Das Einsehen und die entsprechende Disziplin ist tatsächlich eine der größten Herausforderung. Leider sind so viele Musiker überhaupt nicht einsichtig, sei es das fehlende technische Verständnis, dass man sie auch mit Argumenten nicht überzeugen kann, oder fehlender Realitätsbezug, wie 'das machen andere auch schon immer so und bekommen es hin'. Da wird dann gerne vergessen, dass vielleicht auch andere Voraussetzungen gegeben waren. Ich habe keine Lust mehr, solche Diskussionen zu führen, dass der Gitarrenamp nicht in's Publikum strahlen soll, oder erhöht oder gekippt aufgestellt werden soll, damit er nicht die Knie sondern die Ohren des Gitarristen trifft. Und nein: eine Plexischeibe vor dem Amp wirkt sich nicht negativ auf den Sound aus, sondern soll nur dafür sorgen, dass Du Deinen Amp tatsächlich etwas weiter aufdrehen darfst, um 'Deinen' Sound hinzubekommen, was ja anders anscheinend nicht möglich ist. Und ja, sieht vielleicht scheiße aus, aber ist halt ein Kompromiss, wenn man unbedingt einen lauten Amp auf der Bühne fahren muss. Ich gebe zu, dass ein Drumset, das mit Plexiglaswänden umgeben ist, vielleicht etwas befremdlich aussieht, ein Shield vor dem Amp fällt dagegen kaum auf, brauch ja auch nicht größer zu sein, als die Box.
So, jetzt hast Du einen 3 Stunden Soundcheck hinter Dir, diverse Diskussionen mit den Musikern, Boxen umgestellt, Monitore anders platziert, hast Dir den Mund fusselig geredet, aber ein Ergebnis oder Kompromiss hinbekommen, wo alle mit leben können, und dann wird, wenn der Gig startet, als erstes mal schnell unbemerkt nachgeregelt
Eine Band hab ich mittlerweile auf Silent Stage umgestellt, keine Amps, keine Monitorboxen mehr auf der Bühne, alle mit in-ear versehen und sogar das Akustik-DrumSet durch ein E-Drum ersetzt. Natürlich war dieser Umstieg nicht einfach, hat auch eine Zeit gedauert, bis alle mit dem Sound auf den Ohren zufrieden waren. Für mich aber der einzig sinnvolle Weg, weil wir uns a. von der Bühne mischen, b. weder Zeit noch Lust auf aufwendige Soundchecks haben, c. nicht die Möglichkeit haben, während des Gigs FOH zu gehen, und den Sound zu kontrollieren, und d. die Musiker auf der Bühne nicht diszipliniert genug sind, und kontinuierlich nachgeregelt wurde. Jetzt ist der Soundcheck fast überflüssig geworden, ich regele höchstens mal am Master EQ, um die Anlage auf die Räumlichkeiten und die Grundlautstärke anzupassen. Für die gelegentliche Kontrolle während des Gigs, leg ich mir den Master Out auf die Ohren, hab aber im Normalfall einen individuellen Mix.
Den einzigen Kompromiss, den wir eingehen, dass die HiHat des E-Drums durch eine physische ersetzt und separat abgenommen wird. Unser Drummer kam spieltechnisch mit den Gummipads nicht klar.
Was jetzt noch aussteht, ist ein virtueller Soundcheck, den ich schon vorbereitet hatte, indem ich eine Cymatic Audio im X32 nachgerüstet und entsprechend konfiguriert hab. Beim nächsten Gig wollte ich dann alles aufnehmen, um es dann auch mal allen zu demonstrieren, wie es draußen klingt. Leider ist die Pandemie dazwischen gekommen.
Bei der anderen Band waren wenigstens Gitarrist und ich als Keyboarder auf in-Ear, und der Gitarren-Amp verhältnismäßig leise, sowie mit Plexiglas-Wand versehen. Lediglich Bassist und Drummer waren unbelehrbar, brauchen ihre relativ lauten Monitore. Nichtsdestotrotz ist die Bühne auch so schon deutlich leiser geworden, und das Abmischen etwas einfacher.
Jetzt hab ich noch eine neue Band, mit der ich noch nicht auf der Bühne war. Eigentlich würde ich denken, dass eine Abnahme nicht die größte Herausforderung sein sollte: Bass, E-Gitarre mit kleinem Amp, minimales Drumset, dreimal Vocals, gelegentlich eine Akustik-Gitarre, üblicherweise kleine Venue. Aber sie berichten, dass der Monitorsound immer problematisch sei, vor allem, was die Vocals angeht, und sie schon überlegt haben, auf in-ear umzusteigen, zwar nicht silent Stage, aber anstatt Wedges. Ich hab schon mal den Powermischer durch ein X32 ersetzt, das genügend Monitor-Wege zur Verfügung stellt. Zumindest Bassist, Drummer und Sängerin sind willig, in-ear zu nutzen, ich sowieso, so dass wir vielleicht nur noch 2 aktive kleine Monitore benötigen.