Um ein Haar

  • Ersteller Teestunde
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Mal sehen, ob ich noch etwas gutmachen kann.
Etwas gut machen, ist immer gut. Du brauchst hier aber nichts gutzumachen. Das ist ein Ort, wo man Textentwürfe in jeglichem Stadium des Entstehens reinstellen kann - von der bloßen Idee und schnellen Skizze, einer durchgemachten Nacht, eines dreimal durchdachten und verbesserten Textes bis hin zum fertig (gedachten) songtext.

Ein Text ist ein Prozess ist ein Prozess ist ein Prozess ist ein Prozess - und man kann auch mal ganz gespannt sein, was dabei rauskommt. Und manchmal merkt man auch, dass die Idee gut war, aber es weder in der einen noch in der anderen Richtung so recht passen will. Dann will die Idee vielleicht einfach noch etwas Zeit haben ...
Mit meiner nervösen Hektik hab ich mir noch nie einen Gefallen getan.
Ich weiß nicht, ob es die nervöse Hektik ist oder vielleicht eher - das ist mein Eindruck - ein schnelles Reagieren auf einen Einwurf von jemandem, der aber eigentlich noch nicht ganz durch Dich hindurchgegangen ist ... es kann auch damit zu tun haben, dass man denkt, man müsse jemandem oder etwas Genüge tun. Dazu sind Schreibende nicht da, meiner Meinung nach. Sie schreiben nicht im Auftrag das, was andere hören oder erwarten oder sich wünschen, dass es jemand sagt, der sich mit Sprache auskennt. Sie sind dazu da, das zu schreiben, was sie selbst bewegt und dies so zu schreiben, dass das, was sie bewegt, auch andere bewegt.

Dazu dienen mir die Feedbacks - indem mir andere sagen, wie der Text bei ihnen ankommt, erfahre ich zum einen, was mich (eigentlich) bewegt (hat) und erfahre, was davon angekommen ist. Das ist nicht selten überraschend und bringt mich immer weiter.

Das war jetzt aus meiner Sicht geschrieben - und natürlich gibt es viele andere Sichtweisen darüber, was Schreiben ist und sein soll und was die Aufgabe von Autor*innen sind.
(Lese übrigens gerade "Langsame Entfernung" von Gisela Steineckert und reflektiere vermutlich deshalb so etwas über das Schreiben hin und her ...)

x-Riff
 
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Liebe @Teestunde , ich bedanke mich meinerseits für die Erinnerung an A. Gruen!

Dessen Grundthese, dass wir von Geburt an mit unseren Ängsten und Schmerzen mehr konfrontiert werden sollten, statt vor allen Gefahren abgeschirmt zu werden, war in unserem Leben wohl noch nie so aktuell wie heute in Zeiten der Pandemie und des Klimawandels!!!

Jetzt rächt sich für Viele, dass wir tödliche Gefahren nur in Büchern und Filmen näher an uns heran ließen! In denen wiederum nur Helden, also keine O815-Typen wie wir selber, als Retter in Frage kommen! Statt Sicherheit herrscht in den Meisten Unsicherheit. Unsere Verletzlichkeit erscheint uns als Krankheit, statt sie als lebensrettende Warnsignale zu deuten!!!!

Laut A. Grüen erhöhte sich bei den Indianern einst in Momenten der Gefahr zugleich der notwendige Gleichmut, der für die nächsten Schritte notwendig zu sein schien. Was laut Gruen von hinreichender emphatischer Kraft zeugte, die sich automatisch aus einem natürlichen Umgang mit Schmerz und Angst ergab!
 
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Liebe @Teestunde , ich bedanke mich meinerseits für die Erinnerung an A. Gruen!
Ich bedanke mich auch, auch bei dir, weil ich Arno Gruen nicht kannte und jetzt eine neue Leseanregung habe - ich finde den Gedanken, dass ein Gegensatz zwischen Identität und Identifikation besteht, sehr eindrucksvoll, darüber würde ich tatsächlich gerne mehr wissen.

Hat Gruen sich denn auch mit der Psyche von Nazi-Größen wie Heydrich beschäftigt, dass du eine Parallele zur Wannseekonferenz ziehst, @Teekanne?
 
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Hat Gruen sich denn auch mit der Psyche von Nazi-Größen wie Heydrich beschäftigt, dass du eine Parallele zur Wannseekonferenz ziehst, @Teekanne?
Im Buch "Der Fremde in uns" hat er sich tatsächlich mit der Psyche von Nazigrössen befasst. Meine Parallele zur Wannseekonferenz kam aber eher durch die Meldung in der Tagesschau (Jahrestag der W. Konferenz).

Ich habe vergeblich gesucht, die meisten Bücher sind noch in Umzugskisten verstaut. Aber du findest Hinweise zu Arno Gruen en masse im Internet. :)
 
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Hat Gruen sich denn auch mit der Psyche von Nazi-Größen wie Heydrich beschäftigt, dass du eine Parallele zur Wannseekonferenz ziehst, @Teekanne?

Ja, er hat sich ( als Jude und als Wissenschaftler) beispielsweise recht ausführlich mit Hitler beschäftigt. Beispielsweise mit dessen aggressiven Posen (Ohrfeigen), bei denen H. gegenüber seinen Generälen peinliche Zuflucht nahm, wenn ihm als Feldherr die sachlichen Argumente ausgingen. Wenn ihm also die Empathie verließ, sich in die Gefühle und Gedanken seine Gegner zu versetzen. Und er hat (soweit ich mich erinnere) Gründe für H. fehlende Empathie in dessen frühen Jahren gefunden.

So, wie er beispielsweise auch darauf verwies, dass Einstein als gepeinigter Schüler monatelang zuhause (letztlich mit Billigung seiner Mutter) kein Wort sprach… was er später wohl als die Geburtsstunden seiner Relativitätstheorie ausgab.

Alle Beispiele, die ich bei A. Gruen fand, dienen seiner Theorie, dass eine früh vorgetäuschte Sicherheit die eigene emotionale Stabilität und intellektuelle Wachheit für spätere Momenten der Gefahr schwächt und statt dessen die Sehnsucht nach dem „starken Mann“ erhöht!

Es geht also weniger um den typischen Charakter einer ganzen Nation, sondern eher um die Bereitschaft bestimmter Gruppe, die Widrigkeiten des Lebens als jederzeit existent zu akzeptieren!
 
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Liebe @Teestunde , ich bedanke mich meinerseits für die Erinnerung an A. Gruen!
Hab mir gerade wieder ein (gebrauchtes) Buch bestellt: "Wider den Terrorismus". Bin schon gespannt. Ich lese nie Belletristik, dafür lieber sowas. :) Freut mich, dass Arno Gruen dir auch was gibt. Er war der erste West-Schriftsteller, den ich mir in den Wirren der Wendezeit gekauft habe. Es war genau das Richtige für diese verrückte Zeit. Ich hab das Buch "Falsche Götter" dann x-mal an gute Freunde verschenkt, weil es so gut passte.
 
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Lese übrigens gerade "Langsame Entfernung" von Gisela Steineckert
Ich habe ehrlichen Herzens schon ein paar Mal versucht, mich dieser Poetin anzunähern. Das gipfelt dann immer darin, dass ich ihre nur halb gelesenen Bücher verschenke. Manche Texte sind ja ganz gut, die meisten geben mir allerdings nichts oder nicht viel. Das hab ich ihr - in höflicher Form natürlich - sogar mal geschrieben. Sie hat ganz großartig reagiert und sich darüber gefreut, dass ich aus einem ihrer Bücher immerhin fünf Texte in meinen Lieblingstexteordner getan habe. Das hat mir dann wiederum sehr gefallen. Sehr souverän! :)
 
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Ich beobachte beim Lesen ... da ist zum einen eine Poetin und songtexterin, die ich - wissentlich - noch gar nicht kannte, was nicht unbedingt verwundert, weil ich extrem selektiv lese und weil ich die Musik, zu der sie die meisten Texte geschrieben habe, nicht kenne ... da ist zum anderen die Zeitzeugin einer DDR, in der ich ab etwa 2000 für etwa fünfzehn Jahre gelebt und gearbeitet habe und deren Geschichte mir quasi nur aus Schilderungen, Schlussfolgerungen und einiger Lektüre begegnete ... und deren Leben, das ich weder beruflich noch privat kannte und wo es ja auch zum einen um Verortung geht *sag mir wo du stehst* innerhalb aller Widersprüche und zum anderen darum, wie jemand - eine Frau zumal und unverkennbar - das Leben sieht, anpackt und beschreibt und das auf eine Art, wo es ja doch eins ist oder erst wird ... und das Ganze hat dann ja auch immer was mit Schreiben zu tun ...

In gewisser Weise ist das auch mein Eindruck: als Mensch - so wie ich es aus diesem Buch entnehme - schlüssig, in sich stimmig und mit Haltung und Wärme.
Ob wir was miteinander hätten anfangen können, hätten sich unsere Wege gekreuzt (was natürlich eine extrem hypothetische Frage ist) - ich weiß es nicht und denke: eher wenig.

Habe übrigens bei meinen letzten Ferien voriges Jahr die Band Karussel live gesehen ... und da war es dann irgendwie auch so ambivalent befremdlich: mit der Musik und den Texten kann ich nur sehr begrenzt etwas anfangen und gleichzeitig überlege ich, ob ich da einer internen West-Ost-Wertung folge, sage mir dann aber, dass ich mit vergleichbarer West-Musik und solchen Texten auch nicht viel anfangen kann und bekomme eben mit, dass viele Menschen sehr viel damit anfangen können ... mit dieser ambivalenten Band Karussel, die ja auch etliche Lebensrunden gedreht hat und das weiter tun wird ... und das ist nur ein ganz kleiner Ausschnitt dessen, was sich in mir tut ...

Na - jedenfalls vielen Dank für den Hinweis auf die Lektüre - bereichernd auf alle Fälle. :)

x-Riff
 
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Immerhin versuche ich schon ein paar Mal G. Steineckert zu "verstehen". Etwas muss also dran sein. Bei anderen Poeten tue ich das nicht.
 
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und deren Geschichte mir quasi nur aus Schilderungen, Schlussfolgerungen und einiger Lektüre begegnete
Toll, dass du so interessiert bist. Roland Jahn hat ein tolles Buch über DDR-Mentalität geschrieben. "Wir Angepassten". Wenn es dich interessiert, kann ich es dir gerne schicken.
 
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