Unabhängigkeit der Hände, im Kopf

  • Ersteller Geier0815
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Ich denke da aber durchaus auch an so etwas: :)

[...]

Sicherlich, ein begnadeter Musiker, aber mir ging es darum (das Hauptthema), wenn das Herz (und auch der Kopf) spielen will, und die Hände können das nicht umsetzen.
Besonders beim Klavierspielen brauchen die Hände Abertausende von Übungsstunden, bis sie die musikalischen Ideen des Kopfes und/oder die Wünsche des Herzen umsetzen können.

Musikalität und rhythmisches Bewegen zur Musik wurde uns von der Natur geschenkt, und nicht nur kleine Kinder (1-2 Jahre alt) singen und tanzen zur Musik - ganz spontan und natürlich, sie können auch das erste Instrument (Kochtöpfe und Löffel) intuitiv spielen. Ähnliches beobachten wir auch bei vielen Tieren (Vogelgesang, Balz-Tanzen ...). Das Musik-machen-Wollen ist uns in die Wiege gelegt worden, doch das Musik-machen-Können muß erlernt werden.
Denn die Musik, die wir täglich hören, die unsere Herzen mit Freude füllt, und unsere Gedanken im Kopf begleitet, die rutscht uns nicht (ohne erlernte Spieltechnik) einfach so von den Fingern.

Gruß, Bert
 
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Fazit der ganzen Geschichte:

Klavierspiel muß man üben.

Wieder was gelernt …. ;)

LG
Thomas
 
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Musikalität und rhythmisches Bewegen zur Musik wurde uns von der Natur geschenkt,
Da bin ich schon wieder ganz anderer Ansicht. Musik ist eine kulturelle Errungenschaft und wird von den Menschen von einer Generation an die nächste weitervererbt. Das Mittel dazu ist eine - wie auch immer geartete - Pädagogik. Wenn das aus der Natur käme, würde es ja genetisch weitervererbt und müßte ohne Üben ausgeführt werden können, und davon ist mir jedenfalls nichts bekannt. Bei kleinen Kindern, die auf Kochtöpfe klopfen, muß diese Musikalität ja erst mal entwickelt werden. Von selbst klingt da erst mal gar nichts schön. Und wenn da keine Hilfe kommt - sei es vom Elternhaus, durch Musikunterricht oder durch andere Quellen - passiert da auch nichts.

Und bei dressierten Wunderkindern klingeln bei mir immer zuerst mal die Alarmglocken. Ausnahmen bestätigen die Regel (Mozart).

Viele Grüße,
McCoy
 
[...]Wenn das aus der Natur käme, würde es ja genetisch weitervererbt und müßte ohne Üben ausgeführt werden können, und davon ist mir jedenfalls nichts bekannt. [...]

Nein, so einfach ist die Genetik nicht. Menschen werden in einem sehr niedrigen Entwicklungsstadium geboren (der Limit ist die Kopfgröße des Kindes und der Geburtskanal der Mutter), aber sie haben (genetisch vererbt) viele Anlagen, die sie durchs Üben zu bestimmten Fähigkeiten vervollkommnen. Das Üben machen sie aus sich selbst, durch ihre (auch genetisch vererbt) Denk- und Lernfähigkeit, Neugierde und Wißbegier. Beobachten u/o zuhören und nachmachen.
So lernen Kinder laufen und sprechen, so trainieren sie auch ihr Musikgedächtnis, ohne daß sie dazu pädagogisch angeleitet werden; das ist ein natürlicher Lernprozeß (eine Kombination aus Genen und Wahrnehmung der Umwelt). So können sie auch (ohne Lehrer) Trommeln erlernen - zuhören, nachklopfen.

Aber ohne Üben erlernen Kinder/Menschen gar nichts (nicht mal den aufrechten Gang); sie können vieles ohne eine pädagogische Anleitung erlernen (beobachten, nachmachen, üben), problematisch wird es mit ("modernen") technisch komplexen Geräten bzw. Instrumenten. Dafür brauchen sie eine pädagogische Führung. Zwar können sie auch allein durchs Ausprobieren etwas "zustande bringen", aber um die technischen Möglichkeiten des Instruments effektiv nutzen zu können, brauchen sie eine pädagogische Einführung (ein Buch, einen Lehrer, ein Video ...). Sind sie mit den Grundlagen vertraut, können sie dann allein durchs Ausprobieren und Üben ihre Fertigkeiten weiterentwickeln.

Ich kenne viele (Hobby)Musiker, die in der Kindheit Klavierunterricht hatten, haben es aber bald abgebrochen (zu schwierig, keine Geduld ...) und ein anderes Instrument (Gitarre, E-Baß, Trompete, Trommeln/Schlagzeug ...) erlernt (oft autodidaktisch) und dann in einer Band gespielt.
Deshalb denke ich, daß beim Klavierspielen ein bißchen mehr zusammenkommen muß; vielleicht ist es die richtige pädagogische Führung, die beim Klavier eine größere Rolle spielt als bei einer Trompete (ich weiß es nicht), vielleicht auch ein besonderes Talent.

Nicht alle "Wunderkinder" sind dressiert; manche Kinder sind wie elektrisiert und man kann sie von ihrem "Lustobjekt" (Klavier, Bücher, Pinsel, Schachbrett ...) gar nicht trennen. Manche stehen nachts auf und "üben" heimlich auf den Tasten, ohne die Tasten anzuschlagen, damit Mama und Papa nicht aufwachen.

Gruß, Bert
 
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Da habe ich einfach einen anderen Begriff von Pädagogik, weshalb ich ja auch den Zusatz "wie auch immer geartete" eingefügt habe. Wenn jemand einem Kind etwas vormacht, und das Kind dieses dann nachmacht, dann ist das aus meiner Sicht schon eine pädagogische Situation. Und ohne dieses Vormachen und Nachahmen würde kein Kind auf der Welt von selber Musik machen. Wenn das Kind von selbst beginnt, Musik zu machen, ist es schon in ein musikalisches Umfeld hineingeboren, und allein dadurch ist die pädagogische Situation schon gegeben. Schon der Spracherwerb ist aus meiner Sicht ein pädagogischer Akt. Ohne sprachliches Vorbild bleibt das Kind stumm. Ein Kind, das von Tieren großgezogen wird, spricht und singt nicht.

Das Potential, daß ein Kind das lernen kann, ist von Natur aus gegeben, da gebe ich Dir recht. Aber was mit diesem Potential geschieht, bestimmen die Mitmenschen, bestimmt das soziale Umfeld, in dem es aufwächst, also die Kultur und nicht die Natur.

Nicht alle "Wunderkinder" sind dressiert;
Da sind wir uns einig. Deshalb habe ich oben geschrieben: "Ausnahmen bestätigen die Regel."

Oft ist es aber so, daß man von den einstigen Wunderkindern später nichts mehr hört. Kennt jemand noch Dimitri Sgouros? :nix:

Viele Grüße,
McCoy
 
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Kennt jemand noch Dimitri Sgouros? :nix:
Ich hab mal in den 80ern(?) im TV eine Reportage über ihn gesehen. Ich erinnre mich da aber nur noch an eine Kamereinstellung von ihm beim Notenstudium im Flieger, das zu können hat mich damals total beeindruckt. :D

Gruß Claus
 
[...] Ein Kind, das von Tieren großgezogen wird, spricht und singt nicht.
[...]

Nein, menschliche Sprache spricht es nicht, aber es jault (eine Art von Singen), bellt und "spricht" wie ein Wolf, und es kann nicht aufrecht gehen, sondern läuft auf allen Vieren.

Interessant finde ich, daß blinde Kinder "tanzen" (rhythmische Bewegung nach Musik), ohne je einen Tanz gesehen oder gelernt zu haben. Und auch gehörlose Kinder (völlig taub, kein Restgehör) "tanzen" liegend auf dem (Fuß)Boden im Rhythmus der Vibrationen (hier wurden mehrere Musikboxen auf einem Holzparkett entsprechend platziert).

[... Wenn jemand einem Kind etwas vormacht [...]

Nun, das klingt ein bißchen so: "schau her, ich mache etwas vor, und du machst es nach"; und genau das meine ich nicht. Das Kind lernt (wenn man es läßt) das, was es beobachtet (auch wenn sich der "Vorführer" unbeobachtet fühlt; also er macht das nicht für das Kind), darum lernen Kinder auch vieles, was sie nicht lernen "sollen".
Kinder lernen (grenzenlos begeistert) aus Interesse. Wenn man sie läßt, also im Vorschulalter.

Noch zu der freien Finger-Beweglichkeit bei Erwachsenen.

Zwar sind die Finger einer gesunden Hand frei beweglich, doch auch da gibt es anatomische Unterschiede, wobei ich weder die Häufigkeiten noch die gekoppelten Kombinationen kenne, aber es geht mir nur um das Phänomen, weil es direkt mit dem Thema zusammenhängt.

Es gibt auch (gesunde) Hände, die bei der willentlich gesteuerten Beugung eines Fingers auch noch einen zweiten Finger beugen (den man gar nicht beugen will). Oft sind es 4. und 5. Finger; beugt man den 5. Finger, beugt sich auch der 4. mit - ob man will oder nicht.
Es gibt auch noch andere Kombinationen z. B. 2. und 1. Finger (oder umgekehrt), 3. und 4. Finger. Manchmal nur an der einen Hand, manchmal ist die gleiche Finger-Koppelung an beiden Händen.
Auch dieses Phänomen kann (muß aber nicht) das Klavierspielen erheblich beeinträchtigen.

Von Musik-Pädagogik habe ich keine Ahnung, aber keine der Klavierschulen, die ich habe oder in die ich einen kurzen Blick warf, hat dieses Thema (anatomisch bedingte Einschränkung der Fingerbeweglichkeit) behandelt, deshalb nehme ich an, daß es bei Kindern keine Rolle spielt, weil sich ihre Hände den spiel-technischen Anforderungen durch gezieltes Trainieren (Fingerübungen) anpassen.

Gruß, Bert
 
Oft sind es 4. und 5. Finger; beugt man den 5. Finger, beugt sich auch der 4. mit - ob man will oder nicht.
das ist anatomisch bedingt und ganz normal. Ringfinger und Pinky teilen sich irgendeine Sehne und/oder Muskel, so dass sie sich immer bis zu einem gewissen Grad gegenseitig beeinflussen.
 
"schau her, ich mache etwas vor, und du machst es nach"
Nein, genau das meinte ich auch nicht. Da sind meine Ansichten doch etwas subtiler.
Kinder lernen (grenzenlos begeistert) aus Interesse.
Da sind wir uns völlig einig. Nicht einig sind wir uns darin, daß das nachgemachte Gejaule eines Wolfes eine Art von Musik sein soll. Um Musik zu machen, muß der Mensch den Ton vom Geräusch unterscheiden können, und das muß er erst lernen. Von den Wölfen lernt er es nicht.

Es gibt auch (gesunde) Hände, die bei der willentlich gesteuerten Beugung eines Fingers auch noch einen zweiten Finger beugen (den man gar nicht beugen will). Oft sind es 4. und 5. Finger; beugt man den 5. Finger, beugt sich auch der 4. mit - ob man will oder nicht.
Robert Schumann hat aufgrund dieser Tatsache, die er nicht akzeptieren wollte, allerlei Apparate verwendet, um die entsprechenden Finger und ihre Muskeln zu trainieren: Trillermaschinen, Fingerspanner, Fingerschweller u.a., die teilweise von seinem Lehrer und Schwiegervater in spe Friedrich Wieck hergestellt und vertrieben wurden. Zum Teil hat Schumann sich solche Apparate auch selbst gebaut, um z.B. seinen Ringfinger an der Decke aufzuhängen, während er übte. Wie genau das aussah, läßt sich wohl nicht mehr rekonstruieren. Auf jeden Fall hat Schumann sich mit diesen Apparaten nicht nur seinen Ringfinger, sondern damit auch gleichzeitig seine Virtuosenkarriere gründlich versaut. Sein Ringfinger war auf jeden Fall danach steif und konnte gar nicht mehr bewegt werden. Es mag andere Mitursachen gegeben haben, wie z.B. die - aus heutiger Sicht wohl unsachgemäße - Medikation einer Syphillis. Glück für uns, denn Schumann hat sich daraufhin auf das Komponieren spezialisiert und uns wunderbare Werke hinterlassen.

Für das Klavierspiel nach moderner Technik braucht man nur sehr geringen Muskeleinsatz, da man unter Verwendung des Armgewichts und dem Einsatz von allerlei Hebelwirkungen, Drehmomenten, Fliehkräften u.ä. die Muskelbewegungen auf ein Minimum reduzieren kann. Ich rate daher dringend von allen solchen übertriebenen Fingertrainingsübungen, die zur Muskelstärkung führen sollen, ab. Das, was man an Muskeln beim Klavierspielen braucht, entwickelt sich beim normalen Üben in der Regel von allein.

Als ich einmal unseren Altmeister Günter Sch. traf, schaute er zu allererst auf meine Hände und sagte: "Siehst Du, Du hast auch keine Muskelberge an den Fingern. Für die paar Gramm, die man an einer Klaviertaste herunterdrücken muß, braucht man die auch nicht."

Viele Grüße,
McCoy
 
Siehst Du, Du hast auch keine Muskelberge an den Fingern
da bedarf es keiner Muskelberge, denn selbst mit "Mini-Muskelhügelchen" wärst du eine respektable anatomische Sensation...
:Di
 
Keine anatomischen Spitzfindigkeiten jetzt. Ich glaube, jeder weiß, wie es gemeint ist. :D

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Das war leicht zu finden: http://sgouros-pianist.com/recordings.htm Die letzte Aufnahme letztes Jahr, er scheint noch aktiv zu sein.
Nun, das klingt ein bißchen so: "schau her, ich mache etwas vor, und du machst es nach"; und genau das meine ich nicht.
Sobald man etwas macht, wenn ein Kind in der Nähe ist, macht man ganz automatisch vor, das lässt sich gar nicht vermeiden.
Zwar können sie auch allein durchs Ausprobieren etwas "zustande bringen", aber um die technischen Möglichkeiten des Instruments effektiv nutzen zu können, brauchen sie eine pädagogische Einführung (ein Buch, einen Lehrer, ein Video ...).
Bei Kindern im Alter von Enisey vielleicht eher Lehrer :)
Ich bin da übrigens auch immer sehr vorsichtig. Zu groß ist die Gefahr, dass die Kindheit verloren geht.
 
[...]
Da sind wir uns völlig einig. Nicht einig sind wir uns darin, daß das nachgemachte Gejaule eines Wolfes eine Art von Musik sein soll. Um Musik zu machen, muß der Mensch den Ton vom Geräusch unterscheiden können, und das muß er erst lernen. Von den Wölfen lernt er es nicht. [...]

Nun, ich bin mir dessen bewußt, daß ich die Welt nicht so erfahren kann, wie sie wirklich ist, sondern nur so, wie ich sie mit meinen Sinnen wahrnehme. Auch kenne ich die Definition von Musik bzw. Gesang nicht, aber für mich, nach meiner Wahrnehmung ist das hier (s. Video) eine schöne Musik und herzergreifender (Wolfs)Gesang.



[...] keine Muskelberge an den Fingern [...]

Nein, die braucht man tatsächlich nicht, aber die feinen kleinen Muskeln, die man von außen kaum oder gar nicht sieht, die jedoch wohl-koordiniert am Klavierspielen beteiligt sind, müssen trainiert werden; und auch da bin ich mit Dir im Einklang, diese Muskeln trainiert man nicht mit Hanteln-Stemmen im Fitneß-Studio, sondern beim langsamen, aufmerksamen Spielen am Klavier. Diese Art von Spielen finde ich in den Klavier-Lehrbüchern meist unter dem Stichwort "Fingerübung", aber an dem Begriff will ich nicht festhalten. Wir beide sprechen von Koordination und nicht von Muskelbergen.

Gruß, Bert
 
Nein, die braucht man tatsächlich nicht, aber die feinen kleinen Muskeln, die man von außen kaum oder gar nicht sieht,
auch auf die Gefahr hin, als "anatomische Spitzfindigkeiten-Klugscheißer" :D wahrgenommen zu werden:
der Hauptgrund, warum man die "feinen kleinen Muskeln" der Finger nicht sieht, ist der, dass sie nicht existieren. :opa:
:)
 
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Ich kenne das auch, obwohl ich kein Musiker, sondern nur Schlagzeuger bin. :D

Ich meine das geht dann weg, wenn man nicht mehr "bewusst" spielt. Wenn man beispielsweise mit der HiHat Viertelnoten spielen will, mit der Bassdrum Triolen und dann mit den Händen was anders, wird es sehr schwierig.

Wenn man die Dinge aber einzeln so lange übt und immer wieder neu in Kombination ausprobiert, dann kommt das irgendwann von selbst, und zwar dann, wenn man einfach nur noch spielt und sich nicht mehr "zwingen" muss irgendwelche Noten zu spielen.

Ich habe am Anfang Rudiments (also Grundübungen) nur mit Widerwillen geübt. Aber nach einer Weile habe ich gemerkt, wenn ich stumpf mit den Händen und Füssen abwechselt Triolen, Doppelschläge, Rolls und was auch immer, in vierteln, achteln, usw. übe, dann wird das normale Spielen plötzlich ganz leichtfüssig.

Wenn dann eine Lied kommt, wo schwierige Rhythmen kommen, kann ich, weil ich geübt bin, das auch spontan spielen und die Unabhängigkeit der Gliedmassen ist nicht mehr das größte Problem.

Eher die Mädels, die Schlagzeuger immer übersehen... :D
 
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der Hauptgrund, warum man die "feinen kleinen Muskeln" der Finger nicht sieht, ist der, dass sie nicht existieren.
Es gibt zwei große Gruppen von Muskeln, die nur für die Finger und den Daumen zuständig sind (der Daumen ist anatomisch kein Finger, sondern wegen seines Sattel-Grundgelenks anatomisch eigenständig - im übrigen auch funktional, worauf die Tatsache hinweist, dass es in den motorischen Zentren des Gehirns eigene abgegrenzte Bereiche nur für die Steuerung der Daumen gibt).

Die Motorik der Finger/Hände ist mit die komplexeste, die wir haben. Von den feinsten feimontorischen Bewegungen und Bewegungsabläufen bis hin zu massiven, grobmotorischen und mit großer Kraft vollzogenen Bewegungen ist alles möglich, und alle Abstufungen dazwischen.

Für die Feinmotorik sind die "kurzen" Fingermuskeln zuständig, die in der Mittelhand liegen (natürlich nicht in den Fingern selber, dort insertieren nur deren Sehnen), für die Grobmotorik mehr die langen Fingemuskeln, die im Unterarm liegen.

Hier noch eine weitere Übersicht dazu: https://www.lecturio.de/magazin/muskulatur-daumen-und-finger/#die-kurzen-fingermuskeln (auch wenn im Titel nur die kurzen Fingermuskeln erwähnt werden, sind in den Grafiken auch die langen Fingermuskeln gut zu sehen).

Aufgrund der funktionellen Aufteilung der Muskelgruppen sollte im Prinzip die Initiative beim Instrumentalspiel mental stets in den Fingerspitzen liegen. Dann fungieren die kurzen Fingermuskeln als Agonisten, sind also sozusagen die "Chefs" im Bewegungsablauf. Die langen Fingermuskeln werden dann von den motorischen Zentren als Synergisten angesteuert, also nur als "Helfer" der kurzen Fingermuskeln. Z.B. bei f/ff-Anschlägen, die, je nach geforderter Lautstärke, nicht von den kurzen Fingermuskeln alleine ausgeführt werden können.

Würde man mental die Initiative in Richtung Arm verlagern, würde zusehends der Bewegungsablauf immer grobmotorischer werden, was spätestens dann Probleme in der Spieltechnik nach sich ziehen würde, wenn sich diese grobmotorischen Abläufe verselbständigen und stereotyp werden würden.

Dazu ein Beispiel:
Ein Tuchhändler prüft die Qualität eines wertvolles Tuchs mit den Fingerspitzen, das wird er typischerweise mit einer ganz feinen reibenden Bewegung machen, indem er das Tuch leicht zwischen Daumenspitze und Zeigefingerspitze legt und es feinsinnig anfasst und leicht und ohne Kraft mit den Fingerspitzen am Tuch reibt.
Bewegungen des Arms, um etwa das Tuch näher betrachten zu können und es deshalb näher zu den Augen zu führen, werden völlig ohne Kraft ausgeführt, die Muskeln dort (z.B. der Bizeps um den Arm zu beugen) kontrahieren isotonisch auf einem ganz, ganz niedrigen Level. Die kurzen Fingermuskeln sind die "Chefs" bei dieser sehr leichten Bewegung und das Gehirn steuert die langen Fingermuskeln adäquat an, diese machen bei dieser Aufgabe keine Kraft.

Wenn derselbe Tuchhändler später einen ganzen Stapel mit Stoffballen aus dem Lager holt, der nun mal ein gewisses Gewicht hat, dann wird bei dieser Aufgabe hingegen der Bizeps der Chef sein. Die Steuerung und Kraftentfaltung der Muskeln in den Armen und in den Händen ist diametral zum ersten Beispiel.
Wenn der Bizeps, der ein typischer Kraft-Muskel ist, der "Chef" (Agonist) der Bewegung wird, dann werden sowohl die langen als auch die kurzen Fingermuskeln als "Helfer" (Synergisten) derart eingesetzt (hier speziell die Beuger), dass sie sehr stark bis ggf. maximal kontrahieren. Denn die Hände müssen ja den Gegenstand sicher fassen, so dass er nicht Gefahr läuft, aus den Händen zu fallen. Für die Dauer des Tragens und Haltens sind vor allem die kurzen Fingermuskeln deshalb regelrecht blockiert.
Ein Beispiel, das jeder kennt ist das Tragen einer Kiste mit Wasserflaschen (oder Kiste Bier).

Diese Steuerungsmechanismen funktionieren als Reflexe und werden alleine durch die Intention der Bewegung, durch die Absicht des Ausführenden quasi automatisch abgerufen. Was ja auch absolut sinnvoll ist, man muss nur seine alltäglichen Bewegungen mal beobachten.

Aus diesen Zusammenhängen heraus wird deutlich, dass Bewegungsvorstellungen am Klavier (aber auch allen anderen Instrumenten) möglichst so geartet sein sollten, dass die langen Fingermuskeln und vor allem der Bizeps nie als Initiatoren der Bewegung fungieren, sondern stets in der für das Ziel der Bewegung angemessen fein abgestuften Innervierung als Synergisten.
Damit ist auch gewährleistet, dass deren Kontraktionsspannung sich auch immer schnell und möglichst vollständig abbaut nach der Ausführung der Bewegung.
Die Gefahr aller grobmotorischen Bewegungsabläufe am Instrument ist nämlich, dass sich immer mehr eine Haltespannung aufbaut (wegen der oben erläuterten Steuerungs-Mechanismen und Reflexe) und das Spiel immer mehr festläuft, was absolut kontraproduktiv und frustrierend ist.
 
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Ohne mich hier mit Tonleitern unbeliebt zu machen, kann ich sagen, daß ich mit den Tonleitern die Handunabhängigkeit sehr gut und schnell(!) gewonnen habe. Ich bin kein Musiker, es ist nur meine Jahre lange (tägliche) Erfahrung. Jeden Tag 5-10 Minuten Tonleitern mit beiden Händen über vier Oktaven.

Ich hab nicht alles gelesen (nachtschicht:redface:) daher könnte mein Tipp schon mal vor gekommen sein :

Lass die Tonleitern weg, davon hast du nichts weil die Tasten eng nebeneinander liegen und du praktisch keinen nutzen davon hast.
Außerdem ist das nur ne interessante Übung wenn du die jede Tonleiter aus dem Kopf herleiten möchtest, was zumindest in Dur jetzt nicht so das Problem ist.

Nimm lieber gebrochene Akkorde :great:
Damit spielst du auch über 4 Oktaven und jeden Akkord in seinen Umkehrungen.
Dabei hat du mehr "Abstand", wodurch deine Finger auch weite Wege trainieren.

Und für jedes Übungsstück hast du denn Vorteil das du die Akkord Griffe kennst.
Spielst du irgendeine Figur, merkst du sofort "ahhh Es Dur - zweite Umkehrung" oder "G Dur - Grundstellung" was dir auch beim Harmonien analysieren hilft.

Wann kommen in einem Stück schon Läufe stur nach Tonleitern vor? :)
 
Wann kommen in einem Stück schon Läufe stur nach Tonleitern vor?

Hängt davon ab. Im Tango Nuevo kommen häufig chromatische Tonleitern vor. Da wird die Enge zur Herausforderung, die man bewältigen muss.
 
Im Tango Nuevo kommen häufig chromatische Tonleitern vor.
Chromatisch... Okay die sollte man können und ja , auch Tonleitern können ist natürlich richtig.
Allerdings ist meiner Meinung nach gebrochene Akkorde üben effektiver. :great:

Aktuell hab ich zb Edvard Grieg - Arietta auf dem Pult und Beethoven 6 leichte Variationen über ein Schweizer Lied.
In beiden kann ich mit gebrochenen Akkordeon mehr anfangen als das ich die Es Dur oder F Dur Tonleiter übe.
:)
 

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