Ich habe gehört, dass man auf diatonischen Instrumenten nur bestimmte Tonarten bedienen kann. Woher kommen dann die vielen chromatischen Noten mit Kreuzchen oder Bbs??
Die Frage verstehe ich nicht. Wenn du als Tonart Cis-Dur hast, dann hat du doch automatisch 7 Kreuze schon eingebaut. (Eine Cis-Dur-Reihe ist bei den Iren sehr häufig.)
Aber auch bei einem stinknormalen Zweireiher in B/Es hast du schon per se 3 B dabei.
Da betrifft die Diskantseite. Auf der Bassseite finden sich jeweils die Hauptfunktionen für die Tonarten auf der Diskantseite.
Beispiel: Ein Zweireihiges Akkordeon in C/F hat auf der Diskantseite eine Knopfreihe mit den Tönen von C-Dur und eine mit den Tönen von F-Dur. Die Haupttonart ist F-Dur, und wenn die Musik in die Dominanttonart moduliert (also nach C-Dur), wechselst du von den Knöpfen der F-Reihe auf die der C-Reihe. Auf der Bassseite hast du die Hauptfunktionen für F-Dur: Tonika: F-Dur, Subdominante: B-Dur, Dominante: C-Dur, sowie die Hauptfunktionen für C-Dur: Tonika: C-Dur, Subdominante: F-Dur, Dominante: G-Dur. Zusätzlich hast du die Akkorde für die parallele Molltonart zur Haupttonart (D-Moll zu F-Dur): Tonika: D-Moll, Subdominante: G-Moll, Tonika in Moll: A-Moll, Tonika in Dur: A-Dur.
In der Regel befinden sich auf dem jeweils ersten Knopf jeder der beiden Reihen zusätzliche Halbtöne für die erste Oktave der Hauptreihe (je einer auf Druck und einer auf Zug). Dadurch wird eine Oktave melodisch voll chromatisch. Denn: Die F-Dur-Tonleiter hat sieben verschiedene Töne. Zur Vollchromatizität fehlen fünf Halbtöne, nämlich fis, gis, h, cis, dis. Der Ton h ist in der C-Dur-Reihe enthalten. Die fehlenden vier Halbtöne befinden sich dann auf den beiden Knöpfen an den Reihenanfängen.
Das Clublayout ist eine kommode Sammlung von unterschiedlichen Verbesserungen. Ziel des Clublayouts ist allerdings nicht Vollchromatizität, sondern in erster Linie das Spielen in drei Tonarten zu vereinfachen: Zu F-Dur und C-Dur kommt B-Dur dazu.
noch mal nachgefragt: Ist das eine Abart einer Steirischen oder einer Club oder ... Sind diatonische Freude so drauf, dass sie sagen: Ich gestalte das Layout meiner Tastatur selber und sage selber, was wo liegt?
Weder noch. Das ist eine französische Abart des zweireihigen diatonischen Akkordeons mit zusätzlichen Halbtönen in der dritten (der inneren) Reihe und zusätzlichen Akkorden. Registerschalter im Bass dienen in der Regel dazu, die Terz der Akkorde abzuschalten (Powerchords), um einerseits das Klangbild durchsichtiger zu machen und andererseits die Akkorde nicht auf Dur oder Moll festzulegen.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, heißt das, dass man vorher wissen muss, was man spielen will und genau danach das Instrument ordert, oder? Für mich ist das fremdartig.
Dass das so fremdartig ist, glaube ich allerdings nicht. Wenn du eher Jazz spielen willst, suchst du dir doch auch ein anderes Akkordeon aus, als wenn du eher Musettemusik spielen willst. Wenn du gern klassische Stücke spielst, wirst du ein anderes Akkordeon wählen, als wenn du lieber Bierzeltmusik machst. Du wählst auch zwischen Taste, C-Griff, B-Griff (und noch ein paar anderen Exoten), du entscheidest dich für Stradellabass, Free bass oder Konverter (oder für ein anderes, exotischeres Basslayout).
Die meisten diatonischen Akkordeone haben ebensolche Standardbelegungen. Texmex- und Conjuntomusik spielt man standardmäßig auf Standarddreihreihern mit extremem Tremolo. Cajun- und kanadische Musik spielt man standardmäßig auf (vierchörigen) Einreihern. Russisch-deutsche Musik in der Region Saratov spielt man standardmäßig auf Glöckcheneinreihern mit vertauschtem Druck-Zug-Muster. Morrismusik spielt man standardmäßig auf Hohnerzweireihern, ebenso skandinavische Musik, wobei man in England praktisch ausschließlich D/G-Stimmung hat und in Skandinavien praktisch ausschließlich G/C-Stimmung (klingt eine Quinte tiefer).
Im Baskenland spielt man standardmäßig Zweireiher mit 12 gleichtönigen Bässen. In der Schweiz spielt man standardmäßig kleine Dreireiher mit 20 gleichtönigen Bässen. Usw. usf.
In Deutschland spielte man standardmäßig Club (oder Zweireiher) in C/F (wie auch noch in den Niederlanden). Das ist ausgestorben. Neue Spieler kommen aus der aus Frankreich eingeschleppten Balfolkbewegung, und die spielen standardmäßig Zweieinhalbreiher in C/G wie auch in dem Video.
Was ich sagen will: Man ordert i. d. R. nicht ein individuell zusammengestelltes Instrument. Man kommt ja nicht aus heiterem Himmel zum diatonischen Akkordeon, sondern bewegt sich in einem bestimmten musikalischen Umfeld und sagt dann: Das will ich auch spielen. -- Und dann ordert man sich eben das Standardinstrument dafür.
Wenn man dann erst mal sein Instrument hat, kann man darauf natürlich auch vieles andere spielen, wie ich mit meinen YT-Videos zu zeigen versucht habe.