Wann kadenziert ein Akkord?

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Liebe Leute,

existieren Kriterien oder könnt Ihr sie induktiv gewinnen, die erfüllt sein müssen, damit ein (MI-) Akkord kadenziert?

Ich habe im Internet recherchiert, konnte aber nichts finden - kann allein das Gehör diese Entscheidung treffen?

Bis zum Tellerrand meiner Untertasse sehe ich nur diese hinreichenden, aber nicht notwendigen Kriterien:
- Quintfall (z.B.: Vm7 IMA7)
- Leitton
- Tritonus
- bei X7-Akkorden b7-Auflösung zu Akkordton des Ziels (Trugschluss-Kriterium)

Gruuuß
Heiner
 
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Möglicherweise verstehe ich die Frage ja nicht richtig, ... aber da ein MI-Akkord immer den "angestammten" Akkord in einer Akkord-Progression (Kadenz) ersetzt, kadenziert er genauso viel oder wenig wie der ausgetauschte Akkord.

PS: Soweit ein Akkord überhaupt kadenzieren kann ... :)

Mißverstanden ?

Thomas
 
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Liebe Leute,

existieren Kriterien oder könnt Ihr sie induktiv gewinnen, die erfüllt sein müssen, damit ein (MI-) Akkord kadenziert?

Ich habe im Internet recherchiert, konnte aber nichts finden - kann allein das Gehör diese Entscheidung treffen?

Bis zum Tellerrand meiner Untertasse sehe ich nur diese hinreichenden, aber nicht notwendigen Kriterien:
- Quintfall (z.B.: Vm7 IMA7)
- Leitton
- Tritonus
- bei X7-Akkorden b7-Auflösung zu Akkordton des Ziels (Trugschluss-Kriterium)

Gruuuß
Heiner

Die komplette Gruppe der SDM Akkorde wird zum Bilden von SDM Kadenzen verwendet.
SDM Akkorde = bIIMA7,IIm7(b5), IVm7, bVIMA7 und bVII7.

bVIIMA7 kann sowohl subdominantisch als auch dominantisch gebraucht werden. Der Kontext entscheidet.

Dm7 | BbMA7 | C dominantisch
BbMA7 | G7 | C subdominantisch

IIIm7(b5) wird meist subdominantisch als rel.IIm7 von V7/II gebraucht.
bIIIMA7 hat Tonika Funktion.
Bei IV7 entscheidet der Kontext.
 
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Möglicherweise verstehe ich die Frage ja nicht richtig, ... aber da ein MI-Akkord immer den "angestammten" Akkord in einer Akkord-Progression (Kadenz) ersetzt, kadenziert er genauso viel oder wenig wie der ausgetauschte Akkord.

PS: Soweit ein Akkord überhaupt kadenzieren kann ... :)

Mißverstanden ?

Thomas

Nee, einer kann nicht, Thomas - nicht ein angespülter Robinson allein auf einer einsamen Insel, sondern zumindest Robinson (potentiell kadenzierender Klang) in Relation zu Freitag (Tonika).

Ich glaub, Du hast mich richtig verstanden, gehst aber anders heran, indem Du stets von einer Substitution ausgehst. Möglicherweise ist dieser Ansatz eine praktikable Herleitungsmöglichkeit, aber ich bin mir unsicher, ob man jeden beliebigen MI-Akkord auf einen möglichen Ur-Akkord (mit eindeutiger Funktion) zurückführen kann - und wenn, dann wie?

Die komplette Gruppe der SDM Akkorde wird zum Bilden von SDM Kadenzen verwendet.
SDM Akkorde = bIIMA7,IIm7(b5), IVm7, bVIMA7 und bVII7.

bVIIMA7 kann sowohl subdominantisch als auch dominantisch gebraucht werden. Der Kontext entscheidet.

Dm7 | BbMA7 | C dominantisch
BbMA7 | G7 | C subdominantisch

IIIm7(b5) wird meist subdominantisch als rel.IIm7 von V7/II gebraucht.
bIIIMA7 hat Tonika Funktion.
Bei IV7 entscheidet der Kontext.

Obwohl ich mich mal wieder über Deine systematische Zusammenfassung freue, Cudo, meine ich doch die dahinterstehenden Prinzipien - sofern die überhaupt explizierbar sind. Lässt sich theoretisch herleiten, ob ein MI-Akkord wie bspw. Vm7 zu IMA7 oder bIIIMA7 zu IMA7 kadenziert oder nicht?

Nehmen wir den bIIIMA7, den wir hier als MI-Akkord schon einmal kontrovers diskutiert haben -
es ging da immer hin und her, ob er denn nun kadenziert oder nicht, also Tonikafunktion hat oder irgendwie spannungserzeugend eingesetzt werden kann - wenn ich micht richtig erinnere, bist Du damals von der Tonikafunktion abgerückt und hast ihn auch als kadenzierend eingestuft. Aber wenn das oben kein Schreibfehler ist: in welchem MI-Kontext funktioniert der bIIIMA7 als Tonika (und warum wohl)?

Du hast einmal einleuchtend geschrieben, dass man bei MI eigentlich erstmal nicht von Subdominant- und Dominantfunktion spricht, sondern ob der fragliche Akkord kadenziert oder nicht. Dein Beispiel bVII zeigt mir, dass man bei kadenzierenden MI-Akkorden noch zusätzlich - sozusagen im zweiten Schritt - über die Positionierung im harmonischen Rhythmus und im Kontext klarer "Funktionsträger" :D eine gleichsam dominantische (Backdoor) oder gleichsam subdominantische Wirkung unterscheiden kann.
 
In den Situationen

| IMA7 VII7 | bIIIMA7 V7/I| I
oder
| IMA7 bIIIMA7 | bVIMA7 V7/I | I

klingt er jedenfalls nach Tonika. Hast Du noch andere Beispiele in denen er "kadenzieren" auftritt?
 
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In den Situationen

| IMA7 VII7 | bIIIMA7 V7/I| I
oder
| IMA7 bIIIMA7 | bVIMA7 V7/I | I

klingt er jedenfalls nach Tonika. Hast Du noch andere Beispiele in denen er "kadenzieren" auftritt?

Ich finde den Thread nicht, in dem die Tonikastellvertreterfunktion des bIIIMA7 von einigen bestritten wurde - ich suche noch einmal in meinen Aufzeichnungen. Wie verhält es sich hier:
| bIIIMA7 bIIMA7 | IMA7
- kadenzieren beide MI-Akkorde oder ist es eigentlich T - S - T?
 
Wie kommt der Hund in den Gitarrenkoffer? Das ist doch die Frage, die sich jedem hier stellt.

existieren Kriterien oder könnt Ihr sie induktiv gewinnen, die erfüllt sein müssen, damit ein (MI-) Akkord kadenziert?

Mit "Kadenzieren" ist wohl gemeint, dass der Akkord / die Progression / die Skala irgendwie zur Tonika "fällt", sich dorthin bewegt.
Antwort: Indem man die Tonika ( = den Tonikagrundton) schon hat. Das läuft auf die Aussage von Henry Ford hinaus: "A customer can have a car painted any color he wants as long as it’s black". IIm V I funktioniert deshalb so gut, weil die II(m) ja schon als solche gehört werden kann. Wenn nicht, funktioniert es nicht so gut.

Bis zum Tellerrand meiner Untertasse sehe ich nur diese hinreichenden, aber nicht notwendigen Kriterien:

"Notwendig" ist, dass mit der kadenzierenden Skala irgendwie der Grundton und die Quinte hervorgebracht (= harmonisch erklärt) werden. "kadenzierende Skala" Tonvorrat, der der Ultima unmittelbar vorausgeht. Es müssen also nicht unbedingt Akkorde sein, auch und gerade eine Melodie kann kadenzieren. "Hinreichend" ist eine ganz andere Frage.


DIE klassische Begründung. Bescherte uns zB. Harmonisch Moll.

Entspringt auch dem klassischen Leitton-Gedanken, nur erklärt man mit dem Tritonus gleich den Dominant-Septakkord mit, der leittönig zum Grundton geht und zugleich den Tritonus "auflöst".

- bei X7-Akkorden b7-Auflösung zu Akkordton des Ziels (Trugschluss-Kriterium)

Das ist die "moderne" Variante. Dahinter steckt eine Quartschichtung: 1 - 4 - b7. In der klassischen Kadenz: Antepenultima(T2), Penultima(T5), Ultima(T1). Und weiter als bis zur Ultima geht es nicht, denn von T1 aus würde das Ohr einen T4 als Fremdkörper (Vorhalt) empfinden und gleich zum T5 fortschreiten wollen.

Es gibt noch eine weitere Möglichkeit: Die besteht darin, statt des Grundtons die Quinte hervorzubringen; aber da muss nichts "fallen". Das entspricht der Doppeldominante, die in Lydisch enthalten ist. Allerdings hat Lydisch die Tendenz, die Bewegung zur Quinte zu fixieren. Dem kann man entgegenwirken, indem man die Terz vermollt. Es entsteht so ein Vollverminderter auf der doppeldominantischen Stufe. Der wiederum kann für die Antepenultima verwendet werden (und trickreiche Derivate wie bVI(#6) lassen sich von ihm ableiten).

Weitere Möglichkeiten sind Parallelen-Paare

I bIII : I bleibt Tonika, bIII ist als M.I.-Akkord hörbar. Die Tatsache, dass er als M.I.-Akkord hörbar ist, bedeutet, dass der Akkord I weiter als "I" gilt.
VI I : Die VI kann die I hier "drehen", vor allem dann, wenn die II folgt. Die I verliert (vorübergehend) ihre Eigenschaft, Tonika zu sein. VI steht im mixolydischen Modus und erlaubt damit weitere Fortschreitungen.

Gegenklang-Paare:

I III : "dreht" die Harmonie sofort zur VIm. Entscheidend dafür sind die Mollterzen T3-T5 und T#5-T7; auf den Quintfall kommt es nicht an. Die Skala der VI(m) bezieht ihre Quinte dann eben vom Ton T3 der ersten Mollterz.
 
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Dem Hund zufolge handelt es sich um ein Körbchen, das als Gitarrenkoffer zweckentfremdet wurde. Aufgrund der perfekten Körperpassform fühlt er sich doppelt im Recht.

Mit "Kadenzieren" ist wohl gemeint, dass der Akkord / die Progression / die Skala irgendwie zur Tonika "fällt", sich dorthin bewegt..

Das denke ich auch.
.
"Notwendig" ist, dass mit der kadenzierenden Skala irgendwie der Grundton und die Quinte hervorgebracht (= harmonisch erklärt) werden. "kadenzierende Skala" Tonvorrat, der der Ultima unmittelbar vorausgeht.

Meinst Du damit die Skalentöne 2, 4, 6, 7 (in Dur), die eben nicht tonikaeigen sind?
 
Dem Hund zufolge handelt es sich um ein Körbchen, das als Gitarrenkoffer zweckentfremdet wurde. Aufgrund der perfekten Körperpassform fühlt er sich doppelt im Recht.

Der Hund ist ein schlaues Kerlchen. Auf die Idee muss man erst einmal kommen. Wenn er den Koffer denn schätzt...

Meinst Du damit die Skalentöne 2, 4, 6, 7 (in Dur), die eben nicht tonikaeigen sind?


Das macht einen IIm6, und wenn der einen Sekundschritt fällt, wirkt das wie ein nachgereichter Ton 11 zur IIm (wg. der Quinte) . Ob dieser Sekundschritt dann als Tonika wahrgenommen wird, hängt mit dem Zitat von Henry Ford zusammen. Harmonisch plausibel ist der Sekundschritt schon. Der ist auch plausibel bei Im - bVII. Da ist aber ein Problem: Relativ überzeugende Akkordfolgen begründen noch keine Tonika. Mit "relativ" meine ich die Beziehung der Akkorde untereinander. Mit der gleichstufigen Stimmung kann man für jeden gewünschten Ton einen dominantischen Vorläufer konstruieren. Das Ohr leitet daraus aber nicht ab, dass man nun eine "neue" Tonika habe, jedenfalls nicht zwangsläufig. Das Ohr beharrt extrem auf der in der Eröffnung vorgefundenen Tonalität - es sei denn, man wirkt dieser gleich von Anfang an entgegen.
 
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Ein paar Beispiele von bIIIMA7:

Cold Duck Time (Eddie Harris) in Bb


|| F9 | Bb9 | F9 | Bb9 |
| F9 | Bb9 | F9 | Bb9 |
| DbMA7 | EbMA7 | F7 | % ||


Un Poco Loco Bud Powell in C


upload_2018-5-26_22-59-2.png





Night And Day Cole Porter in Eb


Ab 1:07 beginnt der B Teil mit einem direkt einsetzenden bIIIMA7 der auch direkt wieder zurück zur Tonika fällt.


Dewey Square Charlie Parker in Eb

der "Normalfall" eingebunden in einem Turnaround
upload_2018-5-26_23-5-27.png




Israel John Carisi Blues in Dm

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Guten Morgen, RMACD!

Wofür steht RMACD? Das ist doch die Frage, die sich jedem hier stellt
. ;)

Ob dieser Sekundschritt dann als Tonika wahrgenommen wird, hängt mit dem Zitat von Henry Ford zusammen.

Deine Vorliebe, inkommensurabel zu formulieren, finde ich unterhaltsam und lustig, aber sie verhindert in den meisten Fällen, dass ich Dir folgen kann...{heulendes Smiley - für Musiker nicht vorgesehen}

Nehmen wir zwei Beispiele von CUDO - s.o. - kannst Du mir bitte kommensurabel verklickern, wie Du die jeweilige Wirkung der bIIIMA7 herleitest:

Cold Duck Time - Eddie Harris

I9
|| V9 | I9 | V9 | I9 |
| V9 | I9 | V9 | I9 |
| bIIIMA7 | IVMA7 | V7 | % ||

Dewey Square - Charlie Parker

|| IMA7 | bIIIMA7 | IIm9 | V13 |





Guten Morgen, Cudo!

Danke für die Beispiele! Entweder ich habe den anderen Thread geträumt, kann ihn nicht finden oder meinte wohl doch diesen. Da (in einem Nettles-Blues) wird der bIIIMA7 allerdings tatsächlich mit seiner II-V vorbereitet:

08.jpg


Bei Dewey Square ist die Tonikafunktion klar - aber bei der kalten Ente ist er schon kadenzierend gemeint, oder?
 
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der bIIIMA7 wird sehr oft durch seine rel.IIm7 V7/bIII vorbereitet. Man nennt das dann eine implizierte (eingeschobene) Modulation.
Dies wird auch oft zur Einleitung oder Eröffnung eines B-Teils benutzt oder einfach so innerhalb eines Stückes eingeschoben. Zurück zur Haupttonart kommt man dann oft durch gemeinsame Töne (comon tones).
Du musst einfach akzeptieren dass bIII in Dur eine neue Klangfarbe darstellt, die auf verschiedene Art und Weise "aufgelöst" werden kann. Ob man da immer von einem "cadere" (= lat. fallen = kadenzierend) sprechen kann entzieht sich meiner Kenntnis und ist auch meines Erachtens nicht so entscheidend. Wichtig ist die logische Hin- und wieder Zurückführung.

Hier ein paar Beispiele diesbezüglich (sozusagen aus dem vollen Leben gegriffen):


Daahoud Clifford Brown in Eb
upload_2018-5-27_10-34-7.png




Didi Shorty Rogers in Ab
upload_2018-5-27_10-36-7.png




One Note Samba (Samba de Uma Nota Só) Antonio Carlos Jobim in Bb
upload_2018-5-27_10-38-29.png


Look To The Sky Antonio Carlos Jobim in Eb

upload_2018-5-27_10-41-20.png



Lush Life Billy Strayhorn Db Dur
upload_2018-5-27_10-42-32.png



The Kicker Joe Henderson Bb Dur (Blues)
upload_2018-5-27_10-46-23.png
 

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Du musst einfach akzeptieren dass bIII in Dur eine neue Klangfarbe darstellt, die auf verschiedene Art und Weise "aufgelöst" werden kann. Ob man da immer von einem "cadere" (= lat. fallen = kadenzierend) sprechen kann entzieht sich meiner Kenntnis und ist auch meines Erachtens nicht so entscheidend. Wichtig ist die logische Hin- und wieder Zurückführung.

Ja, alles andere wäre Realitätsverleugnung...;)

Aber man kann vielleicht so sagen: Der bIIIMA7 kann durch Positionierung im Tonikabereich und im Kontext von Tonika-Akkorden die Tonikafunktion annehmen, während er sonst und insbesondere eingeleitet mit seiner II-V eine eigene, abweichende Qualität entfaltet
.
 
"Notwendig" ist, dass mit der kadenzierenden Skala irgendwie der Grundton und die Quinte hervorgebracht (= harmonisch erklärt) werden. "kadenzierende Skala" Tonvorrat, der der Ultima unmittelbar vorausgeht.

Ich stelle mal probehalber zwei Thesen auf:

Kadenzierende Funktion haben alle Akkorde, die als Grundton weder die
· Prime der (Ziel-) Tonart noch die
· Terz der (Ziel-) Tonart zusammen mit der Quinte der (Ziel-) Tonart auf der Terzposition des Akkords noch die
· große Sexte der (Ziel-) Tonart in einem Mollakkord haben.

Aus dieser Gruppe haben Dominantfunktion die Akkorde, die den Quart-Leitton-Tritonus der (Ziel-) Tonart enthalten. Alle anderen kadenzieren schwächer vergleichbar der Subdominante.[1]

[1] Damit hätten wir der Moll-Dominante allerdings ihre Dominantfunktion abgesprochen…
 
Die
Deine Vorliebe, inkommensurabel zu formulieren, finde ich unterhaltsam und lustig, aber sie verhindert in den meisten Fällen, dass ich Dir folgen kann...{heulendes Smiley - für Musiker nicht vorgesehen}

Was denn inkommensurabel. Das Zitat von Henry Ford ist so: Was schon da ist, muss nicht noch behauptet werden. D.h. Habe ich eine IIm, dann habe ich auch eine I. Problem ist, wenn ich die IIm noch gar nicht habe. D.h. eine Xm (IV/Xm) Folge ist nicht zwangsläufig eine Kadenz, die auf (bVII/X) schließt, nicht wahr. Schön wärs ja.

Du musst einfach akzeptieren dass bIII in Dur eine neue Klangfarbe darstellt, die auf verschiedene Art und Weise "aufgelöst" werden kann.

Damit dürfte sich Haiiiner kaum zufriedengeben......

große Sexte der (Ziel-) Tonart in einem Mollakkord haben.

Nanu?

Damit hätten wir der Moll-Dominante allerdings ihre Dominantfunktion abgesprochen…

Ist jetzt die Vm oder die V in HM gemeint ?

Die Tonika besteht aus dem Grundton, auf den ALLE Töne der verwendeten Akkorde bezogen werden. Die Gesamtmenge der Töne bildet die Skala der Tonika. Welche Töne passen zur Tonika? Ziemlich viele. Welche passen nicht? Ton b2 passt nicht; Ton b6 passt eher auch nicht. Ton #4 hat zum Grundton einen Tritonus, aber: Da die Tonika eine Quinte hat, ist die Auflösung jederzeit bekannt und daher ist #4 ein erstarrter Vorhalt, der zur Tonika passt. Nun zum Ton b2: Der sorgt dafür, dass wir in einer Folge I bIII den bIII Akkord als "eingeschoben", als M.I. empfinden. Denn im Kontext der I hat die bIII eine kleine None, die Durterz der I. Machen wir aus der I eine Im, dann wird die bIII gestärkt und kann die Tonika an sich reißen. Machen wir statt bIII eine VI, dann tritt das Problem plötzlich bei der I auf. Wird die VI mehrfach wiederholt, tauschen sich Tonika und M.I. Akkord aus. Plötzlich wird VI Tonika und I wird M.I.

In der Folge bIII IIm V kann man einen Neapolitaner hören: bIII (N) IIm . Aber es passiert noch etwas anderes : bIII V bilden ein Gegenklangpaar, und die dominantische Funktion der V wird verstärkt. Das hängt damit zusammen, dass in der Synopsis von bIII und V ein übermäßiger Dreiklang entsteht.

Dominanten: Wenn man von klassischen Quart-und Quintbeziehungen ausgeht, dann ist alles, was als Quartbeziehung darstellbar ist, dominantisch. Die Dominante zielt typisch einen Sekundschritt nach unten. Also I IV zielt auf bVII. Das harmonische System ist auf den Quintanstieg hin ausgelegt. Quarten wirken in die Gegenrichtung und "fallen".
 
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Damit wird die VIm in Dur aus der Gruppe kadenzierender Akkorde ausgeschlossen. Vermutlich ein blödes Kriterium ohne jegliche Aussage über das musikalisch wirksame Funktionsprinzip. Nur: Warum entwickelt VIm7 in Dur Tonikafunktion, aber bVIMA7 in Moll Subdominantfunktion? Beide enthalten den kompletten Tonikadreiklang und unterscheiden sich nur im Grundtonintervall: Sexte vs. kl. Sexte. Aber - beide Intervalle simd ţfast) gleichermaßen konsonant - woher rührt dann der Funktionsunterschied?

Ist jetzt die Vm oder die V in HM gemeint ?

Die Vm. Die V(7) in HM enthält ja den Quart-Leitton-Tritonus der (Ziel-) Tonart.

Ton #4 hat zum Grundton einen Tritonus, aber: Da die Tonika eine Quinte hat, ist die Auflösung jederzeit bekannt und daher ist #4 ein erstarrter Vorhalt, der zur Tonika passt.

Erklärst Du analog auch den MA7-Klang?

Nun zum Ton b2: Der sorgt dafür, dass wir in einer Folge I bIII den bIII Akkord als "eingeschoben", als M.I. empfinden. Denn im Kontext der I hat die bIII eine kleine None, die Durterz der I.

Die Durterz der Tonika wirkt als Tension in den bIII hinein?

Wäre das analog beim VII, indem die Prime der Tonika im VII als b9-Tension erscheint?

Beim #IV die Quinte der Tonika als b9?

Dominanten: Wenn man von klassischen Quart-und Quintbeziehungen ausgeht, dann ist alles, was als Quartbeziehung darstellbar ist, dominantisch. Die Dominante zielt typisch einen Sekundschritt nach unten. Also I IV zielt auf bVII. Das harmonische System ist auf den Quintanstieg hin ausgelegt. Quarten wirken in die Gegenrichtung und "fallen".

Wenn I IV auf bVII zielt, zielt dann I bVII auf bIII, I bVI auf bII, I bIII auf bVI usw.
?
 
Zuletzt bearbeitet:
Meine Güte habt Ihr da ein Thema drauf...sieht ja aus wie die Theorie zur Theorie...
Haiiiner bereitet sich vehement auf eine gehörlose Beethoven-Phase vor... :D

Mir ist auch der tiefere Sinn und Zweck des Ganzen nicht so ganz klar.
Ich will ja Theorie in der Tiefe nur soweit erfassen, wie ich es unbedingt selbst benötige, und das geht mir für mich selbst schon ein wenig zu weit.

Regeln in der Harmonielehre sind keine Naturgesetze wie in der Physik, nur Hilfen, um sich ein wenig besser zurecht zu finden im Akkordwirrwarr.
An Stellen, wo sie das nicht sind, dann eben nicht...

Es würde z.B. sicher Sinn machen, wenn abhängig von der detaillierten Analyse gänzlich unterschiedliche Skalen zur Anwendung kämen...
Für den Blues, für den traue ich mir eine Aussage ganz gut zu, gilt das wohl nicht. Ich bin mir recht sicher sagen zu können, dass weit
über 99% der Musiker, die sich in der Musikgeschichte Blues auf Ihre Fahnen geschrieben haben, von der theoretischen Tiefe dieses Threads
keinen blassen Dunst hatten.

Mit diesem Begriff "kadenzierend" stehe ich auf meinem Level schon ein wenig auf Kriegsfuß...hört denn ein Musikstück grundsätzlich auf,
sobald die Tonika erreicht ist? Doch wohl nicht...

Aber wenn was nach Blues aussieht, interessiert mich das schon wieder sehr, wenn auch nicht so sehr theoretisch in der Tiefe.
Ich habe ja über Jahre Blues-Schemata gesammelt, die als Noten oder Akkordfolgen veröffentlicht wurden.
Wobei ich die, die mir nicht gefallen haben, irgendwann gelöscht habe, sonst wäre das uferlos geworden. Ein Blues muss halt
auch nach Blues klingen. In jedem Fall habt Ihr da abgefahrene Varianten aufgeführt...habe mir das mal im Detail angeschaut...

Meine Einschätzung zu den genannten Blues-Varianten hier:
natürlich alles ohne Berücksichtigung einer Melodie wohlgemerkt, nur anhand der Akkorde und Skalen beurteilt.

Cold Duck Time:
richtig origineller Blues, der mir sehr gut gefällt. Das Akkordschema ist originell, hatte ich noch nicht, werde es wohl in meine Sammlung aufnehmen.
funktioniert aber nicht als Slow-Blues. Das muss eine Up-Tempo-Geschichte sein.
Der bIIImaj7 wird in einer Art genutzt, wie er im Blues häufig vorkommt. Nur die Stelle im Takt 9 des 12-Takt-Blues ist eher selten.
Sehr viel häufiger steht da ein II- oder bVI-Akkord oder halt noch der Einfach-Blues Kollege V7, letzterer aber in meinen gesammelten Schemata
fast gar nicht mehr.

Ich habe drei klasse Varianten mit bIII-Akkorden in Takt 9, die ich für würdig gehalten habe, in meine Sammlung zu kommen, die will ich Euch nicht vorenthalten.
Bei mir zur Vergleichbarkeit immer in C:

|| Cmj7 | Cmj7 | Gm7 |C7 | mit Cmj7 meine ich tatsächlich Cm(maj7), kein Schreibfehler
| Fj7 | Fj7 | Fm7 | Bb7 |
| Ebj7 | Ebm7 Ab7 | C#j7 |Dm7 G7 ||

|| Cm7 Ab/C | Cm7 Ab/C | Cm7 Ab/C | Cm7 Ab/C |
| Fm7 Eb/F | Fm7 Eb/F | Cm7 Ab/C | Cm7 Ab/C |
| Eb | Dm11/G G11 | Cm7 Ab/C | Cm7 Ab/C ||

|| C7 | F7 | C7 C#7 | C7 F#7 |
| F7 | F#°7 | C7 | C7 |
| Eb7 Ab7 | D7#5 G7#9 | C7 C/E F7 F#°7 | C/G Ebm7 Dm7 F7#9 ||

richtig coole Geschichte ist dieser IV7#9 am Ende und kein V-Akkord!

Es ist oft so im Blues, dass diese Maj7-Akkorde wie bIIImaj7, bVImaj7 und bIImaj7
direkt austauschbar oder zu ergänzen sind durch Ihre b7-Akkorde oder sogar m7-Akkorde.

The Kicker:
Die Vorbereitung des bIIImaj7 durch seine rel. IIm7 V7/bIII ist in der Tat sehr häufig im Blues,
das kann ich so auch bestätigen.
Natürlich ist der bIIImaj7 im Moll-Blues, damit meine ich also den mit Moll-Tonika, häufiger.
The Kicker ist eigentlich ein typischer Moll-Blues, bei dem in den ersten 4 Takten der Im7 durch den I9
ausgetauscht wurde. Kann man machen, muss aber nicht sein.

Nettles-Blues:
Die ersten 8 Takte göttlich, danach für meinen Geschmack, unterirdisch. Daher kam das so nicht in meine Sammlung.
Richtig süss und selten die Variante im Takt 3 und 4, danach die bekannte häufige Vorbereitung des bIIImaj7, der
diesmal im Takt 8 vom bVImaj7 gefolgt wird, was ich auch schöner finde als den bIIImaj7 über 2 Takte zu spielen
wie im Kicker. In Takt 8 ginge z.B. alternativ auch | bIIIm7 bVI7 |
Takt 9 und 10 finde ich schlichtweg grausam, das hat mit Blues wenig zu tun...
und dann dieses theoretische Konstrukt noch gefolgt durch einen Feld-Wald-Wiesen Turnaround...oh je....

Israel:
wunderschöner Moll-Blues. Ich mag solche Akkordfolgen mit diesen integrierten chromatischen Tonfolgen sehr gerne.
Da kommt immer so ein wenig James-Bond-Feeling auf. Diese Blues-Variante nehme ich gerne auf, aber ohne diesen
geradezu schauderhaften Imaj7 in Takt 7. Das geht so gar nicht. Der Komponist hatte wohl gedacht, da kommen so
viele IVm-Akkorde vorher, da schreibe ich keine rel.IIm7 V7/bIII im Takt 7, die bekannte Vorbereitung des bIIImaj7.
Das wäre aber trotzdem viel besser gegangen als der Imaj7. Wenn ein Akkord etwas zu häufig vorkommt, hilft eines
immer, das ist die Triton-Substitution.
Ich würde da im Takt 7 viele lieber | VII7 bVII7 | spielen,
oder schon mit Änderung im Takt 6: | IVm6 bII7 | VII7 bVII7 |
es ginge Takt 6 und 7 auch: | IVm6 bII7 | VIImaj7 bVIImaj7 |
oder auch: | IVm6 bII7 | bVImaj7 bVIImaj7 |
oder: | IVm6 bII7 | bVI7 bVIImaj7 |

Ihr seht im Blues habe ich oft viel zu sagen. Das ist auch so das Theorie-Level, das ich für sinnvoll halte bei dieser Musik.
Drüber hinaus, bringt nicht viel meines Erachtens.

In jedem Fall haben mich Eure Blues-Schemata wieder etwas bereichert, danke dafür...
ich hoffe, das war jetzt nicht zu sehr OT.
 
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Ich will ja Theorie in der Tiefe nur soweit erfassen, wie ich es unbedingt selbst benötige, und das geht mir für mich selbst schon ein wenig zu weit.

Hallo Frank, das ist Dein gutes Recht!

Regeln in der Harmonielehre sind keine Naturgesetze wie in der Physik

Wie kommst Du denn darauf?

Ich gehe im Gegenteil davon aus, dass es auch in der Musik Wirkzusammenhänge gibt, derer man sich.mit falliblen Hypothesen annähern kann. Dabei sprechen wir nicht über den subjektiv-expressiven Aspekt, der sich dieser Zusammenhänge bedient, um Stimmungen zu erzeugen
.
 
Wie kommst Du denn darauf?
Das stammt inhaltlich aus dem Umfeld derer, die Harmonielehren schreiben. Und das ist für mich so auch logisch.
Es gibt ja schon einmal keine Formeln wie in der Physik, in die ich etwas einsetze und dann ein Ergebnis zu berechnen wäre.

Harmonielehren sind Regeln, die von hervorragenden Wissenschaftlern und Musikern formuliert wurden, die das in der
Musik für uns beherrschbarer machen, was unser Ohr als passend und normal akzeptiert.
Jazz Harmonielehren sind z.B. auf die westliche Musik ausgerichtet, auf orientalische oder asiatische Musik sicher nicht.
Und gelten für Asiaten und Orientalen andere Naturgesetze? Natürlich nicht? Deren Ohren sind aber andere Töne gewöhnt.

Das Alles ist für mich so logisch. Soll Dich aber nicht demotivieren, wenn Du theoretisch tiefer gehen willst. Denn zweifelsfrei
ist das Wissenschaft, aber halt keine Naturwissenschaft.

Ich bin ja kein Musikwissenschaftler, aber immerhin Ingenieur. Wenn Du in der Musik auf Naturwissenschaftliches stoßen willst,
musst Du Dir sicherlich die Grundlagen der Akustik anschauen, vielleicht auch noch Zusammenhänge mit Obertonreihen etc..

Aber ganz sicher - Regeln der Harmonielehren sind keine Naturgesetze, basieren im Wesentlichen auch nicht darauf.
Wenn heute ein neuer Miles Davis wieder etwas Neues in die Musik einbringt, das mit der Zeit Bestandteil unserer
westlichen Hörgewohnheit wird, und dies im Rahmen der aktuellen Jazz-Harmonielehre nicht behandelt wird, dann wird
es sicherlich findige Leute geben, die diese Regeln der Harmonielehre erweitern oder anpassen. Vielleicht ja Du, ich werde
es glaube ich nicht sein. Da möchte ich andere Schwerpunkte setzen bei mir.
 
Ich denke, Du liegst falsch. Im besten Fall rekonstruieren jene Pfiffiküsse, die Harmonielehren herausgeben, nicht ausschließlich das expressive Gestalten innovativer Musiker oder Komponisten, um es für Nachahmer handhabbar zu machen. Es sind Fortentwicklungen in der Musik und Vergleiche stilistischer und kultureller Unterschiede, die Theoretiker dazu zwingen, ihre Theorien allgemeingültiger Prinzipien anzupassen. Genau wie in der Physik. :D
 

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