Nachdem sich 80 % dieses Forums um E-Gitarren dreht, ist es wenig verwunderlich, daß ein Anfänger mit Akustikgitarre bei Fingerschmerzen solche Vorschläge bekommt:
Mal abgesehen davon, daß es unwahrscheinlich ist, daß das Vorgenannte bei einer Yamaha-Markengitarre nicht in Ordnung wäre, muß hier mal was ganz grundsätzliches geklärt werden:
Eine E-Gitarre ist ein in ihrer ursprünglichen Bauform (also nicht Hollowbody) ein massives Brett, wo man nach Belieben Teile draufschrauben, austauschen und einstellen kann. Eine A-Gitarre ist ein filigraner Klangkörper der durch Veränderungen erstmal leidet, vor allem klanglich. Das ist eben keine Sonderbauform einer E-Gitarre.
Das Gesamtsystem aus Saitenspannung, Halsstabspannung und Zug an der Decke steht in einem Gleichgewicht und ist für den Klang maßgeblich verantwortlich. Akustische Gitarren haben dickere Saiten, weil der Klang nun mal akustisch erzeugt wird, dazu muß die Decke zum Schwingen gebracht werden. Ein gewisser Druck auf den Steg ist da einfach erforderlich un der muß von den Fingern des Gitarristen aufgebracht werden. Auch der Sattel trägt anders als bei Solidbody-E-Gitarren zum Klang bei und wird über den Hals zurück auf die Decke übertragen.
Im Thread kam die Frage auf, warum man sich die Gitarre ruiniert, wenn man die Saitenspannung wie oben vorgeschlagen deutlich reduziert: Weil das dünne Klangholz natürlich darauf reagieren wird. Genauso wie bei irreversible Vorschlägen wie den Steg abzuschleifen. Eine (Marken-)Hersteller hat eine akustische Gitarre vernünftig berechnet. Was soll dabei herauskommen außer eine vergurkte Bastelkiste?
Deine Ehrenhaltung der Akustikgitarre finde ich etwas übertrieben. Insbesondere den Punkt mit der Stegeinlage. Auch eine Akustikgitarre ist kein "geschlossenes System". Ich bin seit einigen Jahren als Gitarrenbauer tätig und was ich teilweise aus der Massenproduktion auf dem Tisch habe, was offensichtlich deiner Meinung nach "nicht veränderbar weil berechnet" sein sollte, ist niemals das Optimum, was man aus einer Akustikgitarre rausholen kann. Mein Standardsetup bei Westerngitarren umfasst in der Regel die drei folgenden Punkte:
1. Einstellung des Halsstabs
Völlig indiskutabel, der Halsstab muss auf die entsprechende Saitenspannung eingestellt werden. Völlig egal, was gerade für ein Saitensatz montiert ist, dafür ist der Halsstab da, um genau diese Unterschiede sowie die Unterschiede, die durch Feuchtigkeitsschwankungen vorliegen, auszugleichen. Ich gebe Dir zumindest in dem Punkt recht, dass der Stab niemals "entspannt" sein darf, da der Hals dann etwas beweglich ist. Aber das lässt sich ja durch Zwei-Wege-Halsstäbe verhindern.
2. Nachfeilen der Sattelkerben
Das ist bei ausnahmslos jeder Gitarre (egal ob elektrisch oder akustisch) aus Industrieproduktionen fällig, aber auch teilweise bei Custom Shop Instrumenten im mittleren 4-stelligen Preisbereich. Die Kerben sind fast immer zu hoch, was je nach Ausprägung einen
F-Barrée im ersten Bund für jeden Anfänger zur Qual werden lässt. Hier lässt sich immer viel Bespielbarkeit rausholen. Ich verrunde die Sattelkerben in der Regel auch noch leicht in die Richtung, die Saite in Richtung Mechanik einschlagen muss, damit es weniger Reibungspunkte gibt und die Gitarre etwas stimmstabiler wird. Da gibt es ebenso überhaupt keine Diskussion, die Kerben müssen eine gewisse Tiefe haben, um zur Bundierung zu passen und das ist bei 98% der Instrumenten aus der Industrie
nicht korrekt der Fall. Das Sattelmaterial ist für den Klang natürlich wichtig (zumindest für offen gespielte Saiten, sonst egal), aber das ist es auch bei elektrischen Solidbodygitarren, wenn auch der Unterschied bei E-Gitarren mehr unterzugehen vermag.
3. Herunterschleifen der Stegeinlage.
Vorrangig wird hier eine bessere Bespielbarkeit in
höheren Lagen erzielt, mit Hinblick darauf, dass es nicht anfängt zu schnarren. Wenn es nicht schnarrt, hat die Saite im Regelfall noch genug Platz, um sich voll zu entfalten.
Das Ergebnis der Punkte 2+3 sind nicht nur eine deutlich bessere Bespielbarkeit, sondern - vermutlich auch durch die näher am Hals liegenden Saiten - ein attackigerer, vollerer und zumindest m. M. n. besserer Klang der Gitarre. Das ist nicht nur meine persönliche Meinung, sondern habe das Feedback von vielen meiner Kunden gehört, insbesondere von denen, deren Gitarren vorher richtig schlecht "gesetupt" waren. Und durchaus auch von Leuten, die seit 20 oder mehr Jahren die jeweilige Gitarre gespielt haben. Und da waren so
einige "Yamaha Markengitarren" dabei, bei denen diese Punkte eben nicht in Ordnung waren. Insbesondere in der Massenfertigung lässt sich diese feine Handarbeit wohl einfach nicht finanzieren.
Die Aussage, dass eine Gitarre durch solche Veränderungen klanglich leidet, halte ich mit der gewählten Formulierung somit für absoluten Quatsch. Der Klang
verändert sich durch die
Veränderungen, aber
keineswegs zwingend zum Schlechten!
Dass der Druck mit den Fingern aufs Griffbrett gebracht werden muss, halte ich übrigens für totalen Nonsens. Eine Saite, die man fester drücken muss, verzieht eher mal den Ton, zumal man den Kraftaufwand auch nicht unbedingt dauerhaft konsequent anwenden kann. Die Gitarre muss sich entspannt greifen lassen, das ist auch besser für Hände, Arme, Sehnen etc. Wenn die Saite auf dem Bundstäbchen liegt, ist es ihr egal, viel Druck dahinter ist, solange sie zumindest "fest genug" auf dem Bundstäbchen liegt. Wer viel Kraft aufwendet, bendet die Saite unfreiwillig. Das hört sich auch nicht schön an!
Dass eine hohe Stegeinlage "berechnet" und deshalb unveränderbar sein sollte, ist - sorry - ebenso Quatsch. Die
Position dieser ist natürlich so wie die Positionen der Bundstäbchen berechnet, aber die Höhe der Stegeinlage basiert erfahrungsgemäß häufig lediglich auf einem funktionierenden Mittelwert, der niemals zu niedrig (sonst Schnarren), sondern eher zu hoch ist. Ganz zu schweigen davon, dass sich die unterschiedliche Materialdichte der verwendeten Hölzern vorher niemals 100%ig voraussagen oder berechnen lässt. Wir haben es mit einem Naturprodukt zu tun, kein Baum gleicht einem anderen exakt. Ganz davon abgesehen, dass sich akustische Gitarren über die Jahre auch verziehen können und man durch das Verändern der Stegeinlage durchaus in manchen Fällen (natürlich nicht immer) wieder eine bessere Bespielbarkeit herstellen kann.
Kurzum: Punkt 5 in Deiner angeführten Liste ist reine Geschmackssache, weil Bespielbarkeit und Klang deutliche Veränderung erfahren (verändert wird der Klang übrigens auch bei einer E-Gitarre, traurig, dass das immer so unterschätzt wird), aber der Rest sind vollkommen legitime "Arbeitsschritte" zur Optimierung und Verbesserung eines Instruments - auch und insbesondere von akustischen Gitarren. Nur bevor man selbst ohne Ahnung Hand anlegt, sollte man natürlich lieber den Schritt zum Gitarrenbauer erwägen. Dann hat man auch nachher keine vergurkte Bastelkiste, sondern ein Instrument, das besser ist als je zuvor.