So einfach ist es leider nicht. Ein Chassis kann ich grundsätzlich auf 2 Arten beschädigen: Kurzfristige Überlastung oder langfristige Überlastung.
Erstere passiert bei Signalspitzen, die vom Verstärker angelegte Spannung ist so groß, dass die Membran weiter auslenkt, als dies mechanisch möglich ist. Dann stößt die Schwingspule am Magneten an und/oder die Aufhängung wird beschädigt. Umgangssprachlich wird das auch als "Pappenweitwurf" bezeichnet. Wie hoch ein Chassis für diesen Fall belastbar ist, wird leider bei Gitarrenchassis so gut wie nie angeben (Xmax bzw. Xlim)! Noch dazu ist dieses Verhalten vom Gehäuse (offen/geschlossen) abhängig.
Letztere passiert auf Grund der Erwärmung der Schwingspule durch die thermische Verlustleistung. Der Wirkungsgrad eines Lautsprechers ist leider alles andere als gut, selbst bei Gitarrenchassis bewegen wir uns da deutlich unter 10%. Das heißt, der überwiegende Teil der zugeführten Leistung wird in Wärme umgewandelt und muss demzufolge auch wieder abgeführt werden. Passsiert dies nicht in ausreichendem Maße, schmilzt irgendwann die Isolation des Schwingspulendrahts, es entstehen Kurzschlüsse, die Schwingspule kann sich verformen und im Luftspalt verkeilen. Auf diesen Fall bezieht sich die Angabe der Belastbarkeit bei einem Chassis, es geht um die durchschnittlich zugeführte Leistung, welche für die Erwärmung relevant ist.
Was hat das nun mit einem unverzerrten oder verzerrten Signal zu tun?
Ein unverzerrtes Gitarrensignal hat große Signalspitzen (Attack), aber eine sehr geringen Durchschnittspegel. Er liegt weit unter dem eines fertig produzierten Musikstücks. Deswegen wird das Signal auch nicht als besonders laut empfunden, bzw. der Maximalpegel in den Signalspitzen muss recht hoch sein, um die gewünschte Lautheit zu empfinden. Das ist auch der Grund, weshalb für wirklich cleane Sounds gerne Verstärker mit sehr viel Leistung verwendet werden. Es klingt nicht laut, aber es wird auf Grund der Signalspitzen kurzfristig viel Leistung abgerufen -> Risiko für Fall 1 der Überlastung.
Verzerren wir nun dieses Signal, so geht damit automatisch eine Kompression einher. Beim Verzerren werden die Signalspitzen gekappt, ganz vereinfacht gesagt. Wir verringern also die kurzfristige Spitzenbelastung, erhöhen aber die durchschnittliche thermische Belastung -> Risiko für Fall 2 der Überlastung.
Im Video haben wir ein ordentlich verzerrtes Signal und das Abbruchkriterium war der Geruch (Isolation des Schwingspulendrahts wird warum), es handelt sich also eindeutig um Fall 2.
Ich sehe das Video auch eher als Unterhaltung, denn als aussagekräftiges Experiment. Alleine aus der Leistungsangabe des Verstärkers und der Belastbarkeit des Lautsprechers lässt sich noch nicht ableiten, wie groß die Belastung für das Chassis in dem Fall tatsächlich war. Ohne Messung der Ausgangsspannung und des Ausgangsstroms kann man nur Mutmaßungen anstellen. Die Ausgangsgrößen hängen ja auch direkt vom Eingangssignal, also der Spielweise, ab.