Musik macht entweder Spaß oder nicht. Die Qualität kann einen negativen Einfluss drauf haben, mir macht aber auch alte, schlecht aufgenommene Musik sehr viel Spaß.
This! Ich bin ja bekennender Fan von Blues/Country/etc. aus den 1920er-1930er Jahren, und wegen vielfach nicht mehr vorhandener "Metal Masters" und teilweise der Situation "es existiert von diesem Song noch exakt eine total verkratzte Schellack-Platte, und mit der muss man klarkommen" bin ich vieles an "schlechter Qualität" gewöhnt.
Lieblingsbeispiel:
(nein, besser geht's nicht, und gibt's auch nicht!)
Aber auch hier - es hat ein Mensch auf der Welt genau diese eine Aufnahme... und sie existiert in ganz vielen verschiedenen Versionen auf unterschiedlichen Formaten. Weil diese Platte eben von unterschiedlichen Menschen mit unterschiedlichem Equipment und unterschiedlichen EQ-Einstellungen auf unterschiedliche Formate gebannt und dann unterschiedlich weiterbearbeitet wurde. Es gibt subjektiv "gute" und "schlechte" Versionen, und ein paar sind auch objektiv ganz miserabel... aber der Song hinter dem ganzen Gekratze bleibt derselbe und entweder der kickt einen oder halt nicht. Auf diesem Level macht ein Apple DAC und ein Beats-Headphone total keinen Unterschied. Aber eben auch - es ist eine ziemliche Kette, die den Klang des Endergebnisses beeinflusst, und da ist ein EQ am Anfang viel gewaltiger als ein DAC am Ende.
Es gibt auch das Element der puren "Magie", nämlich wenn man so eine Scheibe, von der es noch 3 bis 5 Stück auf der ganzen Welt gibt, bei einem renommierten Sammler in dessen Listening Room auf Top-Equipment hört. Das klingt alleine der Situation wegen "besser", da ist so viel Feeling im Spiel ... aber eben auch der Effekt "das ist jetzt ungefiltert vom Original, da ist nix remastered, so klingt das". Die Entwicklung in der Szene ging zwischenzeitlich auch in Richtung "wir filtern jeden Knacks und das Rauschen raus", jetzt ist man bei "lasst uns nur vorsichtig optimieren, sonst verliert man zu viel Musik". Ist aber auch viel Psychologie dabei.
Auch Pop/Rock "Remasters" sind so ein Thema. Ab und an machen sie Sinn (wie z.B. als das komplette Beatles-Werk im Jahre 2009 endlich in guter Qualität auf CD usw auskam!), aber meistens sind sie Geldmacherei (wie z.B. jetzt die ganzen Jubiläumsausgaben der Beatles-Platten). Es gibt einen Grund, warum Platten so geklungen haben (damals), es gibt fast nie einen plausiblen Grund, warum sie (heute) "remastered" werden sollen. Ausnahme: Mal abgesehen davon, dass die Technik fortgeschritten ist: Meine ersten selbst reriptten MP3s aus den 1990ern, mit alten Codecs und platzsparend natürlich nur mit maximal 128k (damals war Festplattenspeicher rar und teuer!) klingen einfach schlecht, wenn ich sie mit "modernen" MP3-Versionen vergleiche. Und weil Speicher nix mehr kostet, habe ich natürlich wo möglich meine CDs jetzt als FLAC vorliegen. Hier kann es also schon Sinn machen, dass "alte" Digitalversionen durch "neue" ersetzt werden.
Der Hauptgrund, warum mich das Wiederaufleben von Vinyl und Co. freut: Es wird einfach unpraktisch, nach jeweils 20-30 Sekunden weiterzuskippen. Eine aufgelegte Platte und eine eingelegte Cassette hört man halt weiter, zumindest eine Seite lang. Dieser Faktor macht den Musikgenuss viel Intensiver als "meh, das Lied mag ich nicht so, ich spring eins weiter". Und ZACK hat man es ein paar dutzend Male im Ohr und auf einmal findet man es doch ganz cool.