Hallo Herr H.
- Kann man mit reinen Melodiebaßinstrumenten auch gut Akkordbegleitungen spielen, die dann im Prinzip, je nach Zahl der Chöre, wie beim Standardbaß klingen? Wenn nein, woran hapert es?
Woran es hapert, hat maxito schon geschrieben.
Wenn ich mit Melodiebass rythmisch begleiten wollte, würde ich eher schauen, ob sich ein schaukelndes Pattern (wechsel zwischen zwei und einem oder zwei anderen Tönen) umsetzen lässt, wie man es auf dem Klavier spielen kann. Das passt dort besonders, wo der typische Akkordeon Bass(-Akkord) mit seinen immer drei Tönen zu viel ist.
Mein erster Gedanke ist aber eher: Vom Klavierspielen hat "man" ja die Abstände häufiger Intervalle einigermaßen intus, die Akkordeontastatur ist aber schmaler als beim Klavier. Besteht die Gefahr, daß man Abstände verlernt oder durcheinanderkommt?
Ein sehr theoretischer Gedanke, aber nicht unberechtgt. Das müsstest du mal ausprobieren. Mein Vater kam nie auf Akkordeons mit schmaleren Tastaturen klar. Ich wechsele ohne Probleme zwischen Klavier mit 23mm-Tastatur, Hohner Morino, Weltmeister Supita, Roland FR-3X, jeweils mit 20mm-Tastatur und Balzer Wagner mit 18mm-Tastatur hin und her (Werte jeweils mit Abstandsanteil, gemittelt über 10 Tasten), ohne mich da groß zu vergreifen.
Viel empfindlicher bin ich da auf der Bassseite. Ganz extrem war der Wechsel von der Morino VS mit 6 Reihen Standardbass auf die Delica Choral VII mit vorgelagertem MIII und nur 5 Reihen Standardbass - eine Katastrophe, das ging kaum; zwischen den anderen Instrumenten ist es nicht ganz so extrem, aber ich brauche da einen ganzen Moment, um mich links einzuspielen. Und der Wechsel vom echten Flügel auf Digitalpiano ist für mich auch schwieriger, als der Wechsel zwischen Klavier und Akkordeon oder einfach unterschiedlichen Tastenbreiten.
Was die grundsätzliche Richtung bei dir angeht:
Wenn du bereit bist sowieso neu zu lernen, Interesse an Knopf hast, dann ist es egal, mit welchem System. Der russische B-Griff folgt übrigens in der Anordnung von den hohen zu den tiefen Tönen eher der Klavierlogik. Der kleine Finger der linken Hand spielt in Richtung der tiefen Töne, der kleine Finger der rechten Hand in Richtung der hohen Töne.
Auch kann so einfacheres Bayan eine Einstiegsmöglichkeit sein. Aber dann suche, wie hier auch schon empfohlen, einen seriösen Händler und gib etwas mehr aus. Alternativ ein renovierungsbedürftiges, dass aber nicht generell kaputt ist (muffig, gar Schimmel, Rost auf den Stimmzungen, Löcher im Balg, defekte Knöpfe etc) und lass es einmal richtig herrichten.
Bedenke, dass die Dinger auch auf der Diskantseite einen speziellen Klang haben, der sich eben nicht durch Register beeinflussen lässt. Der Klang passt zu russischer Musik und teils zu Klassik, ist melancholisch und gedeckt und recht klar, aber nicht weich.
Sollte ich doch noch umlernen, wäre es bei mir B-Griff um Diskant und B-Griff russisch im Bass. Aber nur aus dem einen Grund, dass der Klang der Bayane absolut mein Klangideal trifft. Und zwar die russischen, denn Pigini und Scandalli bekommen das nicht so ganz hin, die klingen immer noch anders als Jupiter, Thula und Co. Ergo müssen es die Griffweisen sein, die bei russischen Bayanen üblich sind, um die volle Auswahl der wenigen in Deutschland angebotenen Bayane zu haben. Jupiterinstrumente mit C-Griff gibt es, sind aber selten.
Um an ein besseres Bayan und "Zwischengrößen" ranzukommen, gibt es fast nur einen sinnvollen Weg: Menschen kennenlernen, die einen russischen Hintergrund haben, Spieler und HZIMs und ggf. in den neuen Bundesländern.
Hier zwei Klangbeispiele für Einstiegsbayane in gutem Zustand. Die zeigen übrigens, dass die Dinger eine bessere Kompression haben (können), als in dem Beispiel von deiner Kleinanzeige.
Gruß, Tobias
P.S. Ob es eine Rolle spielt, noch genau ein oder zwei Töne oben oder unten mehr zu haben, mag dahingestellt sein. Ich habe mir irre 'nen Kopf drum gemacht, ob mir beim Roland FR-3X im Diskant das Fis und das F unten fehlen würden. Ja ich greife schonmal ins Leere, aber öfter fehlen mir bei 37 Tasten die oberen Töne, da ich viel oktaviert spiele; Vorteil des Roland, dass es durch die seltenere Aufteilung bei 37 Tasten oben immerhin bis zum G geht.
Aber so wirklich fehlen tut das alles nicht. Selbst die Mini-Morino mit nur 35 Tasten reicht mir für das meiste.
Etwas Kompromisse muss man mit dem Akkordeon (fast) immer eingehen. Aber fast alles ist möglich, dem, der da glaubt - oder übt
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