gitarrero!
Mod Emeritus
Story und Historie
Es war im Sommer 2021 und die Meldung schlug hohe Wellen in den weltweiten Interwebs: Ibanez wirft die Headless-Gitarrenserie Quest auf den Markt.
Die ersten Headless-Gitarren von Ibanez? Mitnichten! Das gab's schonmal im Hause Hoshino, damals in den glorreichen 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Die Älteren unter uns erinnern sich - so sahen sie aus:
Sage und schreibe 36 Jahre nach An- und gleich wieder Abkündigung der futuristischen X-ING IMG2010 MIDI-Gitarre und der ebenso kurzlebigen wie experimentellen Axstar AX70 / AX75 Gitarren wagt sich Ibanez aktuell wieder auf dieses Terrain. Na klar - sie wollen halt neben den Strandbergs, Legators und Kiesels dieser Welt auch ein Stück vom kopflosen Kuchen abhaben! Aber haben wir es mit einem reinen Me-too-Produkt zu tun? Spoiler: Aus meiner Sicht nein. Aber der Reihe nach.
Mitte 2021 wurde also die von Grund auf neu designte Quest-Serie der Öffentlichkeit präsentiert. Die Instrumente kommen allesamt aus der indonesischen Fabrik und warten mit geringem Gewicht, variantenreichen Schaltungen und gerösteten Ahorngriffbrettern mit Jescar-Bünden auf. Der aktuell sechs Modelle umfassenden Serie (eigentlich fünf, aber eins davon gibt's in zwei Farben) wurde für den japanischen Hypervirtuosen Ichika Nito eine Version mit drei Single-Coils als Signature-Modell ausgeleitet. Der deutsche Endorser Manuel Gardner-Fernandes erhielt ebenfalls eine Quest in Sonderlackierung - mal sehen, ob daraus irgendwann ein echtes Signature-Instrument wird. Verdient hätte er es, aber das nur am Rande.
Die Nomenklatur ist gar nicht so kryptisch, wie immer wieder hämisch behauptet wird. Bei der Quest muss man sich eigentlich nur zwei Zahlen merken, die da wären 52 und 54. Entsprechende Prefixe und Suffixe sind abhängig von der Ausstattung und daher völlig logisch, konsequent und konsistent. Die Q52 kommt mit zwei Humbuckern, die Q54 mit HSS-Bestückung. Beide gibt es wahlweise auch mit schräg gestellten (nicht gefächerten!) Bünden, deren Sinn sich mir nicht vollends erschließt, die heißen dann QX52 und QX54. Von der QX52 gibt wiederum die siebensaitige Ausbaustufe QX527. Nachgestellte Codes stehen für Furniere QM = Quilted Maple oder PB = Poplar Burl und zuguterletzt die Farben wie etwa LBM = Laser Blue Matte und so weiter. Aus diesem Blumenstrauß an Modellen konnte wiederum ein zartes Blümchen - und zwar die Q54 in dezentem SFM = Seafoam Green Matte - sogar bei einem konservativen Knochen wie mir echtes G.A.S. auslösen, ganz im Gegensatz übrigens zur AZ, die mir seit ihrem Debüt bis heute durch die Bank phänomenal egal ist .
Im Juli letzten Jahres ging ich also ins Risiko und kippte entgegen meiner Gewohnheiten eine Blindbestellung ein, ausschließlich anhand von Katalogfotos und Influencer-Berichten. Viele Monate musste ich Geduld an den Tag legen, bis dann in der Adventszeit das heiß ersehnte Paket zugestellt wurde. Die Q54SFM, um die es in diesem Review geht, blieb dann bis Heiligabend im Gigbag und wurde zur Bescherung feierlich enthüllt. Tja, und seitdem beschäftige ich mich intensiv mit ihr, daheim und auch im Proberaum, und kann deswegen hier ein bisschen was darüber erzählen.
Lieferumfang, Features und Setup
Die Gitarre kommt in einem ganz brauchbaren Gigbag, mit einer mehrsprachigen Anleitung, verschiedenen Innensechskantschlüsseln und einem Stahlstift zur Einstellung des Halsstabs. Dessen Stellmutter ist am korpusseitigem Ende des Griffbretts ohne Abdeckung zugänglich.
Das Modell Q54 ist mit einer Gesamtlänge von 82cm trotz "erwachsener" Strat-Mensur überaus kompakt (das sind 18cm weniger als eine Standard-RG mit Klemmsattel!) und bringt gerade mal 2086g auf die Waage. Das für den Korpus verwendete Nyatoh-Holz scheint also nicht von der dichtesten Sorte zu sein, aber auch die geringe Dicke von 34mm (eine RG liegt zum Vergleich bei 45mm), die großzügigen Cutaways, der Ausschnitt für die Feinstimmer am Korpusende und die Saber-artigen Abflachungen am oberen Zargen dienen der Gewichtsreduktion des Korpus - und so ganz nebenbei auch dessen Ergonomie. Die Gitarre schmiegt sich geradezu an den Körper an, egal ob im Sitzen oder im Stehen. Die Balance ist optimal und ein dritter Gurtpin ermöglicht das bequeme Abstellen der Gitarre ohne große Kippgefahr.
Der Mattlack am Korpus macht einen prima Eindruck, mir sind keine Lackfehler oder Einschlüsse augefallen. Nur ganz leichte Pinselausrutscher vom schwarzen Abschirmlack an den Fräsungen (Humbucker, Schalterschlitz, E-Fach) könnte man vielleicht erwähnen, aber die sieht man nur bei ganz genauem Hinsehen und sie stören auch nicht das Auge, ganz im Gegensatz zum Aufdruck auf dem E-Fach-Deckel. Elektrogesetz- und CE-Kennzeichnungen sind leider rechtlich vorgeschrieben, aber dem ansonsten aufgeräumten Look wirklich keine Zier. Wenn's ein Aufkleber wäre, hätte ich den sofort abgeknibbelt, unmittelbar nach den Schutzfolien auf Pickups und Pickguard! Das kleine einlagige Schlagbrett, welches auch als Aufhängung für die zwei Single-Coils dient, ist aus mattschwarzem Kunststoff und mit ein bissle windschief ausgerichteten Schrauben montiert. Ein Tick mehr Sorgfalt beim Vorbohren würde hier nicht schaden, aber das ist Meckern auf hohem Niveau, denn auch so etwas sieht man nur bei genauem Hinsehen.
Der 24bündige Hals ist mit dem bekannten AANJ (All Access Neck Joint) angeschraubt und besteht aus einem Mittelstreifen aus Bubinga und zwei Schultern aus geröstetem Ahorn, dünn und matt lackiert mit holzigem Griffgefühl. Sein Profil heißt "Wizard C" und ist verhältnismäßig fleischig mit 21mm am ersten Bund. Er endet hinter dem 42mm breiten Kunststoffsattel (an dem noch schwarze Brösel vom Feilen hängen, tststs) in einer Miniaturkopfplatte, die parallel nach hinten versetzt ist und der simplen, aber höchst funktionalen Saitenklemmung und einem winzigen Logo-Schriftzug Platz bietet. Auf der Rückseite sind die Modellbezeichnung und die zur Abwechslung mal sehr einfach zu entschlüsselnde Indo-Seriennummer abgedruckt (I YYMMDD### - jeweils zweistellig Jahr, Monat und Tag, dann eine dreistellige laufende Produktionszahl des Tages). Die Klemmung namens "Custom String Lock" ist mit drei durchgehenden Schrauben fest verankert und lässt die Nutzung von herkömmlichen Saiten zu, die einfach durchgefädelt, per Innensechskantschraube festgeklemmt und abgezwickt werden (möglichst bündig, sonst besteht Verletzungsgefahr). Das Spannen und Stimmen passiert dann wiederum korpusseitig mit den Rändelschrauben an den einzelnen Brückenelementen der "Mono-Tune Bridge", die in Höhe und Intonation übrigens ganz traditionell und ohne Spezialkenntnisse justiert werden. Die Fräsungen für die sechs einzelnen Brückenelemente folgen der typisch versetzten Zickzackkurve zur Unterstützung der Intonation, aber jetzt beenden wir den Ausflug zum Korpus und kehren thematisch wieder zum Hals zurück.
Das Griffbrett mit dem fast schon als Vintage zu bezeichnenden Radius von 305mm ist aus geröstetem Vogelaugenahorn und hat als Lagenmarkierungen kleine helle Punkte, die in der unteren Oktave am linken und in der oberen Oktave am rechten Rand des Griffbretts sitzen. Das nennt sich dann "Mother of Pearl Step Offset Dot Inlays". Seitlich am Griffbrett sind kleine schwarze Ringe mit einem lumineszierenden Innenmaterial eingelassen. Die sind für meinen Geschmack leider viel zu dunkel geraten und heben sich so gut wie überhaupt nicht vom Roasted Maple ab. An sich ist die Idee super, aber sie müsste besser umgesetzt werden, so dass die Dots auch bei Tageslicht genutzt werden können. Für eine bühnentaugliche Nutzung müsste die Nachleuchtdauer auch deutlich länger sein, alle fünf Minuten Licht aufladen per Taschenlampe ist für meine Begriffe nicht sonderlich praxistauglich. Die Side Dots sind insgesamt ein echtes Manko.
Die Jumbo-Bünde von Jescar heißen EVOgold und schimmern deswegen so golden, weil die Metalllegierung keinerlei Nickel enthält. Laut Werbeversprechen des Herstellers sorgen Zusammensetzung und Fertigungssprozess für eine höhere Härte, eine dichtere Struktur, ein besseres Spielgefühl beim Saitenziehen und eine geringere Verschleißanfälligkeit des Bunddrahts. Es heißt: "We have selected a stainless steel alloy that provides the best combination of fret life and installation ease." Ob das wirklich stimmt, kann ich nicht sagen, aber die Beschaffenheit und Verarbeitung der Bünde gefallen mir ausgezeichnet, sie sind allesamt extrem sauber eingesetzt, vorbildlich verrundet und mir sind keinerlei Schepperprobleme aufgefallen.
Das Setup "out of the box" ist insgesamt überaus brauchbar. Klar ist hier und da noch ein wenig Optimierungspotenzial vorhanden, so könnten die Sattelkerben einen Hauch niedriger gefeilt oder die Saitenreiter wenige Zehntel tiefer eingestellt sein; das ist jedoch alles nicht der Rede wert und ich sehe deshalb keinen Anlass zur Kritik.
Nun zur Elektronik. Die HSS-Bestückung der Q54 besteht aus Ibanez-Eigenkreationen namens Q58 (Humbucker) und zweimal R1 (Single-Coil), jeweils mit verstellbaren Pole-Piece-Schrauben und Kappen in quer gebürsteter Alu-Optik. Recht edel, wie ich finde. Es gibt einen Volume- und einen Tone-Regler mit neu gestalteten Metallknöpfen (zylinderförmig, außen gerändelt, oben glatt, mit einem kleinen Punkt als Markierung), einen 5-Weg-Klingenschalter mit ungewöhnlich designtem Knopf und einen Minischalter, dessen Hebel wirklich nicht noch kürzer sein sollte; er ist etwa halb so lang wie gewohnt. Letzterer heißt "Alter Switch" und dient dem "Dyna-MIX9 Switching System". Die Zahl 9 deutet an, dass insgesamt neun unterschiedliche Schaltvarianten zur Verfügung stehen, wie im folgenden Schaubild dargestellt. In der "Bridge"-Stellung macht der Alter Switch jar nüscht.
Bei der ersten elektrischen Inbetriebnahme der Gitarre funktionierte der Alter Switch unerwartet und ungewollt als Kill Switch in der Mittelposition des Klingenschalters. Das kam mir komisch vor und ich machte mich systematisch auf die Fehlersuche, konnte die Ursache letztlich eingrenzen und dann auch entdecken - einer der sechs Kontakte des Schalters hatte keinen Kontakt zur kleinen Adapterplatine für die Steckverbinder. Das Fehlverhalten ist leider bei allen Instanzen der Qualitätskontrolle durchgerutscht, aber zum Glück war der faux-pas leicht behebbar: Kurz mal mit dem Lötkolben dran, so dass das Pad auf dem PCB mit Lot benetzt ist, und fertich. Mal schauen, vielleicht mache ich das präventiv auch noch für die restlichen Kontakte.
Handling, Bespielbarkeit und Klang
Die ersten drei Eindrücke beim ersten Auspacken waren: (1) ist die aber leicht, (2) ist die aber klein, (3) ist die aber laut! Und es ist wirklich so, akustisch angespielt machen sich die Resonanzeigenschaften der Konstruktion sofort bemerkbar. Die Quest spricht extrem schnell an, schwingt stark und spürbar auf ganzer Länge und hat ein normales Sustain. Dies alles kommt so ziemlich allen gängigen Spieltechniken und Stilistiken entgegen.
Die Kombination aus Saitenklemmung direkt hinterm Sattel und fester Brücke sorgt für eine hervorragende Stimmstabilität. Wenn die Saiten einmal vernünftig gedehnt sind, halten sie auch nach extremen Bendings ihre Stimmung tadellos. Puristen werden wieder nörgeln, dass man Werkzeug für den Saitenwechsel benötigt, aber es gibt weitaus weniger Fallstricke als bei einem Double Locking Vibrato. Die griffigen Rändelschrauben der Saitenreiter bieten im Übrigen auch die Möglichkeit zum Umstimmen der Saiten, beispielsweise für Drop-D oder andere Spezialitäten.
Beim verstärkten Spiel kann ich die positiven Eindrücke vieler Influencer durchaus bestätigen, die im Sommer 2021 auf allen Kanälen lobhudelten - das Ding macht ungelogen unheimlich Spaß zu spielen! Und ich finde, jede der insgesamt neun Soundvarianten hat irgendwo ihre Berechtigung, vorrangig machen sich die Unterschiede natürlich im Clean- und Crunch-Bereich bemerkbar. Der ausreichend muskulöse Steg-Humbucker oder die "Simulation" eines Hals-Humbuckers durch Serienschaltung der beiden Single-Coils können auch den High-Gain-Bereich gut abdecken, so dass man mit der Q54 ein überaus vielseitiges Werkzeug für allerlei Einsatzbereiche in der Hand hat.
Bevor ich jetzt noch mehr auf Gitarrenmagazinredakteur mache und mir verzweifelt blumige Vokabeln zur Beschreibung des Klangs aus den Fingern sauge, spiele ich lieber ein paar Töne in unterschiedlichen Einstellungen. Ich hoffe, dass das auch einigermaßen aussagefähig ist - ich mach sowas nicht so oft (eigentlich nie). Die Soundbeispiele folgen demnächst in diesem Thread.
tl;dr - mein Fazit:
Negativ
- zu dunkle Side Dots
- kalte Lötstelle am Alter Switch
Positiv
+ geringes Gewicht und kompakte Maße
+ einwandfreie Bespielbarkeit
+ große Klangvielfalt
+ hohe Stimmstabilität
+ sehr stylishes und eigenständiges Design
Es war im Sommer 2021 und die Meldung schlug hohe Wellen in den weltweiten Interwebs: Ibanez wirft die Headless-Gitarrenserie Quest auf den Markt.
Die ersten Headless-Gitarren von Ibanez? Mitnichten! Das gab's schonmal im Hause Hoshino, damals in den glorreichen 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Die Älteren unter uns erinnern sich - so sahen sie aus:
Sage und schreibe 36 Jahre nach An- und gleich wieder Abkündigung der futuristischen X-ING IMG2010 MIDI-Gitarre und der ebenso kurzlebigen wie experimentellen Axstar AX70 / AX75 Gitarren wagt sich Ibanez aktuell wieder auf dieses Terrain. Na klar - sie wollen halt neben den Strandbergs, Legators und Kiesels dieser Welt auch ein Stück vom kopflosen Kuchen abhaben! Aber haben wir es mit einem reinen Me-too-Produkt zu tun? Spoiler: Aus meiner Sicht nein. Aber der Reihe nach.
Mitte 2021 wurde also die von Grund auf neu designte Quest-Serie der Öffentlichkeit präsentiert. Die Instrumente kommen allesamt aus der indonesischen Fabrik und warten mit geringem Gewicht, variantenreichen Schaltungen und gerösteten Ahorngriffbrettern mit Jescar-Bünden auf. Der aktuell sechs Modelle umfassenden Serie (eigentlich fünf, aber eins davon gibt's in zwei Farben) wurde für den japanischen Hypervirtuosen Ichika Nito eine Version mit drei Single-Coils als Signature-Modell ausgeleitet. Der deutsche Endorser Manuel Gardner-Fernandes erhielt ebenfalls eine Quest in Sonderlackierung - mal sehen, ob daraus irgendwann ein echtes Signature-Instrument wird. Verdient hätte er es, aber das nur am Rande.
Die Nomenklatur ist gar nicht so kryptisch, wie immer wieder hämisch behauptet wird. Bei der Quest muss man sich eigentlich nur zwei Zahlen merken, die da wären 52 und 54. Entsprechende Prefixe und Suffixe sind abhängig von der Ausstattung und daher völlig logisch, konsequent und konsistent. Die Q52 kommt mit zwei Humbuckern, die Q54 mit HSS-Bestückung. Beide gibt es wahlweise auch mit schräg gestellten (nicht gefächerten!) Bünden, deren Sinn sich mir nicht vollends erschließt, die heißen dann QX52 und QX54. Von der QX52 gibt wiederum die siebensaitige Ausbaustufe QX527. Nachgestellte Codes stehen für Furniere QM = Quilted Maple oder PB = Poplar Burl und zuguterletzt die Farben wie etwa LBM = Laser Blue Matte und so weiter. Aus diesem Blumenstrauß an Modellen konnte wiederum ein zartes Blümchen - und zwar die Q54 in dezentem SFM = Seafoam Green Matte - sogar bei einem konservativen Knochen wie mir echtes G.A.S. auslösen, ganz im Gegensatz übrigens zur AZ, die mir seit ihrem Debüt bis heute durch die Bank phänomenal egal ist .
Im Juli letzten Jahres ging ich also ins Risiko und kippte entgegen meiner Gewohnheiten eine Blindbestellung ein, ausschließlich anhand von Katalogfotos und Influencer-Berichten. Viele Monate musste ich Geduld an den Tag legen, bis dann in der Adventszeit das heiß ersehnte Paket zugestellt wurde. Die Q54SFM, um die es in diesem Review geht, blieb dann bis Heiligabend im Gigbag und wurde zur Bescherung feierlich enthüllt. Tja, und seitdem beschäftige ich mich intensiv mit ihr, daheim und auch im Proberaum, und kann deswegen hier ein bisschen was darüber erzählen.
Lieferumfang, Features und Setup
Die Gitarre kommt in einem ganz brauchbaren Gigbag, mit einer mehrsprachigen Anleitung, verschiedenen Innensechskantschlüsseln und einem Stahlstift zur Einstellung des Halsstabs. Dessen Stellmutter ist am korpusseitigem Ende des Griffbretts ohne Abdeckung zugänglich.
Das Modell Q54 ist mit einer Gesamtlänge von 82cm trotz "erwachsener" Strat-Mensur überaus kompakt (das sind 18cm weniger als eine Standard-RG mit Klemmsattel!) und bringt gerade mal 2086g auf die Waage. Das für den Korpus verwendete Nyatoh-Holz scheint also nicht von der dichtesten Sorte zu sein, aber auch die geringe Dicke von 34mm (eine RG liegt zum Vergleich bei 45mm), die großzügigen Cutaways, der Ausschnitt für die Feinstimmer am Korpusende und die Saber-artigen Abflachungen am oberen Zargen dienen der Gewichtsreduktion des Korpus - und so ganz nebenbei auch dessen Ergonomie. Die Gitarre schmiegt sich geradezu an den Körper an, egal ob im Sitzen oder im Stehen. Die Balance ist optimal und ein dritter Gurtpin ermöglicht das bequeme Abstellen der Gitarre ohne große Kippgefahr.
Der Mattlack am Korpus macht einen prima Eindruck, mir sind keine Lackfehler oder Einschlüsse augefallen. Nur ganz leichte Pinselausrutscher vom schwarzen Abschirmlack an den Fräsungen (Humbucker, Schalterschlitz, E-Fach) könnte man vielleicht erwähnen, aber die sieht man nur bei ganz genauem Hinsehen und sie stören auch nicht das Auge, ganz im Gegensatz zum Aufdruck auf dem E-Fach-Deckel. Elektrogesetz- und CE-Kennzeichnungen sind leider rechtlich vorgeschrieben, aber dem ansonsten aufgeräumten Look wirklich keine Zier. Wenn's ein Aufkleber wäre, hätte ich den sofort abgeknibbelt, unmittelbar nach den Schutzfolien auf Pickups und Pickguard! Das kleine einlagige Schlagbrett, welches auch als Aufhängung für die zwei Single-Coils dient, ist aus mattschwarzem Kunststoff und mit ein bissle windschief ausgerichteten Schrauben montiert. Ein Tick mehr Sorgfalt beim Vorbohren würde hier nicht schaden, aber das ist Meckern auf hohem Niveau, denn auch so etwas sieht man nur bei genauem Hinsehen.
Der 24bündige Hals ist mit dem bekannten AANJ (All Access Neck Joint) angeschraubt und besteht aus einem Mittelstreifen aus Bubinga und zwei Schultern aus geröstetem Ahorn, dünn und matt lackiert mit holzigem Griffgefühl. Sein Profil heißt "Wizard C" und ist verhältnismäßig fleischig mit 21mm am ersten Bund. Er endet hinter dem 42mm breiten Kunststoffsattel (an dem noch schwarze Brösel vom Feilen hängen, tststs) in einer Miniaturkopfplatte, die parallel nach hinten versetzt ist und der simplen, aber höchst funktionalen Saitenklemmung und einem winzigen Logo-Schriftzug Platz bietet. Auf der Rückseite sind die Modellbezeichnung und die zur Abwechslung mal sehr einfach zu entschlüsselnde Indo-Seriennummer abgedruckt (I YYMMDD### - jeweils zweistellig Jahr, Monat und Tag, dann eine dreistellige laufende Produktionszahl des Tages). Die Klemmung namens "Custom String Lock" ist mit drei durchgehenden Schrauben fest verankert und lässt die Nutzung von herkömmlichen Saiten zu, die einfach durchgefädelt, per Innensechskantschraube festgeklemmt und abgezwickt werden (möglichst bündig, sonst besteht Verletzungsgefahr). Das Spannen und Stimmen passiert dann wiederum korpusseitig mit den Rändelschrauben an den einzelnen Brückenelementen der "Mono-Tune Bridge", die in Höhe und Intonation übrigens ganz traditionell und ohne Spezialkenntnisse justiert werden. Die Fräsungen für die sechs einzelnen Brückenelemente folgen der typisch versetzten Zickzackkurve zur Unterstützung der Intonation, aber jetzt beenden wir den Ausflug zum Korpus und kehren thematisch wieder zum Hals zurück.
Das Griffbrett mit dem fast schon als Vintage zu bezeichnenden Radius von 305mm ist aus geröstetem Vogelaugenahorn und hat als Lagenmarkierungen kleine helle Punkte, die in der unteren Oktave am linken und in der oberen Oktave am rechten Rand des Griffbretts sitzen. Das nennt sich dann "Mother of Pearl Step Offset Dot Inlays". Seitlich am Griffbrett sind kleine schwarze Ringe mit einem lumineszierenden Innenmaterial eingelassen. Die sind für meinen Geschmack leider viel zu dunkel geraten und heben sich so gut wie überhaupt nicht vom Roasted Maple ab. An sich ist die Idee super, aber sie müsste besser umgesetzt werden, so dass die Dots auch bei Tageslicht genutzt werden können. Für eine bühnentaugliche Nutzung müsste die Nachleuchtdauer auch deutlich länger sein, alle fünf Minuten Licht aufladen per Taschenlampe ist für meine Begriffe nicht sonderlich praxistauglich. Die Side Dots sind insgesamt ein echtes Manko.
Die Jumbo-Bünde von Jescar heißen EVOgold und schimmern deswegen so golden, weil die Metalllegierung keinerlei Nickel enthält. Laut Werbeversprechen des Herstellers sorgen Zusammensetzung und Fertigungssprozess für eine höhere Härte, eine dichtere Struktur, ein besseres Spielgefühl beim Saitenziehen und eine geringere Verschleißanfälligkeit des Bunddrahts. Es heißt: "We have selected a stainless steel alloy that provides the best combination of fret life and installation ease." Ob das wirklich stimmt, kann ich nicht sagen, aber die Beschaffenheit und Verarbeitung der Bünde gefallen mir ausgezeichnet, sie sind allesamt extrem sauber eingesetzt, vorbildlich verrundet und mir sind keinerlei Schepperprobleme aufgefallen.
Das Setup "out of the box" ist insgesamt überaus brauchbar. Klar ist hier und da noch ein wenig Optimierungspotenzial vorhanden, so könnten die Sattelkerben einen Hauch niedriger gefeilt oder die Saitenreiter wenige Zehntel tiefer eingestellt sein; das ist jedoch alles nicht der Rede wert und ich sehe deshalb keinen Anlass zur Kritik.
Nun zur Elektronik. Die HSS-Bestückung der Q54 besteht aus Ibanez-Eigenkreationen namens Q58 (Humbucker) und zweimal R1 (Single-Coil), jeweils mit verstellbaren Pole-Piece-Schrauben und Kappen in quer gebürsteter Alu-Optik. Recht edel, wie ich finde. Es gibt einen Volume- und einen Tone-Regler mit neu gestalteten Metallknöpfen (zylinderförmig, außen gerändelt, oben glatt, mit einem kleinen Punkt als Markierung), einen 5-Weg-Klingenschalter mit ungewöhnlich designtem Knopf und einen Minischalter, dessen Hebel wirklich nicht noch kürzer sein sollte; er ist etwa halb so lang wie gewohnt. Letzterer heißt "Alter Switch" und dient dem "Dyna-MIX9 Switching System". Die Zahl 9 deutet an, dass insgesamt neun unterschiedliche Schaltvarianten zur Verfügung stehen, wie im folgenden Schaubild dargestellt. In der "Bridge"-Stellung macht der Alter Switch jar nüscht.
Bei der ersten elektrischen Inbetriebnahme der Gitarre funktionierte der Alter Switch unerwartet und ungewollt als Kill Switch in der Mittelposition des Klingenschalters. Das kam mir komisch vor und ich machte mich systematisch auf die Fehlersuche, konnte die Ursache letztlich eingrenzen und dann auch entdecken - einer der sechs Kontakte des Schalters hatte keinen Kontakt zur kleinen Adapterplatine für die Steckverbinder. Das Fehlverhalten ist leider bei allen Instanzen der Qualitätskontrolle durchgerutscht, aber zum Glück war der faux-pas leicht behebbar: Kurz mal mit dem Lötkolben dran, so dass das Pad auf dem PCB mit Lot benetzt ist, und fertich. Mal schauen, vielleicht mache ich das präventiv auch noch für die restlichen Kontakte.
Handling, Bespielbarkeit und Klang
Die ersten drei Eindrücke beim ersten Auspacken waren: (1) ist die aber leicht, (2) ist die aber klein, (3) ist die aber laut! Und es ist wirklich so, akustisch angespielt machen sich die Resonanzeigenschaften der Konstruktion sofort bemerkbar. Die Quest spricht extrem schnell an, schwingt stark und spürbar auf ganzer Länge und hat ein normales Sustain. Dies alles kommt so ziemlich allen gängigen Spieltechniken und Stilistiken entgegen.
Die Kombination aus Saitenklemmung direkt hinterm Sattel und fester Brücke sorgt für eine hervorragende Stimmstabilität. Wenn die Saiten einmal vernünftig gedehnt sind, halten sie auch nach extremen Bendings ihre Stimmung tadellos. Puristen werden wieder nörgeln, dass man Werkzeug für den Saitenwechsel benötigt, aber es gibt weitaus weniger Fallstricke als bei einem Double Locking Vibrato. Die griffigen Rändelschrauben der Saitenreiter bieten im Übrigen auch die Möglichkeit zum Umstimmen der Saiten, beispielsweise für Drop-D oder andere Spezialitäten.
Beim verstärkten Spiel kann ich die positiven Eindrücke vieler Influencer durchaus bestätigen, die im Sommer 2021 auf allen Kanälen lobhudelten - das Ding macht ungelogen unheimlich Spaß zu spielen! Und ich finde, jede der insgesamt neun Soundvarianten hat irgendwo ihre Berechtigung, vorrangig machen sich die Unterschiede natürlich im Clean- und Crunch-Bereich bemerkbar. Der ausreichend muskulöse Steg-Humbucker oder die "Simulation" eines Hals-Humbuckers durch Serienschaltung der beiden Single-Coils können auch den High-Gain-Bereich gut abdecken, so dass man mit der Q54 ein überaus vielseitiges Werkzeug für allerlei Einsatzbereiche in der Hand hat.
Bevor ich jetzt noch mehr auf Gitarrenmagazinredakteur mache und mir verzweifelt blumige Vokabeln zur Beschreibung des Klangs aus den Fingern sauge, spiele ich lieber ein paar Töne in unterschiedlichen Einstellungen. Ich hoffe, dass das auch einigermaßen aussagefähig ist - ich mach sowas nicht so oft (eigentlich nie). Die Soundbeispiele folgen demnächst in diesem Thread.
tl;dr - mein Fazit:
Negativ
- zu dunkle Side Dots
- kalte Lötstelle am Alter Switch
Positiv
+ geringes Gewicht und kompakte Maße
+ einwandfreie Bespielbarkeit
+ große Klangvielfalt
+ hohe Stimmstabilität
+ sehr stylishes und eigenständiges Design
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