Etna
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Moin!
Ehrlicher Weise weiß ich gar nicht wohin dieser Thread so genau hingehen soll. Also verzeiht mir bitte, dass ich ein bisschen vor mich her schwadroniere. Ich habe mir diese Woche eine völlig zerschundene Schlaggitarre gekauft. Ich vermute sie ist aus den 40ern und sie geht irgendwie in diese Richtung. Sie hat allerdings neben der Bauform keine Merkmale, die einen Gitarrenbauer oder eine Firma in irgendeiner Weise verrät. Wahrscheinlich kaufe ich mir noch ein paar Bücher dazu in der Hoffnung sie ein bisschen besser zu verstehen. Im Sommer 2021 möchte ich einfach wieder mehr Gitarren bauen. Und was gibt es schöneres als mit der alten Patina einer Schlaggitarre etwas in Richtung Steampunk zu bauen? Keine Sorge, es handelt sich nicht um ein erhaltenswertes Instrument. Sie hat kaum Schmuck. Auf der Decke sind 12...13 Risse, zwei davon nur laienhaft repariert. Der Boden sieht nicht viel besser aus. 7...8 Risse, überall quillt Weißleim hervor und er wurde sogar angefast, weil er wohl nach der erneuten Verleimung nicht mehr richtig auf der Zarge saß. Ein Binding fehlt, obwohl man an dieser Stelle eins zur Kaschierung der schlechten Leimfuge gut hätte hinzufügen können.
Was ich aber sehr bemerkenswert fand war die Verwendung von eher (für mich) untypischen Hölzern:
Der Hals ist tatsächlich aus Eiche. Nach über 70 Jahren ist der noch kerzengerade. Warum haben wir eigentlich damit aufgehört? Gibson-ähnlich sind die Poren sehr dunkel gefüllt worden. Und nahe des mittleren Streifens erkennt man ganz deutlich die Eiche typischen Markstrahlen. Ich finde den jetzt nicht hässlich. Der Steg ist wohl aus Buchsbaum. Natürlich ebonisiert. Der Boden und die Zargen geben mir noch ein paar Fragen auf, aber sobald ich den Boden vom Korpus habe, sollte ich das Holz gut erkennen können. Falls nicht, melde ich mich hier wieder.
Natürlich bin ich mir bewusst, dass wir nach dem Krieg eine Amerikanisierung erlebt haben und sich Bauarten mitsamt der Baumsorten durchsetzten, die aus Übersee kamen. Dennoch frage ich mich, wieso wir unsere Gitarren-Kultur dahingehend scheinbar komplett aufgegeben haben. Zumindest habe ich bei der Suche nach "Gitarrenhals Eiche" neben den üblichen Eigenbau-Versuchen nicht wirklich aussagekräftige Informationen gefunden. Per se spricht ja nichts gegen Eiche als Tonholz, wenn man sich mit dem Gewicht arrangiert. Und ich glaube nicht, dass eine Archtop aus Eiche zu schwer werden würde. Eigentlich müsste das nach meinem Gefühl in Richtung einiger Mahagoni Sorten gehen. Hals und Korpus aus geräucherter Eiche, Griffbrett aus geriegelter Elsbeere und ein Top Ahorn. Sähe bestimmt lecker aus.
Mich erfreut allerdings, dass es in den letzten Jahren wohl einiges an interessanten Studien und Versuchen zum Thema einheimische Tonhölzer gab. So langsam wird versucht die Nische ein wenig zu erweitern. Das finde ich sehr gut! Wobei ich sagen muss, dass derzeit Eiche eher nicht in Mode kommen sollte. Durch den ganzen Käferbefall der Nutz- und Tannenwälder sollte mMn möglichst viel Eiche stehen gelassen werden, anstatt sie für den derzeitigen Möbeltrend teuer zu verkaufen. Irgendwie habe ich da ein bisschen Angst um die einheimischen Wälder. Auch Esche wird immer seltener durch den ganzen Pilzbefall, der die Triebe abtötet. Aber ich schweife ab...
Vielleicht ist ja daher der ein oder andere an ein bisschen Literatur zu den Versuchen mit einheimischen Hölzern interessiert:
Schallleitmessungen verschiedener Hölzer in einer Bachelor Arbeit von Marie Bernadette Brandstätter
Oliver Kläusler im Deutschlandfunk über sein Heisspressverfahren von Hölzern
Dr. Mario Zauer im MDR über seine künstliche Alterung von heimischen Hölzern
Hanika baut schon mit der Methode von Mario Zauer Gitarren
Für die meisten ist das wahrscheinlich auch ein alter Hut. Einigen Gitarrenbauern ist es auch wichtig nur einheimische Materialien zu verwenden. Gerade durch Corona habe ich bemerkt wie schnell der Markt in einigen Branchen einfach leer gefegt war, da bis heute noch nicht alle Containerschiffe zurück auf den Meeren sind. Da geht der Blick gezwungener Maßen ja zu einheimischen Produkten. Wie die meisten habe aber auch ich Instrumente aus Zebrano, Ebenholz und Palisander ohne Dokumente, mit denen ich wahrscheinlich nach aktueler Regelung an der Grenze angehalten werde. Wie weist man auch nach aus welchem Bestand welches Holz wann kam? Gerade bei Selbstbau-Instrumenten ist das gar nicht so einfach. Insbesondere stelle ich es mir schwierig vor dann einen Sattel aus Mammut-Elfenbein zu haben. Vielleicht wird es auch einfach an der Zeit mir eine Gitarre aus Buchsbaum, Elsbeere und Birne zu bauen. Was meint ihr?
Schicken Gruß,
Etna
Ehrlicher Weise weiß ich gar nicht wohin dieser Thread so genau hingehen soll. Also verzeiht mir bitte, dass ich ein bisschen vor mich her schwadroniere. Ich habe mir diese Woche eine völlig zerschundene Schlaggitarre gekauft. Ich vermute sie ist aus den 40ern und sie geht irgendwie in diese Richtung. Sie hat allerdings neben der Bauform keine Merkmale, die einen Gitarrenbauer oder eine Firma in irgendeiner Weise verrät. Wahrscheinlich kaufe ich mir noch ein paar Bücher dazu in der Hoffnung sie ein bisschen besser zu verstehen. Im Sommer 2021 möchte ich einfach wieder mehr Gitarren bauen. Und was gibt es schöneres als mit der alten Patina einer Schlaggitarre etwas in Richtung Steampunk zu bauen? Keine Sorge, es handelt sich nicht um ein erhaltenswertes Instrument. Sie hat kaum Schmuck. Auf der Decke sind 12...13 Risse, zwei davon nur laienhaft repariert. Der Boden sieht nicht viel besser aus. 7...8 Risse, überall quillt Weißleim hervor und er wurde sogar angefast, weil er wohl nach der erneuten Verleimung nicht mehr richtig auf der Zarge saß. Ein Binding fehlt, obwohl man an dieser Stelle eins zur Kaschierung der schlechten Leimfuge gut hätte hinzufügen können.
Was ich aber sehr bemerkenswert fand war die Verwendung von eher (für mich) untypischen Hölzern:
Der Hals ist tatsächlich aus Eiche. Nach über 70 Jahren ist der noch kerzengerade. Warum haben wir eigentlich damit aufgehört? Gibson-ähnlich sind die Poren sehr dunkel gefüllt worden. Und nahe des mittleren Streifens erkennt man ganz deutlich die Eiche typischen Markstrahlen. Ich finde den jetzt nicht hässlich. Der Steg ist wohl aus Buchsbaum. Natürlich ebonisiert. Der Boden und die Zargen geben mir noch ein paar Fragen auf, aber sobald ich den Boden vom Korpus habe, sollte ich das Holz gut erkennen können. Falls nicht, melde ich mich hier wieder.
Natürlich bin ich mir bewusst, dass wir nach dem Krieg eine Amerikanisierung erlebt haben und sich Bauarten mitsamt der Baumsorten durchsetzten, die aus Übersee kamen. Dennoch frage ich mich, wieso wir unsere Gitarren-Kultur dahingehend scheinbar komplett aufgegeben haben. Zumindest habe ich bei der Suche nach "Gitarrenhals Eiche" neben den üblichen Eigenbau-Versuchen nicht wirklich aussagekräftige Informationen gefunden. Per se spricht ja nichts gegen Eiche als Tonholz, wenn man sich mit dem Gewicht arrangiert. Und ich glaube nicht, dass eine Archtop aus Eiche zu schwer werden würde. Eigentlich müsste das nach meinem Gefühl in Richtung einiger Mahagoni Sorten gehen. Hals und Korpus aus geräucherter Eiche, Griffbrett aus geriegelter Elsbeere und ein Top Ahorn. Sähe bestimmt lecker aus.
Mich erfreut allerdings, dass es in den letzten Jahren wohl einiges an interessanten Studien und Versuchen zum Thema einheimische Tonhölzer gab. So langsam wird versucht die Nische ein wenig zu erweitern. Das finde ich sehr gut! Wobei ich sagen muss, dass derzeit Eiche eher nicht in Mode kommen sollte. Durch den ganzen Käferbefall der Nutz- und Tannenwälder sollte mMn möglichst viel Eiche stehen gelassen werden, anstatt sie für den derzeitigen Möbeltrend teuer zu verkaufen. Irgendwie habe ich da ein bisschen Angst um die einheimischen Wälder. Auch Esche wird immer seltener durch den ganzen Pilzbefall, der die Triebe abtötet. Aber ich schweife ab...
Vielleicht ist ja daher der ein oder andere an ein bisschen Literatur zu den Versuchen mit einheimischen Hölzern interessiert:
Schallleitmessungen verschiedener Hölzer in einer Bachelor Arbeit von Marie Bernadette Brandstätter
Oliver Kläusler im Deutschlandfunk über sein Heisspressverfahren von Hölzern
Dr. Mario Zauer im MDR über seine künstliche Alterung von heimischen Hölzern
Hanika baut schon mit der Methode von Mario Zauer Gitarren
Für die meisten ist das wahrscheinlich auch ein alter Hut. Einigen Gitarrenbauern ist es auch wichtig nur einheimische Materialien zu verwenden. Gerade durch Corona habe ich bemerkt wie schnell der Markt in einigen Branchen einfach leer gefegt war, da bis heute noch nicht alle Containerschiffe zurück auf den Meeren sind. Da geht der Blick gezwungener Maßen ja zu einheimischen Produkten. Wie die meisten habe aber auch ich Instrumente aus Zebrano, Ebenholz und Palisander ohne Dokumente, mit denen ich wahrscheinlich nach aktueler Regelung an der Grenze angehalten werde. Wie weist man auch nach aus welchem Bestand welches Holz wann kam? Gerade bei Selbstbau-Instrumenten ist das gar nicht so einfach. Insbesondere stelle ich es mir schwierig vor dann einen Sattel aus Mammut-Elfenbein zu haben. Vielleicht wird es auch einfach an der Zeit mir eine Gitarre aus Buchsbaum, Elsbeere und Birne zu bauen. Was meint ihr?
Schicken Gruß,
Etna
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