Wenn Fortschritte ausbleiben... Wie geht ihr damit um?

  • Ersteller Backstein123
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Weil ein Lied ja doch etwas mehr ist als nur die Noten korrekt zu spielen.
Da sind wir aber schon beim Zusammenspiel mit anderen (Instrumenten oder Stimmen). Dabei muss man ja noch spontan Tempo, Lautstärke und Timing an die Mitspielenden anpassen können. Meiner Ansicht nach erfordert das eine noch bessere Beherrschung des jeweiligen Stücks, weil man einiges an Aufmerksamkeitskapazität für die anderen Beteiligten braucht.

Nachteil ist eben das es nicht wiederholbar ist im Gegensatz von ausgearbeiteter Literatur
Grundsätzlich schon. Gerade wenn man das beim selben Stück mehrmals gemacht hat, verfestigen sich Improvisationen. Das ist eine Frage der Übung (nicht, dasss ich das selbst gut könnte).
 
Gerade wenn man das beim selben Stück mehrmals gemacht hat, verfestigen sich Improvisationen.
Wobei es streng genommen dann keine Improvisation mehr ist sondern ein gelerntes aufgearbeitetes Stück. Ich persönlich würde die Improvisation auch noch mal als ganz eigenes Handwerk sehen. Während man beim Harmonisieren einfach die gelernte und gefestigte Theorie abarbeitet und anwendet ist die Improvisation so wie ich sie verstehe etwas das keinen Regeln folgt, wo andere vielleicht eher Klimpern sagen würden. Wobei das Ergebnis dann eher eine Toccata ist was ja nur ein anderes Wort für Geklimper darstellt :) oder wenn es thematisch noch auf was bezogen ist eine Fantasie. Wenn ich Improvisation sage dann meine ich einfach ohne fertiges Konzept etwas entstehen lassen im Moment. Kann natürlich auch schief gehen :) Der Musiker braucht viel Disziplin um nicht einfach nur feste Figuren abzuspielen. Wobei eine wirklich gute Improvisation ist genau so sorgfältig vorzubereiten wie ein Literaturspiel, außer man möchte die Zuhörer am Ende motivieren endlich nach Hause zu gehen...
 
Spontane Improvisation wie bei Gabriela Montero ist für mich nach wie vor ein Wunder.
 
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Während man beim Harmonisieren einfach die gelernte und gefestigte Theorie abarbeitet und anwendet ist die Improvisation so wie ich sie verstehe etwas das keinen Regeln folgt
In etlichen Subgenres des Jazz ist es allerdings genau das: streng regelbasiert. Grob vereinfacht ausgedrückt analysiert man dabei die verwendeten Harmonien in Relation zur Grundtonart und sieht, auf welcher Tonleiterstufe sie angeordnet sind. Diesen Stufen sind Skalen zugeordnet (grundsätzlich erst einmal (in dieser Reihenfolge) Ionisch, Dorisch, Phrygisch, Lydisch, Mixolydisch, Aeolisch und Lokrisch, dazu kommen je nach verwendeter Harmonie melodische Moll-, verminderte, Ganzton- oder pentatonische Skalen). Klimpert man jeweils an derrichtigen Stelle durch die zugehörige Skala, dann hat man schon ziemlich ordentlich improvisierte Läufe, die sich nach echtem Jazz anhören. Und das Schöne ist: Wenn sich alle Beteiligten dran halten, kann man im Ensemble improvisieren, ohne dass es eine Kakophonie gibt. Wie gesagt: eine grobe Vereinfachung, die aber die Sache durchaus trifft.
 
gibt es auch Improvisation, die nicht spontan ist?
Nein wobei Ja :)

Improvisation ist immer in Teilen spontan, aber eine gute Improvisation ist niemals unvorbereitet. Es ist aber schwer zu sagen ob der Musiker tatsächlich spontan spielt oder aus dem Kopf heraus einfach nur auswendig spielt. Es ist ja nun keine Kunst Zuhause in Ruhe ein Stück zu komponieren und dann als spontane Improvisation auszugeben. Aber selbst derjenige der Improvisiert kann durchaus neben seinen Fähigkeiten eine Art Storyboard haben welches er nutzt, z.B Reihenfolgen von Tonarten die er durchspielt, Akkordfolgen, spezielle ausgearbeitete Teilstücke usw. Die meisten haben ja diverse Module die sie beliebig aneinander reihen. Natürlich alles kombiniert mit Jahrzehnten an Erfahrung und Praxis.

Wenn du wissen willst ob jemand wirklich Improvisieren kann mache ein Spiel. Zettel in einen Sack und auf jedem Zettel steht eine Note. Er zieht z.B 5 und improvisiert nur mit oder ohne den gezogenen Tönen ein Stück spontan. Dann zeigt sich wie geschickt und kreativ jemand ist. Übrigens auch eine schöne Übung die man selber machen kann.
 
Klimpert man jeweils an derrichtigen Stelle durch die zugehörige Skala, dann hat man schon ziemlich ordentlich improvisierte Läufe, die sich nach echtem Jazz anhören.
Das beschreibt ziemlich genau, weshalb ich manchmal behaupte, Skalen seien etwas für Leute, die schneller spielen wollen, als sie sich passende Melodien ausdenken können. Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, dass ich selbst nicht annähernd schnell genug darin bin, während einer Akkordfolge schnell genug die richtige Skala auszuwählen.

Etwas ernsthafter betrachtet, denke ich, dass diese mechanische Vorgehensweise allein nach Akkord-Skalen-Zuordnung nicht zu guter Musik führen kann. Nehmer wir den Grenzfall einer Akkordfolge nur mit Stufenakkorden aus C-Dur mit beliebig hoch geschichteten leitereigenen Erweiterungen. Die Skalen über diesen Akkorden haben zwar interessante Namen, aber sie enthalten alle dieselben Töne wie C-Dur. Mit anderen Worten, ich könnte über die Akkordfolge zu jeder Zeit jeden Ton aus C-Dur spielen. Andersherum könnte ich nach dieser Theorie eine Melodie in C-Dur beliebig mit Stufenakkorden aus derselben Tonleiter harmonisieren. Gut klingt das nicht.

Ich glaube, dass die Zuordnung einer Skala zu einem Akkord das Problem der Improvisation aus der falschen Richtung betrachtet. Eigentlich geht es doch darum, dass man zu einem gegebenen Akkord einen bestimmten Klangeindruck erzeugen möchte und dazu das passende Mittel suchen muss oder nach viel Übung aus den Fingern schütteln kann.

Das Vorgehen, wie @DF3 es beschreibt, kommt mir sehr bekannt vor aus dem, was ich über Jazz/Pop/Rock-Harmonielehre gelesen habe. Ich fand das immer unbefriedigend und konnte mich nie dazu überwinden, dass hartnäckig zu trainieren. Meiner Ansicht nach sollte Improvisieren beim Hören anfangen und bei der Klangvorstellung. Aber das ist bislang eine Idee, die ich selbst vielleicht in ein paar Jahrzehnten demonstrieren kann. Bis dahin freue ich mich über zustimmende und widersprechende Meinungen.
 
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Etwas ernsthafter betrachtet, denke ich, dass diese mechanische Vorgehensweise allein nach Akkord-Skalen-Zuordnung nicht zu guter Musik führen kann.
Vollkommen richtig, spannende Musik bekommst du so nicht, jedoch ist es ein Prinzip das recht einfach ist und dir im Zweifel den Tag retten kann wenn du aus welchen Gründen auch immer mal ins straucheln kommst. Einfach mal eine Kadenz ein paar mal spielen während man sich etwas einfallen lässt.

Solomusiker machen es ja gerne mal das sie einen Takt stupide mehrmals wiederholen wenn sie irgendwie den nächsten Takt nicht sofort richtig erfassen oder noch einmal genauer hinschauen wollen. Die guten transponieren es dann noch damit es nicht so auffällt.
 
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Improvisieren in der Musik ist eigentlich nicht viel anders als in der Sprache. Wenn mich in der Stadt ein Fremder nach dem Weg zum Bahnhof fragt, kann ich ihm antworten, ohne, daß ich auswendig gelernte Sätze abspule. Die einzelnen Wörter habe ich natürlich gelernt. Mein Geist - oder anders ausgedrückt: mein Antwortwille - hat volle Kontrolle über meine Zungen-, Lippen-, Kehlkopf- und Atemmuskulatur (der Sprachapparat) und kann diese im Zusammenspiel dazu veranlassen, für mein Gegenüber sinnvolle Sätze zu kreieren, die diesem helfen, zum Bahnhof zu kommen. Wenn man ein bisschen Übung hat, kann man das sogar in Reimen.

In der Musik - in unserem Fall am Klavier - tritt nun an die Stelle der Sprachorgane der ganze Bewegungsapparat (Arme, Finger, Handgelenke, Füße etc.), der dazu nötig ist, die Klaviertasten und Klavierpedale in Bewegung zu setzen. Wenn der Musiker gelernt hat, sich in der Sprache der Musik auszudrücken, kann dieser ganze Bewegungsapparat seine musikalischen Ideen unmittelbar in Töne umsetzen, so wie es der Sprachapparat mit der Sprache ja auch macht.

Um diese Sprache zu erlernen, gibt es im Grunde zwei Wege:
  • Man lernt es als Kind durch die gesellschaftliche Umgebung, in der man aufwächst. Dann ist Musik wie eine Muttersprache. Das beste Beispiel sind für mich die Manouche, die ihre Musikalität von den Eltern auf die Kinder vererben, wobei wohl die meisten von ihnen keine allzu große Ahnung von Musiktheorie, Notenlehre etc. haben.
  • Oder man lernt es wie eine Fremdsprache, in dem man die Grammatik studiert, die idiomatischen Redewendungen lernt etc. In der Musik sind das die Harmonielehre, Tonleitern, stiltypische Wendungen etc.
Dazwischen gibt es wahrscheinlich alle möglichen Arten von Mischformen.

Am schönsten ist Improvisation, wenn man es mit mehreren Musikern gleichzeitig macht. Dann entsteht ein musikalisches Gespräch, eine Kommunikation. Für mich ist das eigentlich die Essenz aller meiner musikalischen Bemühungen. Ich habe das von frühester Jugend immer mit Freunden und Kollegen praktiziert: Ohne vorherige Absprachen oder Festlegungen anzufangen und durch gegenseitiges Zuhören im Spiel aufeinander einzugehen. Dabei entstehen die schönsten Formen und Gespräche ohne Worte. Das geht auch direkt auf der Bühne. Allerdings passiert es durchaus auch, daß man mal aneinander vorbeiredet ... :D

Viele Grüße,
McCoy
 
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Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, dass ich selbst nicht annähernd schnell genug darin bin, während einer Akkordfolge schnell genug die richtige Skala auszuwählen.
Nicht nur du, ich bin selbst weit entfernt davon.

Nehmer wir den Grenzfall einer Akkordfolge nur mit Stufenakkorden aus C-Dur mit beliebig hoch geschichteten leitereigenen Erweiterungen. Die Skalen über diesen Akkorden haben zwar interessante Namen, aber sie enthalten alle dieselben Töne wie C-Dur.
Ja, das gilt dann, wenn du allein in den Kirchentonarten bleibst. Du hast allerdings, je nachdem, wie das Stück harmonisiert ist, noch eine ganze Reihe weiterer Skalen zur Verfügung, mit denen du ganz schnell von den weißen Tasten loskommst. Mal ganz abgesehen von den Instrumenten, mit denen man Blue Notes spielen kann. Hier mal eine Zusammenstellung von Skalen nach der geschilderten Methode: https://imslp.org/wiki/File:WIMA.90ef-JazzModes.pdf

Ich glaube, dass die Zuordnung einer Skala zu einem Akkord das Problem der Improvisation aus der falschen Richtung betrachtet.
Wie man's nimmt. Wenn man die Skala als Hilfsmittel dafür nimmt, die in ihr nicht vorkommenden Töne auszulassen, dann kann sie hilfreich sein. Und natürlich kann man aus den „erlaubten“ Tönen auch schöne Melodien bilden – wenn man es kann. Ich kann es nicht, jedenfalls ganz sicher nicht auf Zuruf ad hoc. Vielleicht höre ich deshalb so gerne Eugen Cicero (seine Alben müsste ich komplett haben) und Oscar Peterson (für dessen Aufnahmen ich wohl noch einige Zeit sammeln müsste), die konnten es beide in Perfektion.

Das Vorgehen, wie @DF3 es beschreibt, kommt mir sehr bekannt vor aus dem, was ich über Jazz/Pop/Rock-Harmonielehre gelesen habe. Ich fand das immer unbefriedigend und konnte mich nie dazu überwinden, dass hartnäckig zu trainieren. Meiner Ansicht nach sollte Improvisieren beim Hören anfangen und bei der Klangvorstellung. Aber das ist bislang eine Idee, die ich selbst vielleicht in ein paar Jahrzehnten demonstrieren kann. Bis dahin freue ich mich über zustimmende und widersprechende Meinungen.
Es ist ja auch das, was in Jazz-Harmonielehren steht. Vermutlich ist es aber auch wiederum genau das, was an Erkenntnissen aus der Praxis gezogen wurde, und eventuell ist es auch das, was zuvor durch Hören und Klangvorstellung intuitiv geschaffen wurde. Aber versuch mal in den Kopf eines Virtuosen zu schauen ....
 
Grund: Noch ein Beispiel gefunden
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Klimpert man jeweils an derrichtigen Stelle durch die zugehörige Skala, dann hat man schon ziemlich ordentlich improvisierte Läufe, die sich nach echtem Jazz anhören.
Wenn man nicht den Rhythmus ZUERST denkt und fühlt, dann wird es sich NIE nach "echtem Jazz" anhören ...

Nur ein kleiner Einwand meinerseits.

Thomas
 
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Nicht unberechtigt, aber das könnte man auch umgekehrt sagen: Wenn man rhythmisch perfekt spielt, aber tonal und harmonisch kräftig daneben haut, kommt auch kein echter Jazz dabei raus (außer natürlich, man beherrscht das „Danebenhauen“ so perfekt wie Thelonious Monk (dessen Interpretation von „Smoke Gets in Your Eyes“ mich immer noch jedesmal verblüfft und begeistert)).

Aber mal im Ernst: Natürlich gehören viele Faktoren zum Musikmachen, aber hier hatten wir nun mal gerade die Töne als Thema und den Rest einfach stillschweigend vorausgesetzt.
 
Wenn man rhythmisch perfekt spielt, aber tonal und harmonisch kräftig daneben haut, kommt auch kein echter Jazz dabei raus
Ein falscher Ton im richtigen Rhythmus klingt besser als ein richtiger Ton im falschen Rhythmus. :D

Viele Grüße,
McCoy
 
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Ein falscher Ton im richtigen Rhythmus klingt besser als ein richtiger Ton im falschen Rhythmus.
Bei der Improvisation muss man dem Spieler aber erst einmal beweisen das es ein falscher Ton war und nicht ein stilistisches Mittel was dort gewählt wurde :)

Wobei es natürlich darauf ankommt. Bei vier oder mehr Stimmen hört man oft einen falschen Ton kaum, je weniger Stimmen es werden desto eher fällt es auf. Bei einem Dreistimmigen oder gar Zweistimmigen Satz hörst du sofort wenn etwas aus der Reihe tanzt. Spiele mal eine Melodie einfach mit Quinten als Zweitton. Wenn du an einer Stelle daneben liegst und eine Quarte daraus wird, dann kann es selbst der Laie nicht überhören.

Zum Thema Jazz ist es ja so das dieser von der Improvisation lebt. Ich persönlich favorisiere Jazz eher weniger, es ist einfach klanglich mit den ganzen Septakkorden und Rythmen nicht so meins. Aber Ragtime gefällt mir.
 

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