Mein damaliger Musiklehrer war Jazz-Schlagzeuger und Pianist. Er hat es uns in etwa so erklärt:
In der Regel wird (früher mehr als heute) ein Schlul-Musiklehrer aber eher einen klassischen Hintergrund haben, alleine durch das Studium. Bei uns wurde - übertrieben gesagt - alles an Musik, was jünger als 100 Jahre war, als "minderwertig" betrachtet, außer der Neuen Musik.
Besser gesagt eigentlich: Strenge Trennung zwischen "E-Musik" und "U-Musik". Jazz, Pop und Rock waren als U-Musik praktisch kein wirklich ernsthaftes Thema.
Warum gerade Menschen aus Afrika und Lateinamerika ein besseres Rhythmusgefühl haben liegt oft an der Kirche.
"Bei uns" ist ein Gottesdienst viel so wichtig und ernsthaft, dass jede Freude, jedes Herumhüpfen/Tanzen/Lachen als unangemessen betrachtet wird.
Liegt vielleicht daran, dass Afrika und Lateinamerika erst spät durch Missionare bekehrt wurde, als der Paradigmenwechsel vom rachsüchtigen und strafenden Gott hin zum liebenden, verzeihenden Gott bereits vollzogen war.
Bei uns steht immer noch zu oft Tod, Leid, Martyrium und Sünde im Zentrum, während in Afrika/Lateinamerika Freude, Erlösung und Hoffnung die tragenden Elemente sind.
Ich bezweifle aber, dass heute (!) die Kirche einen sonderlich prägenden Einfluss auf uns hat.
Da bin ich eher ein Anhänger der "Marsch"-Argumentation: Der Marsch als militärisch-musikalische Durchhalte- und Parademusik bedingt eben automatisch eine Betonung der schweren Zählzeiten beim Marschieren.
Andererseits habe ich das Gefühl, in meinem Leben mehr amerikanische und französische als deutsche Soldaten marschieren gesehen zu haben (Militärparaden und alles was mit Nationalstolz verbunden werden kann, ist ja bei uns heute aus bekannten Gründen deutlich weniger ausgeprägt als in allen anderen Ländern).
Das zu pauschalisieren finde ich "falsch".
So ist es. Pauschalieren grenzt auch immer an Rassismus im erweiterten Sinne, weil etwa einer Nationalität pauschal Eigenschaften zugesagt werden.
Wenn man aber das böse Wort "Vorurteil" durch eine statistische Tendenz ersetzt, ist es nicht mehr ganz so böse und hat einen gewissen wahren Hintergrund.
genauso verkehrt, als einziger stur 2 + 4 zu klatschen, nur um den anderen zu zeigen, wie doof sie sind, bzw. wieviel besser man es selber weiß.
War natürlich ein Extrem-Beispiel und man muss nicht alles verbissen und negativ sehen. Wenn Musiker auf der Bühne "vorklatschen" soll das positiv-animierend, nicht besserwisserisch-belehrend sein. Ob sich Teile des Publikums dann als "Hilfsmusiker" betätigen müssen, kann solche oder solche Hintergründe haben...
Ich habe wohl gefühlt "richtig" betont, sie hat mir aber zu erklären versucht, dass historisch bedingt und bei dieser Art Musik die 1 die schwerste Zählzeit sein sollte, die 3 etwas leichter. Nachdem ich ihr mittels Youtube zeigen wollte, dass das bei dem Stück nicht zutrifft, musste ich ihr nach genauerem Anhören der Aufnahme dann doch "leider" Recht geben...)
Ich glaube, da liegt ein Missverständnis vor:
Die klassischen Schwerpunkte/Betonungen gelten meiner Meinung nach für den Grundpuls immer noch -
das Klatschen auf 2 + 4 imitiert aber in erster Linie die Snare, die eben immer den "Nachschlag" klopft - das ist auch bei vermeintlich deutschtümelnder Marschmusik so.
Punkte 2 & 3 fallen unter „Politik & Gesellschaft“ und das diskutieren wir hier im „Musikalischen“ bitte nicht
War auch mein Gedanke.
Aber man stößt - auch oder gerade in der musikalischen Praxis - immer wieder auf solche Aussagen.
Auch typische Meinungen wie "Weiße können keinen Jazz spielen" usw. sind ja nicht auszurotten.
Viele Grüße
Torsten