Hatte ich den nicht anfangs erwähnt?
"One Year of Love" von Queen z.B. war/ist so einer für mich.
Dachte das ließe sich deinerseits noch ein bisschen ausdifferenzieren... schwierig ist in dem Kontext von Gesang eben sehr relativ. Vermutlich am relativsten von allen Instrumenten.
Ich möchte es aber vermeiden hier über Hörproben oder gesangstechnische Schwierigkeiten zu schreiben, wäre hier off Topic.
Das is doch schon längst geschehen?
Ich bin einfach neugierig, wie das Ergebnis dessen klingt, wenn man wochenlang in tausend Takes und Note-für-Note/Phrase-für-Phrase/Wort-für-Wort aufnimmt und verbastelt.
Dazu fand ich es ein bisschen absurd eine solche Herangehensweise zu wählen und gleichzeitig zu sagen, dass Tonkorrektur zu fake sei.
Ich leite daraus einfach mal ab, dass die Intonation für dich persönlich das größte Problem bzw Herausforderung am Singen ist... bin grad nicht sicher wie oft ich das hier schon erwähnt habe, aber die Intonation ist bei Vocals ein Teilaspekt von ziemlich vielen Punkten. "Mit Autotune und Melodyne kann jeder singen" ist jedenfalls ein unfassbarer Irrglaube (und ein Kampf gegen Windmühlen darauf hinzuweisen).
Gesang besteht eben erstmal aus dem grundsätzlichen Inhalt, aus den Lyrics, der Phrasierung, der Intonation, den Melodien, den Harmonien, der grundsätzlichen Stimmfarbe, der Dynamik, der Art zu singen (belten, flüstern, grunzen, rappen - was auch immer) und neben diesen grundsätzlichen Kategorien kommt eben noch das Image von Sänger oder Sängerin, optisches Erscheinungsbild (inkl. Kleidung, Gestik, Mimik, Tanzeinlagen usw) zum tragen. Jenachdem in welcher Art man die Musik konsumiert sind manche Faktoren natürlich gewichtiger... (ich hör jetz der Studioaufnahme von One Year of Love z.b. nicht an welche Hose Fred anhatte).
Technische/physikalische Komponenten kommen in nächster Instanz dann auch noch hinzu... Equipment, Klang der Umgebung, Mix usw
Der Anteil von Intonation bei Gesang wird jedenfalls generell hoffnungslos überschätzt in dem Sinne, als dass die meisten Leute glauben "Wer Töne trifft, kann gut singen"...
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Bei Liveproduktionen gibt es sehr viele Stufen sie aufzubereiten.
Halbwegs authentisch wäre es, eine Aufnahme mit "Raumklang" (und schnittfreiem Bild) zu haben.
Gibt dann natürlich diverse offensichtliche "Tricks" denen man sich bedienen kann. z.B. bei einem Konzert die Songs bei der Veröffentlichung auszusparen, bei denen Dinge zu sehr in die Hose gingen.... dann ist es eine weitere Möglichkeit ein Livealbum zu machen aus verschiedenen Konzerten und sich die Songs von da zu picken, wo sie am besten funktioniert haben.
Das geht dann eben soweit zu allen Möglichkeiten die eine Studioproduktion bietet... bishin zu Instrumenten komplett neu einspielen (oder zusätzlich) etc.
Auch kennen gute Musiker ihre Grenzen... wenn die Sängerin im Studio eine Note aufgenommen hat, die sie live nahezu immer verkackt: andere Note singen. Alle Bandmitglieder inzwischen 60 und sie spielen Songs, die sie mit 17 aufgenommen haben? Heruntertransponieren... Gitarrist hat im Studio one-take das Solo seines Lebens hinbekommen, was live ne 50/50-Chance hat zu funktionieren? Was anderes spielen...
Live muss ein Song ja keine 1zu1 Replika der Albumproduktion sein.
In meinen Augen ist da auch eh alles erlaubt, was zum jeweiligen Stil passt.
Um eine Sache kommt man einfach nicht drumherum: Als Artist krass UND authentisch sein... ohne Skills, Charisma und gutes Material geht eh nichts. Egal ob live oder im Studio...
Nimmt man eine zweitklassige (Schüler)band und gibt ihr einen superkrassen Mix, eine riesige Bühne mit krasser Show, riesiger Dancecrew, Explosionen usw usf würde die "perfekte Produktion" derart unpassend sein, dass es die Band eher ins lächerliche ziehen würde, als dass sie davon profitieren würde.
Eine gute Liveproduktion macht für mich jedenfalls aus, dass die jeweiligen Künstler sich passend in Szene zu setzen wissen.
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Und noch angemerkt zu Studioproduktionen von Gesang (lässt sich aber auf alle anderen Komponenten übertragen):
Wer dort am Aufnahmeknopf sitzt und wie die Person psychologisch mit den Artists umgeht ist das A und O... als recording-engineer musst du die Kontrolle über die Situation übernehmen und immer daran denken, was in der jeweiligen Situation das beste is. Ich für meinen Teil bin da absolut nicht das, was man klassischerweise unter einem "Perfektionisten" versteht und hab einfach schon ettliche Aufnahmen daran zugrunde gehen sehen.
Meiner Erfahrung nach sind die ersten Takes die halbwegs geklappt haben immer die besten, weil die Musiker da noch frei im Kopf sind.
Sobald man anfängt Sachen zu sagen ala - "der take war ansich cool, aber achte doch bitte darauf, dass du am Ende der Strophe bei dem Wort "Wurst" das "r" deutlich genug aussprichst, damit es nicht klingt wie "wuhst" " - ist das ganz schnell der Anfang vom Ende. Die Person an Mic wird dann nämlich die 22 Sekunden vorher nur noch an dieses eine Wort denken; daran scheitern dann schonmal die nächsten x-takes, bis die Person überhaupt zu dem Wort gekommen ist ohne sich zu verhaspeln... dann macht man noch zig-takes wo man sagt "joaaar... war schon nah dran"... best case: iwann nach vielen Versuchen hat man iwas im Kasten ... worst case: es zieht sich ewig und klappt nie.
In nächster Instanz kann man dann überlegen, ob das Wort nochmal einzeln aufnimmt und verbaut... oder nur ein "r"... aber auch das is ganz schnell das Tor zur Hölle, weil man dann die eine Stelle verbastelt hat und dann schnell die nächste findet... und die nächste... und die nächste... ruckzuck ist gefühlt alles schrecklich und man bastelt sich einen Wolf - bis man die Aufnahmen dann vollends verschlimmbessert und ruiniert hat.
(Und da kann man dann rückwirkend die Frage stelle... eine lockere und authentische Performance wo man das "r" in "wurst" nicht so deutlich hört... wäre das nicht viel besser gewesen, als der ganze Rattenschwanz richtung Müllhalde der danach folgte? Wen interessiert am Ende überhaupt bei einem 4-Minutensong mit unzähligen Komponenten die Beschaffenheit von einer Silbe?)
Je weniger man beim recorden "denkt", desto besser ist es für das Resultat. Das kenn ich auch sehr gut aus der Erfahrung, wenn ich mich selber aufnehme oder aufgenommen wurde. Ich brauch Takes nicht (mehr) anhören um zu wissen ob sie gut sind (Irrtümer kommen natürlich mal vor), sondern weiß, dass Aufnahmen dann gut sind, wenn man an gar nichts gedacht hat, sondern das Gefühl hatte, dass Dinge einfach so von sich aus passieren und dahinfließen (da setzt allerdings auch voraus, nichts tun zu wollen, was man eigentlich nicht kann).
( Das war nebenbei auch nochmal eine andere Erzählweise von dem was
@Basselch hinsichtlich der "Spaßaufnahmen" angemerkt hat )