Ich glaube ein paar Leute hier müssen sich mal vor Augen halten, dass es nicht "die eine" Wahrheit gibt, sondern auch manchmal viele Wege nach Rom führen.
Man kann auch immer mal eine alternative Perspektive einnehmen.
Möglicherweise kommt der eine besser klar, wenn er/sie dünnere Saiten aufzieht, weil es dann nicht so weh tut.
Möglicherweise kommt jemand anderes damit gar nicht klar, weil ihm/ihr dünnere Saite zu labberig sind und die Feinmotorik (noch) fehlt.
Möglicherweise möchte jemand keine dünneren Saiten aufziehen, weil dann der Sound nicht mehr gefällt.
Möglicherweise gefällt jemand anderem der Sound mit dünnen Saiten sogar besser als mit dickeren.
Das sind alles individuelle Dinge und Geschmacksache, die man herausfinden muss.
Das tolle ist, dass wir heutzutage eine große Auswahl haben, was Saiten angeht und auch Zugang zu vielen Informationen, um unsere individuellen Bedürfnisse zu klären und zu befriedigen.
Aus meiner 10jährigen Karriere als Gitarrenlehrer:
- Es ist absolut üblich, dass viele Anfänger (vor allem, aber nicht ausschließlich Kinder) den Saitenzug verringern. Z.B. durch dünnere Saiten, aber auch z.B. durch Tieferstimmen (Halbton runter) oder durch Einsatz eines Kapodasters.
Oder auch eine Kombination der genannten Dinge. Am Anfang hat man ja noch keine sensible Vorliebe für einen bestimmen Saitentyp und man ist erstmal damit beschäftigt überhaupt den richtigen Ton zu spielen, dass wir über Sound etc überhaupt nicht sprechen müssen. Kontrolle, Fingerdruck etc sind Dinge, die Monate/Jahre brauchen, bis sie sich entwickeln. Gerade bei Kindern läuft in der Zeit sowieso auch noch die körperliche Entwicklung, Kräfte wachen etc, so dass sie sich da sowieso permanent anpassen müssen.
- Manche Leute haben individuelle Voraussetzungen: Ich hatte einen über 40jährigen Anfänger, der jahrelang auf dem Bau gearbeitet hat. Der hatte so viel Kraft in den Händen, dass wir da ziemlich schnell sehr dicke Saiten aufgezogen haben, weil er mit dünneren nicht so zurecht kam.
- Fingerschmerzen haben Anfangs einige Leute, aber nicht alle. Das ist davon abhängig wie viel Leute spielen und wie empfindlich sie sind. Im Normalfall gibt sich das nach weniger Wochen, wenn man regelmäßig übt, es gibt aber auch Menschen mit medizinischen Konditionen, die da mehr Probleme haben.
- Wenn ich massiv meine Saitenstärke verändere (von 12er auf 10er), werden die meisten Menschen zunächst deutlich zu fest drücken, was auch zu "schiefen Tönen" führt. Das ist kein Mangel an Technik, sondern einfach ein vernünftiges Muskelgedächtnis. Wenn man jahrelang eine Saitenstärke gewohnt ist und den Fingerdruck herausgefunden hat, den man braucht um sauber zu spielen und dann nimmt man die ganze Grundlage weg, kann man nicht erwarten, dass man sofort sauber spielt. Ich spiele z.B. auf meinen eigenen Gitarren deutlich besser als auf anderen, einfach weil ich die besser kenne. Mensur und Saitenlage spielen hier natürlich mit rein. Hier muss man "neu lernen", was mindestens ein paar Stunden, aber auch gerne Wochen dauert, je nach Anspruch.
- Die Saitenstärkeangaben verschiedenen Hersteller haben nichts miteinander zu tun und sollten nicht verglichen werden. Hier werden verschiedene Materialien benutzt und die Dicke sagt nicht zwangsläufig etwas darüber aus, wie steif oder hart eine Saite ist. Auf der Konzertgitarre hab ich Saiten mit High Tension gespielt, die weicher waren als Medium Tension eines anderen Herstellers. Carbon-Saiten sind wieder komplett anders, was Dicke und Zug angeht. Auf der Western gibt es auch große Unterschiede zwischen beschichteten und unbeschichteten Saiten. Die Begriffe "Light" etc sind nicht genormt, da steckt kein bestimmter Saitenzug oder sowas hinter. Von daher bekommt man da teils sehr unterschiedliche Saiten. Silk and Steel ist nochmal wieder anders. Ein Vergleich ergibt hier nur bedingt Sinn.
Summa summarum:
Probiert einfach selbst aus, womit ihr klar kommt. Wenn dünnere Saiten gegen Schmerzen helfen: Supi. Über den Rest kann man sich später Gedanken machen. Ansonsten gibt es noch diverse andere Optionen, die man testen kann. und irgendwann findet man dann Saiten, die man mag. Da kann man auch mal gerne 20-30 Sätzen durchtesten, bis man was hat, das vom Spielgefühl und Sound gefällt. Und das dürfen auch gerne andere sein, als die vom Nachbarn. Trotzdem haben beide Recht, wenn sie dann sagen "Das sind die besten Saiten für mich".