Die Text-Idee: UFO am lyrischen Himmel!?

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Was ist eine künstlerische Idee

  • Perverse Erfindung phanatasieloser Deutschlehrer?

    Stimmen: 0 0,0%
  • Die Hook?

    Stimmen: 3 50,0%
  • Der komplette Inhalt?

    Stimmen: 3 50,0%
  • Der Refrain?

    Stimmen: 0 0,0%
  • Die Ästhetik des "Wortkörpers"?

    Stimmen: 0 0,0%

  • Umfrageteilnehmer
    6
Ikone: für mich fehlt eine Beziehung, überhaupt eine Spannung ...
Für mich wäre jetzt die Zeit, das Thema zu suchen, zu entdecken und (vorläufig, als Arbeitsthese) zu fixieren.
Ich sage: Liebe + Sehnsucht / Nähe + Distanz
Assoziationen und Fragen dazu: Wunsch nach Nähe bei realer Distanz. Handelt es sich um eine vorläufige Trennung (Urlaub, Krankheit, Schwangerschaft ...) zwischen zwei Menschen, die sich lieben und zusammenleben. oder handelt es sich um eine Fernbeziehung, bei der möglicherweise Distanz auch eingeübt und gewünscht ist? Der Wunsch nach Nähe wäre dann auch die Angst vor Nähe ... Sind es überhaupt Erwachsene? Was, wenn es ein Kind ist, das sich nach seiner Mutter sehnt? Vielleicht aus dem ersten Urlaub heraus? Vielleicht träumt es im Kindergarten von ihr, weil es hier noch keine FreundInnen gefunden hat?
Was ich aussortiere: Fernfahrerträumereien, weil: ist zu profan. Wenn´s ein englischer Text wäre könnte man noch an eine Highwäy-Romantik anknüpfen, an Touren coast to coast - aber bei einem deutschen Text bleibt nur Gunter Gabriel (für mich).

Eine Idee dazu, wie ich das Thema präsentiere, wäre der nächste Schritt, wenn ich meine eigene Arbeitshypothese zu Ideen im songtextkontext ernst nehme ...
Erster Einfall: Kind im Kindergarten langweilt sich, ist zwar schön eingemummelt und der Mittagsschlaf ist angesagt - aber die Gedanken fliegen, Sehnsucht nach der Mutter, nach Geborgenheit ... so langsam und ihr unbewusst brechen aber auch Gedanken und Bilder ein, die sich darum drehen, dass sie auch hier angenommen sein will, sich wohl fühlen will ...

Vorteil dieser Idee: an sich große Themen können aus der Kinderperspektive betrachtet werden: einerseits ungeheuer wichtig, andererseits verwoben mit spielerischen Gedanken, Bildern, Träumen - eher ein Fließen als ein logisch-rationales Abarbeiten des Themas ... emotionale Richtung: langsam bricht das Eis ... es taut ... zögerliche, kleine Bewegungen nach draußen ... Frühling ...

just my 2,43 Cent

x-Riff
 
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Lieber x-Riff,

Nochmals Dank für deine Besprechung von LEGAL STREET. Ich habe in all den Jahren die christliche Phase von Dylan gemieden. Und dabei LEGAL STREET als Übergang eingestuft. Er war mMn von der Scheidung und den finanziellen Konsequenzen derart geschlaucht, dass auch ein künstlerischer Paradigmenwechsel für ihn anstand. Dachte ich so...

... Nun fand ich die Begegnung mit dem angeschlagenen Dichter sehr interessant. Selten habe ich ihn menschlich näher empfunden. Seine Deckung hat Löcher auf dieser Platte. er wirkt hier mMn unkonzentrieter und sehr erschöpft.

Zur Idee:

Ich könnte jeden Tag 3 Texte schreiben: sauber gereimt, metrisch alternierend, scheinbar Sinn habend. Teilweise flotte Sprüche beinhaltend. Dramaturgisch sinnvolle Strophen, Bridges, Refrains. Konflikt, Zuspitzung und Lösungsansatz enthaltend.

Und dennoch könnte ein großer Teil der Texte ideenlos sein..

Die Idee hat nichts mit Lösung zu tun. Höchstens mit Loslösung. Sie gleicht einem mutigen Schritt ins Unbekannte, den man niemals wieder rückgängig machen kann. Sie gleicht einem garantiert folgenreichem Geständnis.

Und ein Geständnis ist keine Geschichte. Oft reduziert es sIch auf einen Satz

– Ich hab dich betrogen
- ich bin schwul
- ich liebe dich (nicht mehr)
- ich kann nicht ohne dich leben
- ich vermisse dich
- ich liebe einen Nazi
- ich war IM
- ich wurde als Kind vergewaltigt
– mein Leben ist total langweilig
- ich bin total phantasiels
- ich bin empfindungslos
- ich muß sterben

Jeder kann sich vermutlich sofort eigene Geständnisse vorstellen, die die geistige Betriebstemperatur sofort extrem ansteigen lassen.

Und schon entsteht die Frage, wie das Geständnis wortwörtlich ablaufen würde. Wählt man eingangs eine Geschichte, beginnt man mit dem Kernsatz. Oder beginnt man harmlos mit einem:

Ich habe einen Freund
Was würdest du sagen wenn?

So, dass ist mein Ausgangspunkt. Der Kernsatz, die Prämisse, das Paradigma UND meine Vorstellung, wie ich es verkaufe !!!

Und nun zu @Ikone ,

Mandra trifft es weniger als Geständnis. Unter Mandra verstehe ich Wiederholung eines Lösungssatzes.
Aber wenn ich die Idee habe, habe ich höchstens die Absicht einer Lösung.

Leider hat du vergessen, deine Musik zu beschreiben. Klingt sie ungewöhnlich schmerzlich? Von Dissonanzen durchwoben? Oder ist es nur eine Variante der berüchtigten Popformel, die sofort an melancholische Singersongwriter erinnert? Sind es Assoziationen zu anderen Songs oder liegt die Melancholie oder gar Schmerz UNÜBERHÖRBAR in DEINER Musik?

Mir würde dein Text vermutlich ebenfalls noch zu wenig sagen. Was mich interessieren würde: Wer soll dich (er)hören: ein naher, ein entfernter oder ein noch völlig unbekannter Mensch? Gibt es einen starken, inneren Drang, das zu singen, oder ist es eben nur Assoziation zur Musik?

Oops, ich sehe, dass x-Riff schon über das Textgerippe nachdenkt. Das würde ich noch nicht tun. Ich wrde nach Interjektionen für mein Gefühl suchen, nach Einzeilern, die ich gern brüllen, flüstern oder säuseln möchte.

Warum? Weil diese noch neutral sind. Weil ich von meiner künftigen Geschichte noch nicht geprimt werden will! Weil ich in MIR Spannung aufbauen will. Weil ich weiß, dass, wenn ich mit der Geschichte beginne, Metrik und Reim zu 50% mitmischen und dass ich bei diesem Wettrennen mit der Zeit unterwegs meine Idee, mein Gefühl verlieren könnte!!! Um Go t t e s w i l l e n ! ;-)
 
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Lieber Jongleur,
sehr interessant. Selten habe ich ihn menschlich näher empfunden. Seine Deckung hat Löcher auf dieser Platte
exakt DAS reizt und fesselt mich so: er ist nackt, schutzlos - das macht diese songs für mich so intensiv - ja: er schlägt um sich. Aber er sucht auch, ist verzweifelt, sehnt sich. Mag sein, manches ist ungeschliffen, roh - aber dafür ist es direkt, unmittelbar.
Und: mich interessieren Aufbruch- und Suchphasen sehr - gerade bin ich in einer: vielleicht habe ich deshalb wieder zu diesen songs gefunden. Und Suche ist für Dylan (meinen Dylan) immer absolut: Er misst sich an absolutem Maß, deshalb ist alles übersteigert. Aber er weiß das und weiß, dass er ein Mensch ist. Das ist für mich die ungeheure Spannung, die in allen diesen songs liegt.

Die Idee ... gleicht einem garantiert folgenreichem Geständnis.
Vielleicht ist das der Bogen: Es ist so eine Art von: Hier stehe ich - ich kann nicht anders.
Das heißt:
Loslösung vom Altbekannten, sattsam gewohnten, eingesessenen.
Mut. Bekenntnis. Unbedingtes. Nach Innen und nach Außen.
Und ab da ist alles möglich - nur ein (naives, unschuldig sein wollendes) Zurück nicht mehr.

Doch, doch - das hat was.

x-Riff
 
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Ikone: für mich fehlt eine Beziehung, überhaupt eine Spannung ...
Für mich wäre jetzt die Zeit, das Thema zu suchen, zu entdecken und (vorläufig, als Arbeitsthese) zu fixieren.
Ich sage: Liebe + Sehnsuch / Nähe + Distanz
Assoziationen und Fragen dazu: Wunsch nach Nähe bei realer Distanz. Handelt es sich um eine vorläufige Trennung (Urlaub, Krankheit, Schwangerschaft ...) zwischen zwei Menschen, die sich lieben und zusammenleben. oder handelt es sich um eine Fernbeziehung, bei der möglicherweise Distanz auch eingeübt und gewünscht ist? Der Wunsch nach Nähe wäre dann auch die Angst vor Nähe ... Sind es überhaupt Erwachsene? Was, wenn es ein Kind ist, das sich nach seiner Mutter sehnt? Vielleicht aus dem ersten Urlaub heraus? Vielleicht träumt es im Kindergarten von ihr, weil es hier noch keine FreundInnen gefunden hat?
Was ich aussortiere: Fernfahrerträumereien, weil: ist zu profan. Wenn´s ein englischer Text wäre könnte man noch an eine Highwäy-Romantik anknüpfen, an Touren coast to coast - aber bei einem deutschen Text bleibt nur Gunter Gabriel (für mich).

Eine Idee dazu, wie ich das Thema präsentiere, wäre der nächste Schritt, wenn ich meine eigene Arbeitshypothese zu Ideen im songtextkontext ernst nehme ...
Erster Einfall: Kind im Kindergarten langweilt sich, ist zwar schön eingemummelt und der Mittagsschlaf ist angesagt - aber die Gedanken fliegen, Sehnsucht nach der Mutter, nach Geborgenheit ... so langsam und ihr unbewusst brechen aber auch Gedanken und Bilder ein, die sich darum drehen, dass sie auch hier angenommen sein will, sich wohl fühlen will ...

Vorteil dieser Idee: an sich große Themen können aus der Kinderperspektive betrachtet werden: einerseits ungeheuer wichtig, andererseits verwoben mit spielerischen Gedanken, Bildern, Träumen - eher ein Fließen als ein logisch-rationales Abarbeiten des Themas ... emotionale Richtung: langsam bricht das Eis ... es taut ... zögerliche, kleine Bewegungen nach draußen ... Frühling ...

just my 2,43 Cent

x-Riff
Danke dir für deine Antwort und deine Hilfe.

Ich denke die Idee ist in einem Kernsatz im Song versteckt, den ich erst mittels offener Performance rauskitzeln muss. In meinem Fall ist es das Singen selbst. Anfangs gibt mir die Melodie ein Gefühl. Die ersten Bilder sind wahrscheinlich nur die Assoziation des Gefühles und sind nicht die Idee selbst, wenn auch sie die indirekt damit zu tun haben. An der Idee sitzt ich gerade. Und schleife solange bis ich die These im Refain unterbringen kann. Und das lang bevor ich scheinbar unwichtige beinläufige Inhalte in den Verse aufbaue.

Mandra trifft es weniger als Geständnis. Unter Mandra verstehe ich Wiederholung eines Lösungssatzes.
Aber wenn ich die Idee habe, habe ich höchstens die Absicht einer Lösung.

Leider hat du vergessen, deine Musik zu beschreiben. Klingt sie ungewöhnlich schmerzlich? Von Dissonanzen durchwoben? Oder ist es nur eine Variante der berüchtigten Popformel, die sofort an melancholische Singersongwriter erinnert? Sind es Assoziationen zu anderen Songs oder liegt die Melancholie oder gar Schmerz UNÜBERHÖRBAR in DEINER Musik?
Hmm... Minimalistisches Singersongwriter im Soundtrack-Charakter würd ich sagen. Ich habe nicht mal die Absicht einer Lösung.

Wenn dann ist ein hoffnungsvoller Schmerz in der Gesangsmelodie.

Mir würde dein Text vermutlich ebenfalls noch zu wenig sagen. Was mich interessieren würde: Wer soll dich (er)hören: ein naher, ein entfernter oder ein noch völlig unbekannter Mensch? Gibt es einen starken, inneren Drang, das zu singen, oder ist es eben nur Assoziation zur Musik?
Es sind zwei mir wichtige Personen, die mir aber fern, und ein unerreichbar sind, die ich damit anspreche. Und das musste ich erstmal rausfinden. Es hat was von direct speech, weiss nicht wie das in deutsch genannt wird.

Rette mich - in die Ferne.

ist meine Übersetzung des Gefühls welches ich habe.

VG
Ikone
 
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Rette mich - in die Ferne gesprochen?
Oder:
Rette mich in die Ferne?
Ja da hast du recht klingt erstmal doof. Gesungen wird "Rette mich! In die Ferne! Siehst du nich! bla bla bla blaaaa bla bla"... :)
 
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Lieber @Ikone : ich arbeite etwas anders: Meine wichtigste Anforderung an die vorläufige Kernsatzzeile(n) ist, dass diese mich sofort emotional erreicht. “Hol mich ab!.. (bitte) bring mich weg von hier!.. Wann kommt Du?..hab ich dich nur geträumt.... Geht es dir gut?....Nie mehr ohne dich!... Wie konnte ich dich gehen lassen!.... Hilf mir! .... Hilfe! .... Hallo... Ist da wer... Wo bist du?

Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Kernsatz im entgültigen Text bleibt. Aber er legt meinen emotionalen Ausgangspunkt fest - falls ich ihn nicht sowieso fühle oder klar vermute.

Lass mich das an einem Beispiel diskutieren. Mich bedrückt etwas

– der Vormarsch radikaler Parteien einerseits und des Klimawandels andererseits.
– ein Partnerschaftsproblem
– mein Alter
– die Vermutung einer schweren Krankheit

Letztlich könnte ich jeden der obigen Kernsätze nehmen. Aber jedes mal weckt der Kernsatz eine andere Erinnerung bzw. Geschichte in mir.

Nehmen wir mal mein Gefühl zur Entwicklung des Planetens: Dann such ich vielleicht eine Vertrauensperson zum Reden, eine Gruppe zum Handeln, die Ideale von früher, mein kindliches Vertrauen in Gott, grosse Denker und Lenker der Vergangenheit.... Oder aber den Mann auf der Strasse, der mich töglich passiert wie ein himmlischer Komet.

Ich weiß nicht, ob ihr fühlt, wie alle diese emotionalen Kernsätze ständig neue Geschichten entfalten, je nachdem, mit welchem Hintergrund ich sie verbinde.

Lasst mich dieses Posting mit einem weiteren Hinweis auf Dylan schließen. Er arbeitet mMn extrem oft mit diesem Prinzip. Mir fällt gerade ein " Evrybody ist geht stoned“. Dieser Satz geht semantisch natürlich nivht SOFORT ins Blut. Aber ich kann mir vorstellen, dass ich zuerst stehen habe " Jeder kriegt mal eine in
die Fresse", was ich zu vordergründig finde, aber erst mal als Richtschnur benutzte. Wenn mein Songgerüst steht, kann ich meine Prämisse ja noch nach Belieben verfremden. Oder ganz streichen. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan.

Bezüglich meiner Beispiele könnte ich vom “Mann (Frau, Kind, Mensch) ohne Schatten“ singen. Oder vom "Flüchtling im Kosmos", oder schlicht vom "Traumtänzer".

Genau hier wird sichtbar, warum ich meinen Kernsatz “Idee" nenne: wie und wann auch immer ich diesen Satz wandle, ich behalte eindeutig Kontakt mit DEN Emotionen, die zugleich auch in der Komposition und dem Arragement enthalten sind.


Was ich in diesem Posting noch nicht ansprach, ist die Möglichkeit, aus dieser Prämisse anspruchsvollste Texte zu formen, die den Kernsatz nur noch wie den berühmten Zeitgeist unsichtbar enthalten. Davon später...

Lg
 
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Lasst mich dieses Posting mit einem weiteren Hinweis auf Dylan schließen. Er arbeitet mMn extrem oft mit diesem Prinzip. Mir fällt gerade ein " Evrybody ist geht stoned“. Dieser Satz geht semantisch natürlich nivht SOFORT ins Blut. Aber ich kann mir vorstellen, dass ich zuerst stehen habe " Jeder kriegt mal eine in die Fresse", was ich zu vordergründig finde, aber erst mal als Richtschnur benutzte.
Was meiner Beobachtung mein Dylan :)cool:) macht, ist, Sätze (gerne als Refrain) zu nehmen, die mehrdeutig sind oder sich durch den Kontext der Strophen ändert. Dadurch entsteht eine ungeheure Spannung.
"Everybody must get stoned" ist so ein Satz. Denn er lässt sich lesen als:
Jeder sollte mal ordentlich eine Tüte durchziehen.
Aber auch als:
Jeder muss eins auf die Fresse kriegen.

Die Strophen spielen das dann durch. They stone you when ... beschreibt zunächst die Lebenswelt eines Hippies, der überall angefeindet, gesteinigt wird. Dann die ironische Brechung: Na ja - ich (Sicht des Hippies) will dabei ja nicht alleine sein - also wenn ich schon gesteinigt werde, dann Du auch ... was dann in der liebenswürdigeren Lesart ist: Na ja - wenn Du mich einen durchziehen läßt, dann soll auch jeder was abbekommen, womit auch die übliche Form gemeint ist, einen joint kreisen zu lassen. Dylanlike soll er meines Wissens die letztgenannte Deutung nicht wirklich bestärkt aber doch geduldet haben - jedenfalls stimmte eine zeitlang sein Publikum mit lautstarkem Mitsingen ein - die Ambivalenz zwischen "wie Du mir, so ich Dir" und "Hey, warum dieser ganze Stress - kommt doch mal runter" ließ er stehen. Irgendwann spielte der den song einfach nicht mehr.

Dieses Doppelbödige, Mehrdeutbare macht Dylan imho recht häufig. Der Refrain: going, going, gone spielt mit den verschiedenen Phasen einer Trennung: dem Überlegen, dem Vollzug und der Zukunft. Damit wird aus einer bloßen Augenblicksüberlegung ein alternativer Lebensentwurf und schließlich der abgeschlossene Vorgang.

x-Riff
 
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Hallo X-Riff, wir gehen da völlig konform. (Bis auf meine automatische Textkorrektur, die speziell aus fremdsprachigen Wörtern macht, was sie will ;-)) Klar dachte ich auch anfangs, der Song wäre ein Drogenlied. Damals, als ich noch älter war. :D

Dylan ist ein pragmatisches Schlitzohr. Er ist ein weißer Clown. Ihm scheint die Erschütterung seines Publikums ähnlich wie bei einem Zauberer das größte Vergnügen zu bereiten. Ich bewundere seine Energie, pausenlos neue Nebelkerzen zu bauen. Denn vom BAUEN würde ich schon reden, obwohl das alles sekundenschnell abläuft.

Aber er wird, wie wir alle, natürlich auch Einfälle (nicht Ideen) wieder streichen. Ich vermute. Besonders DIE, welche seine eigentliche Idee vorzeitig offenbaren oder einseitig festnageln. Er bleibt Pokerspieler in jeder Sekunde.
 
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Jetzt, wo ich meine Auffassung von Idee hier etwas entwickeln konnte, kann ich endlich auf @Slidemaster Dees früheres Posting eingehen.

Ich war bei meinen Überlegungen zu bestehenden Textbeispielen zu Idee/keine Idee genau an diesem Punkt des nicht explizit/explizit Benennens hängen geblieben. Ich veröffentliche einfach mal meinen (nicht zuende gedachten) Denkstatus quo.

Ab hier kommen jetzt natürlich völlig subjektive Einschätzungen.

Ich war bei Songs über das beliebte RnR-Thema (ich benutz jetzt mal den Begriff Thema) "Alkohol/Sucht", und mir war Marius Müller Westernhagens "Johnny Walker" eingefallen. Furchtbar ideenlos m.E., mehr kann man das Thema dem Zuhörer nicht auf die Stirn pinseln. Hier hat beim Kneipengig selbst der betrunkendste Hansel unterm hintersten Stehtisch kein Chance, mitzufühlen oder sich mit dem Thema zu beschäftigen. Hier wird nur noch mitgeschmettert. Hat auch was, aber das ist für mich ideenlos, weil es nicht ins Thema führt, sondern das Thema ein austauschbares Transportmedium für davon abgekoppelte Emotionen ist. (Ein bißchen wie früher beim Nirvana-Konzert, wo tausende Mädels freudig "Rape me" mitschmettern).

Nehmen wir auf der anderen Seite unser aller Lieblings-Alki Shane MacGowan von den Pogues und "A rainy night in Soho". Eine wundervolle, traurige Hommage an den (ich vermute) Whiskey. Und warum ist sie wunderschön und traurig? Weil er schreibt, als ginge es um eine verflossene Liebe. Ich erinnere mich, dass ich Ewigkeiten gebraucht habe, um zu raffen, worum es eigentlich geht. Und selbt mit diesem Wissen wirken die deutlichen Verweise auf das eigentliche Thema noch sehr offen und mit Freiraum für Interpretationen. Und der letzte Rest Zweifel, ob es doch "nur" ein Liebeslied ist, bleibt für immer. Und schon bin ich emotional mitten dabei.

Denkstatus quo Ende.


Bezüglich des Inhaltes beider Liedtexte stimme ich dir gern zu. Aber nicht bezüglich der Idee. Für mich lautet das Thema beider Songs "Alkohol". Dabei gibt es eine große Ähnlichkeit, denn beide Male wird das Getränk als guter Freund personifiziert. Das ist für mich Teil der oder gar die gesamte Idee.

Für dich ist "Jonny Walker" ideenlos (!), weil... hier nur abgefeiert wird und das Thema dabei unwichtig, austauschbar zu sein scheint. Im Gegensatz zu " A Rainy Day In Soho", wo der Sänger den Alkohol wie eine verflossenen Liebe besingt: traurig und schön. Und genügend Verweise auf das Thema Alkohol gegeben seien.

Nun will ich aber gar nicht über das Thema reden. Ich will über die Idee reden. Und die lautet für mich: Personifikation von Alkohol in Gestalt eines geliebten Menschens. Oder anders gesagt: Ersatz des Gemeinten durch etwas Vergleichbares. Aber nicht in Gestalt eines deutlich sichtbaren Wie-Vergleiches, sondern knallhart als Metapher. Also haben mMn beide Songs die gleiche Text-Idee und vermutlich das gleiche Thema.

Die musikalische Ausführung unterscheidet sich aber wesentlich. "Jonny Walker" ein Lied in Dur mit strahlendem Refrain, "A Rainy Day In Soho" ein Strophenlied, ebenfalls in Dur, aber ohne zusammenfassenden Feierrefrain.

Man könnte sagen, dadurch bekommen alle Zeilen einen ähnliche Wertigkeit. Hingegen die durchaus ebenfalls nachdenklichen Strophenzeilen von "Jonny Walker" werden immer wieder vom trinkseligen Treuebekenntnis des Refrains überstrahlt.

Vielleicht gehört das ebenfalls zur Ideenfindung. Angenommen, zuerst waren die Musiken da. Und die Texter entschieden sich vorab, die Jonny-Walker- Musik als Hymne zu texten, und den anderen Song als traurige Ballade...

.... dann stünden durchaus ursprünglich Emotionen am Anfang. Bei dem Einen so ein Wunschgefühl von unkontrolliertem Ausflippen und bei dem Anderen eher die Melancholie des Resümees einer Beziehung,

Was bewegt mich eigentlich, derart klar nach einer, nämlich meiner, Definition von Idee zu suchen? Ich finde es extrem wichtig, zwischen Moral und Handwerk zu trennen. Die Idee ist für mich definitiv wertfrei. Sie gehört für mich zum Handwerk. Sie bestimmt den Ablauf meiner Arbeitsschritte. Egal ob ich für Gandhi oder Trump ein Denkmal erschaffte.

Natürlich hat die Moral ein gleiches Mitspracherecht. Aber in anderen Phasen des Schaffungsprzesses. Ich verlassen mich diesbezüglich auf meine reflektierte Weltanschauung und mache in vielen Phasen Platz für intuitive Einfälle zu meiner Idee.

Widerspruch?
.
 
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Weiß ich noch nicht. Vielleicht erst mal: Einspruch. Oder: Nachfrage.
Was bewegt mich eigentlich, derart klar nach einer, nämlich meiner, Definition von Idee zu suchen? Ich finde es extrem wichtig, zwischen Moral und Handwerk zu trennen. Die Idee ist für mich definitiv wertfrei. Sie gehört für mich zum Handwerk. Sie bestimmt den Ablauf meiner Arbeitsschritte. Egal ob ich für Gandhi oder Trump ein Denkmal erschaffte.
Ich würde das Wort Moral nicht benutzen. Nur: Emotion.
Und da glaube ich: Was Dich nicht berührt, was Dir egal ist, löst auch keine Emotionen aus.
Folglich: Wenn Emotionen für Dich wichtig sind und zwar sehr am Anfang der Suchbewegung hin zum Text - dann ist auch Emotion da.
Und mit Emotion in irgendeiner Form Werte. Wenn wir empört sind, sind wir es deshalb, weil gegen etwas verstoßen wird, was wir für gut, unersetzlich oder unabdingbar halten.
Mit Moral verbinde ich einen Zeigefinger, etwas abstraktes, etwas "darüber stehendes", etwas Reflektiertes. Deshalb würde ich hier nicht von Moral sprechen. Aber von Emotion und Werten.

Widerspruch?
Oder habe ich die Reihenfolge durcheinander gebracht, in der Du vorgehst?
Natürlich hat die Moral ein gleiches Mitspracherecht. Aber in anderen Phasen des Schaffungsprzesses. Ich verlassen mich diesbezüglich auf meine reflektierte Weltanschauung und mache in vielen Phasen Platz für intuitive Einfälle zu meiner Idee.
 
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Danke @x-Riff für deinen Einspruch. Ich verstehe unter Emotionen mehr oder weniger spürbare Gemütserregungen. Von Oberflächlichkeiten ausgelöst und flüchtig. Die versuche ich von tieferen Gefühlen zu trennen.


Wenn mein Freund, der Steinmetz, bei der Arbeit Musik hört, bekommen seine Emotionen zusätzliches Futter. Vermutlich stärkt ihn das... Das wechselnde Repertoire könnte er sicher weitgehend ausblenden ... würde sein Sender aber plötzlich Nazimusik senden, würde er das vermutlich weg drehen und sich dann überlegen, beim Sender anzurufen oder verstimmt eine Pause zu machen. Die emotionalen Grenzen für einen ordentlichen Arbeitsflow wären überschritten.

So ungefähr läuft meine Arbeit. Bei der Ideenfindung ist meine Moral hell wach. Folge ich dann aber einer Idee, blende ich weltanschauliche Bedenken aus. Wenn ich meine, "Hitler" eignet sich als gutes End-Reim, nehm ich ihn erst mal! Wie und ob ich es entgültig nutze, entscheiden ich frühestens ab der ersten Ermüdungspause. Wenn ich überarbeite, über die Dramaturgie nachdenke.

Stellt euch das bittet nicht penetrant mechanisch vor! Es geht mir im Schreibmodus eben nur darum, offen für tiefere Gefühl zu sein. Ich unterscheide zwischen leicht zugänglicher Oberflächlichkeit und Moral einerseits und schwerer zugänglichen Gefühlen andererseits. Letztere kann ich halt nur konzentriert wahrnehmen. Manchmal spüre ich starke innerliche Gefühle. Dann schreib ich eventuell "Angst", "Wut", "Enttäuschung” oder "Lust", "Freude" "Zuversicht" an den Rand meinen Entwurf. Wenn ich nach einigen Stunden pausiere, denke ich darüber nach, ob das texrelevant war oder eher Zufall.

Wenn ich im Fluss bin, geht es um die Worte und Bilder, die mir intuitiv einfallen. Und meine Ahnung, wie das gefühlsmäßig deutbar ist. Im Gefolge und im Rahmen meiner vorher gewählten Idee.. Da kann spontan das Fragment einer Story scheinbar unverbunden neben einer Liste von Eigenschaften entstehen. Manchmal forme ich diese Elemente blitzschnell zusammen, manchmal lassen ich sie zunächst isoliert stehen.

Wie läuft Euer Schreibprozess ab?
 
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Ich lese übrigens noch interessiert mit und habe auch noch Gedanken. Hatte aber zuletzt Urlaub und da bin ich gern ein Mann der offensichtlichergebnisorientierten, schweißtreibenden, rückenmalträtierenden und hingebungsvoll dreckigen Praxis und habe ein paar Wände gebaut und so. Demnächst wieder mehr von mir.
LG
 
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Sehr schön, lieber @Slidemaster Dee, denn mach man hinne! :m_trumpet:Ich baue auf einige interessante Pingpongszenen mit dir, die wenigstens mich (gefühlt) auf der Suche nach dem legendären Ufo «Idee« weiter vorwärts bringen könnten. Nach deiner erfreulichen Rückmeldung gehe ich vermutlich noch mal in Vorleistung. Heute aber nicht mehr... Fortsetzung folgt.

Lg
 
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Ich frage mich etwas, @Jongleur, aus meiner individuellen Wahrnehmung der finalen Ganzheitlichkeit in Text/Musik/Performance. Könnte etwas OT sein, ist aber inspiriert durch diese Diskussion, daher wird sich schon irgendeine Schleife zum Thema finden:

Ich habe verstanden, dass du Texte für andere schreibst.

Wie ist es das? Ist es dir (weitestgehend) egal, dass deine Texte jemand anderes singt? Wer das tut? Wie gelingt es dir, etwas so intimes wie einen Text emotional „aus der Hand“ zu geben? Fühlst du dich manchmal fehlinterpretiert, wenn du jemand anderen deine Texte singen hörst? Oder hörst du vielleicht eh immer „nur“ eine Interpretation deiner Texte? Oder siehst du es am Ende gar als Bereicherung oder Form der Kommunikation?

Wow. Ich hab nen neugierigen Tag, glaub ich.
 
Also ich wage es hier auch ein paar Zeilen zu schreiben, warum, weil ich selbst auch mein Leben damit verbringe Ideen zu jagen. Meine Ideen manifestieren sich allerdings nicht hauptberuflich in Texten oder Songs sondern in kalten abstrakten Algorithmen.
Die Idee an sich ist für mich ein Gedankenbild (fern ab jedes Bildes,jedes Textes, jedes Tons oder jeder Formal, eher eine Ahnung ...), es erhebt sich aus dem Rauschen und wird Information, wird immer deutlicher unterscheidbar vom Rauschen. Selbst wenn ich diese Idee jetzt fassen, erfassen, fühlen erfühlen kann muss ich sie transportieren. Die Idee, die dem Rauschen abgetrotzte Information muss in einer Sprache formuliert werden um transportiert werden zu können. Sprachen gibt es viele, Binärcodes, Text, Musik, Text und Musik, Malerei, ... . Jetzt kommt die "Kompression" ins Spiel, jetzt kommen die Mustererkenner hinzu, das ist es, so wie mir scheint worüber hier als "Idee" gesprochen wird. Wie kann ich mein Gedankenbild effizient und mit maximaler Information beladen zum "Nächsten" transportieren. Da die Geister nicht verbunden sind versuche ich die nächstbeste Möglichkeit und erachte nur solche als gut und schön welche "wie direkt verbunden" wirken. Die "Berührung der Seele" ist das Ziel, das Gedankenbild direkt in der nächsten Seele entstehen zu lassen, alle vorhandenen bewussten und unbewussten Filter zu überwinden um direkt das Erfassen und das Fühlen zu ermöglichen. Dazu muss man manchmal die vorhandenen Mustererkenner (die eigenen und die des Nächsten) nutzen, manchmal überlisten, manchmal umgehen.
Die Schönheit offenbart sich dann, wenn das Bild so entsteht, als wäre es des nächsten Geistes selbst entsprungen, die Schönheit verliert je mehr der Transport oder eine Penetration des eigenes Geistes durch fremde Bilder spürbar wird.
Zum Finden, zum Jagen kann ich aus eigener Erfahrung berichten, dass es nicht gefunden oder gejagt werde möchte, es will gebeten und geschenkt sein. Am Anfang meiner Karriere dachte ich noch, das war jetzt die Idee, ob nochmal im Leben eine weitere kommt? Aber jetzt weiß ich es kommen unendlich viele weitere, ich darf darauf vertrauen, dass sie kommen. Gibt es eine Deadline, so ist der "existenzielle Druck" oft nicht von Nachteil, damit man nicht zu sehr dem Rauschen (und weiteren Ideen) frönt und wenn es ganz eng wird hilft bei mir immer ein Schläfchen (andere nennen es Meditation). Die Krux ist es oft, die Information aus dem Schläfchen mitzunehmen, aber mit Übung wird das auch immer besser.

Ach so, zur "Kompression" wollt ich noch was schreiben, die Kunst Information zu komprimieren ist eine hohe, nichts soll die Information vor dem letzten Stückelchen offenbaren (weil dann hätt ma noch mehr komprimieren können), nichts überflüssiges soll sie enthalten, jeglicher Teilbaustein soll "multidimensional" verwendbar sein, aber ist das "dechiffrieren" zu anstrengend, kann es sein, dass es nicht ankommt, dass der Mustererkenner oder ein Filter es nicht durchlassen und es als "YAN" (yet another noise) verwerfen.
 
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@Slidemaster Dee :

Ein Text ist für mich genauso intim wie ein Kommentar. Nur dass der Text zusätzlichen Raum für Musik braucht, weshalb er vieldeutiger geschrieben werden muss.

Einerseits habe ich einige meiner Texte einmalig gesungen. Andererseits haben einige Interpreten meine Texte unübertrefflich gesungen.

Ich fühle mich nie falsch interpretiert! Manchmal anders. Und oft, denke ich nach Jahren, besser! ;-)

Generell: Was für eine große Ehre, dass manche Interpreten ihre gesamte, berufliche Karriere verbindlich mit meinen Gedanken und Gefühlen vereinen?!

Ich bedaure sehr, dass viele Amateure diesen Aspekt gar nicht beachten, sondern Fremdautoren und ihren Interpreten pure Coolheit und Geschäftstüchtigkeit unterstellen. Tatsächlich sind einige meiner Freunde und Interpreten schlagfertiger als ich und ich freue mich riesig, wenn meine Nachdenklichkeit und introvertiertheit ihner tollen Bühnenerscheinung zusätzliche Farbnuancen verleiht, die mit den ihren gemischt, großartige Eindrücke in mir hinterließen!!

@FerdinandK : Für deinen interessanten Kommentar muß ich mir später Zeit freischaufeln. Zunächst herzlichen Dank.

und lg an Euch beide. :)
 
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Also ich wage es hier auch ein paar Zeilen zu schreiben, warum, weil ich selbst auch mein Leben damit verbringe Ideen zu jagen. Meine Ideen manifestieren sich allerdings nicht hauptberuflich in Texten oder Songs sondern in kalten abstrakten Algorithmen.
Klingt gut in meinen Ohren. ;-) ich folge dir mal linear.

Die Idee an sich ist für mich ein Gedankenbild (fern ab jedes Bildes,jedes Textes, jedes Tons oder jeder Formal, eher eine Ahnung ...), es erhebt sich aus dem Rauschen und wird Information, wird immer deutlicher unterscheidbar vom Rauschen.
sehr schön! Ich lese den notwendigen Respekt gegenüber einer Idee heraus. Wenn vermutlich eine meiner Zeile eine tragende Idee enthält, bastle ich oft Stunden an dieser Zeile. Für den fertigen ersten Textentwurf brauche ich selten mehr als eine Stunde.. aber dann beginnt das Feilen. Manchmal zerfeile ich alles. Aber das ist eher selten.

Doch die Hook, die Ideenträgerin, muß inhaltlich und formal möglichst perfekt sein: Lakonisch, mehrdeutig, witzig! Wenn mein erster Textentwurf schlüssig war, verträgt er Änderungen der Hook unproblematisch. Wenn der erste Text ZU SCHNELL geschrieben wurde, schreiben sich die folgenden Entwürfe leichter, je klarer und witziger die Hook wird.

Selbst wenn ich diese Idee jetzt fassen, erfassen, fühlen erfühlen kann muss ich sie transportieren. Die Idee, die dem Rauschen abgetrotzte Information muss in einer Sprache formuliert werden um transportiert werden zu können. Sprachen gibt es viele, Binärcodes, Text, Musik, Text und Musik, Malerei, ... . Jetzt kommt die "Kompression" ins Spiel, jetzt kommen die Mustererkenner hinzu, das ist es, so wie mir scheint worüber hier als "Idee" gesprochen wird.
Muster - gute Bezeichnung für das, was ich auch meine. Ein Muster entsteht, wenn jede Linie individuelle Verläufe hat und dennoch zugleich an einem einheitliches Muster mit strickt.

Wie kann ich mein Gedankenbild effizient und mit maximaler Information beladen zum "Nächsten" transportieren. Da die Geister nicht verbunden sind versuche ich die nächstbeste Möglichkeit und erachte nur solche als gut und schön welche "wie direkt verbunden" wirken.
: für mich ist das Muster die Idee und die Gedankenfäden verkörpern die künstlerischen Zeilen.

Die "Berührung der Seele" ist das Ziel, das Gedankenbild direkt in der nächsten Seele entstehen zu lassen, alle vorhandenen bewussten und unbewussten Filter zu überwinden um direkt das Erfassen und das Fühlen zu ermöglichen. Dazu muss man manchmal die vorhandenen Mustererkenner (die eigenen und die des Nächsten) nutzen, manchmal überlisten, manchmal umgehen.
Wir scheinen uns zu verstehen. Oft regiert Unsicherheit des Autors das Schreiben. Als Ergebnis entstehen ( im Bemühen um Verständlichkeit) leider oft nur pure Klischees.

Es gibt immer zwei gefährliche Rivalen beim Schreiben: hier das die Sehnsucht nach Selbstverständnis ... da der Wunsch, von den Anderen verstanden zu werden. Die uneingeschrankte Darstellung der eigene Sicht muß immer dominieren, zumal man sowieso NIE die Garantie har, HINREICHEND verstanden zu werden.

Übrigens: Auch eine Zeile hat Ähnlichkeit mit einer Idee: sie muss den Klischeefilter beim Hörer überwinden. Sie muss es etwas Eigenes verströmen: In der Phonetik, Semantik, Metrik, Grammatik....
Aber mir geht es hier um das Muster, die Gesamtidee des Songs.

Die Schönheit offenbart sich dann, wenn das Bild so entsteht, als wäre es des nächsten Geistes selbst entsprungen, die Schönheit verliert je mehr der Transport oder eine Penetration des eigenes Geistes durch fremde Bilder spürbar wird.
Ja! so ähnlich sehe ich das auch. Von mir verlange ich Originalität, bei den Anderen muß ich Klischees akzeptiere. Deren Rezeption kann ich nicht beherrschen, höchsten etwas steuern. DAS sich immer wieder vor Augen zu führen, verlangt extreme Geduld und Konzentration.

Zum Finden, zum Jagen kann ich aus eigener Erfahrung berichten, dass es nicht gefunden oder gejagt werde möchte, es will gebeten und geschenkt sein. Am Anfang meiner Karriere dachte ich noch, das war jetzt die Idee, ob nochmal im Leben eine weitere kommt? Aber jetzt weiß ich es kommen unendlich viele weitere, ich darf darauf vertrauen, dass sie kommen.
Ja! Das kommt mMn davon, dass wir uns alle intellektuell meistens auf ausgetretenen Pfaden bewegen, emotional aber höchst einmalig reagieren. Wir musssen besser die Sprache unserer eigenen Gefühle erlernen. wo Deutsch nichts liefert, müssen wir Metaohern, Vergleiche oder Symbole suchen. Wie es JEDES Kleinkind im Kontakt mit uns Erwachsenen
pragmatisch einsetzt.

Gibt es eine Deadline, so ist der "existenzielle Druck" oft nicht von Nachteil, damit man nicht zu sehr dem Rauschen (und weiteren Ideen) frönt und wenn es ganz eng wird hilft bei mir immer ein Schläfchen (andere nennen es Meditation). Die Krux ist es oft, die Information aus dem Schläfchen mitzunehmen, aber mit Übung wird das auch immer besser.
Wow. Ich schreibe ebenfalls vom Erwachen bis in den frühen Nachmittag. Danach mache ich Organisation oder gehe spazieren!

Ach so, zur "Kompression" wollt ich noch was schreiben, die Kunst Information zu komprimieren ist eine hohe, nichts soll die Information vor dem letzten Stückelchen offenbaren (weil dann hätt ma noch mehr komprimieren können)
Ja, Mit 30 las ich eines meiner wichtigsten Paradigmen: Ich kann alles, solange ich nicht darüber rede!!! ;-)

Ich könnte dich falsch verstanden haben. Aber ich fand dennoch viel Übereinstimmendes. Und das reicht mir
zunächst so! :)

lg
 
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Ein Text ist für mich genauso intim wie ein Kommentar. Nur dass der Text zusätzlichen Raum für Musik braucht, weshalb er vieldeutiger geschrieben werden muss.
Vielleicht ist es von vorneherein ein anderes Denken. Ein Mit-Denken der Tatsache, wann das eigene in die Kommunikation geht. Es gibt bei mir auch den Punkt, an dem es gut ist, wenn andere (bei mir: Mitmusiker/Band) beginnen, zu interpretieren und mitzugestalten. Ich glaube, ich komme von der Idee, dass es befremdlich scheint, wenn jemand anderes meine Texte singt, nicht weg, weil ich auch einfach nicht auf selbst Singen verzichten möchte. Dazu sehe ich mich dann doch vielleicht zu sehr primär als Sänger und erst sekundär als Texter? Weiß ich nicht. Dem spür ich mal nach.

Danke!
 
Schön, @Slidemaster Dee , dass du dabei bleibst, ungern von anderen gesungen zu werden. Es gibt mir die Möglichkeit, noch 2, 3 Geschichten beizusteuern.

Eine handelt von einer befreundeten Sängerin: Mc Kinley Black


Sie tritt oft mit Nachwuchskünstlern auf, obwohl nicht nur ich der Meinung bin, dass ihre Einmaligkeit VOR ALLEM zu hören und zu spüren ist, wenn sie allein mit der Gitarre auftritt.

Ich fragte sie einst, warum siie so oft ihre Perfektion und Gage mit Nachwuchskünstlern teilt? Sie sah mich traurig an und antwortete leise: "Von dir hatte ich diese Frage nicht erwartet. Spürst du denn nicht meine und ihre Liebe, wenn wir gemeinsam musizieren? Spürt ihr denn nicht diese Kraft von mehreren Willen" - Ich bin ehrlich, so hatte ich das bis dahin nicht gesehen. Aber danach schon!!!

Früher habe ich nach Konzerten meine Kollegen manchmal sanft kritisiert. Heute nicht mehr. sie geben stets ihr Bestes. Teilweise mit meinen Texten. Mein Zeitaufwand hat sich längst amortisiert.
Viele sind mir treu geblieben. Arbeiten jahrelang exklusiv mit mir. auch ohne Vertrag.

Einem anderen Sänger schrieb ich vor Jahrzehnten Texte und er war sooo bedauerlich jung. Aber ich glaubte an ihn. Er war der Sohn einer Tänzerin und eines Komponisten. ich wusste, seine Zeit kommt noch. Heute überragt er mich auf der Bühne. Nicht zwingend an Stimmkraft. Aber als Entertainer. Jedes Konzert ist anders. Und obwohl er sich heute zum Teil eigene Songs schreibt, gehe ich regelmäßig in seine Berliner Konzerte und verdrücke manche Träne der Rührung, was er HEUTE aus unseren Kindern macht. Mit eigenen, genialen Zwischenansagen... auch zu meinen Texten. :)

Nimm das bitte nicht als Ausrede. Ich rede über die Sternstunden eines Texterlebens. Und ich hoffe, auch du wirst noch erleben, dass dich dein Text aus fremden Mund umwirft.

Ein letztes Beispiel. Ich schrieb zum Mauerfall einen meiner besten Texte und vertonte ihn (für mein Programm) damals trotzig vital. Meine Auftraggeber aber vertonten und sangen den leidenschaftlichen Text als traurige Ballade. Viele Jahre ärgerte es mich, wenn mir um den 9. November dieser Song wieder begegnet.

Aber dieses Jahr warf mich das traurige Lied plötzlich um. Ich erkannte mich darin selber neu: ich hatte bereits 1989 den Wandel skeptisch dargestellt. Heute spüre ich auf einmal selber die tiefe, tiefe Traurigkeit meines Textes - dass ich wohl bis zum Jüngsten Gericht vor allem über unerfüllten Erwartungen schreiben muss. So trotzig meine Worte auch klingen mögen, so traurig ist mir dabei um ums Herz. Das hatte der Komponist vor 30 Jahren wohl früher erkannt als ich....;-)

lg
 
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