Stratspieler
Helpful & Friendly User
Ja, nun ist es passiert. Da steht er:
Gestatten? Fender '59 Ltd Bassman Reissue. Gefertigt 2005 in Corona.
Wieso ein Bassman???
Vorgeschichte
Da spielten viele Faktoren eine Rolle.
Zum einen sammelten sich bei mir einige Tweed-Verstärker an...
...die ich im Laufe der Zeit immer mehr als gute Arbeitspferde zu schätzen weiß. Mit passenden Speakern an Bord und entsprechend gut eingestellt und gewartet, wissen sie zumindest mich klanglich und technisch zu überzeugen. Zumal ich ja eben auch sinngemäß in die Amps "rein kann", um ihnen die technischen Unzulänglichkeiten, die sie ab Werk so mit sich bringen, auszutreiben.
Jüngster Vertreter dieser Art, der mir im Januar eher zufällig über den Weg lief - ich beschrieb es hier in #157 - war der Blues DeVille, noch im ursprünglichen Farbton des Tweeds:
Bislang dachte ich nun, dass damit meine kleine Flotte der Tweed-Amps vollständig wäre. Von den 15 Watt des Blues Junior bis zu den angeblichen 60 Watt des Blues Deville ist alles dabei.
Tja, bis nun ein originaler Bassman von 1959/60 bei mir zur Reparatur auftauchte. Auch den hatte ich hier im Forum schon gezeigt und kurz beschrieben:
Fertig repariert und mit einem frischen Satz Röhren neu eingestellt, hat der Amp (auf dem Foto links) einen Klang zum Niederknien. Ich schrieb darüber.
Der Höreindruck dieses Amps sollte alles verändern.
So ergab sich das eine zum anderen: Mein Marshall JTM45, den ich inzwischen PTP verdrahtet hatte, ist dem alten Bassman im Klang ebenbürtig und für für mich Maß aller Dinge. Aber - er stand nur noch herum. Im Proberaum und auf der Bühne tut es mein "Sound aus der Aktentasche", sprich, nach wie vor das gute, alte VOX ToneLab LE. Im Wohnzimmer hingegen kann ich den JTM45 nicht verwenden. Baue ich ihn mit seinem Cabinet(s) auf, so ist das schon ein ziemlich großes "Stück Möbel". Er klingt auch leise traumhaft, aber er entfaltet nun mal seine alles durchschlagende Wucht erst richtig, wenn man ihn aufreißen kann. Geht daheim schwerlich, ohne diesbezügliche "Anfragen" aus der Nachbarschaft drei Häuser weiter schräg über die Straße...
Und das gefiel mir nicht, ich konnte seinen Klang nicht mehr wirklich genießen. Schade!
Naja und wie war das doch gleich nochmal? Die Schaltung des JTM45 wurde doch seinerzeit von einem gewissen Herrn Ken Bran gemaust und - das ist im Prinzip der Bassman. Und der wiederum passt ins Wohnzimmer, der ist ein schickes Stück Möbel und da hat es doch auch die '59 LTD Bassman im schicken Lacquered Tweed...
Ich deutete es auch schon längst hier in #183 an:
"...Aber es könnte durchaus passieren, dass ich den JTM45 trotz seiner Universalität (wegen der verschiedenen Cabinets mit ihren verschiedenen Speakern) gegen einen Bassman (Bausatz oder RI) eintauschen würde. Denn die Universalität brauche ich gar nicht mehr so und so ein Bassman würde sich würdig an die Spitze meiner Tweedamps einreihen. Mal schauen. Qui vivrá verrá."
Nun war es soweit. Mein Marshall JTM45 durfte gehen. Und stattdessen steht nun der Bassman vor mir. Ich habe lange, lange überlegt, ob diese Entscheidung wohl richtig ist.
Aber nun passt alles zusammen und eines kommt hinzu: ich kann den Bassman, wenn ich denn möchte, auf PTP umbauen.
Der Amp
Schnell wurde ich auf der Suche nach einem 59 LTD Bassman fündig. Der Verkäufer hatte ihn seit dem Neukauf 2005 in seinem Besitz und ihn viel mit einer Les Paul gespielt. Sehr gut, denn die vier Jensen P10R im Amp sind bestens eingespielt. Sie haben längst nicht mehr dieses harsche "Zzinng" der g-Saite (m)einer Strats, wie ich es bei ganz neuen Jensen-AlNiCo's erlebt habe. Erstaunlicherweise kommen diese Jensens den kurz zuvor getesteten alten Speakern im Klang sehr, sehr nahe.
Die ersten Tests mit dem Bassman (Foto rechts)...
...waren ernüchternd: Der Amp klang etwas müde, bedeckt und flach, er wollte sein volles Potenzial, so, wie ich es bei dem alten Bassman gehört habe, nicht recht entfalten.
Das war aber erwartungsgemäß, denn wenn der Amp viel gespielt wurde, ist es sinnvoll, mal seine Röhren zu checken. Die Röhren, die im Amp steckten...
Mit denen war kein Pokal mehr zu gewinnen. Zunächst einmal waren die Endröhren werkseinstellungsgemäß von Fender regelrecht eiskalt eingestellt. Zwar bringt das so einem Amp Dynamik, aber das nützt alles nichts, wenn die Endröhren völlig verbraucht sind und obendrein noch klirrten wie sonstwas. Alleine schon ein vorsichtiges Beklopfen reicht und man hörte das typische, knurrige Pupsen in den Lautsprechern. Und außerdem hatte sie beide schon eine Drift von über 10 mA zueinander. Ich habe nicht viel Federlesens gemacht und alle Röhren gegen neue ausgetauscht. Die GT6L6-Endröhren wichen einem Satz Sovtek 5881 und vor allem tauschte ich die Vorröhre V1 gegen einen anderen Typ.
Die GT-Vorröhren steckten aufgund ihres relativ großen Durchmessers so dermaßen fest in den Abschirmbechern drin - ich bekam sie wirklich nur mit gröbster Gewalt raus - gefühlt, als ob man die Röhrenfassungen mit rausreißt... Unglaublich.
Außerdem ist es für mich nicht nachvollziehbar, warum Fender hier ab Werk eine 12AX7 drin hat. Alle Test schon mit dem alten Bassman und einer nachträglich installierten 12AY7 (dort hatte dessen Besitzer vorher auch eine 12AX7 drin) zeigten, dass eine 12AY7 den Sound einer Strat weicher und bauchiger macht. Diese schwer zu beschreibenden "silbrigen Höhen" bleiben dennoch erhalten, ebenso wie die Dynamik des Bassmannes nicht im geringsten darunter leidet.
Eine 12AX7 geht auch, ganz klar. Aber ich finde, die macht den Amp zu spritzig und klanglich dünn. Ich beschrieb das in einem Vergleich tatsächlich so: Mit einer 12AX7 ist das wie sprudelndes Mineralwasser mit zuviel Kohlensäure: Es zischt und sprudelt überschäumend. Kann man trinken. Aber man hat ein Gefühl von "Zuviel" in der Nase. Löscht den Durst, ist aber nur ein "Hinterkippen" ohne wirkliches Schmecken. Mit einer 12AY7 hingegen ist das "Übersprudelnde" weg: das Prickeln bleibt und jetzt kommt erst der Geschmack des Wassers richtig zur Geltung, erst so passt das vollends zum Genießen zusammen.
Ich finde, mit einer 12AY7 blüht der Amp erst richtig auf. Und sind die Endröhren gut eingestellt, so passt zum Beispiel eine Strat regelrecht wie angegossen zu diesem Amp.
Mit dem neuen JJ-Vorröhrensatz und den jetzt im wohltemperiert justierten Bias nun schön warm vor sich hinköchelnden Endröhren...
*
*
*
...flog die Amp-Sicherung nach nur kurzer Spielzeit. WTF...?
Es stellte sich heraus, dass der Amp untersichert war. Statt der erforderlichen 1,6A-Feinsicherung steckte unverständlicherweise eine mit 800 mA. Klar, der Bassman zieht nun einen höheren Eingangsstrom aufgrund der heißer eingestellten 5881. Mit der korrekten Sicherung läuft der Amp nun problemlos.
Zusammen mit den eingespielten Jensens...
...hat nun auch dieser Bassman diesen Klang zum Niederknien. Er kommt nicht an den 59/60er ran, aber ist sowas von nahe dran. Es ist diese Dreidimensionalität und vor allem dieses Phänomen, welches wohl nur bei solchen Amps dieser Liga auftaucht: man spielt ihn und merkt verblüfft, dass man eigentlich gar keinen Hall braucht. Das fiel mir schon damals auf, als ich den Low Power Tweed Twin baute und dessen Klang zum ersten Mal hörte.
Und ja: er ist einfach gnadenlos. Was man einstöpselt, gibt er wieder, wie man spielt, zeigt er gnadenlos auf. Du hörst sofort, ob saitentrennende Kloppman ST-60 dran sind oder Fender Noiseless oder Texas Specials oder Fender-Widerange. Der Amp macht nicht gleich, er beschönigt nichts, wie zum Beispiel seine Tweed-Brüder in meiner Flotte. Er verzeiht nicht einen einzigen Spielfehler.
Wie allen meinen "Tweeds" habe ich auch dem Bassman ein Jewel in Amber verpasst. Hier zu sehen auf meinem Blues Junior:
Ich finde, das passt wunderbar zum "Lacquered Tweed".
Zum im Bass eher smarten und schlanken Klang des Bassmans trägt mit Sicherheit das Kiefernholzgehäuse bei. Beklopft man es, so hört man einen hellen, hölzern-resonanten Ton. Im Gegensatz dazu klingen alle großen MDF-Gehäuse seiner Tweed-Brüder Blues Deluxe und Blues DeVille dumpf und leblos, was m.E.n. zur Folge hat, dass diese beiden Amps eben auch einen gehörigen Bass entwickeln, wo man aufpassen muss, dass er nicht in Matsch übergeht.
Das Innere des Bassmans ist nicht sonderlich überraschend:
Die Platine ist sauber bestückt. Ärgerlich: Ich kann es nicht verstehen, warum man einen im Neupreis so relativ teuren Verstärker mit den grauen Illinois-Elkos bestückt. Hier wären hochwertige Elkos eindeutig die bessere Wahl gewesen. Ich meine, man hat ja auch vernünftige Klinkenbuchsen verbaut und nicht die Plastikteile, wie sie in seinen Tweed Brüdern verbaut sind. Sei es drum: Es juckt mir in den Fingern, den Bassman auf PTP umzubauen - dann wären diese Elkos sowieso Geschichte und fairerweise muss ich dazu schreiben, dass momentan alle diese grauen Dinger in allen meinen Tweedamps noch so funktionieren, dass zumindest ich keinen klanglichen Negativeffekt höre.
Auf dem Foto gut zu sehen sind überdies die neuen Endröhren. Die Gleichrichterröhre ist noch die originale. Die ist immer noch in Topform, daher gab es keinen Grund für mich, sie zu tauschen.
- -
Ja, damit endet eigentlich schon dieses Review. Viel Neues habe ich gar nicht gebracht; auch habe ich viele der Fotos, die zu sehen sind, längst schon in anderen meiner Beiträge veröffentlicht.
Hier habe ich eigentlich nur aufgeführt, wie sich mit den Jahren nun langsam ein (Tweed-) Kreis schließt. Dafür durfte mein geliebter JTM45 gehen und ein ihm ebenbürtiger Amp hat seinen in meinem Augen und Ohren verdienten Platz eingenommen.
Es geht noch besser?
Schrieb ich bereits: Der Bassman verzeiht keinen Spielfehler. Nicht einen einzigen. Er offenbart schonungslos jede spieltechnische Schwäche sowohl des Spielers als auch der angeschlossenen Hardware. Hm, ist aber ein klangliches, beschönendes Schummeln nicht auch ein wenig erlaubt? Aber klar - man kann etwas schummeln. Zur Erinnerung: Seinerzeit war ich völlig fasziniert vom Prussian Blue Reverb und selbstverständlich wurde der an einem Bassman vorgeführt:
Für meinen Marshall JTM45 habe ich den sofort beschafft und ich testete ihn hier und ich war und bin immer noch hin und weg von diesem Pedal:
Und der ist jetzt an meinem Bassman der Reverb schlechthin. Subtil eingestellt, klingt er auch als Vorschaltpedal nie vordergründig aufdringlich, sondern immer "hintendran". Er verschmiert nicht das Gitarrensignal, er lebt es nur auf. Und der eine oder andere zumindest bei mir unvermeidliche tonale Ausrutscher, den man im ansonsten trockenen Gitarrensignal überdeutlich höre würde, verweht förmlich angesichts dieses Halls, der eine Strat bei entsprechender Einstellung einfach nur noch regelrecht betörend klingen lässt...
Man braucht nichts anderes mehr. Strat -> Kabel -> Amp.
Fazit
Back To The Roots.
Gestatten? Fender '59 Ltd Bassman Reissue. Gefertigt 2005 in Corona.
Wieso ein Bassman???
Vorgeschichte
Da spielten viele Faktoren eine Rolle.
Zum einen sammelten sich bei mir einige Tweed-Verstärker an...
...die ich im Laufe der Zeit immer mehr als gute Arbeitspferde zu schätzen weiß. Mit passenden Speakern an Bord und entsprechend gut eingestellt und gewartet, wissen sie zumindest mich klanglich und technisch zu überzeugen. Zumal ich ja eben auch sinngemäß in die Amps "rein kann", um ihnen die technischen Unzulänglichkeiten, die sie ab Werk so mit sich bringen, auszutreiben.
Jüngster Vertreter dieser Art, der mir im Januar eher zufällig über den Weg lief - ich beschrieb es hier in #157 - war der Blues DeVille, noch im ursprünglichen Farbton des Tweeds:
Bislang dachte ich nun, dass damit meine kleine Flotte der Tweed-Amps vollständig wäre. Von den 15 Watt des Blues Junior bis zu den angeblichen 60 Watt des Blues Deville ist alles dabei.
Tja, bis nun ein originaler Bassman von 1959/60 bei mir zur Reparatur auftauchte. Auch den hatte ich hier im Forum schon gezeigt und kurz beschrieben:
Fertig repariert und mit einem frischen Satz Röhren neu eingestellt, hat der Amp (auf dem Foto links) einen Klang zum Niederknien. Ich schrieb darüber.
Der Höreindruck dieses Amps sollte alles verändern.
So ergab sich das eine zum anderen: Mein Marshall JTM45, den ich inzwischen PTP verdrahtet hatte, ist dem alten Bassman im Klang ebenbürtig und für für mich Maß aller Dinge. Aber - er stand nur noch herum. Im Proberaum und auf der Bühne tut es mein "Sound aus der Aktentasche", sprich, nach wie vor das gute, alte VOX ToneLab LE. Im Wohnzimmer hingegen kann ich den JTM45 nicht verwenden. Baue ich ihn mit seinem Cabinet(s) auf, so ist das schon ein ziemlich großes "Stück Möbel". Er klingt auch leise traumhaft, aber er entfaltet nun mal seine alles durchschlagende Wucht erst richtig, wenn man ihn aufreißen kann. Geht daheim schwerlich, ohne diesbezügliche "Anfragen" aus der Nachbarschaft drei Häuser weiter schräg über die Straße...
Und das gefiel mir nicht, ich konnte seinen Klang nicht mehr wirklich genießen. Schade!
Naja und wie war das doch gleich nochmal? Die Schaltung des JTM45 wurde doch seinerzeit von einem gewissen Herrn Ken Bran gemaust und - das ist im Prinzip der Bassman. Und der wiederum passt ins Wohnzimmer, der ist ein schickes Stück Möbel und da hat es doch auch die '59 LTD Bassman im schicken Lacquered Tweed...
Ich deutete es auch schon längst hier in #183 an:
"...Aber es könnte durchaus passieren, dass ich den JTM45 trotz seiner Universalität (wegen der verschiedenen Cabinets mit ihren verschiedenen Speakern) gegen einen Bassman (Bausatz oder RI) eintauschen würde. Denn die Universalität brauche ich gar nicht mehr so und so ein Bassman würde sich würdig an die Spitze meiner Tweedamps einreihen. Mal schauen. Qui vivrá verrá."
Nun war es soweit. Mein Marshall JTM45 durfte gehen. Und stattdessen steht nun der Bassman vor mir. Ich habe lange, lange überlegt, ob diese Entscheidung wohl richtig ist.
Aber nun passt alles zusammen und eines kommt hinzu: ich kann den Bassman, wenn ich denn möchte, auf PTP umbauen.
Der Amp
Schnell wurde ich auf der Suche nach einem 59 LTD Bassman fündig. Der Verkäufer hatte ihn seit dem Neukauf 2005 in seinem Besitz und ihn viel mit einer Les Paul gespielt. Sehr gut, denn die vier Jensen P10R im Amp sind bestens eingespielt. Sie haben längst nicht mehr dieses harsche "Zzinng" der g-Saite (m)einer Strats, wie ich es bei ganz neuen Jensen-AlNiCo's erlebt habe. Erstaunlicherweise kommen diese Jensens den kurz zuvor getesteten alten Speakern im Klang sehr, sehr nahe.
Die ersten Tests mit dem Bassman (Foto rechts)...
...waren ernüchternd: Der Amp klang etwas müde, bedeckt und flach, er wollte sein volles Potenzial, so, wie ich es bei dem alten Bassman gehört habe, nicht recht entfalten.
Das war aber erwartungsgemäß, denn wenn der Amp viel gespielt wurde, ist es sinnvoll, mal seine Röhren zu checken. Die Röhren, die im Amp steckten...
Mit denen war kein Pokal mehr zu gewinnen. Zunächst einmal waren die Endröhren werkseinstellungsgemäß von Fender regelrecht eiskalt eingestellt. Zwar bringt das so einem Amp Dynamik, aber das nützt alles nichts, wenn die Endröhren völlig verbraucht sind und obendrein noch klirrten wie sonstwas. Alleine schon ein vorsichtiges Beklopfen reicht und man hörte das typische, knurrige Pupsen in den Lautsprechern. Und außerdem hatte sie beide schon eine Drift von über 10 mA zueinander. Ich habe nicht viel Federlesens gemacht und alle Röhren gegen neue ausgetauscht. Die GT6L6-Endröhren wichen einem Satz Sovtek 5881 und vor allem tauschte ich die Vorröhre V1 gegen einen anderen Typ.
Die GT-Vorröhren steckten aufgund ihres relativ großen Durchmessers so dermaßen fest in den Abschirmbechern drin - ich bekam sie wirklich nur mit gröbster Gewalt raus - gefühlt, als ob man die Röhrenfassungen mit rausreißt... Unglaublich.
Außerdem ist es für mich nicht nachvollziehbar, warum Fender hier ab Werk eine 12AX7 drin hat. Alle Test schon mit dem alten Bassman und einer nachträglich installierten 12AY7 (dort hatte dessen Besitzer vorher auch eine 12AX7 drin) zeigten, dass eine 12AY7 den Sound einer Strat weicher und bauchiger macht. Diese schwer zu beschreibenden "silbrigen Höhen" bleiben dennoch erhalten, ebenso wie die Dynamik des Bassmannes nicht im geringsten darunter leidet.
Eine 12AX7 geht auch, ganz klar. Aber ich finde, die macht den Amp zu spritzig und klanglich dünn. Ich beschrieb das in einem Vergleich tatsächlich so: Mit einer 12AX7 ist das wie sprudelndes Mineralwasser mit zuviel Kohlensäure: Es zischt und sprudelt überschäumend. Kann man trinken. Aber man hat ein Gefühl von "Zuviel" in der Nase. Löscht den Durst, ist aber nur ein "Hinterkippen" ohne wirkliches Schmecken. Mit einer 12AY7 hingegen ist das "Übersprudelnde" weg: das Prickeln bleibt und jetzt kommt erst der Geschmack des Wassers richtig zur Geltung, erst so passt das vollends zum Genießen zusammen.
Ich finde, mit einer 12AY7 blüht der Amp erst richtig auf. Und sind die Endröhren gut eingestellt, so passt zum Beispiel eine Strat regelrecht wie angegossen zu diesem Amp.
Mit dem neuen JJ-Vorröhrensatz und den jetzt im wohltemperiert justierten Bias nun schön warm vor sich hinköchelnden Endröhren...
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*
...flog die Amp-Sicherung nach nur kurzer Spielzeit. WTF...?
Es stellte sich heraus, dass der Amp untersichert war. Statt der erforderlichen 1,6A-Feinsicherung steckte unverständlicherweise eine mit 800 mA. Klar, der Bassman zieht nun einen höheren Eingangsstrom aufgrund der heißer eingestellten 5881. Mit der korrekten Sicherung läuft der Amp nun problemlos.
Zusammen mit den eingespielten Jensens...
...hat nun auch dieser Bassman diesen Klang zum Niederknien. Er kommt nicht an den 59/60er ran, aber ist sowas von nahe dran. Es ist diese Dreidimensionalität und vor allem dieses Phänomen, welches wohl nur bei solchen Amps dieser Liga auftaucht: man spielt ihn und merkt verblüfft, dass man eigentlich gar keinen Hall braucht. Das fiel mir schon damals auf, als ich den Low Power Tweed Twin baute und dessen Klang zum ersten Mal hörte.
Und ja: er ist einfach gnadenlos. Was man einstöpselt, gibt er wieder, wie man spielt, zeigt er gnadenlos auf. Du hörst sofort, ob saitentrennende Kloppman ST-60 dran sind oder Fender Noiseless oder Texas Specials oder Fender-Widerange. Der Amp macht nicht gleich, er beschönigt nichts, wie zum Beispiel seine Tweed-Brüder in meiner Flotte. Er verzeiht nicht einen einzigen Spielfehler.
Wie allen meinen "Tweeds" habe ich auch dem Bassman ein Jewel in Amber verpasst. Hier zu sehen auf meinem Blues Junior:
Ich finde, das passt wunderbar zum "Lacquered Tweed".
Zum im Bass eher smarten und schlanken Klang des Bassmans trägt mit Sicherheit das Kiefernholzgehäuse bei. Beklopft man es, so hört man einen hellen, hölzern-resonanten Ton. Im Gegensatz dazu klingen alle großen MDF-Gehäuse seiner Tweed-Brüder Blues Deluxe und Blues DeVille dumpf und leblos, was m.E.n. zur Folge hat, dass diese beiden Amps eben auch einen gehörigen Bass entwickeln, wo man aufpassen muss, dass er nicht in Matsch übergeht.
Das Innere des Bassmans ist nicht sonderlich überraschend:
Die Platine ist sauber bestückt. Ärgerlich: Ich kann es nicht verstehen, warum man einen im Neupreis so relativ teuren Verstärker mit den grauen Illinois-Elkos bestückt. Hier wären hochwertige Elkos eindeutig die bessere Wahl gewesen. Ich meine, man hat ja auch vernünftige Klinkenbuchsen verbaut und nicht die Plastikteile, wie sie in seinen Tweed Brüdern verbaut sind. Sei es drum: Es juckt mir in den Fingern, den Bassman auf PTP umzubauen - dann wären diese Elkos sowieso Geschichte und fairerweise muss ich dazu schreiben, dass momentan alle diese grauen Dinger in allen meinen Tweedamps noch so funktionieren, dass zumindest ich keinen klanglichen Negativeffekt höre.
Auf dem Foto gut zu sehen sind überdies die neuen Endröhren. Die Gleichrichterröhre ist noch die originale. Die ist immer noch in Topform, daher gab es keinen Grund für mich, sie zu tauschen.
- -
Ja, damit endet eigentlich schon dieses Review. Viel Neues habe ich gar nicht gebracht; auch habe ich viele der Fotos, die zu sehen sind, längst schon in anderen meiner Beiträge veröffentlicht.
Hier habe ich eigentlich nur aufgeführt, wie sich mit den Jahren nun langsam ein (Tweed-) Kreis schließt. Dafür durfte mein geliebter JTM45 gehen und ein ihm ebenbürtiger Amp hat seinen in meinem Augen und Ohren verdienten Platz eingenommen.
Es geht noch besser?
Schrieb ich bereits: Der Bassman verzeiht keinen Spielfehler. Nicht einen einzigen. Er offenbart schonungslos jede spieltechnische Schwäche sowohl des Spielers als auch der angeschlossenen Hardware. Hm, ist aber ein klangliches, beschönendes Schummeln nicht auch ein wenig erlaubt? Aber klar - man kann etwas schummeln. Zur Erinnerung: Seinerzeit war ich völlig fasziniert vom Prussian Blue Reverb und selbstverständlich wurde der an einem Bassman vorgeführt:
Für meinen Marshall JTM45 habe ich den sofort beschafft und ich testete ihn hier und ich war und bin immer noch hin und weg von diesem Pedal:
Und der ist jetzt an meinem Bassman der Reverb schlechthin. Subtil eingestellt, klingt er auch als Vorschaltpedal nie vordergründig aufdringlich, sondern immer "hintendran". Er verschmiert nicht das Gitarrensignal, er lebt es nur auf. Und der eine oder andere zumindest bei mir unvermeidliche tonale Ausrutscher, den man im ansonsten trockenen Gitarrensignal überdeutlich höre würde, verweht förmlich angesichts dieses Halls, der eine Strat bei entsprechender Einstellung einfach nur noch regelrecht betörend klingen lässt...
Man braucht nichts anderes mehr. Strat -> Kabel -> Amp.
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