Kann die aktuelle Pandemie die Zukunft des Akkordeons positiv beeinflussen?

Akkordeonengel
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Guten Tag,

wir erleben derzeit eine Krisensituation, die wir seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr erlebt haben. Im Moment haben die Menschen ganz andere Probleme: Verlust der offensichtlichen Sicherheit, Gesundheitsschutz, Ernährungssicherheit, Energie. In dieser Situation tritt Musik in den Hintergrund. Es spielt jedoch immer noch eine Schlüsselrolle in der Psychohygiene. In seiner Arbeit " The accordion in the 19 th century" präsentiert Gorka Hermosa interessante Daten über italienische Akkordeonhersteller, die von Viljo Mannerjoki verfasst wurden In dem Graf unten sehen Sie die Dynamik der Zunahme und Abnahme der italienischen Akkordeonhersteller (rote Farbe - rechte Achse – Zehnten) sowie die Produktion von Instrumenten (blaue Farbe, linke Achse - in Tausenden). Die Zeitdiagrammkurven sind sehr lehrreich. Der erste Produktionsanstieg ist nach dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren zu verzeichnen. Der zweite Anstieg ist vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die frühen 1970er Jahre extrem ausgeprägt:

Akko-anzahl.jpg

Quelle: MANNERJOKI, Viljo (n.d.): “Harmonikan historia”. Retrieved January 24, 2011, from http://www.vapaalehdykka.net/?k=soittimet/harmonikka&sivu=historia

In den letzten dreißig Jahren haben wir die Stagnation in der Popularität dieses Instruments erlebt. Professionelle Akkordeon-Studienfächer waren oftmals in sich geschlossen und brachten Pädagogen für ohnehin begrenzte Nachfrage hervor oder konzentrierten sich auf High-Tech-Spielen auf High-End-Instrumenten, das keine Chance hatten, die breite Öffentlichkeit zu erreichen. Der Markt wurde (und ist) mit vielen Instrumenten aus der goldenen Zeit überflutet. Die Zeit spielt jedoch gegen alte Instrumente und alte Bräuche. Alte Instrumente verschlechtern sich und verschwinden mit der Zeit. Und gerade in diesem Moment entstehen neue Impulse für die zukünftige Musikproduktion. Es ist davon auszugehen, dass die Krise von extrem großem Ausmaß der Akkordeonsproduktion immer einen neuen Impuls gegeben hat. Nach der Krise haben Generationen ihre Erfahrungen und Traumata durch Musik und Kunst verarbeitet.

Ich bin nicht optimistisch, nur auf der Grundlage historischer Daten schätze ich die mögliche Entwicklung des Akkordeons und seine Popularität in der Zukunft ein. Obwohl es viele Faktoren gibt, die sich negativ darauf auswirken könnten, glaube ich, dass das 21. Jahrhundert für das Akkordeon günstig sein wird.

Ich wünsche allen MB-Mitgliedern viel Gesundheit...

Viele Grüße, Vladimir
 
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Dein Graph sollte vielleicht zwischen chromatischen Akkordeons und Diatonischen (Steirischen) Akkordeons differenzieren. Die Steirischen haben in den letzten Jahren einen enormen Zuwachs erlebt, auch schon vor der Corona Krise.
Allgemein könnte ich mir vorstellen, dass nicht die Akkordeon-Zahl oder -Produktion zunehmen wird, aber vielleicht die Spielqualität, das Repertoire, und/oder die Spielsicherheit, weil jetzt doch viele Menschen wieder mehr Zeit zum üben haben, und sich evtl. auch mehr dem Musischen hingezogen fühlen.
Ich persönlich erfahre das schon ein wenig, obwohl ich ja nicht mehr zur arbeitenden Bevölkerung zähle - bis auf die vielfältigen Aufgaben die mir meine Frau aufs Auge drückt.
Also ran an die Quetsche und spielen was das Zeug hält, bald ist die Krise vorbei und alle müssen wieder in die Maloche.
 
Hallo Vladimir ,

eine interessante Grafik , ohne Frage .
Ob sie jedoch Akkordeonbauer hoffnungsvoll stimmen sollte, wage ich zu bezweifeln.
So rein existenziell wird die Krise jetzt direkt die treffen, die unmittelbar von der Musik leben müssen. Und nicht nur die.
Wo man bisher von der Hand in den Mund mehr oder weniger gut zurecht kam , ist ab sofort totale Ebbe , also null Euro !
Keine Aufttritte , keine Konzerte, keine Hochzeiten , keine Musikschüler ...
Das betrifft zunächst alle Musiker , aber auch Kleinkünstler, Tänzer , Kostümdesigner , Künstler , Schauspieler , alle Freiberufler im Kulturbetrieb , die Liste ist endlos.
Selbst wenn das Corona Gespenst früher oder später bewältigt sein sollte , wird das kulturelle Leben dann total ausgedünnt sein.
Denn so lange können die kleinen und großen Veranstaltungsorte , Musikcafes und Theaterbühnen nicht durchhalten - die BigPlaser bleiben dann netflix und Amazon , na Gute Nacht...
Bezahlt bitte alle Eure Musiklehrer weiter , wenn Ihr möchtet, daß es diese in 2-3 Monaten noch gibt !!!

Natürlich haben viele jetzt völlig unerwartet viel Zeit zuhause ...
da wird gern das Instrument hervor geholt und man kann stundenlang ohne schlechtes Gewissen musizieren !
Das hat sicherlich was sehr Positives , auch für die "Psychohygiene" (danke für diese tolle Wortkreation !)
Das wird sich aber nicht unbedingt in der Verkaufszahlen der Instrumentenhersteller niederschlagen,
eher im Gegenteil : nach der Krise sitzt den Leuten das Geld bestimmt nicht lockerer in der Tasche.
Und schon jetzt lässt sich hier in Berlin bei ebay Kleinanzeigen ein Anstieg an Angeboten von gebrauchten Instrumenten , Fotoapperaten und Computertechnik beobachten -
da sind einige dabei, die nicht wissen wovon die nächste Miete zu bezahlen ist !
Da ist die Sorge um die Gesundheit fast ein zweitrangiges Problem.
So leid es mir tut, ich würde Deine Frage eindeutig mit "nein" beantworten.

Schönen Gruss,
Ludger
 
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...kleiner Nachtrag zu der Grafik :
die Vorraussetzungen in den Nachkriegsjahren sind auch in anderer Hinsicht nicht mit heute zu vergleichen.
Es gab ja schon mal einen Boom für das Akkordeon Ende der 20er Jahre bis Mitte der 30er , damals ein Instrument das in großer Stückzahl , oft in eher minderer Qualität fürs einfache Volk gebaut wurde.
Der findet in der blauen Kurve bei den Stückzahlen mit Einbruch des Krieges einen starken Einbruch.
Gegen Ende des Krieges geht es wieder stark nach oben, Mitte der 50er Jahre war die absolute Blütezeit des Akkordeons.
Am finanzkräftigsten waren da natürlich die Amerikaner , sehr viele Instrumente wurden von Amerika aus Italien importiert.
Mit der höheren Nachfrage stieg auch die Qualität der gelieferten Instrumente.
Der Wunsch nach dem Erwerb eines Akkordeons war bestimmt auch in Europa durchgängig groß, doch die Umstände ließen das erst zu Anfang des Wirtschaftswunders zu.
Wobei man bedenken muss, daß Italien wirtschaftlich erst später mit den nordeuropäischen Staaten nachzog ,
lange Zeit wurde in Italien noch in kleinen Manufakturen und Familienbetrieben gefertigt. Diese konnten natürlich nach dem Krieg direkt wieder in kleinen Stückzahlen anfangen.
Und das natürlich nicht nur beim Akkordeonbau , Italien war bis in die frühen 70er Jahre ein starker Exporteur für Schuhmode.
Und auch das viel in Handarbeit und eher mittelständischen Betrieben.

Nach einer heute vielleicht befürchteten Krisensituation wären die Umstände , unabhängig von einer Nachfrage , ganz anders .
Die Akkordeonfabrikation ist längst nicht mehr in Händen von Kleinbetrieben sondern nur überlebensfähig in Konzernen .
Doch dort wird die Arbeit in Einzelschritte geteilt , in der Regel wird ein Instrument von Facharbeitern montiert und nicht von den alten Meistern, die noch alle Arbeitsschritte selbst kennen.
Somit wären bei einem möglichen wirtschaftlichen Neuanfang gar nicht mehr die vielen kleinen Werkstätten und somit das breit gefächerte Fachwissen vieler vorhanden.
Und das wäre fast in allen produzierenden Gewerben der Fall !
 
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Guten Abend!

...Und das natürlich nicht nur beim Akkordeonbau , Italien war bis in die frühen 70er Jahre ein starker Exporteur für Schuhmode...

Hmm, wie viele Staaten, so viele Erfahrungen. Ich bin ein Slowake, der in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik geboren wurde: Die Schuhindustrie konzentrierte sich auf große Fabriken in der sozialistischen Tschechoslowakei. Nach dem Fall des Sozialismus verloren diese Unternehmen (hauptsächlich russische) Märkte und gingen bankrott. Ihre ehemaligen Mitarbeiter gründeten ihre eigenen kleinen Betriebe. Es hat eine Weile funktioniert. Es wurde sogar als Beispiel für eine erfolgreiche Marktwirtschaft-Transformation angesehen. Dann wurden billige Schuhe aus China importiert und alles war anders...

Der Höhepunkt der Akkordeonproduktion in unseren sozialistischen Ost-Ländern hat sich um ca. ein Jahrzehnt verschoben. Die Tschechische (damals Tschechoslowakische) Delicia produzierte in den 80er Jahren etwa 30000 Akkordeons (unter anderem Musikinstrumente) pro Jahr. Heute werden sie in Hunderten von Stücken hergestellt. Heute gibt es nur sehr wenige HZIMM. China verfügt übrigens auch über enorme Kapazitäten zur Herstellung dieser Ware und viele europäische Akko-Marken direkt oder indirekt auch besitzt.

Hmm. Ohne eine Absicht zu kennen, habe ich im obigen Text zweimal ein Schlüsselwort (unfreiwillig und unbewusst) verwendet: China. Ich bin davon in Verlegenheit gebracht….

Gruß, Vladimir
 
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Wenn man im Haus zu bleiben hat, erlebt die Hausmusik eine Renaissance, von der das Akkordeon als "Ein-Mann-Orchester" Ersatz natürlich profitiert, genau wie Klavier, Gitarre, ... .
Mein Akkordeon profitiert jedenfalls ...
 
Guten Abend,

Mein Akkordeon profitiert jedenfalls ...

Meine Akkordeons sind jetzt auch sehr beschäftigt. Jetzt sehe ich, dass es ein Recht war, dass ich versucht habe, auf ihren guten technischen Zustand zu achten. Meine Kisten geben mir jetzt dankbar meine ganze Pflege zurück…

Die Steirischen haben in den letzten Jahren einen enormen Zuwachs erlebt, auch schon vor der Corona Krise.

Ich habe den Zustand in meinem Land (Slowakei) überprüft. Ich kann diese Informationen bestätigen. Auch hier in der Slowakei (und auch Tschechei) gab es vor der aktuellen Krise die gleiche Phase der Wiederentdeckung von Heligonkas (tschechisches und slowakisches Äquivalent der Steirischen). Ich selbst frage mich, wie sich die Situation entwickeln wird, wenn all dies vorbei ist…

Gruß, Vladimir
 
Die Akkordeonfabrikation ist längst nicht mehr in Händen von Kleinbetrieben sondern nur überlebensfähig in Konzernen .
Doch dort wird die Arbeit in Einzelschritte geteilt , in der Regel wird ein Instrument von Facharbeitern montiert und nicht von den alten Meistern, die noch alle Arbeitsschritte selbst kennen.

Ich weiß nicht, wo du diese Information mit den Konzernen her hast. Das mag für Hohner gelten, dessen Eigentümer ein asiatischer Konzern ist. Aber die italienischen Manufakturen sind allesamt Betriebe mit max. 100 Mitarbeitern (oft nur 20 bis 40). Arbeitsteilung gibt es, aber die gab es immer. Meisterbetriebe gibt es nach wie vor auch, aber das sind dann halt Familienbetriebe mit 1 bis 3 Mitarbeitern.
 
und nicht von den alten Meistern, die noch alle Arbeitsschritte selbst kennen.
Somit wären bei einem möglichen wirtschaftlichen Neuanfang gar nicht mehr die vielen kleinen Werkstätten und somit das breit gefächerte Fachwissen vieler vorhanden.
Ich denke, dass das Bild dieser "integralen Arbeit" (leider) falsch verzerrend ist. In Klingenthal und Trossingen war die Arbeit schon immer arbeitsteilig, aber auch im Geigen- oder Gitarrenbau (Mittenwald, Musikwinkel) haben sich Heimarbeitsstrukturen und das Verlegerprinzip gut entwickelt. Das hat @Cyril_Demian auch schon dargestellt.
 
Die großen alten Firmen aus der Blütezeit, wie Paolo Soprani oder Scandalli haben sich schon ab den 70er Jahren zusammengeschlossen,
in verschiedenen und wechselnden Formationen ( erst unter Farfisa , dann unter S.E.M. usw.)
Wenn aber nun ein Betrieb in Italien mit 20-100 Festangestellten wegen Corona für 2-3 Monate schließen muß , bleiben da bestimmt die Lichter aus.
So rosig war die Lage auch vorher schon nicht - viele der namhaften Hersteller sind in den letzten 20 Jahren schon pleite gegangen.
Wie viele große Namen gibt es denn noch ? Pigini , Victoria ?
Und ob die Belegschaft dann finanziell oder vom Fachwissen her in der Lage ist , alleine was aufzuziehen bleibt abzuwarten.
Das wäre bei kleinen Familienbetrieben , wie in den 40/50er jahren nicht ganz so , Deine/n Schwester , Onkel , Opa kannst Du nicht entlassen.
 
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In Klingenthal und Trossingen war die Arbeit schon immer arbeitsteilig,

anders geht auch nicht, es sei denn man nimmt tatsächlich sehr viel Geld in die Hand und lässt sich von dem Meister seines Vertrauesns (z.B. Untersee) sein Akkordeon bauen.
Die Idee ist zwar hübsch und wird in den Werbefilmchen der Hersteller auch immer wieder n bissl vermarktet, dass der Meister mit Liebe und von Hand alles selbst baut, ist aber in der Summe höchst unwirschaftlich und damit unter dem Strich sauteuer - und abgesehen dass das Produkt damit fast nicht mehr bezahlbar wird gibt s so auch keine ordentlichen Stückzahlen!

Ob so eine Pandemie dem Akkordeon insgesamt hilft oder nicht hilft .. ich glaube , eher nicht! Wenn Fertigungsbetriebe die Schließung im Zuge von Virusepedemien überstehen, dann brauchts noch den Verkauf von Instrumenten. Aber ein Musikinstrument ist ein sensibles Verkaufsprodukt, das sich nicht so verkaufen lässt wie Mehl oder Nudeln. D.h. in der Regel erfolgt ein persönliches Ausprobieren , bevor man sich zum Kauf entscheidet. Sind die Geschäfte aber geschlossen, da nicht als lebenswichtig erachtet, bricht die Verkaufskette auseinander und die Akkordeonfirma hat keine Absatzzahlen und die Produktion bricht auch so ein, selbst wenn die Fertigung noch nicht geschlossen worden ist.

Neue Interessierte kommen so also eher kaum hinzu, zumal die Kontaktplattformen Musikschule und Unterricht auch grad weggebrochen ist.

Wer eh schon Akkordeon spielt, der schielt jetzt vielleicht grad noch nach einem Schnäppchen, ist aber meist eh schon eingedeckt mit "Spielzeug" - ist also eher auch kein reizvoller Kunde für die Akkordeonindustrie. Das sind dann vielleicht begeisterte Spieler und Sammler - aber das bringt im Großen betrachtet den Akkordeonmarkt auch nicht wirklich in besseres Fahrwasser, denn ein Sammler ist eine Einzelperson, der zwar mitunter einige Akkordeons hat, wirklich was bringen tut es nur, wenn es Multiplikatoren gibt - also Kontaktpunkte, die mehrere /viele für s Akkordeon begeistern können (so wie es damals in der goldenen Zeit der 50-er 60-er Jahre war)



Drum denke ich , dass solche Epedemien und Seuchen die temporär auftreten , für die Musikindustrie eher sehr problematisch sind und sich grundsätzlich eher negativ auswirken.

Ob Akkordeon langfristig weiter existiert, in nennenswertem Maße, das kann man aus solchen Ereignissen denke ich eher nicht ablesen, sondern das zeigt sich dann langfristig, wie sich die Musikwelt weiterentwickelt und ob sich das Akkordeon darin fest etablieren kann, oder eher irgendwann durchs Raster fällt und als temporäre Zeiterscheinung gesehen werden muss. Es gibt viele Instrumente, die es heute praktisch nicht mehr gibt - Krummhorn z.B. eine äußserste Rarität heutzutage. Oder z.B. Drehleier - heute auch eher ein Exot und in sehr begrenztem Einflussgebiet zu finden.
 
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Neue Interessierte kommen so also eher kaum hinzu, zumal die Kontaktplattformen Musikschule und Unterricht auch grad weggebrochen ist.<...>
Ja, und auch wenn es für viele Dinge mittlerweile brauchbare Onlinetutorials gibt, so bleibt das Akkordeon doch ein recht teures Instrument in der Anschaffung. Wer nicht eines erbt oder im Bekanntenkreis günstig bekommt, hat eine höhere Hemmschwelle zur Anschaffung zu überwinden.
Ob Akkordeon langfristig weiter existiert, in nennenswertem Maße, das kann man aus solchen Ereignissen denke ich eher nicht ablesen, sondern das zeigt sich dann langfristig, wie sich die Musikwelt weiterentwickelt und ob sich das Akkordeon darin fest etablieren kann, oder eher irgendwann durchs Raster fällt und als temporäre Zeiterscheinung gesehen werden muss.
Das Akkordeon ist zu einer Zeit groß geworden, als es noch keine elektronischen Keyboards gab... Ohne, dass ich musikalisch beide Instrumente wirklich vergleichen möchte - eine Familie, die sich in den 1960ern vielleicht ein kleines Akkordeon (oder später eine "Heimorgel") zulegte, kann heute für kleines Geld ein solches Keyboard kaufen. Langfristig wird das Akkordeon sicherlich eher das Nischeninstrument bleiben, das es in den letzten vielleicht 30 Jahren geworden ist. Wer früher ein Akkordeon mit zum Grillen schleppte, nimmt heute (beispielsweise) die Ukulele unter den Arm. Ist leichter und cooler...
 
Wer früher ein Akkordeon mit zum Grillen schleppte, nimmt heute (beispielsweise) die Ukulele unter den Arm.

Wohl eher den Gettoblaster! oder Handy mit Powerbox...;)

Das wäre bei kleinen Familienbetrieben , wie in den 40/50er jahren nicht ganz so , Deine/n Schwester , Onkel , Opa kannst Du nicht entlassen.

Stimmt - da hocken dann alle beisammen und schrauben feste, aber in Wirklichkeit verdient unter dem Strich betrachtet keiner so richtig Geld.

Und ob die Belegschaft dann finanziell oder vom Fachwissen her in der Lage ist , alleine was aufzuziehen bleibt abzuwarten.

Es gibt nach wie vor den Beruf des Handzuginstrumentenmeisters - der auch heute noch ausgebildet wird. Nicht in großen Mengen, aber ich denke zumindest knapp ausreichend für den Bedarf und solche Meister arbeiten auch nach wie vor in den Firmen ( - da macht sich beileibe nicht jeder selbstständig) und darüberhinaus gibts da auch jede Menge Tätigkeiten, wo man keinen Meister des Akkordeonbaus braucht, sondern Spezialisten, die sich auf bestimmte Fertigkeiten verstehen - z.B. Bälge zusammenleimen und kaschieren. Und das können diese Spezialisten dann im Zweifelsfall wesentlich besser, schneller und genauer als der Meister, weil die das aufgrund ihrer spezialisierten Tätigkeit einfach besser im Griff haben.


...Aber das hilft bei einer Pandemie oder ähnlichen Ereignissen epidemischen Ausmaßes auch nicht wirklich weiter. Denn ob ich das zu Hause im trauten Familienbetrieb mache und das die ganze Großfamilie zu Hause hockt und keine Aufträge zu bearbeiten hat , oder ob ich Spezialist für Bälgefertigung bin, die Wirkung ist die gleiche, wenn die Aufträge wegbrechen. Die Wirkung ist immer die Gleiche mit, aus meiner Sicht, ähnlich negativem Ergebnis.

Von solchen plötzlich auftretenden Ereignisse profitiert nur, wer genau das Produkt hat, das in solchen Krisenzeiten benötigt wird - wie z.B. jetzt Schutzkleidung, Beatmungsgeräten, medizinisches Equipement...und auch das sind nur kurzfristige Höhenflüge von sehr begrenzter Zeitdauer.

Akkordeon und deren Hersteller beliefern hier ganz einfach den "Vergnügungssektor" der nicht wirklich lebensnotwendig ist, so wie etliche andere Bereiche - und sobald irgendein Störfall ausbricht, sind das immer die ersten Bereiche, die wegbrechen. Drum sind solche Epedemien für solche Produkte und Bereiche nie gut . Die funktionieren nur, wenn die Umgebung stimmt , in Ordnung ist und gut verzahnt läuft.
 
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...ob man wohl aus einem Akkordeon ein Beatmungsgerät fertigen kann ?
 
Guten Abend,

Akkordeon und deren Hersteller beliefern hier ganz einfach den "Vergnügungssektor" der nicht wirklich lebensnotwendig ist,........ Drum sind solche Epedemien für solche Produkte und Bereiche nie gut .

Sie haben die Kriege überlebt, sie werden auch jetzt überleben...

Ob Akkordeon langfristig weiter existiert, in nennenswertem Maße,..... oder eher irgendwann durchs Raster fällt und als temporäre Zeiterscheinung gesehen werden muss.... Einflussgebiet zu finden.

Nette Idee. In einer viel mehr schwierigeren Situation befindet sich jetzt mein zweites geliebtes Instrument:
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Es ist statisch, kann nicht wegnehmen werden und die Verfügbarkeit der Orte, an denen es installiert ist, ist aufgrund der Pandemie jetzt auch keine. Schon vor der Pandemie war jedoch der Kirchenbesuch gering. Ich denke, die aktuelle Situation wird die Königin der Instrumente noch mehr verletzen.

Auf der anderen Seite ist das Akkordeon tragbar. Es bietet polyphone Vielfalt und Reichtum... Ich denke es würde daher immer interessant sein. Und die Folklore mit ihren Heligonkas und Steririschen wird ihr eigenes Leben führen...

eine Familie, die sich in den 1960ern vielleicht ein kleines Akkordeon (oder später eine "Heimorgel") zulegte, kann heute für kleines Geld ein solches Keyboard kaufen.

Abschließend möchte ich betonen, dass ich für diese Diskussion Instrumente ausschließlich in akustischer (und nicht digitaler) Form betrachte. Das wäre eine Diskussion auf einer ganz neuen, komplexeren und breiteren Ebene...

Viele Grüße, Vladimir
 
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Abschließend möchte ich betonen, dass ich für diese Diskussion Instrumente ausschließlich in akustischer (und nicht digitaler) Form betrachte. Das wäre eine Diskussion auf einer ganz neuen, komplexeren und breiteren Ebene...
... ich befürchte, dass man das nicht voneinander wird trennen können:-/
Innerhalb des Marktes für physikalische Tonträger hat Vinyl auch eine Renaissance erlebt. Auf dem Gesamtmarkt spielt es dennoch nur eine marginale Rolle.
 
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Ich denke, die aktuelle Situation wird die Königin der Instrumente noch mehr verletzen.
Das wäre dann der nächste harte Schlag für die Orgelbauer ,
da sind erst vor ein paar Jahren einige pleite gegangen : nach der Krim-Annektierung durch Russland und dem darauf folgenden Handelsboykott
ist den Orgelbauern ein überlebenswichtiger Markt weggebrochen. Schon begonnen Projekte durften dort nicht mehr aufgebaut werden.
Die Kirchen bei uns dürften ja bald wieder öffnen und falls da noch neue Orgeln gebaut werden, die Planungen und Ausführungen haben ja einen etwas längeren Vorlauf,
als der Bau eines Akkordeons.
Allerdings ist die Nachfrage stark rückläufig , die Kirchen sterben aus.
Die Kirche meiner Kindheit im Ruhrpott hat vor 15 jahren noch eine neue Orgel bekommen,
von den 8 Gemeinden dieser Stadt wurden 6 aufgelöst , die Orgel steht da jetzt unbeheizt und ungenutzt...
 
Guten Tag,

... ich befürchte, dass man das nicht voneinander wird trennen können:-/

Ich meinte meine Bemerkung nur in einem technischen Verständnis der Substanz des Instruments. Der digitale "Kern" kann in jeder Form gekleidet werden: Keyboard, Akkordeon... Elektronik und Nanotechnologien bringen unbestreitbare Vorteile, die in diesem Forum schon oftmals diskutiert wurden. Sie dominieren heute und werden auch in Zukunft dominieren… Ich verengte meinen Blick nur auf ein Instrument, das außer der Arbeit menschlicher Hände keine andere Energie benötigt, und zugleich auch relativ gut tragbar ist. Folgende Eigenschaften wären meiner Meinung nach wertvolle Devisen des Akkordeons für die Zukunft und Langzeitperspektive: Polyphonie, Energieautonomie, Portabilität, großer Tonumfang… und universelle Tastatur-Kompatibilität im Fall der Tasten-Akkos. Hmm, ganz optimistische Annahmen.

Haben Sie einen schönen Sonntag! Vladimir
 
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