst haben Spitzensportler, auch wenn sie der beste der Welt sind Trainer, Mentoren, Coaches, deren Job es ist störende Angewohnheiten zu entdecken, aufzuzeigen und mit dem Sportler dann versuchen das sich abzugewöhnen, Wege mit ihm zu entwickeln die Problemstelle zu eliminieren - um die Chance zu haben noch besser zu werden und über die scheinbar unüberwindbare Hürde drüber zu kommen.

Aber - das geht dann auf der Ebene auch nur noch, wenn sich der Sportler voll darauf einlässt und auf die Hinweise und Empfehlungen hört und an sich arbeitet. Und das gleiche gilt übertragen auch auf die Musik.

Und um das ganze noch mit einer Methapher abzuschließen, die den Unterschied in der Wirkung zeigt:

Im ersten Teil der Harry Potter Serie, wollte der Oberbösewicht unbedingt den Stein der Weisen besitzen und hat im Spiegel der Erkenntnis auch nur gesehen wie es ihm geht , wenn er den Stein schon in seinem Besitz hätte. Das Finden des Steins war ihm nur ein lästiges Detail am Rande, das ihm keine weitere Beachtung wert war.
Harry Potter hingegen wollte den Stein finden... und hat ihn dementsprechend mit Hilfe dieses Spiegels auch gefunden!... Schritt 1 den es braucht, bevor man den Stein dann im Besitz hat!

Und auf die Musik bezogen:

Es ist zwar wichtig, dass man eine Vorstellung hat, was man haben möchte - aber man darf darüberhinaus nicht vergessen zuallererst die Basisarbeit zu erledigen und sich die erforderlichen Bausteine vorzubereiten , einzuüben und anzueignen - die Bausteine zu finden die man benötigt damit man dahin kommen kann, wo man hin möchte!
 
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Ich glaube, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss...
einer der wenigen Sätze, die ich für allgemein gültig und für mich nachvollziehbar halte
Allerdings - man sollte nicht glauben, dass dieses durch und durch bewusste Spiel gut klingt. Es muss automatisiert sein! Man sollte nur einen Fahrplan für die Gedanken haben, weil sie sonst Schaden anrichten können.
Gibt es einen Zeitpunkt, ein Level, was auch immer, bis zu dem diese hier beschriebenen Erkenntnisprozesse abgeschlossen sein sein sollten? Oder fängt es bei jedem neuen Stück von vorne an?
Oder gibt es zumindest etwas Grundlegendes, das als Basis für neue, unbekannte, lange nicht gespielte Stücke u.a. dient?
dieser Übergang von der bewussten Kopfarbeit in das automatisierte Spielen
Weggucken von den Noten bei den Stellen, an denen sich die Leute versteifen ... ... ... Das habe ich Leuten auch immer wieder gesagt
gilt für Schüler? Musikunterricht?

und wie so manches mal: ich frage mich nach dieser Art Lektüre, welcher Chuzpe es bedarf, eigene Tonelaborate vor solchem Auditorium preis zu geben.
Ich gebe zu, es hat sich mir nicht alles erschlossen. Aber wenn das hier Ge- und Beschriebene Standard ist, kann ich schlagartig einpacken. So isses ...
 
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