Ich vertrete mal die unpopuläre Meinung:
Ja, man lernt auf einer besseren Gitarre schneller und es macht für die Themenstarterin absolut Sinn sich ein höherwertiges Instrument zu kaufen.
Machen wir mal den Faktencheck:
- nina77 spielt seit 25 Jahren Gitarren
- spielt auf einem anständigen Niveau (leichte Tommy Emmanuel Lieder sind nicht mehr Einsteigerniveau)
- wenn sie seit 25 Jahren spielt, reden wir hier nicht mehr von einem Jugendlichen, der einer Laune nachgeht und wenig finanzielle Mittel hat, sondern von einer Frau, die im Leben steht und vermutlich auch weiß was sie will und sich das leisten kann.
- sie spielt zur Zeit auf einer 250€ Gitarre, die in den höheren Bünden nicht toll bespielbar ist
Wer, wenn nicht Nina, soll sich denn sonst eine vernünftige Gitarre kaufen?
Ich hab in meinem Leben diverse hundert Akustik-Gitarren im sub-500€ Preisbereich gespielt. Da gibt es sicher auch ein paar gute Exemplare, aber mal ernsthaft: wenn man 25 Jahre lang spielt, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Fähigkeiten da von einer günstigen Gitarre eingeschränkt werden.
Als ich damals von meiner nicht grad günstigen Hanika auf meine Meistergitarre upgegraded habe, hat mein ganzer Spielstil einen Riesensprung nach oben gemacht. Einfach weil viele Dinge viel, viel einfacher gingen.
Wir reden hier über soundliche Gestaltung und über den Kauf einer Gitarre, die besser zur eigenen Spieltechnik passt.
Keine 250€ Gitarre kann im Sinne von soundlicher Bandbreite, Attack, Sustain etc mit einer guten 2000€ Gitarre mithalten. Es gibt einen Grund für diese Preisunterschiede, und der ist nicht nur Verarbeitung und bessere Mechaniken etc.
Die ganze Ansprache ist total anders. Günstige Gitarren werden immer mit Sicherheitsdecken gebaut (dick, stabil, halten was aus, auch nicht so lang getrocknetes Holz reißt nicht so schnell). Das führt dazu, dass quasi alle günstigen Gitarren in Bereichen wie Dynamik und der klanglichen Breite (sul tasto bis sul ponticello) im Vergleich sehr begrenzt sind.
Ich habe etwa 10 Jahre lang an einer Musikschule unterrichtet. Dabei auch einige Erwachsene Schüler, die in einer ähnlichen Situation waren, wie Nina: spielten auf günstigen Gitarren, die den Fähigkeiten eigentlich nicht mehr angemessen waren. Jedesmal, wenn ich denen eine meiner höherwertigen Gitarren in die Hand gedrückt hab, waren sie überrascht, wie leicht auf einmal Dinge von der Hand liefen.
Auf günstigen Gitarren muss man oft viel mehr "kämpfen", auch wenn man das unbewusst tut.
Dazu kommen noch Faktoren wie Motivation: Eine neue Gitarre motiviert auch viel mehr zu Üben. Den Effekt (wenn auch manchmal nur für begrenzte Zeit) kennt jeder, der schonmal ein neues Instrument gekauft hat.
Ein weiterer Aspekt ist die neue Sicht, die ein neues Instrument eröffnet. Durch den anderen Klang, durch andere Bespielbarkeit, setzt man sich anders (und meist noch genauer) mit den Stücken auseinander. Man hört genauer hin, achtet auf andere Feinheiten, hat eventuell auch höhere Ansprüche. Man tritt aus dem Trott heraus, in dem man sich jahrelang befunden hat und an den man gewöhnt ist.
Das alles sind gute Gründe sich eine neue Gitarre zu kaufen. Gerade, wenn es wie hier der Fall ist, dass jemand schon sehr lange spielt und noch auf einem Anfängerinstrument unterwegs ist.
Wenn man sich das leisten kann und will (und so hört sich das hier an), bin ich immer dafür sich ein neues, höherwertiges Instrument zu kaufen.