camus
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Hey,
dieser Thread soll sich an jene richten, die sich gerne mal selbst ein Effektpedal-Bausatz zusammenlöten wollen, aber sich nicht so recht trauen, weil sie denken: Bin doch kein Elektriker! Ob ich das hinbekomme?
So schwierig ist das allerdings gar nicht, das wichtigste Werkzeug ist im Grunde genommen eine ruhige Hand. Die Bausätze, die man z.B. auf Musikding.de kaufen kann, sind auch fertig konzipiert und kommen mit einer Bauanleitung. Befolgt man diese genauestens, ist eigentlich auch kein Vorwissen über Elektrotechnik von Nöten.
Kurz noch zu mir: Ich habe Anfang der 90er eine Ausbildung zum Elektromechaniker absolviert, allerdings lag der Schwerpunkt eher auf der Mechanik. Gearbeitet als E-Mechaniker habe ich allerdings nie, ich habe das Abitur nachgeholt und andere Wege eingeschlagen. Trotzdem habe ich natürlich das Löten erlernt (mein Gesellenstück war auch noch eine 100% selbst konzipierte und gebaute Lötstation) und kenne die Grundlagen der Elektronik und der Bauteile. Dennoch wäre ich nicht in der Lage, einen Schaltkreis zur Audiosignalbearbeitung zu entwerfen und mir einfach so ein z.B. Delay-Pedal zu bauen. Davon habe ich keine Ahnung.
Zu dem vorliegenden Projekt:
Ich hab vor rund einem Jahr ein YT-Video zu dem Quaverato Harmonic Tremolo Pedal von Zeppelin Design Labs (ZDL) gesehen und wollte es kaufen. Man bekommt es aber nur als Bausatz, bei ZDL selbst und einigen anderen Shops in den Staaten, und in Europa bisher nur in England. Wegen Zollgebühren und so weiter hatte ich da wenig Lust darauf, nun gibt es aber auch in Frankreich einen Shop, der den Bausatz anbietet. Also hab ich zugeschlagen.
ZDL wurde gegründet von Brach und Glen aus Chicago, die selbst ein Haufen Kits gebaut haben und wohl oftmals enttäuscht von fehlerhaften Produkten und unzureichenden Designs waren. Also gründeten sie ihre eigene kleine Firma und bieten nicht viele, aber recht durchdachte Produkte als DIY-Kits an. Auch ein kleiner 2-Watt-Amp ist zum Beispiel dabei. Ein Besuch auf ihrer Webseite lohnt sich allemal und macht Spass.
Selbstverständlich kommen die ZDL-Produkte auch mit einer Bauanleitung, und hier bin ich das erste Mal positiv überrascht. Man kann sich auf der Homepage eine 20-seitige Owner's Manual, eine 56-seitige Assembly Instruction sowie einen 10-seitigen Troubleshooting Guide herunterladen.
Die Bauanleitung beinhaltet 188 Fotos und ist so ausführlich, daß meiner Meinung nach wirklich jeder dieses Pedal bauen kann, auch wenn es eine recht komplexe und beladene PCB (printed circuit board) zu löten gilt.
Ich werde hier die einzelnen Schritte ein wenig dokumentieren und mich beim Bau grundsätzlich an die Anleitung halten. Da ich ja im Pedalbau kein Profi bin: ich freue mich natürlich über jegliche Ergänzungen und Korrekturen von Usern, die sich im Thema besser auskennen als ich.
Hier erstmal der Bausatz:
Diese Werkzeuge werden zum Löten benötigt:
- Lötstation 15-50 Watt, mit Ablegespirale und Abstreichschwamm
- Lötzinn, max. 0,8mm
- Lötfett
- kleiner Saitenschneider
- Entlötpumpe, nicht zwingend notwendig, kann aber helfen
- Platinenhalter, zum stressfreien Löten unabdingbar
Es gibt bessere Modelle, die eine noch einfachere Handhabung gewährleisten, z.B. eine solche:
Nicht auf dem Foto aber dennoch sehr hilfreich: eine kleine Spitzzange sowie ein digitales Multimeter.
Ich habe meine Lötspitze noch ein wenig angespitzt, einfach gleichmäßig mit einer Feile bearbeitet. Die Lötpunkte auf der Platine liegen teilweise nur zwei Millimeter auseinander, da ist eine sehr dünne Lötspitze von Vorteil.
Desweitern empfiehlt es sich, die Bauteile nicht auf der Arbeitsfläche auszubreiten, sondern ein wenig vorsortiert in Bechern oder kleinen Schüsseln zu bewahren. So kommt nichts weg. Man nimmt sich immer nur die Bauteile heraus, die im jeweiligen Arbeitsschritt verbaut werden.
So, los geht's mit den Widerständen. Zum einen, weil sie auf der Platine verlötet wenig Platz wegnehmen, und weil man sich mit ihnen ein wenig aufwärmen kann. Im Gegensatz zu anderen Bauteilen kann man sie (fast) nicht kaputtlöten, da Hitze ihnen wenig ausmacht. Die Werte der Widerstände sind durch farbliche Ringe in verschiedenen Kombinationen festgelegt. Jede gute Anleitung erklärt einem die Farbkombination, zur Not findet man da auch im Netz die nötigen Erläuterungen.
Ich platziere zunächst alle Widerstände. Dazu schaue ich mir ihren Platz auf der Platine an, es geht dabei um den Abstand der beiden Lötpunkte. Diesen beachtend, knicke ich beide Beinchen mit Hilfe der Spitzzange um 90° in eine Richtung und stecke sie von der Oberseite der Platine her (die Seite, die mit allen Bauteilbezeichnungen bedruckt ist) durch ihre Lötpunkte und knicke die Beinchen auf der Rückseite um ca 45° ab. Zu beachten ist, daß die Widerstände auf der Platine aufliegen. Einige der Widerstände müssen stehend verlötet werden, dazu wird ein Beinchen vorab um 180° gebogen. Widerstände haben auch keine bestimmte Einbaurichtung, also egal, welches Beinchen durch welches Loch.
Die Wertebestimmung der Widerstände sollten nicht bei Kerzenschein vorgenommen werden. So sind z.B. braune und rote Farbringe nur bei Tageslicht oder unter weissem LED-Licht vernünftig zu unterscheiden.
Anmerkung: Beim Biegen der Beinchen mit der Spitzzange fiel mir auf, daß die Zange magnetisiert ist. Ich tausche sie gegen eine andere Zange aus, weil ich nicht weiß, ob der Magnetismus bei anderen Bauteilen vielleicht schädlich sein könnte.
Nun sind alle Widerstände an ihrem Platz und der Lötkolben wird geheizt. Beim Weichlöten, wie es in der Elektronik beim Platinenlöten der Vorgang ist, brauchen wir eine Temperatur von 180° bis 250°. Da ich Rechtshänder bin, steht die Lötstation rechts von mir, so ist mir das Kabel am wenigsten im Weg. Ausserdem habe ich den Schwamm befeuchtet, um die Lötspitze bei Bedarf mit einem Abstreichen über den Schwamm säubern zu können. Dazu ist übrigens auch die Entlötpumpe u.A. geeignet.
Zuerst verlöte ich also die Punkte, an die ich gut rankomme. Mit dem Saitenschneider knippse ich die verlöteten Beinchen ab, so hab ich Platz für die restlichen Punkte. Dies wiederhole ich so oft wie nötig.
Nachdem alle Beinchen abgeschnitten sind, prüfe ich mit dem Multimeter alles auf kalte Lötstellen. Die Messspitzen auf die Lötpunkte gesetzt, muss mir das Messgerät den entsprechenden Wert des Widerstandes anzeigen. Tut es das nicht, ist der Lötpunkt nicht ausreichend verlötet. Ich konnte so feststellen, daß ein 100kOhmer nur 92kOhm auswies. Ich habe beide Lötpunkte noch einmal heiß gemacht um das Lötzinn besser fließen zu lassen. Nun zeigt mir das Messgerät 99,4 kOhm an, somit bin ich hier in der Toleranz von einem Prozent.
So, weiter mit den Dioden. Da eine Diode den Stromfluss in nur einer Richtung zulässt, muss hier auf die Einbaurichtung geachtet werden. Dioden sind in der Regel schwarz mit einem weissen Ring an einer Seite. Auf der Platine findet man dementspechend eine Markierung, z.B. einen aufgedruckten Punkt oder Strich.
(Generell mal sorry für die teils miese Fotoqualität. Hab hier nur mein olles Handy...)
Am Rande: Auf der Diode erkennt man die Aufschrift 1N4007. Es handelt sich um ein Silizium-Halbleiter-Diode mit einer Durchlassspannung von 0,7 Volt. Muss man aber eigentlich gar nicht so genau wissen. Einfach gemäß Anleitung verfahren und gut ist. Nur wenn ein Bausatz verschiedene Dioden benötigt (das wäre aus der Stückliste zu erfahren), ist es ratsam, auf die Beschriftung zu achten.
Auch die Dioden kann ich mit dem Multimeter auf kalte Lötstellen prüfen. Hierzu das Messgerät auf Durchgangsprüfung stellen (Symbol ist ein Pfeil mit einem Querstrich an der Spitze). Die Messspitzen wieder auf die Lötpunkte setzten. Display sagt "-" oder "1" oder nichts (je nach Multimeter), das bedeutet kein Durchgang. Nun die beiden Messspitzen tauschen. Nun sollte ein Wert angezeigt werden. Ist in beiden Richtungen kein Wert zu ermitteln, sollte nachgelötet werden. Sieht das so aus, wie in diesem kurzen Clip, ist alles schick und wir können zu den Kondensatoren kommen.
Kondensatoren speichern elektrische Ladung und es gibt sie in verschiedenen Bauarten, z.B. Keramikkondensatoren, Folienkondensatoren oder Elektrolytkondensatoren. Bei Letzteren, die aussehen wie ein schwarzes Tönnchen auf zwei Beinen, ist meistens, nicht immer, auf die Einbaurichtung zu achten. Auf diesen Kondensatoren ist eine Seite (die Kathode oder Minuspol) weiß markiert, auf der Platine sollten ebenfalls Markierungen vorhanden sein. Bei der vorliegenden Platine des Quaverato sind die markierten Lötpunkte eckig anstatt rund. Befindet sich auf einem Schwarzen-Tönnchen-Kondensator keine Markierung der Kathode, ist die Einbaurichtung egal. Die Beschriftung ist manchmal sehr eindeutig, z.B. 1µF = 1 Mikrofarad, manchmal auch etwas kryptisch wie 2A223J = 22 Nanofarad. Hier hilft die Bauanleitung oder das Internet. So sieht die Kathodenseite aus:
Ein Prüfen der Lötstellen mit dem Multimeter ist hier nicht möglich, man muss wohl oder übel auf seine bisher erworbenen Lötskills bauen.
Ich habe nun noch einen Kristalloszillator (noch nie gesehen, so'n Ding) und Adapterpins für späteres Updaten des Microcontrollers (dazu später mehr) verlötet. Bisher sieht es also so aus:
Nun wäre laut Anleitung der Bau der Oktokoppler dran und ich muss leider feststellen, daß die beiden dazu benötigten 5mm-LED's fehlen. Prompt fiel mir auf, daß ich einen wichtigen Schritt der Vorbereitung schlicht vergessen habe: Die Prüfung des Kits auf Vollständigkeit. Nun bleibt es leider nicht bei den LED's, deren Ersatz schnell zu besorgen ist, auch das Volume-Poti fehlt leider. Grmpf.
Ich hab gleich eine Mail an ZDL verfasst, um zu fragen, ob das Poti linear oder logarhythmisch sein muss. Ich würde schon versuchen wollen, hier in lokalen Geschäften fündig zu werden. Online hab ich auf die Schnelle erstmal kein baugleiches Poti gefunden, entweder ist die Achse zu lang oder die Länge der Lötpins passt nicht oder die Achse ist gezahnt, oder oder oder. Ich finde es nicht sinnvoll, mir Material von 8 Gramm aus Amerika herschicken zu lassen. Mal sehen, wie sich das lösen lässt. Daher ist für heute erstmal Schluss.
Fortsetzung folgt, Gruß camus
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