DirkS
Moderator E-Gitarren HCA frühe PRS und Superstrats
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Graphiken auf Korpora – Ein Überblick
Ich geb`s zu: Ich mag diese verrückten Graphiken, mit denen Gitarrenbauer insb. in den 80ern und frühen 90er ihre Gitarren optisch veränderten!
Es war doch einmal eine schöne Abwechslung von den immer nur unifarben deckend, ab und an (bei schönen Hölzern) durchscheinend/klar oder in der Kombination (=Sunburst) ausgeführten Lackierungen.
Unabhängig von der Frage, ob man sich heute noch mit solchen Gitarren auf die Bühne stellen würde (oder auch gerade, siehe Steel Panther^^), waren die Hersteller in dieser Zeit ziemlich kreativ. In den 80ern dürfte, ja sollte geradezu, die Gitarre auffallen. Man wollte sich abgrenzen von den Trends der 70er, in denen klar lackierte Hölzer (Stichwort Eiche rustikal^^) beliebt waren. Typische Gitarren der 80er fielen optisch durch Neonfarben (Knallgrün, Pink u.a.) oder eben durch Graphiken auf. Die 80er brachten neue Spielstile (Tapping, Sweeping, großer Vibrato-Einsatz, Shredding usw.) hervor und diese Veränderungen gingen mit neuen Optiken einher. Das Auge isst ja bekanntlich mit.
Wer sich mit den Graphiken einmal näher beschäftigt, dem fallen große Unterschiede auf. Hierbei wurden so viele neue Ideen umgesetzt, dass sich ein näherer Blick auf die Entwicklung lohnt.
Wie fing alles an, welche Art von Graphiken gibt es?
Es folgten noch ganz zu Beginn der 80er Jahre viele weitere Lackierungen, insbesondere von Charvel, deren Designs noch unkompliziert waren. Neben den Stripes waren dies vor allem Bullseyes, Blitze, Spinnennetze, Hot Rod Flames, Schachbrettmuster, Tigerstreifen etc.
Diesen Gitarren ist gemein, dass es sich um echte Lackierungen handelt, also keine Aufkleber oder sonstige Hilfsmittel aufgetragen wurden. Jede dieser Lackierungen weicht als Handarbeit etwas von gleichartigen Motiven ab, dadurch sind die Gitarren letztlich Unikate.
Natürlich sind diese Graphiken, insbesondere, wenn sie aus den frühen 80ern stammen, heute auch bei Sammlern beliebt. Ausweislich des aktuellen (2018er) Vintage Guitar Price Guides liegt etwa der Preis für eine gut erhaltene frühe Charvel-Superstrat ohne Graphik bei 3.400, mit Graphik aber bei 4.800 $. Es hat sich durchaus ein eigener Markt gebildet. Allerdings ist hier Vorsicht geboten. Später haben die Hersteller oft diese einfachen Grafiken durch simple Folien ersetzt, die stets exakt dieselben Muster haben. So sind etwa die Re-Issues der Stripe-Gitarren von Charvel (EvH-Serie) optisch so identisch, dass hier keine Handarbeit mehr vorliegen dürfte.
Ein weiteres Beispiel früherer Grafiken, hier von ESP, einem weiteren Hersteller, der in den 80ern/90ern sehr kreativ war:
2. Verwendung von Postern, Drucken oder Aufklebern
Eine Lackierung, insbesondere eine Speziallackierung ist aufwändig. Die damit einhergehenden Kosten sollten gesenkt werden. So kamen die Hersteller auf die Idee, nicht die Korpora selbst zu lackieren, sondern Papiere aufzuleimen und diese sodann durch Klarlackschichten zu sichern. Sehr schön hat dies einmal unser User @donald20 in dem Thread für die ESP-Gitarren aus dem Düsseldorfer Custom Shop beschrieben:
Heraus kam hierbei diese Gitarre:
Verschiedene Hersteller bekamen Probleme mit Copyrights, wenn Poster zweckentfremdet wurden.
Bei diesen Grafiken handelt es sich nicht zwangsläufig um Einzelstücke (Poster konnten, wie von donald20 beschrieben, vielfach gekauft und verarbeitet werden)..
Auch bedruckte Folien kamen zum Einsatz. Da die optischen Ergebnisse stimmten, verkauften sich auch diese Gitarren gut.
Der Vorteil des Aufklebens von Vorlagen lag in den viel günstigeren Produktionskosten. Aus Sicht des heutigen Sammlers sind diese Graphiken immer noch spannend, aber ein Aufpreis wie bei den handgefertigten Graphiken dürfte kaum zu erzielen sein.
3. Verwendung von Stoff
Ibanez begann in den 80ern, anstelle von Lackierungen auf den gesamten Korpus Stoff aufzutragen. Der Vorteil bestand darin, dass diese Stoffe im Gegensatz zu Papier richtig glänzen konnten, auf einem Pic kaum zu erkennen, in der Praxis aber umso deutlicher.
Diese Tradition setzte Ibanez später mit der JEM 77 FP fort, bei der den Gerüchten zufolge ein Stoff, aus dem die Gardinen in Steve Vais Schlafzimmer bestanden, eingesetzt wurde:
Da sich das Muster der Gardinenstoffe nicht stets an der selben Stelle der Korpora befand, entstanden optische Unikate. Die schwarze Umrandung der Korpora wurde gewählt, damit das Ende der Stoffbahn verdeckt blieb.
Spätere Auflagen der 77 FP verwendeten wiederum Papier anstelle von Stoff.
4. Der heilige Gral: Verwendung von echten Grafiken, die -sei es durch eine Folie, oder Direktauftrag auf den Korpora- so nur für eine konkrete Gitarre von Künstlern angefertigt wurden.
Diese Variante ist naturgemäß die teuerste Art, eine Grafik zu erstellen. Künstler wurden angeheuert, um ein konkretes Einzelstück optisch aufzuwerten. Selbst wenn diese Künstler für einen Hersteller eine Serie herstellten, waren die Motive der einzelnen Gitarren einander zwar ähnlich, aber eben nicht identisch.
Bekannte Graphik-Künstler dieser Zeit waren etwa Dan Lawrence, Pamelina Hovnatanian und Rick Klemann.
Zu diesen sehr renommierten Graphik- Künstlern näher:
Dan Lawrence: http://www.drlgrafx.com/
Klienten u.a.: http://www.drlgrafx.com/clients.htm
Im Interview aus der leider nicht mehr bestehenden Ibanezregister-Website : http://web.archive.org/web/20101217004236/http://ibanezregister.com/history/history-uscg-ron.htm und
http://web.archive.org/web/20101217004407/http://ibanezregister.com/history/history-uscg-danlawrence.htm
Pamelina: http://www.pamelina.com/
Im Interview aus der leider nicht mehr bestehenden Ibanezregister-Website :
http://web.archive.org/web/20101217004059/http://ibanezregister.com/history/history-uscg.htm und
http://web.archive.org/web/20101217004305/http://ibanezregister.com/history/history-uscg-pamelina.htm
Noch heute kann man z.B. im Fender Custom Shop für einen 4-stelligen Betrag eine Grafik dieser Künstler bestellen oder sie direkt beauftragen, die eigene Gitarre zu verzieren.
Für mich persönlich nimmt unter diesen Künstlern Dan Lawrence eine Sonderstellung ein.
Er war in den 80ern für verschiedene Hersteller tätig.
Für Ibanez fertigte er viele Motive der USA Custom-Gitarren (UCGR). Ibanez war schlau genug, den Künstler zu bitten, den Korpus auch gleich zu signieren, das freut den heutigen Sammler und dokumentiert den Einzelstück-Charakter. Hier zunächst einmal Beispiele von Dan Lawrence-Graphiken für die Ibanez USA Custom –Gitarren:
Bei dem letzteren Motiv namens Alien`s Revenge, ganz offensichtlich im Stil von HR Giger handelt es sich um meine persönliche Lieblingsgitarre, danke nochmals an @Hind, dass er sie mir verkauft hat. Die Signatur von Dan Lawrence befindet sich meist ganz klein am unteren Korpushorn.
Für Jackson (Custom Shop) war Dan Lawrence nach seiner Zeit für Ibanez vereinzelt ebenfalls tätig, vgl. z. B.:
Für BC Rich (USA-Gunslingers) mit den bekannten Designs im Stil des Popart-Künstlers Nagel soll nach einem Beitrag im Jemsite-Forum ebenfalls Dan Lawrence verantwortlich gewesen sein. Hier allerdings wurde –sofern der anliegend abgedruckte Post zutrifft, was stimmen dürfte, da auch @Kluson im BC-Thread über die Graphik-BC Richs eine ähnliche Erinnerung hat- es BC Rich von dem Designer Patrick Nagel aufgrund von Copyright-Verletzungen untersagt, diese Gitarren weiterhin zu verkaufen.
Um diese Graphiken ging es:
Und hier der zitierte Post:
https://www.jemsite.com/forums/f18/neon-nagel-113691-2.html
The original Nagel graphics were done by Dan Lawrence for a short time in the late 1980s when he worked for Jackson (briefly), and then at BC Rich, painting the graphic on their Gunslinger model guitars.
Soon after, the Nagel estate legally asked them to stop infringing on their copyright, and BC Rich had to stop selling them. The Nagels became more recognizable thanks to CC Deville of Poison playing a Nagel Gunslinger.
Zu den weiteren Designern:
Rick Klemann war überwiegend für den Ibanez-USA-Custom Shop tätig, sein bekanntestes Motiv war Necromancer`s Castle:
Pamelina arbeitete ebenfalls u.a. einige Jahre für den Ibanez USA-Custom Shop, aber etwa auch für Fender. Einige Beispiele:
Natürlich ist diese Handarbeit wertiger, als ein simpler Auftrag von Postern, Stoff, Aufklebern o.ä. Auch Sammler sind an diesen Gitarren besonders interessiert.
5. Neuere Graphiken, insb. Multicolour Swirl Finishes:
Zu faszinierenden Ergebnissen führt ein neueres Tauchbadverfahren, das von einem amerikanischen Künstler namens Darren Johansen (Fa. ATD = About Time Designs) erfunden wurde. Er fertigte Anfang der 80er für Fender das Bowling Ball Design eines Stratocaster – Sondermodells. Speziell Ibanez hat viele Hochpreismodelle der JEM- und der Universe-Baureihen mit diesem Verfahren lackiert. Seit bekannt wurde, wie die Herstellung funktioniert, gibt es aber auch eine Reihe von Kleinunternehmen oder Bastlern, die diese Art der Lackierung ausführen.
Mit dieser Gitarre hatte alles angefangen (Fender Bowling Ball Stratocaster)
Für das Swirl-Verfahren wird ein nur grundierter und porenversiegelter Korpus benötigt.
Nun wird ein tiefes Becken mit Wasser gefüllt. Auf die Wasseroberfläche werden verschiedene Lackfarben, die sich nicht vermischen, sondern nur „verdrängen“, aufgetragen. Diese werden anschließend mit einem dünnen Stab leicht verrührt, so dass die gewünschten Muster entstehen. Jetzt wird der grundierte Korpus, an dessen Halstasche man vorab eine Holzleiste verschraubt hat, langsam in das Wasserbad eingelassen. Der Lack bleibt an dem Korpus haften. Ist der Korpus vollständig eingetaucht, dann rührt man die an der Oberfläche verbliebenen Lackreste beiseite und zieht den Korpus wieder aus dem Wasser.
Zur Verdeutlichung des Verfahrens zwei interessante Youtube-Videos:
https://www.youtube.com/watch?v=zPlbKUt0W9k
https://www.youtube.com/watch?v=J5YYANx4GPk
Es entstehen wunderbar farbenfrohe fast schon psychedelische Graphiken, hier einige Beispiele aus dem Internet:
6. Persönliche Einschätzung:
Es ist wohl kein Geheimnis, dass mir die Superstrats, insb. diejenigen aus den 80ern und 90ern, die zu ihrer Zeit etwas Besonderes waren, am Herzen liegen.
Ich würde sogar so weit gehen, dass in jeden Gitarrenhaushalt zumindest eine Superstrat gehört. Jeder, der eine Anschaffung so einer Gitarre in Betracht zieht, sollte aus meiner Sicht abwägen, ob er nicht nach dem Motto „Wenn, dann richtig!“ eine Graphik-Gitarre auswählt.
Ob es dann gleich ein Unikat / eine handgefertigte Graphik werden soll, entscheidet sicher auch der Geldbeutel. Ein richtig gutes Preis-Leistungsverhältnis bieten aus meiner Sicht die Ibanez USA Custom (UCGR) – Graphiken. Die Preise beginnen hier so etwa um 800 € (edit 2024: Diese Zeiten sind vorbei, heute tauchen die fast gar nicht auf und dann immer gleich satt 4-stellig) für die weniger gesuchten bis zu ca. 1800 € für besonders beliebte Motive und die Signatur des Künstlers auf der E-Gitarre belegt wie bei einem antiken Gemälde, dass es sich um ein Unikat dieses Künstlers handelt.
Auch die beschriebenen BC Rich – Gunsligers bewegen sich etwa in diesem Rahmen, allerdings eher bis 1000 €.
Bei ESP und Jackson fehlt mir der preisliche Überblick, ebenso etwa bei den seltenen Kramer – Graphik-Gitarren, die Ibanez Swirl-Modelle sind noch einmal deutlich teurer. Preislich an der Spitze dürften die beschriebenen frühen USA-Charvels liegen, insbesondere die gesuchte Stripes-Lackierung wird deutlich jenseits der 5000 € gehandelt.
Viel Erfolg bei der Jagd!
Ich geb`s zu: Ich mag diese verrückten Graphiken, mit denen Gitarrenbauer insb. in den 80ern und frühen 90er ihre Gitarren optisch veränderten!
Es war doch einmal eine schöne Abwechslung von den immer nur unifarben deckend, ab und an (bei schönen Hölzern) durchscheinend/klar oder in der Kombination (=Sunburst) ausgeführten Lackierungen.
Unabhängig von der Frage, ob man sich heute noch mit solchen Gitarren auf die Bühne stellen würde (oder auch gerade, siehe Steel Panther^^), waren die Hersteller in dieser Zeit ziemlich kreativ. In den 80ern dürfte, ja sollte geradezu, die Gitarre auffallen. Man wollte sich abgrenzen von den Trends der 70er, in denen klar lackierte Hölzer (Stichwort Eiche rustikal^^) beliebt waren. Typische Gitarren der 80er fielen optisch durch Neonfarben (Knallgrün, Pink u.a.) oder eben durch Graphiken auf. Die 80er brachten neue Spielstile (Tapping, Sweeping, großer Vibrato-Einsatz, Shredding usw.) hervor und diese Veränderungen gingen mit neuen Optiken einher. Das Auge isst ja bekanntlich mit.
Wer sich mit den Graphiken einmal näher beschäftigt, dem fallen große Unterschiede auf. Hierbei wurden so viele neue Ideen umgesetzt, dass sich ein näherer Blick auf die Entwicklung lohnt.
Wie fing alles an, welche Art von Graphiken gibt es?
- Simple, aber handlackierte Grafiken:
Es folgten noch ganz zu Beginn der 80er Jahre viele weitere Lackierungen, insbesondere von Charvel, deren Designs noch unkompliziert waren. Neben den Stripes waren dies vor allem Bullseyes, Blitze, Spinnennetze, Hot Rod Flames, Schachbrettmuster, Tigerstreifen etc.
Diesen Gitarren ist gemein, dass es sich um echte Lackierungen handelt, also keine Aufkleber oder sonstige Hilfsmittel aufgetragen wurden. Jede dieser Lackierungen weicht als Handarbeit etwas von gleichartigen Motiven ab, dadurch sind die Gitarren letztlich Unikate.
Natürlich sind diese Graphiken, insbesondere, wenn sie aus den frühen 80ern stammen, heute auch bei Sammlern beliebt. Ausweislich des aktuellen (2018er) Vintage Guitar Price Guides liegt etwa der Preis für eine gut erhaltene frühe Charvel-Superstrat ohne Graphik bei 3.400, mit Graphik aber bei 4.800 $. Es hat sich durchaus ein eigener Markt gebildet. Allerdings ist hier Vorsicht geboten. Später haben die Hersteller oft diese einfachen Grafiken durch simple Folien ersetzt, die stets exakt dieselben Muster haben. So sind etwa die Re-Issues der Stripe-Gitarren von Charvel (EvH-Serie) optisch so identisch, dass hier keine Handarbeit mehr vorliegen dürfte.
Ein weiteres Beispiel früherer Grafiken, hier von ESP, einem weiteren Hersteller, der in den 80ern/90ern sehr kreativ war:
2. Verwendung von Postern, Drucken oder Aufklebern
Eine Lackierung, insbesondere eine Speziallackierung ist aufwändig. Die damit einhergehenden Kosten sollten gesenkt werden. So kamen die Hersteller auf die Idee, nicht die Korpora selbst zu lackieren, sondern Papiere aufzuleimen und diese sodann durch Klarlackschichten zu sichern. Sehr schön hat dies einmal unser User @donald20 in dem Thread für die ESP-Gitarren aus dem Düsseldorfer Custom Shop beschrieben:
hier mal eine informative story.hier sind ja einige customs aufgetaucht.ich hab die donald und daisy gitarre schon auf bildern gesehen(mein gott,ich will die heute noch haben),dann ne new york klampfe etc.
damals bin ich nach karst
adt gegangen,da gab es doch früher so posterständer von verkerke.da habe ich seinerzeit die entsprechenden poster gekauft in rauen mengen.die wurden dann nach japan geschickt und tauchten hinterher teilweise wieder bei uns als fertige gitarre mit dem entsprechenden postermotiv auf.also,wer so eine hat,das bild ist teil eines posters und wurde seinerzeit von mir bei karstadt erworben.ich denke mal das wussten die meisten von euch nicht. bisschen was zum schmunzeln.
Heraus kam hierbei diese Gitarre:
Verschiedene Hersteller bekamen Probleme mit Copyrights, wenn Poster zweckentfremdet wurden.
Bei diesen Grafiken handelt es sich nicht zwangsläufig um Einzelstücke (Poster konnten, wie von donald20 beschrieben, vielfach gekauft und verarbeitet werden)..
Auch bedruckte Folien kamen zum Einsatz. Da die optischen Ergebnisse stimmten, verkauften sich auch diese Gitarren gut.
Der Vorteil des Aufklebens von Vorlagen lag in den viel günstigeren Produktionskosten. Aus Sicht des heutigen Sammlers sind diese Graphiken immer noch spannend, aber ein Aufpreis wie bei den handgefertigten Graphiken dürfte kaum zu erzielen sein.
3. Verwendung von Stoff
Ibanez begann in den 80ern, anstelle von Lackierungen auf den gesamten Korpus Stoff aufzutragen. Der Vorteil bestand darin, dass diese Stoffe im Gegensatz zu Papier richtig glänzen konnten, auf einem Pic kaum zu erkennen, in der Praxis aber umso deutlicher.
Diese Tradition setzte Ibanez später mit der JEM 77 FP fort, bei der den Gerüchten zufolge ein Stoff, aus dem die Gardinen in Steve Vais Schlafzimmer bestanden, eingesetzt wurde:
Da sich das Muster der Gardinenstoffe nicht stets an der selben Stelle der Korpora befand, entstanden optische Unikate. Die schwarze Umrandung der Korpora wurde gewählt, damit das Ende der Stoffbahn verdeckt blieb.
Spätere Auflagen der 77 FP verwendeten wiederum Papier anstelle von Stoff.
4. Der heilige Gral: Verwendung von echten Grafiken, die -sei es durch eine Folie, oder Direktauftrag auf den Korpora- so nur für eine konkrete Gitarre von Künstlern angefertigt wurden.
Diese Variante ist naturgemäß die teuerste Art, eine Grafik zu erstellen. Künstler wurden angeheuert, um ein konkretes Einzelstück optisch aufzuwerten. Selbst wenn diese Künstler für einen Hersteller eine Serie herstellten, waren die Motive der einzelnen Gitarren einander zwar ähnlich, aber eben nicht identisch.
Bekannte Graphik-Künstler dieser Zeit waren etwa Dan Lawrence, Pamelina Hovnatanian und Rick Klemann.
Zu diesen sehr renommierten Graphik- Künstlern näher:
Dan Lawrence: http://www.drlgrafx.com/
Klienten u.a.: http://www.drlgrafx.com/clients.htm
Im Interview aus der leider nicht mehr bestehenden Ibanezregister-Website : http://web.archive.org/web/20101217004236/http://ibanezregister.com/history/history-uscg-ron.htm und
http://web.archive.org/web/20101217004407/http://ibanezregister.com/history/history-uscg-danlawrence.htm
Pamelina: http://www.pamelina.com/
Im Interview aus der leider nicht mehr bestehenden Ibanezregister-Website :
http://web.archive.org/web/20101217004059/http://ibanezregister.com/history/history-uscg.htm und
http://web.archive.org/web/20101217004305/http://ibanezregister.com/history/history-uscg-pamelina.htm
Noch heute kann man z.B. im Fender Custom Shop für einen 4-stelligen Betrag eine Grafik dieser Künstler bestellen oder sie direkt beauftragen, die eigene Gitarre zu verzieren.
Für mich persönlich nimmt unter diesen Künstlern Dan Lawrence eine Sonderstellung ein.
Er war in den 80ern für verschiedene Hersteller tätig.
Für Ibanez fertigte er viele Motive der USA Custom-Gitarren (UCGR). Ibanez war schlau genug, den Künstler zu bitten, den Korpus auch gleich zu signieren, das freut den heutigen Sammler und dokumentiert den Einzelstück-Charakter. Hier zunächst einmal Beispiele von Dan Lawrence-Graphiken für die Ibanez USA Custom –Gitarren:
Bei dem letzteren Motiv namens Alien`s Revenge, ganz offensichtlich im Stil von HR Giger handelt es sich um meine persönliche Lieblingsgitarre, danke nochmals an @Hind, dass er sie mir verkauft hat. Die Signatur von Dan Lawrence befindet sich meist ganz klein am unteren Korpushorn.
Für Jackson (Custom Shop) war Dan Lawrence nach seiner Zeit für Ibanez vereinzelt ebenfalls tätig, vgl. z. B.:
Für BC Rich (USA-Gunslingers) mit den bekannten Designs im Stil des Popart-Künstlers Nagel soll nach einem Beitrag im Jemsite-Forum ebenfalls Dan Lawrence verantwortlich gewesen sein. Hier allerdings wurde –sofern der anliegend abgedruckte Post zutrifft, was stimmen dürfte, da auch @Kluson im BC-Thread über die Graphik-BC Richs eine ähnliche Erinnerung hat- es BC Rich von dem Designer Patrick Nagel aufgrund von Copyright-Verletzungen untersagt, diese Gitarren weiterhin zu verkaufen.
Um diese Graphiken ging es:
Und hier der zitierte Post:
https://www.jemsite.com/forums/f18/neon-nagel-113691-2.html
The original Nagel graphics were done by Dan Lawrence for a short time in the late 1980s when he worked for Jackson (briefly), and then at BC Rich, painting the graphic on their Gunslinger model guitars.
Soon after, the Nagel estate legally asked them to stop infringing on their copyright, and BC Rich had to stop selling them. The Nagels became more recognizable thanks to CC Deville of Poison playing a Nagel Gunslinger.
Zu den weiteren Designern:
Rick Klemann war überwiegend für den Ibanez-USA-Custom Shop tätig, sein bekanntestes Motiv war Necromancer`s Castle:
Pamelina arbeitete ebenfalls u.a. einige Jahre für den Ibanez USA-Custom Shop, aber etwa auch für Fender. Einige Beispiele:
Natürlich ist diese Handarbeit wertiger, als ein simpler Auftrag von Postern, Stoff, Aufklebern o.ä. Auch Sammler sind an diesen Gitarren besonders interessiert.
5. Neuere Graphiken, insb. Multicolour Swirl Finishes:
Zu faszinierenden Ergebnissen führt ein neueres Tauchbadverfahren, das von einem amerikanischen Künstler namens Darren Johansen (Fa. ATD = About Time Designs) erfunden wurde. Er fertigte Anfang der 80er für Fender das Bowling Ball Design eines Stratocaster – Sondermodells. Speziell Ibanez hat viele Hochpreismodelle der JEM- und der Universe-Baureihen mit diesem Verfahren lackiert. Seit bekannt wurde, wie die Herstellung funktioniert, gibt es aber auch eine Reihe von Kleinunternehmen oder Bastlern, die diese Art der Lackierung ausführen.
Mit dieser Gitarre hatte alles angefangen (Fender Bowling Ball Stratocaster)
Für das Swirl-Verfahren wird ein nur grundierter und porenversiegelter Korpus benötigt.
Nun wird ein tiefes Becken mit Wasser gefüllt. Auf die Wasseroberfläche werden verschiedene Lackfarben, die sich nicht vermischen, sondern nur „verdrängen“, aufgetragen. Diese werden anschließend mit einem dünnen Stab leicht verrührt, so dass die gewünschten Muster entstehen. Jetzt wird der grundierte Korpus, an dessen Halstasche man vorab eine Holzleiste verschraubt hat, langsam in das Wasserbad eingelassen. Der Lack bleibt an dem Korpus haften. Ist der Korpus vollständig eingetaucht, dann rührt man die an der Oberfläche verbliebenen Lackreste beiseite und zieht den Korpus wieder aus dem Wasser.
Zur Verdeutlichung des Verfahrens zwei interessante Youtube-Videos:
https://www.youtube.com/watch?v=zPlbKUt0W9k
https://www.youtube.com/watch?v=J5YYANx4GPk
Es entstehen wunderbar farbenfrohe fast schon psychedelische Graphiken, hier einige Beispiele aus dem Internet:
6. Persönliche Einschätzung:
Es ist wohl kein Geheimnis, dass mir die Superstrats, insb. diejenigen aus den 80ern und 90ern, die zu ihrer Zeit etwas Besonderes waren, am Herzen liegen.
Ich würde sogar so weit gehen, dass in jeden Gitarrenhaushalt zumindest eine Superstrat gehört. Jeder, der eine Anschaffung so einer Gitarre in Betracht zieht, sollte aus meiner Sicht abwägen, ob er nicht nach dem Motto „Wenn, dann richtig!“ eine Graphik-Gitarre auswählt.
Ob es dann gleich ein Unikat / eine handgefertigte Graphik werden soll, entscheidet sicher auch der Geldbeutel. Ein richtig gutes Preis-Leistungsverhältnis bieten aus meiner Sicht die Ibanez USA Custom (UCGR) – Graphiken. Die Preise beginnen hier so etwa um 800 € (edit 2024: Diese Zeiten sind vorbei, heute tauchen die fast gar nicht auf und dann immer gleich satt 4-stellig) für die weniger gesuchten bis zu ca. 1800 € für besonders beliebte Motive und die Signatur des Künstlers auf der E-Gitarre belegt wie bei einem antiken Gemälde, dass es sich um ein Unikat dieses Künstlers handelt.
Auch die beschriebenen BC Rich – Gunsligers bewegen sich etwa in diesem Rahmen, allerdings eher bis 1000 €.
Bei ESP und Jackson fehlt mir der preisliche Überblick, ebenso etwa bei den seltenen Kramer – Graphik-Gitarren, die Ibanez Swirl-Modelle sind noch einmal deutlich teurer. Preislich an der Spitze dürften die beschriebenen frühen USA-Charvels liegen, insbesondere die gesuchte Stripes-Lackierung wird deutlich jenseits der 5000 € gehandelt.
Viel Erfolg bei der Jagd!
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