Myxin
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Hallo allerseits!
Ich möchte euch heute den Blackstar HT-5R MKII Combo vorstellen.
Vorgeschichte:
Viele von euch werden sich daran erinnern, als im Jahre 2008 der originale Blackstar HT-5 1x10" Combo und die Topteil Version erschienen ist. Zum damaligen Zeitpunkt war der Markt sehr überschaubar, wenn es um kleine "Wohnzimmer-taugliche" Röhrenamps mit geringer Leistung ging. Ich schreibe hier bewusst nicht "Vollröhrenamps", da der Blackstar HT-5 bekanntlich auf einem Hybrid-Design beruht, mit nur einer 12AX7/ECC83 Vorstufenröhre und einer 12BH7 Endstufenröhre, der Rest ist sozusagen "Sand", sprich Halbleiter-basiert.
Dieser kleine Verstärker entpuppte sich als echter Verkaufsschlager, was der Firma Blackstar, gegründet von ehemaligen Marshall Mitarbeitern, zu großer Popularität verholfen hat. Im Laufe der Jahre erfuhr der HT-5 mehrere Updates, u.a. kam neben von außen nicht sichtbaren Änderungen der Platinenbestückung bzw. -bauweise (auch im Rahmen der Verlagerung der Produktion) ein Reverb hinzu und der 10" Speaker des Combos wurde durch einen 12" Speaker ersetzt. Der HT-5 ist heute schon ein Klassiker und man darf ihn durchaus als Pionier der Lunchbox Verstärker Bewegung sehen.
Jetzt, über 10 Jahre später, schien die Zeit reif für eine komplette Generalüberholung des HT-5R - im Rahmen des neuen HT-5R MKII, der auf der NAMM 2019 vorgestellt wurde. Dazu später mehr.
Ich selbst habe vor einigen Jahren den HT-20 Studio Combo besessen und war immer zufrieden mit diesem Amp. Er klang einfach "gut", hatte mich allerdings auch nie so richtig vom Hocker gehauen und musste irgendwann "echten Vollröhrenamps" weichen, die mir zu dem Zeitpunkt einfach besser gefallen haben.
Als ich vom neuen HT-5R MKII erfuhr, wurde ich richtig neugierig und wollte wissen, wie gut dieser Amp tatsächlich klingt und ob Blackstar mit dem gesammelten Know How der letzten Jahre nochmal ordentlich eine Schippe drauflegen konnte.
Die ersten Video-Demos bei Youtube haben einen guten Eindruck auf mich gemacht, also habe ich den Amp einfach bestellt - und nachdem ich ihn jetzt schon drei Wochen habe und ihn behalten werde, beglücke ich euch jetzt mit einem Review!
Der neue HT-5R MKII:
Technische Daten:
Bilder:
Praxis & Sound:
In Ermangelung von Equipment zu vernünftigen Aufnahmen müsst ihr euch hier erstmal mit Youtube Demos begnügen:
Zu meinen persönlichen Eindrücken - getestet wurde mit einer FGN DC-10, ausgestattet mit Vineham Whiskey Burner Pickups (s.o.):
Der Verstärker ist 2-kanalig aufgebaut - ein Fußschalter (aus Plastik ) ist im Lieferumfang dabei, mit dem können sowohl die Kanäle ausgewählt werden als auch der Voice Modus (an/aus). Schwingen beim Umschalten noch die Saiten, sind Plopp-Geräusche zu hören.
Der Clean Kanal besitzt einen Volume und einen Tone Regler, mit dem der Höhenanteil bestimmt wird, sowie einen Voice Schalter zum Wechsel von einem eher "amerikanischen" Clean Sound (gescoopte Mitten, sehr "crisp") auf einen "britischen" Clean Sound (sehr volle Mitten). Dreht man Volume höher, kommt man spätestens bei 12 Uhr (je nach Pickups) in einen Crunch Bereich. Wer gerne Jazz spielt wird den Tone Regler weiter links haben wollen, für mehr Transparenz dreht man ihn mehr nach rechts.
Mir gefällt der Clean Kanal ohne aktivierten Voice Schalter nicht besonders, es fehlt einfach das "Fleisch" im Sound - vielleicht ist er aber doch brauchbar für funkige Sachen?
Mit aktivierten Voice Schalter bekommt man einen schönen vollmundigen Cleansound, der zwar nicht mit Clean Spezialisten wie einem Princeton konkurrieren kann, aber durchaus als "solide" bezeichnet werden darf. Man stelle sich die cleanen Parts von Nirvanas "Heart shaped Box" oder "Come as you are" vor - dafür ist dieser Sound prima geeignet.
(Ich bin zugegebenermaßen auch kein großer Clean Spieler, bei mir darf es immer ein bisschen angezerrt sein.)
Der im Clean Kanal getestete Reverb klingt richtig gut und viel besser als das, was ich in dieser Preisklasse gewohnt bin!
An der Stelle auch gleich noch ein kurzes Wort zum Effect Loop - der hat eine -10dB/+4dB Umschaltung und funktioniert einwandfrei ohne irgendwelche Macken bzw. Eigenheiten.
Der Overdrive Kanal ist selbstverständlich das Herz des HT-5R MKII.
Aber zunächst zu den Reglern: Wir haben hier Gain und Volume, ebenfalls einen Voice Schalter, hinzu kommt ein vollständiger 3-Band EQ bestehend aus Bass, Mitten und Höhen, sowie der Blackstar-typische ISF (Infinite Shape Feature) Regler, der mehr als nur ein Contour Regler ist. Er greift an mehreren Punkten im Tonestack ein und formt dynamisch die entsprechenden Werte, was wiederum Einfluss auf die Zerrstruktur hat - Blackstar beschreibt den Regelweg als von "amerikanisch" (ISF auf links), dh. eher tight in der Zerre und gescoopt in den Mitten, bis "britisch" (ISF auf rechts), dh. ausgeprägte Tiefmitten, mehr "Sag" in der Zerre. Ob das wirklich dem Charakter eines Mesa oder Marshall nahe kommt, sei mal dahingestellt - diese Amps unterscheiden sich natürlich nicht nur im Tonestack voneinander.
Die Extremstellungen des ISF - also ganz links oder ganz rechts, treffen nicht wirklich meinen Geschmack, ganz links klingt etwas kraftlos, fast "dünn", es fehlt die Substanz im Ton, ganz rechts ist es dafür eindeutig zu viel des Guten, mit fast schon dröhnenden Tiefmitten, die auch dafür sorgen, dass der Lautstärkepegel höher wird. Die 3-Band Klangregelung verrichtet recht unspektakulär ihren Dienst - fast wie bei einer alten Hi-Fi Anlage, ohne dass die Regler sich großartig selbst beeinflussen wie das bei manch einem anderem Amp der Fall ist. Im Zusammenspiel mit dem ISF Regler sind allerdings durchaus verschiedene Schattierungen in der Zerre möglich und es lohnt sich auf jeden Fall, sich dafür Zeit zu nehmen und ein bisschen mit der jeweiligen Gitarre zu experimentieren.
Der Gain Regler deckt eine große Bandbreite von angezerrt bis volles Brett ab. Der leicht anzerrte Crunch Bereich ist hier aber nicht die große Stärke (wie beim alten HT-5 auch, wobei der neue das ein bisschen besser kann) - da würde ich dann eher im Clean Kanal bleiben und dort das Volume aufdrehen bis es zerrt, was wiederum dann nicht bei wirklich niedrigen Lautstärken realisierbar ist, da kein Master Volume vorhanden ist.
Der Overdrive Kanal liefert bei deaktivertem Voice Schalter einen schönen, warmen erdigen Zerrsound, der vor allem bei Gain ab 10 Uhr aufwärts sein Leben eingehaucht bekommt und einigermaßen dynamisch aufs Spiel reagiert. Der Sound klart bei Herunterregeln des Volume Reglers der Gitarre etwas auf, einzelne Noten schimmern bei leichten Anschlägen durch, allerdings nicht in der Art, wie man es von irgendwelchen 2500 Euro Vollröhren "Boutique" Amps kennt und schätzt. Aber wer hätte das hier auch erwartet? Für Retro-Rock, Alternative, Indie, Punk und auch Hardrock diverser Spielarten kann man schnell brauchbare Einstellungen finden - überhaupt ist die ganze Abstimmung der Regler recht durchdacht und man läuft nicht Gefahr, durch "falsche" Einstellungen einen echt unschönen Sound zu erhalten. Ich habe den Eindruck, dass Blackstar hier bewusst einen etwas klassischeren Overdrive Sound anbieten wollte für alle, die nicht nur auf "Metal" aus sind. Dabei hat man die Abstimmung so getroffen, dass leistungsschwache Vintage PAFs vielleicht noch nicht das Optimum aus diesem Kanal herausholen, insbesondere, wenn Gain unter 12 Uhr bleibt. Zu Singlecoils kann ich leider nichts sagen, da ich derzeit keine Singlecoil Gitarre habe.
Was mir im Overdrive Kanal bei deaktiviertem Voice Schalter besonders gefällt, ist, wie er mit externen Zerr-Pedalen klar kommt. Ich habe ihn mit Tubescreamer, Timmy, Rat, Zendrive, Klon und King of Tone gefüttert - er nimmt einfach alles und je nach Pedal empfiehlt es sich, den Gain Regler des Amps etwas anders einzustellen (auch gerne mal recht niedrig) und den "Rest" mit dem Pedal zu machen. Das funktioniert bei diesem Amp sehr, sehr gut! Besonders gut gefallen haben mir hier der Klon und der King of Tone, die dem Zerrsound aber mal so richtig "Kante" geben und bei gestoppten Palm Mutes oder gedämpften Leads untenrum diesen fetten "hölzernen Honk" (ja ich kann auch blumige Beschreibungen ) verleihen und auch in den Mitten etwas durchsetzungsfähiger machen. Hier zeigt sich zum ersten Mal, wie erstaunlich breit und fett dieser wirklich kleine Amp klingen kann!
Der aktivierte Voice Schalter macht im Grunde dann genau das, was bei meinem Test die Zerr-Pedale bei deaktivierten Voice gemacht haben - nur feinst abgestimmt von Blackstar selbst und in den Amp integriert - wobei ich in Ermangelung eines Schaltplans nicht weiß, ob hier nur Gainstufen zum regulären Overdrive hinzu kommen oder ein ganz anderer Signalweg vorliegt. Es fällt mir wirklich schwer, zu sagen, ob ich jetzt den Overdrive Sound mit aktiviertem Voice besser finde oder den Overdrive Sound mit deaktivierten Voice plus Zerr-Pedal davor. Bei meinen Vergleichen ist mir aber aufgefallen, dass es mit aktivierten Voice - ohne Pedal davor, denn das wäre dann eher Overkill - noch mehr "Amp-like" klingt und da muss ich dann meinen Hut vor Blackstar ziehen, da die integrierte "Halbleiter-Zerre" mühelos mit den wirklich guten Zerrpedalen (natürlich auch "Halbleiter Zerre") mithalten kann.
Hier zeigt sich dann die ganze Erfahrung und das Können der Entwickler. Es gibt durchaus auch Amps, bei denen es heißt "Zerrpedal vor dem Amp klingt besser als die Amp-Zerre selbst" - ihr wisst was ich meine - das kann ich hier so pauschal absolut nicht behaupten!
Mit aktiviertem Voice Schalter bekommt man einen modernen tighten Zerrsound mit viel Gain, der aber durchaus auch in den Mitten "schmatzen" und "singen" kann, perfekt fürs Solo-Spiel - jetzt weiß ich auch, warum Tom Quayle in dem Demo Video gar nicht mehr aufhören wollte zu "frickeln" - der Amp lädt einfach dazu ein und dürfte Fans von Eddie genauso glücklich machen wie von Yngwie oder Alexi. Es macht einfach so viel Spaß und man freut sich direkt, einen solchen Sound auch bei "Zimmerlautstärke" zu bekommen - das bieten nicht viele Amps!
Jetzt soll natürlich nicht der Eindruck entstehen, der Amp sei nur für Leadgitarristen empfehlenswert - selbstverständlich funktioniert auch schnelles Riffing und Rhythmusarbeit generell hervorragend, es kommen also auch Freunde von James und Jerry auf ihre Kosten.
Der Zerrsound ist insgesamt sehr geschmackvoll abgestimmt und ich kann mir nicht vorstellen, dass es Leute gibt, die den ernsthaft richtig, richtig schlecht finden könnten.
Steve von Blackstar hat in einem Interview gemeint, dass man einst bei Blackstar versucht hat, den Gitarren "Sound of the record" zu generieren, also einen Sound aus den Amps zu holen, der mehr in die Richtung geht, wie die Gitarren auf den Alben klingen, nachdem die Gitarrenparts im Studio gemixt und gemastert wurden. Grund für dieses Ziel sei es gewesen, dass viele Gitarristen doch recht enttäuscht wären, wenn sie sich genau das Equipment, das ihre Helden zum Einspielen der Alben oder auch auf der Bühne genutzt haben, zulegen und dann feststellen, dass sie doch nicht so klingen. Klar, alleine gespielt taugt z.B. ein 100W JCM800 in Zimmerlautstärke wohl nicht so, klingt dann eher dünn und schneidend. Dafür ist das dann aufgerissen im Bandmix ein Sound, der sich durchsetzt und natürlich noch in der Studioproduktion zurechtgeschliffen wird.
Älteren Blackstar Amps sagen manche Leute nach, sie würden sich im Bandmix nicht durchsetzen. Abgesehen davon, dass ich persönlich mit dem HT-5R MKII nicht unbedingt auf die Bühne gehen würde mit kompletter Band (und einem Drummer der mehr als 5 Watt hat ), wüsste ich nicht, warum das so sein sollte. Er hat vielleicht nicht ganz die crunchigen Hochmitten eines Marshalls haben, liegt klanglich eher zwischen Marshall und Engl, müsste ich zwei Orientierungspunkte nennen. Durchsetzen würde er sich genauso gut (oder schlecht) wie andere Amps in dieser Leistungs-Klasse. Jared James Nichols, der den neuen HT-20R MKII (2x EL84 Endstufe) spielt, hat zumindest keine Probleme, sich mit seinem 20W Blackstar innerhalb der Band Gehör zu verschaffen.
Absolut toll ist die Leistungsreduzierung von 5 Watt auf 0,5 Watt. Den Lautstärkeunterschied hört man deutlich und ich persönlich bin der Meinung, dass alleine mit diesem Feature der neue HT-1R MKII sozusagen obsolet wird, da dieser keinen Effect Loop hat, keinen 3-Band EQ und auch mit 1W noch lauter sein dürfte als der neue HT-5 mit 0,5W Einstellung - es sei denn, man möchte unbedingt das allerkleinste Format.
Der Vorteil des HT-5R MKII liegt auf der Hand: Er ist klein und leicht - die o.g. Abmessungen und das Gewicht habe ich selbst ermittelt, da diese Angaben selbst auf der Blackstar Seite bislang nicht eingetragen wurden. Der Griff aus "Pleather" liegt satt in der Hand, das ist wirklich kein "Einkaufstaschen"-Style, wie man ihn öfters bei kleinen Amps vorfindet. Er lässt sich mühelos transportieren, ohne dass der Griff einschneidet und das Gewicht kommt mir dabei sogar noch als weniger vor als es tatsächlich ist.
Hier spielt dann auch der kleine Blackstar 20W Speaker eine Rolle, der keine 2 kg auf die Waage bringt. Weitere technische Spezifikationen habe ich leider auch von Blackstar auf Anfrage nicht erhalten. Es handelt sich offensichtlich um eine Neuentwicklung, da die älteren HT-5 Modelle, die schon den 12" Speaker hatten, mit einem 50W Speaker ausgestattet waren.
Der Speaker ist leider auch die größte Schwachstelle des Amps, wie ich beim Test von diversen anderen Speakern gemerkt habe. Es ist keinesfalls so, dass der Amp mit dem Werks-Speaker nicht gut klingt - dennoch verschenkt man einfach Potential, wenn man auf einen "besseren" Speaker verzichtet. Es ist auch klar, dass ein ausgewachsener Celestion den Preis des Amps deutlich in die Höhe treiben würde, insofern ein wichtiger Kostenfaktor bzw. Punkt, an dem Blackstar ganz klar gespart hat. Der Werksspeaker ist sehr basslastig abgestimmt mit gescoopten Mitten und hat eine sehr schnelle Ansprache, wie viele Neodym Speaker - was ich persönlich überhaupt nicht leiden kann. Ich bin mir aber sehr sicher, dass Blackstar den Speaker auf das relativ kleine Gehäuse, wie man sieht, abgestimmt hat. Er hat den gewissen "Loudness" Faktor, der schon bei niedrigen Pegeln Eindruck beim Anspielen machen soll - und mit zu vielen Mitten wird es gerade bei höheren Lautstärken dann doch recht boxy aufgrund des geringen Volumens des Gehäuses - ein WGS ET-65H klang leise prima, bei mehr Pegeln passt es nicht mehr so recht.
Ich habe diesem Amp jetzt einen Celestion Greenback (seit 2018 übrigens wieder made in UK) spendiert und damit klingt er auch besser als mit dem Werksspeaker:
An der Stelle noch der Hinweis, dass der Greenback noch knapp reinpasst, ggf. aber andere Speaker, die noch deutlich tiefer sind, möglicherweise keinen Platz mehr haben (auch auf dem Bild zu sehen die rückseitigen Anschlüsse):
Es gab von Andertons auch ein paar Monate vor der NAMM 2019 noch eine exklusive Limited Edition des alten HT-5R Combos, dessen Gehäuse ggf. sogar die gleichen Abmessungen hatte - diese war als Deluxe Version mit einem V30 ausgestattet.
Eine weitere Stellschraube, an der HT-5 Benutzer in den letzten Jahren immer wieder gedreht haben, sind die Röhren.
In der Vorstufe sitzt eine Ruby 12AX7WBC HG, das ist eine chinesische Version der russischen Sovtek 12AX7WB/WC (ältere Blackstar HT Modelle, als sie noch in Korea statt China gefertigt wurden, hatten auch Sovteks in der Vorstufe), eine solide "Arbeitsröhre", die mir zwar besser gefällt als das Sovtek Vorbild, aber in dem Amp meiner Meinung nach noch nicht das Optimum darstellt. Getestet habe ich diverse 12AX7 und nutze aktuell eine S4GB 12AX7 "normal Gain" (eine selektierte JJ ECC83MG) in diesem Amp. Alternativ hat mir auch die Ruby 12AX7AC5 HG+ sehr gut gefallen, die ich empfehlen würde, wenn jemand hauptsächlich Metal spielen möchte. Der Zerr-Sound wird damit noch etwas tighter, dafür die Leads etwas "dünner". Ich kann an dieser Stelle den Hinweis geben, dass auch in dieser Hybrid-Schaltung die Wahl der Röhre innerhalb verschiedener 12AX7 Typen definitiv einen Unterschied im Gesamtsound machen kann. Eine 12AT7 o.ä. zur Gain Reduzierung würde ich nicht verbauen, selbst eine 5751 klingt nicht wirklich so gut in dem Amp.
In der Endstufe sitzt eine Ruby 12BH7C, das ist eine chinesische 12BH7, die gleiche Röhre, die auch TAD als 12BH7A-STR anbietet und die in älteren Marshall DSL5C Combos (mit Marshall Label) verbaut war. Der Amp hat einen Bias Regler und ein Balance Poti. Zweiteres kann man nutzen, um beide Systeme der 12BH7 anzugleichen - wenn die Röhre balanced ist, lässt man den Regler einfach in Mittelstellung. Der Bias war bei meinem Amp ab Werk auf magere 57% eingestellt, also relativ kalt - habe mir das mal mit 70% angehört, was der Dynamik und dem Schub untenrum noch etwas geholfen hat. Die Werksröhre habe ich durch eine TAD ersetzt. Der klangliche Vorteil zur Werksröhre hielt sich hier allerdings in Grenzen. Die JJ 12BH7A, eine andere zur Verfügung stehende 12BH7 Variante, die etwas kürzer in der Länge ist, mochte ich schon im DSL-5C überhaupt nicht (die neuen DSL-5CR kommen übrigens ab Werk mit dieser Röhre), daher habe ich hier auf einen Test verzichtet. Anmerken möchte ich an dieser Stelle, dass Blackstar nicht nur die Schrauben der Trafos mit einer roten Pampe versiegelt hat, sondern auch die Schrauben des Feder-Halters der Endstufenröhre - man möchte offensichtlich nicht, dass der Endkunde hier Hand anlegt und darauf wird scheinbar auch seitens Blackstar hingewiesen, dass solche Arbeiten ein zertifiziertes Blackstar Service Centre ausführen soll. Sonst gibt es wohl Probleme bei "Garantiefällen".
Der Unterschied der Bias Reglerstellung von Werksröhre zu TAD ist enorm, musste den Regler relativ weit nach rechts drehen und bei der TAD Röhre ist es schon so, das selbst kleinste Drehungen große Änderungen bewirken. Ich würde also selbst auf jeden Fall davon abraten, einfach eine andere 12BH7 in den Amp zu stopfen, ohne den Bias vernünftig einzustellen. Das ist meiner Meinung nach unerlässlich!
Hier ein paar Fotos vom Chassis außen und innen - hier gefällt mir, dass auch Wert auf die Optik gelegt wurde, obwohl von außen nicht sichtbar - schwarze Platine und schwarze Trafos:
Wie man sieht, wurden in der aktuellen HT-5R MKII Version alle "normal großen" Widerstände und Kondensatoren, die man noch von den ersten MIK HT-5 Versionen kennt und die scheinbar technisch in der Größe beim neuen Modell nicht mehr erforderlich sind, durch Mini SMD Komponenten ersetzt.
Ob das nun für die Langlebigkeit eine Rolle spielt, das kann ich nicht wirklich einschätzen. Beim alten HT-5 ist ein technisches Problem bekannt, von dem Modelle aus der Fertigung mehrerer Monate (2011/2012 herum, wenn ich mich recht erinnere) betroffen waren. Das hat Blackstar sehr geschadet, da sowas natürlich schnell die Runde macht und ein schlechtes Licht auf die Qualität der Produkte wirft. So hoffe ich, dass man beim aktuellen Modell alles gründlich durchgecheckt hat und nicht mit solchen Ausfällen zu rechnen ist.
Letztlich zählt für mich aber der Sound und der Spaß-Faktor, den dieser kleine Amp bietet.
Mein persönliches Fazit:
Ich habe ehrlich gesagt nicht viel erwartet, habe auch nach der Online Bestellung noch etwas gehadert und überlegt, ob das jetzt echt so eine tolle Idee war, den Amp einfach mal zu bestellen, weil es ja "nur" ein Hybrid- bzw. Nicht-Vollröhrenamp ist und trotz Sicherheit dank Rückgaberecht auch so eine Retoure immer mit Aufwand und Stress verbunden ist. Versteht mich nicht falsch, mir ist es grundsätzlich erstmal egal, welche Technologie ein Gitarrenamp nutzt - gut klingen muss er, darauf kommt es an.
Nur wenn man immer wieder und wieder Transistor und auch Hybridamps getestet hat und einfach keiner dabei war, der einem wirklich getaugt hat, dann verspricht man sich nicht mehr allzu viel davon. Das gleiche gilt für die vielgepriesenen Boss Katana oder Yamaha THR Amps, die sehr beliebt für den Heimgebrauch sind. Die konnten mich nicht überzeugen.
Der Blackstar HT-5R MKII hat es aber geschafft! Nicht mit seinem Clean Sound, aber mit seinem Overdrive Sound - sowohl mit Pedalen als auch ohne mit aktiviertem Voice Schalter. Das klingt einfach richtig gut, was da rauskommt, vor allem mit einem besseren Speaker. Ich habe auch mit meinem JVM verglichen, dabei sowohl den Blackstar über das Gehäuse des JVM Combos samt dessen Speaker gespielt, als auch andersrum den JVM über das Blackstar Gehäuse samt Speaker - das ist problemlos möglich dank Speaker-Verlängerungskabel. das ich mir eben für gerade diese Zwecke zusammengelötet habe.
Und was soll ich sagen? Ich bin ein großer Fan vom JVM OD1 Orange, das ist für mich einer der besten Overdrive Sounds direkt aus einem Amp in "Marshallesken" Gefilden. Der Blackstar klingt nicht so, aber ähnlich. Klar, der JVM mit seinen fünf 12AX7 löst noch feiner auf, reagiert noch besser aufs Volumen Poti der Gitarre, trotzdem kann der Blackstar da, was den Spaßfaktor betrifft, einfach mithalten. Anders gesagt - hätte ich den JVM nicht und NUR den Blackstar HT-5R MKII, dann hätte ich jetzt nicht das Gefühl, dass ich den JVM unbedingt zu meinem Glück bräuchte. Und DAS war für mich der Punkt, an dem mir klar war, dass ich den Amp behalten möchte.
Exkurs - Vergleich mit Marshall DSL5C(R):
Ich habe auch noch den Marshall DSL5C im schönen C&W Finish, mit drei 12AX7 und auch einer 12BH7 in der Endstufe (bin mir ziemlich sicher, dass Marshall die Idee mit der Endstufe von Blackstar geklaut hat), ein echter Vollröhrenamp (Achtung: der neue DSL5CR ist kein Vollröhrenamp mehr und hat einen Mosfet PI) und hat in etwa die gleichen Abmessungen wie der Blackstar HT-5R MKII (allerdings einen 10" Speaker statt 12") - nur wie schlägt der sich im direkten Vergleich?
Nun ja, im Crunch Bereich, leicht angezerrt, da hat er die Nase vorn und den Clean Sound finde ich auch schön. Wenn es um "Brett" geht, ist ein Zerrpedal für den Marshall unerlässlich und da mag er auch eher nur den Tubescreamer so richtig gern und hat dann den einen Sound (80s Hair Metal at it's best). Der Blackstar kann das ohne Pedale und ist insgesamt deutlich flexibler. Müsste ich mich für einen der beiden entscheiden, würde ich den Blackstar nehmen, da brauche ich nicht lange überlegen. Den neuen DSL5CR hatte ich auch hier, der kann keinen von beiden das Wasser reichen, da er gerade im Zerrbetrieb sehr mumpfig und "flach" klingt mit jeder Menge Fizz. Vom Reverb brauche ich gar nicht erst reden, da ist der vom Blackstar einfach um Welten besser.
Hier noch Fotos zum Vergleich DSL5C und HT-5R MKII:
Ich hoffe, ihr seht es mir nach, dass ich nicht auf DI Output, USB Audio, Kopfhöreranschluss und MP3 Input eingegangen bin, da ich diese Funktionen nicht nutzen werde.
Probiert den Amp doch einfach mal selbst aus - wenn möglich, auch an einer vernünftigen Box samt Speaker - ich finde, es lohnt sich!
Vielen Dank fürs Lesen - ich hoffe, mein Review hat euch gefallen!
Beste Grüße!
Myxin
Ich möchte euch heute den Blackstar HT-5R MKII Combo vorstellen.
Vorgeschichte:
Viele von euch werden sich daran erinnern, als im Jahre 2008 der originale Blackstar HT-5 1x10" Combo und die Topteil Version erschienen ist. Zum damaligen Zeitpunkt war der Markt sehr überschaubar, wenn es um kleine "Wohnzimmer-taugliche" Röhrenamps mit geringer Leistung ging. Ich schreibe hier bewusst nicht "Vollröhrenamps", da der Blackstar HT-5 bekanntlich auf einem Hybrid-Design beruht, mit nur einer 12AX7/ECC83 Vorstufenröhre und einer 12BH7 Endstufenröhre, der Rest ist sozusagen "Sand", sprich Halbleiter-basiert.
Dieser kleine Verstärker entpuppte sich als echter Verkaufsschlager, was der Firma Blackstar, gegründet von ehemaligen Marshall Mitarbeitern, zu großer Popularität verholfen hat. Im Laufe der Jahre erfuhr der HT-5 mehrere Updates, u.a. kam neben von außen nicht sichtbaren Änderungen der Platinenbestückung bzw. -bauweise (auch im Rahmen der Verlagerung der Produktion) ein Reverb hinzu und der 10" Speaker des Combos wurde durch einen 12" Speaker ersetzt. Der HT-5 ist heute schon ein Klassiker und man darf ihn durchaus als Pionier der Lunchbox Verstärker Bewegung sehen.
Jetzt, über 10 Jahre später, schien die Zeit reif für eine komplette Generalüberholung des HT-5R - im Rahmen des neuen HT-5R MKII, der auf der NAMM 2019 vorgestellt wurde. Dazu später mehr.
Ich selbst habe vor einigen Jahren den HT-20 Studio Combo besessen und war immer zufrieden mit diesem Amp. Er klang einfach "gut", hatte mich allerdings auch nie so richtig vom Hocker gehauen und musste irgendwann "echten Vollröhrenamps" weichen, die mir zu dem Zeitpunkt einfach besser gefallen haben.
Als ich vom neuen HT-5R MKII erfuhr, wurde ich richtig neugierig und wollte wissen, wie gut dieser Amp tatsächlich klingt und ob Blackstar mit dem gesammelten Know How der letzten Jahre nochmal ordentlich eine Schippe drauflegen konnte.
Die ersten Video-Demos bei Youtube haben einen guten Eindruck auf mich gemacht, also habe ich den Amp einfach bestellt - und nachdem ich ihn jetzt schon drei Wochen habe und ihn behalten werde, beglücke ich euch jetzt mit einem Review!
Der neue HT-5R MKII:
Technische Daten:
- 5 Watt Combo
- 12AX7/ECC83 Vorstufenröhre, 12BH7 Endstufenröhre
- Einzigartiges Push-Pull Endstufendesign
- 2 Kanäle
- Schaltbare Voices für Clean und Overdrive
- Effect Loop
- Leistungsreduktion auf 0.5 Watt
- 1x 16 Ohm, 2x 8 Ohm Anschlüsse
- USB Audio Out
- XLR D.I. Out
- Neuentwickelter Hall in Studioqualität
- 1x12 Blackstar Designed Lautsprecher
- 2-fach Fußschalter im Lieferumfang enthalten
- 37 x 44 x 24 [cm] (H x B x T)
- ca. 13 kg
Bilder:
Praxis & Sound:
In Ermangelung von Equipment zu vernünftigen Aufnahmen müsst ihr euch hier erstmal mit Youtube Demos begnügen:
Zu meinen persönlichen Eindrücken - getestet wurde mit einer FGN DC-10, ausgestattet mit Vineham Whiskey Burner Pickups (s.o.):
Der Verstärker ist 2-kanalig aufgebaut - ein Fußschalter (aus Plastik ) ist im Lieferumfang dabei, mit dem können sowohl die Kanäle ausgewählt werden als auch der Voice Modus (an/aus). Schwingen beim Umschalten noch die Saiten, sind Plopp-Geräusche zu hören.
Der Clean Kanal besitzt einen Volume und einen Tone Regler, mit dem der Höhenanteil bestimmt wird, sowie einen Voice Schalter zum Wechsel von einem eher "amerikanischen" Clean Sound (gescoopte Mitten, sehr "crisp") auf einen "britischen" Clean Sound (sehr volle Mitten). Dreht man Volume höher, kommt man spätestens bei 12 Uhr (je nach Pickups) in einen Crunch Bereich. Wer gerne Jazz spielt wird den Tone Regler weiter links haben wollen, für mehr Transparenz dreht man ihn mehr nach rechts.
Mir gefällt der Clean Kanal ohne aktivierten Voice Schalter nicht besonders, es fehlt einfach das "Fleisch" im Sound - vielleicht ist er aber doch brauchbar für funkige Sachen?
Mit aktivierten Voice Schalter bekommt man einen schönen vollmundigen Cleansound, der zwar nicht mit Clean Spezialisten wie einem Princeton konkurrieren kann, aber durchaus als "solide" bezeichnet werden darf. Man stelle sich die cleanen Parts von Nirvanas "Heart shaped Box" oder "Come as you are" vor - dafür ist dieser Sound prima geeignet.
(Ich bin zugegebenermaßen auch kein großer Clean Spieler, bei mir darf es immer ein bisschen angezerrt sein.)
Der im Clean Kanal getestete Reverb klingt richtig gut und viel besser als das, was ich in dieser Preisklasse gewohnt bin!
An der Stelle auch gleich noch ein kurzes Wort zum Effect Loop - der hat eine -10dB/+4dB Umschaltung und funktioniert einwandfrei ohne irgendwelche Macken bzw. Eigenheiten.
Der Overdrive Kanal ist selbstverständlich das Herz des HT-5R MKII.
Aber zunächst zu den Reglern: Wir haben hier Gain und Volume, ebenfalls einen Voice Schalter, hinzu kommt ein vollständiger 3-Band EQ bestehend aus Bass, Mitten und Höhen, sowie der Blackstar-typische ISF (Infinite Shape Feature) Regler, der mehr als nur ein Contour Regler ist. Er greift an mehreren Punkten im Tonestack ein und formt dynamisch die entsprechenden Werte, was wiederum Einfluss auf die Zerrstruktur hat - Blackstar beschreibt den Regelweg als von "amerikanisch" (ISF auf links), dh. eher tight in der Zerre und gescoopt in den Mitten, bis "britisch" (ISF auf rechts), dh. ausgeprägte Tiefmitten, mehr "Sag" in der Zerre. Ob das wirklich dem Charakter eines Mesa oder Marshall nahe kommt, sei mal dahingestellt - diese Amps unterscheiden sich natürlich nicht nur im Tonestack voneinander.
Die Extremstellungen des ISF - also ganz links oder ganz rechts, treffen nicht wirklich meinen Geschmack, ganz links klingt etwas kraftlos, fast "dünn", es fehlt die Substanz im Ton, ganz rechts ist es dafür eindeutig zu viel des Guten, mit fast schon dröhnenden Tiefmitten, die auch dafür sorgen, dass der Lautstärkepegel höher wird. Die 3-Band Klangregelung verrichtet recht unspektakulär ihren Dienst - fast wie bei einer alten Hi-Fi Anlage, ohne dass die Regler sich großartig selbst beeinflussen wie das bei manch einem anderem Amp der Fall ist. Im Zusammenspiel mit dem ISF Regler sind allerdings durchaus verschiedene Schattierungen in der Zerre möglich und es lohnt sich auf jeden Fall, sich dafür Zeit zu nehmen und ein bisschen mit der jeweiligen Gitarre zu experimentieren.
Der Gain Regler deckt eine große Bandbreite von angezerrt bis volles Brett ab. Der leicht anzerrte Crunch Bereich ist hier aber nicht die große Stärke (wie beim alten HT-5 auch, wobei der neue das ein bisschen besser kann) - da würde ich dann eher im Clean Kanal bleiben und dort das Volume aufdrehen bis es zerrt, was wiederum dann nicht bei wirklich niedrigen Lautstärken realisierbar ist, da kein Master Volume vorhanden ist.
Der Overdrive Kanal liefert bei deaktivertem Voice Schalter einen schönen, warmen erdigen Zerrsound, der vor allem bei Gain ab 10 Uhr aufwärts sein Leben eingehaucht bekommt und einigermaßen dynamisch aufs Spiel reagiert. Der Sound klart bei Herunterregeln des Volume Reglers der Gitarre etwas auf, einzelne Noten schimmern bei leichten Anschlägen durch, allerdings nicht in der Art, wie man es von irgendwelchen 2500 Euro Vollröhren "Boutique" Amps kennt und schätzt. Aber wer hätte das hier auch erwartet? Für Retro-Rock, Alternative, Indie, Punk und auch Hardrock diverser Spielarten kann man schnell brauchbare Einstellungen finden - überhaupt ist die ganze Abstimmung der Regler recht durchdacht und man läuft nicht Gefahr, durch "falsche" Einstellungen einen echt unschönen Sound zu erhalten. Ich habe den Eindruck, dass Blackstar hier bewusst einen etwas klassischeren Overdrive Sound anbieten wollte für alle, die nicht nur auf "Metal" aus sind. Dabei hat man die Abstimmung so getroffen, dass leistungsschwache Vintage PAFs vielleicht noch nicht das Optimum aus diesem Kanal herausholen, insbesondere, wenn Gain unter 12 Uhr bleibt. Zu Singlecoils kann ich leider nichts sagen, da ich derzeit keine Singlecoil Gitarre habe.
Was mir im Overdrive Kanal bei deaktiviertem Voice Schalter besonders gefällt, ist, wie er mit externen Zerr-Pedalen klar kommt. Ich habe ihn mit Tubescreamer, Timmy, Rat, Zendrive, Klon und King of Tone gefüttert - er nimmt einfach alles und je nach Pedal empfiehlt es sich, den Gain Regler des Amps etwas anders einzustellen (auch gerne mal recht niedrig) und den "Rest" mit dem Pedal zu machen. Das funktioniert bei diesem Amp sehr, sehr gut! Besonders gut gefallen haben mir hier der Klon und der King of Tone, die dem Zerrsound aber mal so richtig "Kante" geben und bei gestoppten Palm Mutes oder gedämpften Leads untenrum diesen fetten "hölzernen Honk" (ja ich kann auch blumige Beschreibungen ) verleihen und auch in den Mitten etwas durchsetzungsfähiger machen. Hier zeigt sich zum ersten Mal, wie erstaunlich breit und fett dieser wirklich kleine Amp klingen kann!
Der aktivierte Voice Schalter macht im Grunde dann genau das, was bei meinem Test die Zerr-Pedale bei deaktivierten Voice gemacht haben - nur feinst abgestimmt von Blackstar selbst und in den Amp integriert - wobei ich in Ermangelung eines Schaltplans nicht weiß, ob hier nur Gainstufen zum regulären Overdrive hinzu kommen oder ein ganz anderer Signalweg vorliegt. Es fällt mir wirklich schwer, zu sagen, ob ich jetzt den Overdrive Sound mit aktiviertem Voice besser finde oder den Overdrive Sound mit deaktivierten Voice plus Zerr-Pedal davor. Bei meinen Vergleichen ist mir aber aufgefallen, dass es mit aktivierten Voice - ohne Pedal davor, denn das wäre dann eher Overkill - noch mehr "Amp-like" klingt und da muss ich dann meinen Hut vor Blackstar ziehen, da die integrierte "Halbleiter-Zerre" mühelos mit den wirklich guten Zerrpedalen (natürlich auch "Halbleiter Zerre") mithalten kann.
Hier zeigt sich dann die ganze Erfahrung und das Können der Entwickler. Es gibt durchaus auch Amps, bei denen es heißt "Zerrpedal vor dem Amp klingt besser als die Amp-Zerre selbst" - ihr wisst was ich meine - das kann ich hier so pauschal absolut nicht behaupten!
Mit aktiviertem Voice Schalter bekommt man einen modernen tighten Zerrsound mit viel Gain, der aber durchaus auch in den Mitten "schmatzen" und "singen" kann, perfekt fürs Solo-Spiel - jetzt weiß ich auch, warum Tom Quayle in dem Demo Video gar nicht mehr aufhören wollte zu "frickeln" - der Amp lädt einfach dazu ein und dürfte Fans von Eddie genauso glücklich machen wie von Yngwie oder Alexi. Es macht einfach so viel Spaß und man freut sich direkt, einen solchen Sound auch bei "Zimmerlautstärke" zu bekommen - das bieten nicht viele Amps!
Jetzt soll natürlich nicht der Eindruck entstehen, der Amp sei nur für Leadgitarristen empfehlenswert - selbstverständlich funktioniert auch schnelles Riffing und Rhythmusarbeit generell hervorragend, es kommen also auch Freunde von James und Jerry auf ihre Kosten.
Der Zerrsound ist insgesamt sehr geschmackvoll abgestimmt und ich kann mir nicht vorstellen, dass es Leute gibt, die den ernsthaft richtig, richtig schlecht finden könnten.
Steve von Blackstar hat in einem Interview gemeint, dass man einst bei Blackstar versucht hat, den Gitarren "Sound of the record" zu generieren, also einen Sound aus den Amps zu holen, der mehr in die Richtung geht, wie die Gitarren auf den Alben klingen, nachdem die Gitarrenparts im Studio gemixt und gemastert wurden. Grund für dieses Ziel sei es gewesen, dass viele Gitarristen doch recht enttäuscht wären, wenn sie sich genau das Equipment, das ihre Helden zum Einspielen der Alben oder auch auf der Bühne genutzt haben, zulegen und dann feststellen, dass sie doch nicht so klingen. Klar, alleine gespielt taugt z.B. ein 100W JCM800 in Zimmerlautstärke wohl nicht so, klingt dann eher dünn und schneidend. Dafür ist das dann aufgerissen im Bandmix ein Sound, der sich durchsetzt und natürlich noch in der Studioproduktion zurechtgeschliffen wird.
Älteren Blackstar Amps sagen manche Leute nach, sie würden sich im Bandmix nicht durchsetzen. Abgesehen davon, dass ich persönlich mit dem HT-5R MKII nicht unbedingt auf die Bühne gehen würde mit kompletter Band (und einem Drummer der mehr als 5 Watt hat ), wüsste ich nicht, warum das so sein sollte. Er hat vielleicht nicht ganz die crunchigen Hochmitten eines Marshalls haben, liegt klanglich eher zwischen Marshall und Engl, müsste ich zwei Orientierungspunkte nennen. Durchsetzen würde er sich genauso gut (oder schlecht) wie andere Amps in dieser Leistungs-Klasse. Jared James Nichols, der den neuen HT-20R MKII (2x EL84 Endstufe) spielt, hat zumindest keine Probleme, sich mit seinem 20W Blackstar innerhalb der Band Gehör zu verschaffen.
Absolut toll ist die Leistungsreduzierung von 5 Watt auf 0,5 Watt. Den Lautstärkeunterschied hört man deutlich und ich persönlich bin der Meinung, dass alleine mit diesem Feature der neue HT-1R MKII sozusagen obsolet wird, da dieser keinen Effect Loop hat, keinen 3-Band EQ und auch mit 1W noch lauter sein dürfte als der neue HT-5 mit 0,5W Einstellung - es sei denn, man möchte unbedingt das allerkleinste Format.
Der Vorteil des HT-5R MKII liegt auf der Hand: Er ist klein und leicht - die o.g. Abmessungen und das Gewicht habe ich selbst ermittelt, da diese Angaben selbst auf der Blackstar Seite bislang nicht eingetragen wurden. Der Griff aus "Pleather" liegt satt in der Hand, das ist wirklich kein "Einkaufstaschen"-Style, wie man ihn öfters bei kleinen Amps vorfindet. Er lässt sich mühelos transportieren, ohne dass der Griff einschneidet und das Gewicht kommt mir dabei sogar noch als weniger vor als es tatsächlich ist.
Hier spielt dann auch der kleine Blackstar 20W Speaker eine Rolle, der keine 2 kg auf die Waage bringt. Weitere technische Spezifikationen habe ich leider auch von Blackstar auf Anfrage nicht erhalten. Es handelt sich offensichtlich um eine Neuentwicklung, da die älteren HT-5 Modelle, die schon den 12" Speaker hatten, mit einem 50W Speaker ausgestattet waren.
Der Speaker ist leider auch die größte Schwachstelle des Amps, wie ich beim Test von diversen anderen Speakern gemerkt habe. Es ist keinesfalls so, dass der Amp mit dem Werks-Speaker nicht gut klingt - dennoch verschenkt man einfach Potential, wenn man auf einen "besseren" Speaker verzichtet. Es ist auch klar, dass ein ausgewachsener Celestion den Preis des Amps deutlich in die Höhe treiben würde, insofern ein wichtiger Kostenfaktor bzw. Punkt, an dem Blackstar ganz klar gespart hat. Der Werksspeaker ist sehr basslastig abgestimmt mit gescoopten Mitten und hat eine sehr schnelle Ansprache, wie viele Neodym Speaker - was ich persönlich überhaupt nicht leiden kann. Ich bin mir aber sehr sicher, dass Blackstar den Speaker auf das relativ kleine Gehäuse, wie man sieht, abgestimmt hat. Er hat den gewissen "Loudness" Faktor, der schon bei niedrigen Pegeln Eindruck beim Anspielen machen soll - und mit zu vielen Mitten wird es gerade bei höheren Lautstärken dann doch recht boxy aufgrund des geringen Volumens des Gehäuses - ein WGS ET-65H klang leise prima, bei mehr Pegeln passt es nicht mehr so recht.
Ich habe diesem Amp jetzt einen Celestion Greenback (seit 2018 übrigens wieder made in UK) spendiert und damit klingt er auch besser als mit dem Werksspeaker:
An der Stelle noch der Hinweis, dass der Greenback noch knapp reinpasst, ggf. aber andere Speaker, die noch deutlich tiefer sind, möglicherweise keinen Platz mehr haben (auch auf dem Bild zu sehen die rückseitigen Anschlüsse):
Es gab von Andertons auch ein paar Monate vor der NAMM 2019 noch eine exklusive Limited Edition des alten HT-5R Combos, dessen Gehäuse ggf. sogar die gleichen Abmessungen hatte - diese war als Deluxe Version mit einem V30 ausgestattet.
Eine weitere Stellschraube, an der HT-5 Benutzer in den letzten Jahren immer wieder gedreht haben, sind die Röhren.
In der Vorstufe sitzt eine Ruby 12AX7WBC HG, das ist eine chinesische Version der russischen Sovtek 12AX7WB/WC (ältere Blackstar HT Modelle, als sie noch in Korea statt China gefertigt wurden, hatten auch Sovteks in der Vorstufe), eine solide "Arbeitsröhre", die mir zwar besser gefällt als das Sovtek Vorbild, aber in dem Amp meiner Meinung nach noch nicht das Optimum darstellt. Getestet habe ich diverse 12AX7 und nutze aktuell eine S4GB 12AX7 "normal Gain" (eine selektierte JJ ECC83MG) in diesem Amp. Alternativ hat mir auch die Ruby 12AX7AC5 HG+ sehr gut gefallen, die ich empfehlen würde, wenn jemand hauptsächlich Metal spielen möchte. Der Zerr-Sound wird damit noch etwas tighter, dafür die Leads etwas "dünner". Ich kann an dieser Stelle den Hinweis geben, dass auch in dieser Hybrid-Schaltung die Wahl der Röhre innerhalb verschiedener 12AX7 Typen definitiv einen Unterschied im Gesamtsound machen kann. Eine 12AT7 o.ä. zur Gain Reduzierung würde ich nicht verbauen, selbst eine 5751 klingt nicht wirklich so gut in dem Amp.
In der Endstufe sitzt eine Ruby 12BH7C, das ist eine chinesische 12BH7, die gleiche Röhre, die auch TAD als 12BH7A-STR anbietet und die in älteren Marshall DSL5C Combos (mit Marshall Label) verbaut war. Der Amp hat einen Bias Regler und ein Balance Poti. Zweiteres kann man nutzen, um beide Systeme der 12BH7 anzugleichen - wenn die Röhre balanced ist, lässt man den Regler einfach in Mittelstellung. Der Bias war bei meinem Amp ab Werk auf magere 57% eingestellt, also relativ kalt - habe mir das mal mit 70% angehört, was der Dynamik und dem Schub untenrum noch etwas geholfen hat. Die Werksröhre habe ich durch eine TAD ersetzt. Der klangliche Vorteil zur Werksröhre hielt sich hier allerdings in Grenzen. Die JJ 12BH7A, eine andere zur Verfügung stehende 12BH7 Variante, die etwas kürzer in der Länge ist, mochte ich schon im DSL-5C überhaupt nicht (die neuen DSL-5CR kommen übrigens ab Werk mit dieser Röhre), daher habe ich hier auf einen Test verzichtet. Anmerken möchte ich an dieser Stelle, dass Blackstar nicht nur die Schrauben der Trafos mit einer roten Pampe versiegelt hat, sondern auch die Schrauben des Feder-Halters der Endstufenröhre - man möchte offensichtlich nicht, dass der Endkunde hier Hand anlegt und darauf wird scheinbar auch seitens Blackstar hingewiesen, dass solche Arbeiten ein zertifiziertes Blackstar Service Centre ausführen soll. Sonst gibt es wohl Probleme bei "Garantiefällen".
Der Unterschied der Bias Reglerstellung von Werksröhre zu TAD ist enorm, musste den Regler relativ weit nach rechts drehen und bei der TAD Röhre ist es schon so, das selbst kleinste Drehungen große Änderungen bewirken. Ich würde also selbst auf jeden Fall davon abraten, einfach eine andere 12BH7 in den Amp zu stopfen, ohne den Bias vernünftig einzustellen. Das ist meiner Meinung nach unerlässlich!
Hier ein paar Fotos vom Chassis außen und innen - hier gefällt mir, dass auch Wert auf die Optik gelegt wurde, obwohl von außen nicht sichtbar - schwarze Platine und schwarze Trafos:
Wie man sieht, wurden in der aktuellen HT-5R MKII Version alle "normal großen" Widerstände und Kondensatoren, die man noch von den ersten MIK HT-5 Versionen kennt und die scheinbar technisch in der Größe beim neuen Modell nicht mehr erforderlich sind, durch Mini SMD Komponenten ersetzt.
Ob das nun für die Langlebigkeit eine Rolle spielt, das kann ich nicht wirklich einschätzen. Beim alten HT-5 ist ein technisches Problem bekannt, von dem Modelle aus der Fertigung mehrerer Monate (2011/2012 herum, wenn ich mich recht erinnere) betroffen waren. Das hat Blackstar sehr geschadet, da sowas natürlich schnell die Runde macht und ein schlechtes Licht auf die Qualität der Produkte wirft. So hoffe ich, dass man beim aktuellen Modell alles gründlich durchgecheckt hat und nicht mit solchen Ausfällen zu rechnen ist.
Letztlich zählt für mich aber der Sound und der Spaß-Faktor, den dieser kleine Amp bietet.
Mein persönliches Fazit:
Ich habe ehrlich gesagt nicht viel erwartet, habe auch nach der Online Bestellung noch etwas gehadert und überlegt, ob das jetzt echt so eine tolle Idee war, den Amp einfach mal zu bestellen, weil es ja "nur" ein Hybrid- bzw. Nicht-Vollröhrenamp ist und trotz Sicherheit dank Rückgaberecht auch so eine Retoure immer mit Aufwand und Stress verbunden ist. Versteht mich nicht falsch, mir ist es grundsätzlich erstmal egal, welche Technologie ein Gitarrenamp nutzt - gut klingen muss er, darauf kommt es an.
Nur wenn man immer wieder und wieder Transistor und auch Hybridamps getestet hat und einfach keiner dabei war, der einem wirklich getaugt hat, dann verspricht man sich nicht mehr allzu viel davon. Das gleiche gilt für die vielgepriesenen Boss Katana oder Yamaha THR Amps, die sehr beliebt für den Heimgebrauch sind. Die konnten mich nicht überzeugen.
Der Blackstar HT-5R MKII hat es aber geschafft! Nicht mit seinem Clean Sound, aber mit seinem Overdrive Sound - sowohl mit Pedalen als auch ohne mit aktiviertem Voice Schalter. Das klingt einfach richtig gut, was da rauskommt, vor allem mit einem besseren Speaker. Ich habe auch mit meinem JVM verglichen, dabei sowohl den Blackstar über das Gehäuse des JVM Combos samt dessen Speaker gespielt, als auch andersrum den JVM über das Blackstar Gehäuse samt Speaker - das ist problemlos möglich dank Speaker-Verlängerungskabel. das ich mir eben für gerade diese Zwecke zusammengelötet habe.
Und was soll ich sagen? Ich bin ein großer Fan vom JVM OD1 Orange, das ist für mich einer der besten Overdrive Sounds direkt aus einem Amp in "Marshallesken" Gefilden. Der Blackstar klingt nicht so, aber ähnlich. Klar, der JVM mit seinen fünf 12AX7 löst noch feiner auf, reagiert noch besser aufs Volumen Poti der Gitarre, trotzdem kann der Blackstar da, was den Spaßfaktor betrifft, einfach mithalten. Anders gesagt - hätte ich den JVM nicht und NUR den Blackstar HT-5R MKII, dann hätte ich jetzt nicht das Gefühl, dass ich den JVM unbedingt zu meinem Glück bräuchte. Und DAS war für mich der Punkt, an dem mir klar war, dass ich den Amp behalten möchte.
Exkurs - Vergleich mit Marshall DSL5C(R):
Ich habe auch noch den Marshall DSL5C im schönen C&W Finish, mit drei 12AX7 und auch einer 12BH7 in der Endstufe (bin mir ziemlich sicher, dass Marshall die Idee mit der Endstufe von Blackstar geklaut hat), ein echter Vollröhrenamp (Achtung: der neue DSL5CR ist kein Vollröhrenamp mehr und hat einen Mosfet PI) und hat in etwa die gleichen Abmessungen wie der Blackstar HT-5R MKII (allerdings einen 10" Speaker statt 12") - nur wie schlägt der sich im direkten Vergleich?
Nun ja, im Crunch Bereich, leicht angezerrt, da hat er die Nase vorn und den Clean Sound finde ich auch schön. Wenn es um "Brett" geht, ist ein Zerrpedal für den Marshall unerlässlich und da mag er auch eher nur den Tubescreamer so richtig gern und hat dann den einen Sound (80s Hair Metal at it's best). Der Blackstar kann das ohne Pedale und ist insgesamt deutlich flexibler. Müsste ich mich für einen der beiden entscheiden, würde ich den Blackstar nehmen, da brauche ich nicht lange überlegen. Den neuen DSL5CR hatte ich auch hier, der kann keinen von beiden das Wasser reichen, da er gerade im Zerrbetrieb sehr mumpfig und "flach" klingt mit jeder Menge Fizz. Vom Reverb brauche ich gar nicht erst reden, da ist der vom Blackstar einfach um Welten besser.
Hier noch Fotos zum Vergleich DSL5C und HT-5R MKII:
Ich hoffe, ihr seht es mir nach, dass ich nicht auf DI Output, USB Audio, Kopfhöreranschluss und MP3 Input eingegangen bin, da ich diese Funktionen nicht nutzen werde.
Probiert den Amp doch einfach mal selbst aus - wenn möglich, auch an einer vernünftigen Box samt Speaker - ich finde, es lohnt sich!
Vielen Dank fürs Lesen - ich hoffe, mein Review hat euch gefallen!
Beste Grüße!
Myxin
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