Hallo
@Klangbutter,
3. reine Stimmung in Es oder C ?
Ganz klar: bei einem Stück in Es-Dur auch die reine Stimmung mit Grundton Es.
4. Stimmungsarbeit nach Tabelle (hoffentlich richtig gemacht?)
Nein, nicht ganz, denn bei Deiner "reinen Stimmung laut Wiki" hat sich tatsächlich ein Denk- bzw. Rechenfehler eingeschlichen.
Zitat aus Video:
"Dann kommt D zu E, hab ich hoffentlich richtig verstanden, 182 ct, das sind 12 zu wenig,"
Die Cent-Abstände in der Tabelle sind von Ton zu Ton zu verstehen, d. h. die Abweichungen zur gleichschwebenden Stimmung
addieren sich auf:
C zu D mit 204 ct heißt (das stimmt noch), dass das D um +4 ct höher gestimmt werden muss.
Der nächste Schritt vom D zum E beträgt auch durchaus 182 ct, aber eben vom D aus gerechnet, das ja bereits um +4 ct höher gestimmt wurde.
Deshalb gilt für das E: statt 400 ct wohltemperiert muss es 204 ct + 182 ct = 386 ct vom C entfernt sein, muss also um -14 ct statt -12 ct korrigiert werden.
Das
E muss also auf um -14 ct angepasst werden, nicht -12 ct.
Bei F sagst Du "12 zu viel" usw., man muss aber wieder vom Vorgängerton E ausgehen, das ja bereits um -12 ct korrigiert wurde, deshalb braucht das
F nur noch eine Korrektur von
-2 ct ct usw.
Ich habe mir aus dem Video die Wiki-Tabelle kopiert und zunächst vom Grundton (hier: C) ausgehend die Entfernung zum Grundton in ct aufgeschrieben.
Gleichschwebend wären das immer glatte Zahlen: 0, 200, 400, 500, 700, 900, 1100 und schließlich 1200.
Wenn man die angegebenen "reinen" Schrittweiten in Cent aufaddiert (!), ergeben sich die einzustellenden Abweichungen von der equal-temperament-Stimmung (untere Zeile):
und so weiter...
Damit klären sich auch die 2 ct "zu viel" beim oktavierten C, denn wenn man alle Schritte zusammenrechnet, kommt man am Ende durch das Aufaddieren der Einzelschritte wieder bei genau 1200 ct perfekt in der Oktave raus.
Zum selbst nachrechnen (ist mit Taschenrechner einfach).
Die Quinte entspricht einem Verhältnis von 3:2, also Faktor 1,5. Wenn man das in Cent umrechnet, kommt man auf 702 ct:
ln(3/2) / ln2 * 1200 = 702 ct (auf volle ct gerundet)
Dahinter steckt einfach nur, dass die Oktave aus 1200 Cent-Schritten besteht und eine Oktave dem Faktor 2 entspricht. Da man in der Regel keinen Zweier-Logarithmus auf dem Taschenrechner hat, nimmt man einfach den natürlichen Logarithmus und muss deshalb den Exponenten noch durch den Faktor ln2 auf die Basis 2 anpassen.
Die gleichschwebende Quinte ist also 2 ct zu klein.
Viel schlimmer als die Quinten sind die Terzen: die große Terz mit Faktor 5/4 ergibt nämlich mit ln(5/4) / ln2 * 1200 = 386 ct (auf volle ct gerundet), d. h. die gleichschwebende große Terz ist um 14 ct zu groß.
Und dann wären diese Cent-Korrekturen für Es-Dur natürlich beim Grundton Es zu beginnen - dann hättest Du eine Stimmung, die tatsächlich der in Wiki angegebenen reinen Stimmung entspricht.
Viele Grüße
Torsten
PS: manche Terzen sind trotzdem Problembären, z. B. aus folgendem Grund:
Wenn man von einer B-Es-As-Des-Harmonika ausgeht, wäre unser Es-Dur die Tonart der zweiten Reihe.
Einerseits muss das F die Quinte zu B-Dur sein (1. Reihe, Druck). Das läuft auf eine Anpassung des F um +4 ct hinaus (passt zur Tabelle).
Aber andererseits muss das F auch die große Terz zu Des-Dur sein (4. Reihe, Druck). Da bräuchte man bei quintenreiner Stimmung eine recht große Korrektur des F in die entgegengesetzte Richtung um fast -18 ct. Zwischen diese beiden Fs liegen immerhin 22 ct Abweichung.