Autotune vs. Realität

  • Ersteller Abendspaziergang
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Dieser Radio-Pop ist nicht für Leute gemacht, die einen besonders tiefen Bezug zum Musizieren, zu Texten, zu Individualität haben. Es ist ein Massenprodukt, für den sich alles andere auch nicht lohnen würde. Das klingt elitär, aber am Ende ist Musik ja eigentlich immer vor allem eins: Unterhaltung. Wenn sich die Leute mit sowas unterhalten fühlen, dann ist das völlig okay.
Ob da dann noch Autotune drauf ist oder nicht macht auch keinen Unterschied mehr, denn mehr als Rhythmus und ein wenig Melodie soll es und muss es gar nicht sein, damit die Kasse klingelt und der Hörer befriedigt ist.

Grundsätzlich sind Studioaufnahmen ja sowieso immer etwas anderes als ein Live-Erlebnis. Es ist immer eine für den Dauerhörgenuss optimierte und ausgerichtete Form der Musik.
Dopplungen, Kompressoren, Halleffekt, Abstimmen der Lautstärke-Pegel... alles völlig normale Maßnahmen, über die sich niemand aufregen würde. Aber Autotune ist dann plötzlich das rote Tuch?

Ich selber bewege mich da in dem Widerspruch, dass ich den moderaten Einsatz von Autotune prinzipiell völlig okay finde. Leider fällt mir der Einsatz auch bei subtileren Sachen meistens sofort auf und ich mag diesen Klang einfach nicht. Wenn einfach eine Tonhöhenkorrektur stattfinden würde, wäre mir das relativ egal. Aber die "Klangartefakte" die schon bei geringen Korrekturen eintreten, klingen einfach eklig. :nix:
Ich bevorzuge grundsätzlich auch interessante Stimmen und nicht die perfekten. Wenn beides zusammenkommt: um so besser! Klar, deutlich schiefer Gesang tut auch mir in den Ohren weh. Aber Ausdruckskraft und Markanz sind am Ende die wahren Gewinner. Eine Christina Aguilera beherrscht einen technisch enorm ausgefeilten Gesang, aber gibt mir leider überhaupt nichts. Da höre ich mir lieber alte France Gall-Sachen an - eine Frau, die nie besonders gerade und nur in kleinem Stimmumfang singen konnte, aber eben Charakter hatte und dadurch viel mehr Emotionen in meinen Ohren transportiert.

Wo der ganze Spaß für mich wirklich aufhört, ist wenn wirklich große Stars, die für eine gewisse (live-)Authentizität und Musikhandwerk stehen, zu diesem Mittel greifen. Stichwort "in Würde altern"...

 
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Antipasti, kannst du das genauer erläutern?

Ja. Wird aber Off Topic.

Ein Thema, was ich in diesem Sub nicht zum ersten Mal anpreche. Daher mögen alte Stammgäste jetzt einfach mal meinen Sermon ignorieren ;)

In wie fern meinst du, wurde Popmusik akademisiert?

Naja - akademisch im Gegensatz zu autodidaktisch-experimentell. Da man Popmusik heutzutage lernen und sogar an Hochschulen studieren kann, musste sie akademisiert werden. Das war ja lange Zeit ganz anders. Mehr dazu jetzt.

Und welche Didaktik meinst du - Schule, Musikschule, irgendwas anderes?

Ich meine grundsätzlich die Didaktik. Unterricht, Musikschulen, Hochschulen. Wie du sicher weißt, wurde die "Jugendkultur" jahrzehntelang von Autodidakten mitgeprägt und vieles hatte eher einen sozialen als einen akademischen Background. "Gesangstechnik" und "Stimmgesundheit" spielte im Rock-Pop fast keine Rolle, gab es praktisch nicht. Man tat, was man wollte und konnte, ohne zu wissen, was man tat. Gut ist, was gefällt. Und manchmal wollte man sogar, dass es nicht gefällt, denn Provokation war auch lange fester Bestandteil der Popkultur. Heute undenkbar - aber das nur nebenbei.

Bevor man also zB "Rockpopgesang" lehren kann, muss man ihn in vermittelbare, gemeinsame Parameter bzw. Fächer kategorisieren. Und ich glaube zu hören, dass sehr viele "Individualparameter" unter den Tisch fallen, seit man Popgesang eben auch lernen kann. Ein Roger Daltrey wäre so nie möglich gewesen, da das, was er gemacht hat, nicht gesund ist und keinen Namen hat. Oder eine Nena, deren absolut unbedarft-zwanglose Art zu singen eben nicht vermittelbar ist, da "unbedarft-zwanglos wie Nena" kein akademischer Terminus ist.

Was man also heute im akademisierten Mainstream-Pop hört, sind weniger einzigartige Gesangsstimmen, sondern vielmehr verschiedene, gut einstudierte Rollen, die immer wieder vorkommen. Die Verträumten, die Helden, die smarten Draufgänger, die grübelnden Düsteren. Fast wie die Rollen in einer Oper, die ja ebenfalls in "Fächer" eingeteilt werden.

EDIT: Und die Produktionstechnik (auch die ist ja heute teilweise akademisiert und vereinheitlicht) tut dann das Übrige zum Einheitsbrei.
 
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Ich durfte zuletzt bei einer Folkpopproduktion mit der Geige antreten. Die Produzenten sind sehr erfolgreich unterwegs und ihnen war bei den entscheidenden Stellen der Ausdruck UND die Intonation wichtig. Diverse Stellen musste ich ohne Ende wiederholen, bis es ohne Nachbearbeitung der Tonhöhe passte UND der Ausdruck stimmte. An anderen Stellen war der Ausdruck wichtig und die abweichenden Töne wurden glattgezogen. Das war eine lehrreiche Erfahrung im Gegensatz zu „tunen wir schon...weiter geht‘s“ Beim Gesang wurde dann sehr sehr behutsam Melodyne eingesetzt. Musste unser Sänger eben singen, bis es passte. Allerdings wurde uns die Produktion gesponsert...ansonsten wäre dieses Vorgehen für eine kleine Band nicht zu bezahlen. Bei großen Produktionen, die auf den einschlägigen Radiosendern gespielt werden, kann ich mittlerweile nur noch abschalten. Das ewig gleiche Gedudel u d bewusste Autotunen mag ich nicht mehr hören...auch nicht als musikalische Besonderheit (die es ohnehin lange nicht mehr ist)
 
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Hallo Leute, ich bin zufällig über diesen Thread gestolpert und finde ihn wahnsinnig interessant. Ich weiß nicht ob das Off-Topic ist, aber mich interessiert, welche Effekte im Studio die Gesangsstimmen so ähnlich machen, dass der Charakter der Originalsimme fast verloren geht. Extrem aufgefallen ist mir das in letzter Zeit bei dem Song "Ordinary Man" von Ozzy Osbourne. Ich hatte gelesen, dass da ein neuer Song von Ozzy existiert, bei dem er im Duett mit Elton John singt. Ich war sehr gespannt darauf, wie sich das anhört. Das Ergebnis war sehr ernüchternd. Hätte ich nicht gewusst, dass Elton John dort singt, wäre es mir gar nicht aufgefallen. Interessanterweise habe ich das einem Freund erzählt und seine Antwort war "Was, da singt Elton John? Ich dachte der spielt bei dem Song nur Klavier". Kommt das von Autotune, oder sind da noch andere Effekte am Werk, die den Stimmen den Charakter nehmen?
 

Ich konnte sie noch recht gut unterscheiden.

Nun weiß man natürlich nicht, was aus dem guten Ozzy noch rauskommt, wenn man nichts dran schraubt. ;)

Ich habe hier leider keine guten Boxen und auch für mich klang der Gesang sehr "elektrisch" und besonders bei Ozzy stark nach Cher-Melodyne. Durch eine Dopplung (zumindest bei Ozzy) oder ein kurzes Delay wurde dennoch versucht, ein gewisses "Retro-Feeling" zu bewahren, da sowas bei alten Rockhymnen dieser Machart nicht untypisch war.

Seltsamerweise klingt es bei mir aber auch nicht "fett" sondern eher breiig, zischig. Keine tolle Produktion, aber man weiß auch nicht, in welcher Quali das Video upgeloadet wurde.

Kommt das von Autotune, oder sind da noch andere Effekte am Werk, die den Stimmen den Charakter nehmen?

Wie eine typische, zeitgemäße Popproduktion klingt dieses Duett für mich nicht.

Ich bin kein Tontechnik-Analytiker. Ich kann mir aber vorstellen, dass man in diesem speziellen Fall versucht hat, zwei nicht mehr ganz taufrischen Stimmen ein wenig die Präsenz zu nehmen. Dopplungen, Begrenzungen der tiefen Frequenzen, verzicht auf Nahbespechungseffekt. Elton intoniert zwar noch recht gut, aber bei den Oscars konnte man vor allem bei S-Lauten live schon recht deutlich hören, dass es sich um älteren Herrn handelt. Das wollte man bei dem Duett womöglich etwas kaschieren.

 
Was haben nur all die Generationen von Musiker vor uns gemacht, wie konnten die überhaupt Musik machen/komponieren/darbieten usw.???
Bach hatte glaube ich nicht mal einen Computer! :eek: (unglaublich!)

Gruß
SlapBummPop
 
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Was haben nur all die Generationen von Musiker vor uns gemacht, wie konnten die überhaupt Musik machen/komponieren/darbieten usw.???
Bach hatte glaube ich nicht mal einen Computer! :eek: (unglaublich!)

Täusch dich nicht, aber Diskussionen, wie wir sie hier führen, gab es auch damals schon genauso. Zum Beispiel als die gleichstufig temperierte Stimmung eingeführt wurde, die wir auch heute noch überwiegend nutzen.

Für Vertreter der vorher gängigen reinen Stimmung war das ein ähnlicher Skandal wie für den Klassik-Rocker die Pitchkorrektur. Denn dadurch wurde die individuelle Bedeutung verschiedener Tonarten praktisch eliminiert und das Musikmachen simplifiziert. Du konntest vorher nicht einfach ein Werk in eine beliebige andere Tonart transponieren.
 
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..ich sehe in dem Vergleich auch keinen Grund zur Verzweiflung. Abgesehen davon hinkt der sowieso, denn fairerweise müßte er nicht das recht dumpf aufgenommene Vergleichssignal der Solisten zeigen (die m. E. aber auch nicht danebenliegen), sondern das "trockene" Studiosignal im Zusammenhang mit der Begleitung.

So ist es, ich gehe noch weiter.
Der Vergleich bei Bonedo taugt aber zu gar nix.

Mich beschleicht das Gefühl bzw. den Eindruck habe ich, die Performer sollen eher vorgeführt werden, hört mal was Autotune alles kann, und wie mickrig das in einem (schlechten) Raum mit (schlechtem) Mikro klingt, mit der Aufforderung sing doch mal schnell im sitzen!

Bei diesem Beitrag heißt es ja "Autotune" vs "No Autotune"

Korrekt und fair wäre gewesen, die komplette Produktion einmal mit Autotune und einmal nur ohne den Effekt Autotune zu präsentieren.

Also, aus dem Signalpfad nur Autotune rauszunehmen (EQing, Kompression, Reverb etc. bleiben natürlich drin).

So wie der Vergleich bei Bonedo aufgeführt wird, ist das haarsträubend schlecht.


Autotune und Co.

Viele Profis machen dies in Melodyne im Nachgang, gehört (leider) mittlerweile zum Standard beim Editierprozess.


Dann muss man unterscheiden zwischen Autotune und Co. als "Geradebieger" und/oder als "Sounddesign".

Im R&B etc. wird es gerne als Sounddesign eingesetzt, das will man da so haben.



Bspw. Künstlerin Billie Eilish nutzt das ja eher nicht, und wenn dann wirklich sehr dezent.
Das dezente Einsetzen ist zum Teil auch ihrem Stil zu singen geschuldet.
Man muss das Legato und das hoch-und runterziehen von Noten auch wirklich richtig und im Double/Triple/Quadruple Tracking auch wirklich können.
Das ist dann zum Teil auch viel Arbeit das so hinzubekommen.


Ich persönlich mag den Sounddesign Autoune und Co. Sound zu 95% gar nicht, im R&B Bereich zu 100% nicht.
Das klingt für mich albern und nach Industrieproduktion ohne Eigenheit des Künstlers.

Es gibt aber wenige Songs wo das als Stilmittel geschickt und auch voll wahrnehmbar als Effekt eingesetzt wird.

Autotune und Co. im Ausmerzen von wenigen und leichten Schlenkern, da sehe ich kein Problem, kann wirklich ein Zeitsaver sein.
Wenn ich aber jede Note anfassen muss, so kann ich wenigstens bei meinen Aufnahmen sagen, nochmal machen oder anderer Tag ;-)
 
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Ich erinnere nur mal an Madonna's legendären Auftritt beim eurovision 2019...
...und ruckzuck gab's auch die korrigierten, mit Autotune oder Melodyne oder was weiß ich angepassten Versionen. Wie auch immer...
Wenn man Aufnahmen, die aus welchen Gründen auch immer ein paar falsche Töne haben, gerade zieht, ist das was anderes, als wenn man komplette Vocalspuren über autotune anpassen lässt. Soweit ich mich erinnere, ist mir das zum ersten Mal bei Cher aufgefallen, wo das wohl bewusst als Effekt eingesetzt wurde. Mittlerweile ist das wohl - wie hier auch schon mehrfach betont wurde - zum Stilmittel der aktuellen Pop-Produktionen geworden, dass auch Sänger und Sängerinnen, die eigentlich von Natur aus eine gute und angenehme Stimme haben, mit autotune verfremdet oder besser gesagt angepasst werden.

Ich hab zu Hause eine flippige 13jährige, die total auf Pop-Musik steht und diese Art Musik gut findet, und da hilft auch kein Geläster von meinem 16jährigen, der genau wie ich eher auf handgemachte ehrliche Rockmusik steht. Autotune ist kein Geheimnis, alle kennen es und wissen, dass es mehr oder weniger extrem eingesetzt wird.
 
Also um den Titel dieses Threads aufzugreifen: Realität ist mir lieber. Mir will einfach nicht in den Kopf rein, wie man diesen Autotune-Sound genießen kann. Höre deswegen eigentlich nie durchschnittliche Radiosender.
Aber es ist natürlich - genau wie etwa auch bei Gitarreneffekten - eine Geschmacksfrage. Habe mir jedenfalls nach den Autotune-Beispielen erstmal On Reflection von Gentle Giant zur Erholung angehört.:D

Eine Frage möchte ich hier in die Runde werfen: Da man ja in der Regel auch zu einem guten Teil durch Imitation von Vorbildern lernt, kann es sein, dass sich die Stimmen von Popsängern schon vor Bearbeitung mit der Zeit an diesen Klang anpassen?
 
Also um den Titel dieses Threads aufzugreifen: Realität ist mir lieber. Mir will einfach nicht in den Kopf rein, wie man diesen Autotune-Sound genießen kann. Höre deswegen eigentlich nie durchschnittliche Radiosender.
Aber es ist natürlich - genau wie etwa auch bei Gitarreneffekten - eine Geschmacksfrage. Habe mir jedenfalls nach den Autotune-Beispielen erstmal On Reflection von Gentle Giant zur Erholung angehört.:D

Eine Frage möchte ich hier in die Runde werfen: Da man ja in der Regel auch zu einem guten Teil durch Imitation von Vorbildern lernt, kann es sein, dass sich die Stimmen von Popsängern schon vor Bearbeitung mit der Zeit an diesen Klang anpassen?
Das ist das traurige an der Popmusik, kaum ist etwas "erfolgreich" (oder besser, "verkäuflich") wird es kopiert, bis auch der letzte es nicht mehr hören/ertragen kann.

Mich haben schon immer die Musiker interessiert, die ihren eigenen Weg gehen/gesucht haben. Und komisch, deren Musik kann ich mir auch nach Jahren immer mal wieder anhören!

Gruß
SlapBummPop
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Täusch dich nicht, aber Diskussionen, wie wir sie hier führen, gab es auch damals schon genauso. Zum Beispiel als die gleichstufig temperierte Stimmung eingeführt wurde, die wir auch heute noch überwiegend nutzen.

Für Vertreter der vorher gängigen reinen Stimmung war das ein ähnlicher Skandal wie für den Klassik-Rocker die Pitchkorrektur. Denn dadurch wurde die individuelle Bedeutung verschiedener Tonarten praktisch eliminiert und das Musikmachen simplifiziert. Du konntest vorher nicht einfach ein Werk in eine beliebige andere Tonart transponieren.
Naja, Kammerton A1 = 440 Hz (Wohltemperierte Stimmung) ist lediglich eine Empfehlung, mehr nicht.
Orchester stimmen i.d.R. etwas höher (442/443 Hz) und da ist aktuell gar nix in Stein gemeißelt. (Renaissance und Barockmusik (reine Stimmung) gibt es nach wie vor und klingt Hammer!)
Z.Zt. laufen auch wieder Debatten darüber tiefer (unter 440 Hz = A1) zu stimmen.
So wie jeder Tonarten verwenden kann wie er will, so kann er auch seine Instrumente letzendlich stimmen.


Also, vielleicht lieber mal 'ne andere Tonart oder Stimmung, als "Tools" wie Autotune verwenden. (um wieder zum Thema zurück zu kommen:))

Gruß
SlapBummPop
 
Ich persönlich mag den Sounddesign Autoune und Co. Sound zu 95% gar nicht, im R&B Bereich zu 100% nicht.
Das klingt für mich albern und nach Industrieproduktion ohne Eigenheit des Künstlers.

Vor Jahren habe ich mal zufällig einen Bericht über Alicia Keys gesehen. Damals war sie noch nicht so bekannt und da ich aus der Hardrock und Metal Ecke komme, kannte ich die Dame nicht. In ihrem Appartment stand ein Flügel. Während des Interviews setzte sie sich an den Flügel und begann zu singen. Ich dachte mir "Mann hat die Frau eine geniale Stimme, das ist ja der Hammer. Von der würde ich gerne mehr hören". Kurz darauf spielten sie ihr aktuelles Lied und ich dachte mir "Ok. hat sich erledigt. Klingt exakt so wie alle anderen Sängerinnen in dem Genre". Ich weiß nicht, ob das nur Autotune war. Ich habe aber den Eindruck, dass bei den heutigen Produktionen tatsächlich Wert darauf gelegt wird, dass die Eigenheiten der Künstler verschwinden.
 
Naja, Kammerton A1 = 440 Hz (Wohltemperierte Stimmung) ist lediglich eine Empfehlung, mehr nicht
Die wohltemperierte , bzw gleichstufige Stimmung definiert sich nicht (nur) über den Kammerton sondern im Wesentlichen über das verbiegen der Intervalle. Zum Beispiel unterscheiden sich gleichstufige und reine Quinte um 17 Cent. 12 Quinten = 7 Oktaven - diese Gleichung stimmt nur in der gleichstufigen Stimmung.
 
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Die wohltemperierte , bzw gleichstufige Stimmung definiert sich nicht (nur) über den Kammerton sondern im Wesentlichen über das verbiegen der Intervalle.

Wobei man die Wohltemperierte Stimmung nicht mit der gleichstufigen Stimmung gleichsetzen sollte ... und das sage ich als ausgesprochener Nicht-Stimmungsexperte.

Thomas
 
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Frau Germanotta hat sich auch schonmal darüber beklagt:
Die Lady hat natürlich nicht unrecht, sollte sich aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, wenn ich mir ihr neuestes Werk so anhöre.
Denn inzwischen dürfte die gute ja deutlich mehr künstlerische Entscheidungsgewalt über die Produktion haben als in dem im Post angesprochenen Frühwerk....

Jay-Z hat ja schon vor vielen Jahren den "Death of Autotune" beschworen - aber da wollte ihm im R'n'B niemand folgen und er hat sich einen schönen Shitstorm von seinen Kollegen eingefangen. Und die Mode hält sich ja immer noch ziemlich hartnäckig...
 
Die Lady hat natürlich nicht unrecht, sollte sich aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, wenn ich mir ihr neuestes Werk so anhöre.

Ich gehe mal davon aus, dass sie mit ihrem Statement damals nur ein bisschen Promo für ihr Swing-Album mit Tony Bennet machen wollte.

Wobei man die Wohltemperierte Stimmung nicht mit der gleichstufigen Stimmung gleichsetzen sollte

Meines ebenfalls nur angelesenen Wissens ist die GS eine Unterform der WS.
 
Meines ebenfalls nur angelesenen Wissens ist die GS eine Unterform der WS.

Das mag sein, daß das irgendwer in dieser Form katalogisiert.

Ich finde es halt nur ein wenig irreführend, die einzige Stimmung, die wirklich aus allen anderen heraussticht, weil sie tatsächlich jeden Halbtonschritt gleich groß macht, mit einer Gruppe von Stimmungen (WT - Werckmeister, Kirnberger, …) gleichzusetzen, die das nicht tut.

Aber das mag jeder für sich halten, wie er mag. Wie gesagt: Ich bin keiner aus der Stimmungsextremistenecke … :)

LG
Thomas
 
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Vor Jahren habe ich mal zufällig einen Bericht über Alicia Keys gesehen. Damals war sie noch nicht so bekannt und da ich aus der Hardrock und Metal Ecke komme, kannte ich die Dame nicht. In ihrem Appartment stand ein Flügel. Während des Interviews setzte sie sich an den Flügel und begann zu singen. Ich dachte mir "Mann hat die Frau eine geniale Stimme, das ist ja der Hammer. Von der würde ich gerne mehr hören". Kurz darauf spielten sie ihr aktuelles Lied und ich dachte mir "Ok. hat sich erledigt. Klingt exakt so wie alle anderen Sängerinnen in dem Genre". Ich weiß nicht, ob das nur Autotune war. Ich habe aber den Eindruck, dass bei den heutigen Produktionen tatsächlich Wert darauf gelegt wird, dass die Eigenheiten der Künstler verschwinden.

Ich denke, das liegt an der "Produktion" an sich.
Also, vom Aufnehmen, Editieren inkl. Autotune, und Bearbeiten mit Effekten, und genau da übertreibt man zum Teil maßlos!
Wenn ich mir so anschaue und anhöre wie "produziert" wird, ist das für mich vergleichbar mit einer echten "Industrieproduktion" en masse.


Da wird geschraubt und gemacht, um jede Nuance einer Ungenauigkeit auszutreiben oder den Klang der Stimme so zu formen, dass er "angeblich" massentauglich ist.
Ich habe da auch den Verdacht, das Heer an Editierern und Zuarbeitern im Engineeringgeschäft muss auch bezahlt werden.

Ich habe zuletzt ein "Start To Finish" auf PureMix gesehen, bei dem Vance Powell, erfahrener Engineer, einen Assistenten hat, der die Lead, Backing Vocals Silbe für Silbe untersucht hat, und mit Meldodyne zu 80% nachbearbeitet hat, zum Teil um Nuancen bei dem ich denke, das ist vollkommen irrelevant.
Das Ergebnis hierbei ist, alles klingt wirklich on the point gesungen, für mich klingt das komisch.
Und hier reden wir von einer Indie-Band, von den 80% hätte ich ca. 10% nachgearbeitet, weil die hörbar vorbei lagen, bei den anderen Anpassungen habe ndie JUngs das gemacht, weil man das mittlerweile erwartet.
Ich frage mich da, wer erwartet dass denn?
Ich kenne keinen Musikhörer der das erwartet.

Da fällt mir ein, Sloop John B. von den Beach Boys.
Hier muss man sich mal die Stacked Vocals anhören:



Der Anfang wie gewohnt Double Tracking, hier hört man schon leichte Ungenauigkeiten im Timing und sehr leicht in der Tonhöhe.
Das ist nix Vocal aligned im Timing, warum auch, hier singen zwei Stimmen, wie in der Realität ;)

Wenn der Chor kommt, hat man sogar kleinste Textfehler drin gelassen, bei 00:55 singen alle "Broke up" und einer singt break up ;-)

Und dann kommt vollkommen unerwartet bei 1:16 ein Blockchor, da bekommt man Gänsehaut.
Un-align'de und nicht-autogetune'de Stimmen reiben zueinander immer etwas, aber das ist doch im Mix wie im realen Leben wunderbar!


Produktion zusätzlich zu Autotune
Nun Alicia Keys und Co. haben Autotune sicher nicht nötig, bei denen kommt noch dazu, dass mit EQ, Kompression, Triple-Tracking plus Modulation und Delay und Gedöhns die Stimme so produziert wird, dass von der Eigenheit der eigentlichen Stimme weniger übrig bleibt.

Und da gebe ich Dir recht, wenn man Alicia Keys oder Lady Gaga, nicht meine Musik, aber, wenn man die mal nur am Piano sitzend und ohne Gedöhns hört, wie gut die klingen, dann finde ich das wirklich schade, dass man das so auf die Spitze bei den Produktionen treibt.

Es gibt aber genügend moderne Musik, bei dem das nicht der Fall ist, und das freut mich dann auch, wenn man da einfach dem Musiker zuhören kann.

A propos Sloop Jon B.

Die Jungen können es auch (und haben Spass), auch im Bus :)




Und als Rausschmeißer weil es so schön ist:




Da braucht es kein Autotune ;-)
 
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