Schöneres Spiel durch Verinnerlichung der Musik. Warum?

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gregor1
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Hallo,

ich habe eine grundsätzliche Frage.
Meine Klavierlehrerin hat mich darum gebeten die Stücke die ich spiele mitzusingen. Beide Hände jeweils für sich. Damit ich die Töne/Melodien besser verstehe. Ich habe bisher einfach immer die Noten abgespielt und kann zwar natürlich alle Stücke "korrekt" spielen, jedoch muss ich selbst sagen, das mein Spiel etwas maschinenartig klingt, da ich u.A. auch viel mit dem Metronom übe.
Nun ist mir aufgefallen, dass, wenn ich mitsinge, ich dadurch auch gezwungen bin, die Noten bzw. Notenabfolgen viel mehr zu verinnerlichen. Das passiert natürlich nur, wenn ich wirklich die richtigen Töne treffe beim Singen. Und das wiederum schaffe ich teils nur, wenn ich wirklich Note für Note langsam singe, da ja Stücke nicht immer nur einfache Melodien haben.
Das Ergebnis ist ein schöneres Spiel des Stückes.

Meine Frage ist nun aber. Warum ist das so? Rein technisch kann man ja bei einer Klaviertaste nur die Länge des Drucks bestimmen, also die Tonlänge, und die Stärke, also die Tonlautstärke. Ich sehe rein technisch nur zwei Variablen. Warum also wird das Klavierspiel schöner, wenn man die Musik verinnerlicht hat? Weil ich meiner Meinung nach die jeweilige Tonlänge der Töne kaum verändere und auch nicht die Lautstärke. Trotzdem klingt das Spiel nach "Gesangsverinnerlichung" besser, als wenn ich es "nur" "maschinenartig" spiele. Ich frage mich welche weitere Variablen dazu kommen (die man auch rein technisch erklären kann) dass das Stück auf einmal anders klingt. Ich frage mich halt, ob dass schönere Spiel dann nicht nur Einbildung ist.
Also kann mir jemand weitere, außer den zwei von mir genannten, technisch erklärbaren (mit technisch erklärbar meine ich anhand des Klaviers, also Taste/Hammer/Saite, an sich) Variablen nennen, welche das Hörerlebnis bestimmen.

Grüße

Andreas
 
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Ich finde, da gibt es nicht viel zu erklären:

Wie Du richtig feststellst, wird durch das Singen die Musik verinnerlicht. Und wenn etwas erst einmal verinnerlicht ist, spielt man es mit viel mehr (Selbst-)Bewußtsein, Lockerheit, und man fängt an, das Stück nicht mehr nur mechanisch zu spielen, sondern ganz automatisch beginnt man, es zu interpretieren.
Rein technisch gesprochen schlägt sich das in kleinsten Abstufungen von Notendauern und Anschlagstärken, sowie im Rhythmus (Microtiming) nieder. Insgesamt wird es flüssiger und selbstverständlicher.

Glückwunsch jedenfalls zu dieser Klavierlehrerin ! :)

LG
Thomas
 
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Danke für die Antwort. Ja, ich glaube ich habe eine sehr gute (für mich zumindest) Klavierlehrerin erwischt.

Du stimmst mir also zu, dass es rein technisch nur zwei Variablen gibt, nämlich die Anschlagsstärke (Ton-Lautstärke) und die Anschlagsslänge (Tonlänge)? Der Rythmus den du noch nanntest, setzt sich ja auch nur aus den Tonlängen (bzw. Längen der Pausen dazwischen, wo nichts passiert) zusammen, das wäre also keine weitere "Grund"-variable.
Ich möchte nicht kleinkariert erscheinen, ich will das Ganze nur richtig verstehen.

Was du desweiteren mit Selbstbewusstsein, Lockerheit usw. schriebst, dem stimme ich voll zu und das merke ich auch. Mir geht es aber tatsächlich nur darum zu verstehen, wie diese Eigenschaften auf der techischen Ebene erklärbar ein besseres Spiel hervorrufen.

Wäre es nicht faszinierend, wenn im Grunde (rein technisch) nur diese zwei Variablen (Tonlänge, Tonlautstärke) das gesamte Hörerlebnis ausmachen und z.B. einen Meister von einem Anfänger unterscheiden?!

Es ist irgendwie schwer vorstellbar, daher beschäftigt mich das Thema. Ich suche das noch nach einer anderen technischen Erklärung. Aber ich sehe keine andere.
Ich meine bei echten Meistern klingt es so, als wenn sie mit den Saiten des Klaviers noch irgendwas spezielles anstellen. Dabei ist es im Grunde immer nur ein Zusammenspiel von Druckstärke und Drucklänge auf die Tasten?!

Ich würde als dritte technische Grundvariable vielleicht noch die Pausen dazu nehmen, d.h. die Zeit in der man nichts tut.


Ich gehe jetzt übrigens nur von Stücken aus die ohne Pedal gespielt werden. Wobei das Pedal ja wiederum auch nur die Tonlänge verändert.

Grüße

Andreas

EDIT: Wenn ich weiter drüber nachdenke ist es schon vorstellbar, dass durch Verinnerlichung der Töne/Musik die Notenlänge (und auch die Zeit der Pausen zwischen den Noten, also auch der Zeitpunkt wann man die nächste Note spielt) der einzelnen Noten um Millisekunden beim Spiel verändert/verbessert wird. Was insgesamt wahrscheinlich dann ein völlig anderes Hörbild ergibt.
 
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Sorry, @gregor1, aber bei einer derart verkopften Herangehensweise an das Klavierspiel und das Musizieren ist es kein Wunder, dass dein Klavierspiel "maschinenartig" klingt - und auch von mir einen ausgesprochenen Glückwunsch zu der Klavierlehrerin! Sie hat ganz offensichtlich erkannt, woran es bei dir fehlt.
Aber du hast es ja auch bemerkt, dass dein Klavierspiel besser wird, wenn du die Musik verinnerlichst und anfängst, am Klavier zu "Singen".
Letztlich ist egal, welche "Parameter" davon genau betroffen sind. Wir bedienen unsere Instrumente mit unseren Muskeln und es ist immer die Vorstellung, die diese Muskeln anweist. Nur die gute Vorstellung lässt das Instrument schön/angemessen erklingen und bringt die Musik selber zum Klingen.

Ein Musikinstrument ist ein hochsensibles "Gerät", in sich zwar "mechanisch" konstruiert auf irgendeine Weise, aber jedes gute Instrument ist in der Lage, feinste Klangnuancen und damit feinste Vorstellungen, sensibelste Emotionen usw. auszudrücken und Klang werden zu lassen.

Das gelingt aber nur, wenn der Spieler/die Spielerin ebenfalls in der Lage ist, mit kleinsten feinmotorischen Muskelaktivitäten sein/ihr Instrument zu bedienen. Und so kann man wohl gut nachvollziehen, dass die gute Vorstellung der Musik, die der Musizierende zunächst in sich selber, in seiner Vorstellung, innerlich zum Erklingen bringen muss, via dieser minimalen Muskelaktivitäten eben diese Klangnuancen am Instrument lebendig werden lassen, die genau diesen Unterschied zwischen "nur korrekt gespielt" und "schön musiziert" ausmachen.
Diese Vorstellung ist es, die die Muskeln in Nuancen anders ansteuert und koordiniert.

Alle gute, große Pianisten haben immer davon gesprochen, das Instrument zum "Singen" bringen zu wollen. Glenn Gould hat bekanntlich recht deutlich hörbar wichtige Themen/Stimmen beim Spielen mitgesungen.
Was liegt da näher, als tatsächlich sich die Melodien und Stimmen beim Üben vor- bzw. diese mitzusingen? Ein uralte, aber stets aktuelle Methode.
 
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Ich möchte das Thema gerne nochmal von einer anderen Seite beleuchten.

Für mich ist die Musik gar nicht das, was aus dem Instrument heraus erklingt, sondern das, was sich im Inneren des Musikers abspielt. Das Klavier (z.B.) ist dann eben nur das Instrument, um diese innere Musik auch für andere hörbar zu machen. Wenn sich nun im Inneren des Musikers die Musik z.B. mechanisch abspielt, dann wird sich das eben komplett auf das Instrument übertragen. Wenn der Musiker also übt, dann muß er im Grunde im Inneren üben, damit das, was er hörbar machen will, sich auf das äußere Instrument überträgt. Das Mittel der Wahl dazu ist Singen. Wenn ein Instrumentallehrer Unterricht gibt, dann unterrichtet er im Grunde das Innere seines Schülers. Er muß versuchen, durch den Unterricht auf dem Instrument die innere Musikalität seines Schülers zu erreichen und zu schulen.

Die Instrumente sind dabei fein genug, um jede Nuance der inneren Musikalität des Spielers abzubilden und hörbar zu machen. Je besser ein Instrument ist, desto weiter und feiner kann sich auch der Musiker entwickeln. Üben ist also ein ständigens Wechselspiel von Innen nach Außen und umgekehrt.

Wenn ich einen Musiker z.B. im Konzert höre, dann höre ich durch das Instrument hindurch das, was sich im Inneren des Musikers abspielt. Wenn ich als Musiker ein Konzert spiele, versuche ich, mein musikalisches Innenleben den Zuhörern mittels des Instrumentes gewissermaßen zu offenbaren. Wenn das Innere des Musikers nicht singt, dann singt eben das Instrument auch nicht.

Das Ganze ist natürlich cum grano salis gesprochen und müßte viel weiter differenziert und vertieft werden, aber als Denkanregung soll das mal so genügen.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Die "korrekte" Tondauer und Anschlagstärke erfährst Du, wenn Du ein Midi abspielst. Das klingt dann meist grausig. Die Noten sind nur eine Landkarte der Musik, nicht die Landschaft.
 
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Das mag alles richtig sein und ich stimme dem zu: Nur das, was jemand im Innern an Musik spürt, wahrnimmt und hört, kann ein Mensch über ein Instrument nach Außen tragen.

Dennoch bleibt die Limitierung des Instruments bestehen: Nur was ein Instrument zu "äußern", zu transportieren vermag, bestimmt, was zu hören ist.
Das mag zunächst sehr technisch klingen, ist für mich aber folgerichtig: Wie genau funktioniert denn die "Entäußerung" von Innen (der im inneren gehörten Musik) nach Außen (der hörbar gemachten Musik)?

Als Schlagzeuger ist das ganze ja noch limitierter: Im Grunde habe ich nur Geräusche (ein normales drum genommen, keine Pauken oder stimmbare Percussioninstrumente), nur Geräuschlänge und Geräuschlautstärke - und die Pausen dazwischen.
Dennoch ist hörbar, wer ein drum spielt, mit welcher Meisterschaft und welcher Innerlichkeit (die bei Meisterschaft immer vorhanden ist).

Für mich liegt des Rätsels Lösung im Mikrobereich des Wahrnehmbaren.
Ghostnotes beispielsweise sind gespielte, aber kaum wahrnehmbare Geräusche. Die Dynamik ergibt sich aus vielen kleinen, aber in sich stimmigen Abstufungen der Lautstärke. Ob ein Schlag nachklingt oder ob er gedämpft oder abgestoppt wird, macht einen großen Unterschied. Ob ich ein Becken am Rand, in der Mitte oder an der Glocke anspiele oder irgendwo in einem Zwischenbereich, macht einen Unterschied. Ob ich leicht laid back, on point oder leicht vor dem Punkt spiele, macht einen großen Unterschied.

Und all diese Unterschiede machen den hörbaren Unterschied aus.

Und ich glaube, dass die Steuerung all dieser Unterschiede gar nicht bewußt geschehen kann, sondern sozusagen einem inneren Film folgt: Zu so vielen leichten, stimmigen Differenzierungen wäre der Teil des über das Bewußtsein kontrollierbaren Gehirns gar nicht möglich. Es wird eher etwas abgerufen, was vorher vorhanden ist.
Ähnlich wie wenn ein Schauspieler die Anweisung hat: Spiele einen zornigen, überheblichen und habgierigen Menschen. Die Fülle aller Details, von Mimik, Gestik bis zu Sprache etc., wäre gar nicht bewußt in Jetzt-Zeit zu steuern.
Es wird abgerufen durch Sequenzen, die vorher schon eingeübt worden sind - in all dieser Differenzierung.

Und das wiederum macht die Meisterschaft aus: Das langjährige Training ermöglicht eine Vielzahl an jederzeit abrufbaren Mikro-Steuerungen von Ton/Geräusch-länge, stärke, Dynamik und Pausen. Die vorherige Verinnerlichung ermöglicht das, was in meinem Bild die "Anweisung des Schauspielers" ist: ein inneres Bild zu schaffen, eine Orientierung, um die jeweils stimmigen Sequenzen unter den insgesamt vorhandenen abzurufen.

Das wäre so in etwa mein Bild von dem Ganzen: wie ein Musiker/eine Musikerin mit einem Instrument, dessen Möglichkeiten, unterschiedliche Töne, Tonlängen und Tonlautstärken zu produzieren, beschränkt ist, sehr komplexe Klangwelten zu schaffen, die wir mit Worten wie "gefühlvoll" beschreiben oder charakterisieren.

x-Riff
 
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Etwas überspitzt gesagt, sind die Noten (und Pausen...) einer Partitur nur der Rohstoff. Sie sind noch keine Musik, die als solche "verinnerlicht" werden könnte, sondern werden überhaupt erst zur Musik, wenn sie nicht so abgespielt werden, wie das ein Computer täte. Dazu kann(!) auch eine Stellschraube gehören, die du nicht genannt hast. Ich denke da an das Erklingen der Note leicht vor oder leicht nach dem rechnerisch richtigen Zeitpunkt.
 
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Der Rythmus den du noch nanntest, setzt sich ja auch nur aus den Tonlängen (bzw. Längen der Pausen dazwischen, wo nichts passiert) zusammen, das wäre also keine weitere "Grund"-variable.

Da muß ich widersprechen: Der Faktor "Zeitpunkt"/Timing ist auch noch entscheidend. Denn die Länge eines (vorangegangenen) Tones bestimmt ja nicht automatisch den Startzeitpunkt des nächsten.

Und wenn wir hier schon alles auf eine rein technische Ebene reduzieren, wogegen ich überhaupt nichts habe, denn es läßt sich ja immer alles auf ganz einfache und klare Basiseinheiten reduzieren, dann muß man aber auch die enormen Mengen an Variationsmöglichkeiten einkalkulieren, die sich aus der Kombination der genannten Grundelemente ergeben.

Denn ein Ton X mit der fixen Länge L, der fixen Anschlagstärke V, zum fixen Zeitpunkt t gedrückt, kann eine ganz verschiedene Funktionen und Wirkung haben, je nachdem, wie diese Parameter bei den vorangehenden und nachfolgenden Tönen ausschauen … !

In Summe sind die Kombinationsmöglichkeiten dieser erstaunlich wenigen Grundparameter also doch so groß, daß man instinktiv andere (gefühlsmäßige) Beurteilungskriterien heranzieht …

LG
Thomas
 
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Dennoch bleibt die Limitierung des Instruments bestehen: Nur was ein Instrument zu "äußern", zu transportieren vermag, bestimmt, was zu hören ist.
Ein sehr gutes Instrument vorausgesetzt, ist es meist der Spieler selber, der den musikalischen Ausdruck limitiert. Genau das macht Musizieren so anspruchsvoll: Es ist "die unglaubliche Leichtigkeit des Instrumentalspiels/Singens (G.O. van de Klashorst)", die wir anstreben und die so schwer zu erreichen ist. Denn sie stellt auch höchste Anforderungen an die "Disposition" des Musizierenden, dessen Muskeln dem musikalischen Gedankenfluss, dem innerlich vorgestellten Ausdruck ungehemmt zu folgen in der Lage sein müssen.
Das bedeutet einerseits, sich um seine gute körperliche Disposition, seine disponierte Haltung und die daraus folgende Freiheit der Motorik zu bemühen, andererseits auch, konsequent an der Vorstellung der Musik zu arbeiten, die ich spielen möchte.
Wenn wir beides in Harmonie erleben, wird das als der Zustand erfahren, den man gerne als "Flow" bezeichnet. Wenn ich ein Konzert höre, in dem der/die beteiligte(n) Musiker in dieser Harmonie spielt, sind das stets für mich die größten Erlebnisse.

Als Schlagzeuger ist das ganze ja noch limitierter: Im Grunde habe ich nur Geräusche (ein normales drum genommen, keine Pauken oder stimmbare Percussioninstrumente), nur Geräuschlänge und Geräuschlautstärke - und die Pausen dazwischen.
Dennoch ist hörbar, wer ein drum spielt, mit welcher Meisterschaft und welcher Innerlichkeit (die bei Meisterschaft immer vorhanden ist).
Stelle das Schlagzeug nicht ´unter den Scheffel´. Wenn ich bedenke, welchen unglaublichen Reichtum an Varianten ein guter Schlagzeuger alleine aus einer Snare heraus holen kann, dann ist das alleine ein Füllhorn an sich. Unterschiedliche Anschlagsstärken und -punkte, unterschiedliche Schlegel usw. und deren Kombination ... und dann noch das ganze Set. Ich kenne Schlagzeuger, die mit der von dir erwähnten Meisterschaft und Innerlichkeit spielen und bin stets fasziniert von ihnen.
Aber da kommt dann wieder die Vorstellung dazu: Wer sich nur "hau drauf was du kannst" vorstellt, der wird auch nur wie ein Haudrauf klingen - und den werden ich mir nur wenige Sekunden anhören können.

Denn ein Ton X mit der fixen Länge L, der fixen Anschlagstärke V, zum fixen Zeitpunkt t gedrückt, kann eine ganz verschiedene Funktionen und Wirkung haben, je nachdem, wie diese Parameter bei den vorangehenden und nachfolgenden Tönen ausschauen … !
In Summe sind die Kombinationsmöglichkeiten dieser erstaunlich wenigen Grundparameter also doch so groß, daß man instinktiv andere (gefühlsmäßige) Beurteilungskriterien heranzieht …
So könnte auch eine schöne Definition der "seriellen Musik" aussehen, die nämlich alle Klangelemente in eben diese Parameter aufteilt und diese mit quantifizierten Abstufungen versieht. Wobei es die Absucht der seriellen Musik war bzw. ist, den subjektiven Anteil so weit wie möglich aus dem Klanggeschehen heraus zu halten.
Das war soweit ich das beurteilen kann, aber eine Strömung, die in Deutschland vor allem nach dem 2. Weltkrieg aufkam (einer deren Hauptvertreter war Karlheinz Stockhausen) und die heute keine große Rolle mehr spielt.
Ich weiß, dass du da nicht darauf aus wolltest, du hast es auch mit dem letzten Halbsatz deutlich relativiert, mir kam es aber bei dieser so schönen Formulierung spontan in den Sinn.
Auch wenn das Denken in "Parametern" prinzipiell eine eher linkshemisphärische "Kopf"Sache ist, so kann eine Beschäftigung damit durchaus gewisse Erkenntnisgewinne mit sich bringen. Man darf nur nicht dabei stehen bleiben.

Wenn der Musiker also übt, dann muß er im Grunde im Inneren üben, damit das, was er hörbar machen will, sich auf das äußere Instrument überträgt. Das Mittel der Wahl dazu ist Singen.
Es ist eben nicht nur die Technik, die wir üben (sollen), sondern vor allem auch der Ausdruck.
Technische Brillanz in der Musik ohne Ausdruck ist seelenloses Gedudel, Eine Ausdrucksvorstellung, der die Spieltechnik nicht folgen kann, ist vergebliche Mühe und entbehrt nicht einer gewissen Tragik.
Es ist dieser Zweiklang des Musizierens, der in Balance sein muss, um Musik zu gestalten.
Immerhin kann ich, wenn meine Technik nicht ganz hinreichen sollte, nicht nur weiter an ihr üben, sondern die Stücke danach aussuchen, dass sich sie auch bewältigen kann.
Im anderen Fall begnügen sich manche Musiker mit Technik als Selbstzweck und haben kein weiteres Interesse, am Ausdruck zu arbeiten. Schnelle Finger verkaufen sich halt gut im Sinne dessen, was ich gerne einen "musikalischen Zirkus" nenne. Schade, aber dieses Gedudel höre (tue) ich mir nicht an.

Was das Singen betrifft:
Der Gesang und die Cantilene war seit Beginn der überlieferten Musikaufzeichnung (nicht nur) in unserem Kulturkreis das ausgesprochene und unausgesprochene Ideal und der rote Faden in der Musik schlechthin.

Stellvertretend für diese allgemeine Vorstellung möchte ich hier ein Zitat von Georg Philipp Telemann anfügen:

"Singen ist das Fundament zur Musik in allen Dingen.
Wer die Composition ergreifft / muß in seinen Sätzen singen.
Wer auf Instrumenten spielt / muß des Singens kündig seyn.
Also präge man das Singen jungen Leuten fleißig ein."
 
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Es gibt da noch einen technischen Faktor der bei der Tonformung, auch am Klavier, beteiligt ist. Und zwar ist das die Anschlagsgeschwindigkeit, also wie schnell der Hammer auf die Saite trifft.
Ich hab zwar fast keine Ahnung von Klavieren aber ich behaupte mal das beeinflusst das Attack.
Auch das loslassen könnte beeinflussen, wie der Dämpfer die Saite dämpft. Abrupt oder zährtlich.
 
Von der Anschlagsgeschwindigkeit hängt unmittelbar die Dynamik, also die Lautstärke des Tones ab, da sie die Beschleunigung des Hammers festlegt.
Es ist daher die Vorstellung der Dynamik, die bestimmt, wie schnell der Finger in die Taste geht.
Das Abheben des Fingers sollte nicht zu langsam erfolgen, da es unerwünschte zirpende Nebengeräusche gibt, wenn sich der Dämpfer zu langsam auf den Saiten ablegt.
 
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Vielen Dank an alle. Habe mir alles durchgelesen. Denke mir werden sich durch das Singen tatsächlich neue Welten erschließen, habe zwar heute erst damit ernsthaft angefangen, aber merke schon dass da, glaube ich, viel Potential drin ist.

Da muß ich widersprechen: Der Faktor "Zeitpunkt"/Timing ist auch noch entscheidend. Denn die Länge eines (vorangegangenen) Tones bestimmt ja nicht automatisch den Startzeitpunkt des nächsten.

Und wenn wir hier schon alles auf eine rein technische Ebene reduzieren, wogegen ich überhaupt nichts habe, denn es läßt sich ja immer alles auf ganz einfache und klare Basiseinheiten reduzieren, dann muß man aber auch die enormen Mengen an Variationsmöglichkeiten einkalkulieren, die sich aus der Kombination der genannten Grundelemente ergeben.

Denn ein Ton X mit der fixen Länge L, der fixen Anschlagstärke V, zum fixen Zeitpunkt t gedrückt, kann eine ganz verschiedene Funktionen und Wirkung haben, je nachdem, wie diese Parameter bei den vorangehenden und nachfolgenden Tönen ausschauen … !

In Summe sind die Kombinationsmöglichkeiten dieser erstaunlich wenigen Grundparameter also doch so groß, daß man instinktiv andere (gefühlsmäßige) Beurteilungskriterien heranzieht …

LG
Thomas

Also ich würde statt Timing als Grundelement, lieber die Pausen nehmen. Denn durch Notenlänge/Pausenlänge als Grundelemente bestimmt sich ja automatisch das Timing.
Insofern würde ich bei meinen drei genannten Grundelementen Tonlänge, Tonlautstärke, Pausenlänge bleiben.
Ich habe hier im Thread zwar noch anderes gelesen, was mich aber nicht überzeugt hat. Z.B. das verschiedenartige loslassen der Taste, ob z.B. aprupt oder sanft. Meiner Meinung nach kann sanftes loslassen maximal die Lautstärke des Tones etwas verringern, das man also mehr ein "Fade out" hat als wenn man die Taste abrupt loslässt. Bin mir da aber nicht sicher. Aber selbst wenn, würde das wieder zum Grundelement Tonlautstärke zählen.
Auch die genannte Anschlagsgeschwindigkeit gehört ja wiederum Element Tonlautstärke.

"Denn ein Ton X mit der fixen Länge L, der fixen Anschlagstärke V, zum fixen Zeitpunkt t gedrückt, kann eine ganz verschiedene Funktionen und Wirkung haben, je nachdem, wie diese Parameter bei den vorangehenden und nachfolgenden Tönen ausschauen … !"

Ja, das ist ja auch was ich oben schon meinte. Und es ist doch eigentlich unglaublich wie diese drei einfachen, für sich genommen, banalen und sehr technischen Elemente so einen großen Unterschied machen und im Gefühlserleben.
Wie gesagt, wenn man gute Pianisten hört hat man das Gefühl das sie noch irgendwelche anderen Variablen zur Verfügung haben. Was aber anscheinend nicht der Fall ist.
Natürlich ist klar, dass die Klänge an sich schon ein Gefühl auslösen, aber das ist ja nichts was ich als Pianist variieren kann. Insofern habe ich es nicht als Variable hinzugenommen.

Auf jeden Fall sehr interessant, das rein technisch einen Meister von einem Anfänger, nur die Variationen von Notenlänge, Notenlautstärke und Pausenlänge unterscheiden.
Das man sozusagen durch diese drei technischen Elemente soviel Musikverständnis übermitteln kann ist faszinierend. Man könnte fast schon "durchpressen" sagen, da der Kanal des Ausdrucks (die 3 Grundelemente) ja eigentlich ziemlich eng ist.

Zu den Pedalen: Diese beeinflussen, meiner Meinung nach, auch nur die Tonlänge, Tonlautstärke.
 
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N'Abend ...

Nur zwei über den Tellerrand Anmerkungen, über die ich zum Thema passend, bei meinen Reisen gestolpert bin.

1) NAMM Museum - Carlsbad ...

Der Versuch den Piano-Spieler einzusparen, in dem per Lochkarte/Rolle Luft durch den offenen Schlitz strömen kann, um eine Taste zu steuern, die dann einen Ton erzeugt.

full


In den ersten Versuchen nur auf die Noten ausgerichtet, klang das alles sehr mechanisch. Der Stimmung in der Kneipe definitiv abträglich .... ;) Später kamen immer mehr Steuerinformationen dazu - mit einem einzigen Ziel ... auch die Emotionen (den Feel) zu transportieren.

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2) Interview mit Tommy Emmanuel

Im Interview hat er mir erzählt, dass er die Bausteine seiner Songs durchaus mechanisch lernt ... (halt in einer Zeit, die für die meisten von uns unfassbar kurz ist) ... und wenn das passt, "steigt" er aus sich aus und hört wie ein Zuschauer seinem Spiel zu. Dabei entwickelt er dann den Feel und fängt an mit dem festen Gerüst zu spielen. Eigentlich bewegt er sich dabei von der Norm/Notation wieder weg. Also in 2 Schritten ... 1) mechanisch sattelfest 2) personality matters (also seinen Stempel aufdrückend).

Und dann kam der Nachsatz: "Teil 1 erledige ich im Keller, das kann man keinem als Musik zumuten ..."




Unser Gespräch ==> https://www.musiker-board.de/thread...mmy-emmanuel-eure-fragen-sind-gefragt.562607/


Die Essenz - für mich - dieser beiden Erlebnisse ...

Lerne die Mechanik ... und dann sei du selbst :great:

Gruß
Martin
 
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In den ersten Versuchen nur auf die Noten ausgerichtet, klang das alles sehr mechanisch. Der Stimmung in der Kneipe definitiv abträglich .... ;) Später kamen immer mehr Steuerinformationen dazu - mit einem einzigen Ziel ... auch die Emotionen (den Feel) zu transportieren.
Die authentischste Wiedergabe errichte die Firma Welte mit ihrem 1904 patentierten "Reproduktionsklavier". Bei diesem System wurde die Steuerlöcher in den Papierrollen nicht mechanisch angefertigt wie den bis dato existierenden Systemen, sondern mit einem speziellen pneumatischen System live eingespielt. Welte hat dann auch damals renommierte Pianisten engagiert, die Klavierwerke auf dem Reproduktionsklavier (bzw. Flügel) einspielten.
Mit diesem System konnte auch die Anschlagsdynamik aufgezeichnet und später wiedergegeben werden.

Ich hatte einmal die Gelegenheit im "Museum für mechanische Musikinstrumente" in Rüdesheim eine Wiedergabe auf einem solchen Welte-Flügel zu hören. Ein tolles Erlebnis.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Hier noch ein Link zum Welte-System: https://de.wikipedia.org/wiki/Welte-Mignon

Darin findet sich eine Liste mit den wichtigsten Pianisten, die für Welte eingespielt haben:
Im Repertoire der Welte-Klavierrollen von 1905 bis 1928 befinden sich beispielsweise Aufnahmen von Carl Reinecke, Ignacy Jan Paderewski, Ferruccio Busoni, Teresa Carreño, Artur Schnabel, Edwin Fischer, Télémaque Lambrino oder Walter Gieseking. Kurz vor dem Ende der Ära der Reproduktionsklaviere um 1930 spielten noch einige der großartigsten Pianisten des 20. Jahrhunderts für Welte, darunter Vladimir Horowitz im Frühjahr 1926 − es sind die ältesten Aufnahmen dieses Pianisten. 1928 erfolgten die letzten Aufnahmen klassischer Musik mit Rudolf Serkin und Lubka Kolessa. Von da an bis zum Ende der Rollenproduktion 1932 wurde nur noch Unterhaltungsmusik aufgenommen. Zahlreiche Komponisten spielten eigene Werke ein, darunter Claude Debussy, Camille Saint-Saëns, Alexander Skrjabin, Max Reger, Edvard Grieg, Enrique Granados, Gustav Mahler, Xaver Scharwenka, Richard Strauss und George Gershwin.
 
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Also ich würde statt Timing als Grundelement, lieber die Pausen nehmen. Denn durch Notenlänge/Pausenlänge als Grundelemente bestimmt sich ja automatisch das Timing.
Theoretisch ja. Aber das ist halt eine sehr praxisferne Betrachtung der Dinge. Man sagt ja auch "Alle 3 Meter steht ein Zaunpfahl", und nicht "alle 3 Meter wird der Leerraum durch eine Zaunpfahl unterbrochen".
Meiner Meinung nach kann sanftes loslassen maximal die Lautstärke des Tones etwas verringern, das man also mehr ein "Fade out" hat als wenn man die Taste abrupt loslässt. Bin mir da aber nicht sicher. Aber selbst wenn, würde das wieder zum Grundelement Tonlautstärke zählen.
Auch die genannte Anschlagsgeschwindigkeit gehört ja wiederum Element Tonlautstärke.
Nein, es beeinflusst auch den Klang, also die Qualität des Klanges. Ebenso, wie das Pedal im übrigen.

LG
Thomas
 
Ich versuche mal kurz zusammenzufassen, was meine Vorredner in vielen Worten schon ausgeführt haben: bisher spieltest du "mechanisch", also nach der Norm: genau das, was im Notentext steht. Das "Feeling" in der Musik kommt aber durch die Abweichung von der Norm.
 
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Das wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten. (Gustav Mahler)

Tendenziell fällt mir auf dass erwachsene Schüler oft zu verkopft herangehen und gern diskutieren anstatt Musik zu machen. Ich hatte einen der zehn Minuten nachgehakt hat warum es nicht 3/3 sondern 3/4 Takt heißt. Er hat damit schön davon abgelenkt dass er wenig geuebt hat.

Es gibt auch Leute die schlichtweg nicht singen können, trotzdem können sie natürlich ein Instrument erlernen.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Noch ein Zitat
Wer nur von Musik etwas versteht, versteht auch davon nichts.
Also unterbewusst in die Musik auch einfließen lassen, was man sonst von anderen Künsten verinnerlicht hat.
 
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Also ich würde statt Timing als Grundelement, lieber die Pausen nehmen.
Meines Erachtens sind hier Begriffe ziemlich unklar, meine Deutung in Kurzform.

Musik in ein zeitlich gebundenes Geschehen, "Grundelement" ist daher die Schaffung eines auf das Stück bezogenen und damit relativen Zeitflusses durch einen Puls oder Grundschlag, dessen Gruppierung zum Takt führt und auf den Rhythmen aufsetzen.

Timing (oder Time) bezeichnet zunächst einfach rhythmisch korrektes Spielen.
In der Folge bezeichnet eine gute Time auch eine kompetente Spielweise der Rhythmik eines Stücks.

Pausen sind das Gegenstück von Notenwerten, sie ermöglichen relative Angaben zur Dauer von Stille oder Musik einzelner Stimmen.
Nachdem es auch Stücke ohne jede Pause geben kann, taugen sie genauso wenig wie Notenwerte als "Grundelement" schlechthin.


Zum guten Spielen sind m.E. musikalische Vorbilder von entscheidender Bedeutung.
Zu wissen wie ein moderner Swing klingt hilft doch sehr, wenn man ein Stück wie dein YT-Beispiel Big Band Tune von Schoenmehl zum Klingen bringen will.
Beim Anhören des Clips hatte ich aufgrund meiner Hörgewohnheiten direkt den Gedanken, wie wohl das Count Basie Orchestra so etwas spielen würde.



Im Unterricht spielt man auch bis meistens Stücke, die wenig mit der privat bevorzugten Musik zu tun haben, aber das weitet den Horizont.
Stücke der von dir gemochten Musikrichtungen sollten trotzdem jederzeit auf deinem Plan stehen, ob nun im Unterrichtet oder privat.
Suche dir nach Möglichkeit gute Interpreten dieser Stücke und finde heraus, was sie für dich gut machen. Du kannst dann versuchen, etwas davon in dein Spielen zu übernehmen.

Außerdem macht es Sinn und auch Spaß, sich einem Ensemble (Combo, Band...) anzuschließen.

Gruß Claus
 
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Ein schönes Beispiel für ein etwas ´abgedrehtes´ Timing ist für mich "Tempus Fugit" von Bud Powell, wo er, dem Titel folgend, immer wieder so gekonnt ein klein wenig zu früh die Beats anspielt:
 
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