Ohhh! Aber wir können uns doch hier austauschen. Du bist doch mit Deinen Fragen nicht allein!
Es fing schon bei diatonisch und chromatisch an. Inzwischen konnte ich es für mich halbwegs visualisieren und übersetzen. Also chromatisch bedeutet, man hat ein Klavier mit allen tasten, richtig? Und diatonisch bedeutet, dass man nur ein Klavier mit weißen Tasten hat. Nur damit ich es mir vorstellen kann.
Mit diesem diesem Vergleich denkst Du schon in die richtige Richtung. Der Begriff "diatonisch" ist aber noch etwas weiter zu fassen. Die diatonische Tonleiter kann ja auch in verschiedene Tonarten transponiert werden, die dann wegen der Vorzeichen aus weißen und schwarzen Tasten "zusammengebaut" werden. Aber das muss man nicht sofort alles wissen und verstehen. Kinder lernen auch zu musizieren, ohne das alles schon zu wissen. Sie legen einfach los und lernen immer genau das, was gerade für das Musizieren gebraucht wird.
Nun, ergibt es dann mehr Sinn, wenn man chromatsich oder diatonisch lernt? Für mich klingt es jetzt so, dass man mit chromatisch auch die diatonischen Lieder spielen kann. Ist das soweit richtig? Aber ich nehme mal an, dass eine chromatische Mundharmonika wohl auch schwerer zu erlernen ist, oder mache ich dabei einen Denkfehler?
kommt drauf an ... ja ... nicht unbedingt ...
Das Bauprinzip einer chromatischen Mundharmonika entspricht dem Bauprinzip einer diatonischen Mundharmonika mit Solo-Stimmsystem.
Stelle Dir vor, Du hast eine Mundharmonika in C-Dur und eine in Cis-Dur.
Der Tonvorrat der C-Dur Solo Harp: c d e f g a h c / c d e f g a h c / c d e f g a h c
Der Tonvorrat der Cis-Dur Solo Harp: cis dis eis fis gis ais his cis / cis dis eis fis gis ais his cis / cis dis eis fis gis ais his cis
Das sind also dieselben Töne wie in der C-Harp nur alle einen Halbton nach oben gesetzt.
Wer sich mit den enharmonischen Verwechslungen auskennt, identifiziert das "eis" als "f" und das "his" als "c". Auf dem Klavier sind das weiße Tasten. Die werden gebraucht, weil die 5 schwarzen Tasten keine vollständige diatonische Tonleiter ergeben.
Nun stelle Dir vor, Du spielst auf der C-Dur-Harp. Und wenn Du einen chromatischen Ton brauchst, weichst Du auf die Cis-Harp aus. Man kann 2 Mundharmonikas übereinander halten und hin und her wechseln oder man baut die Stimmplatten der beiden Instrumente in ein Gehäuse und wechselt hin und her, indem man den Schieber drückt, der dann die Kanzellenöffnungen der C-Harp schließt und die der Cis-Harp öffnet. Die letzte Idee ergab die chromatische Mundharmonika.
Du kannst, wenn Du das möchtest, sofort mit einer chromatischen Mundharmonika beginnen. Das ist nicht schwerer, als wenn Du mit einer diatonischen Solo-Harp beginnst. Denn Du kannst den Schieber erst einmal ignorieren. Dann spielt sich die chromatische Harp wie eine diatonische Harp mit Solostimmsystem.
Wie
@daenou bereits erwähnte, sind die Abstände der Kanzellenöffnungen bei chromatischen Mundharmonikas größer, als bei den kleinen diatonischen Harps. Deshalb sind die Kanzellenöffnungen leichter zu treffen. Das Foto zeigt Dir eine Sammlung verschiedener Modelle mit Kanzellenöffnungen in verschiedenen Formen und Größen.
Von oben nach unten 1) 16-Kanal chromatisch 2) 10-Kanal chromatisch 3) 12-Kanal chromatisch 4) 12-Kanal diatonisch Solo-Stimmsystem 5) 10-Kanal diatonisch Solo-/Orchestra-Stimmsystem 6+7) 12-Kanal diatonisch Solo-Stimmsystem 8) 8-Kanal diatonisch Solo-Stimmsystem 9-13) 6-Kanal diatonisch Solo-/Orchestra-Stimmsystem
Wenn Du total unsicher bist und Angst vor einer Fehlinvestition hast, empfehle ich einen "
Stufenplan", der mit der kleinen
Speedy beginnt und später zu größeren Instrumenten führt. Der Klang und die Ansprache der Zungen sind bei der Speedy zwar nicht so fein, wie bei höherwertigen Instrumenten. Aber dafür kostet sie nicht viel und ist für das Erlernen der ersten Melodien gut brauchbar. An ihr lernt sich ganz leicht das Grundschema der Tonleiter, das sich im Solo-Stimmsystem in allen Oktavlagen wiederholt. Die Begrenzung auf 4 Kanälen erleichtert am Anfang die Orientierung auf dem Instrument. (Leider vergaß ich, eine Speedy "ins Bild" zu legen.)
Während man sich mit der Speedy die ersten, einfachen Grundlagen erarbeitet, kann man sich überlegen, wie es mit dem Instrumentenkauf weitergehen soll. Und das ist viel einfacher, wenn man den ersten Schritt bereits gemacht und einfach mal angefangen hat! Was Du auf diesem Instrument lernst, kannst Du später problemlos auf die größeren Instrumente übertragen.
Wenn die Speedy mit ihren 8 Tönen zu klein ist, erweist sich die
Melody Star (auf dem Foto die 8. von oben) von Hohner
als gute Alternative. Der Tonumfang beträgt 2 Oktaven. Die besonders geformten Kanzellenöffnungen erleichtern das Einzeltonspiel. Ich habe die alte Version des heute
blauen Schülermodells. Auch bei diesem Instrument sprechen die Zungen nicht ganz so fein an, wie bei den Seydel Instrumenten. Trotzdem lässt sie sich gut spielen. Die Größe und die Abstände der Kanzellenöffnungen entsprechen in etwa denen der
chromatischen Instrumente (
Nr. 1-3).
Nr. 4 ist eine
Tremolo Mundharmonika mit Solostimmsystem von Seydel, Modell
"Fanfare". Die 3 oktavigen chromatischen Seydel-Harps haben dieselben Maße. Auch das Format der 3-oktavigen Hohner Chrom-Harps ist in etwa identisch. Auf dem Foto siehst Du direkt über der Seydel "Fanfare" meine alte 12-Loch Larry Adler (
Nr. 3) von Hohner. Beachte die eckige Form der Kanzellenöffnungen. Vor 40 Jahren hatte ich keine Alternative. Heute ziehe ich runde Kanzellen-Öffnungen vor. Die spielen sich meines Erachtens angenehmer.
Als ich
Nr. 1, die
Chromonica 64 von Hohner gekauft habe, führte Seydel seine 16-Kanal Chrom noch nicht im Sortiment. Wenn es die damals schon gegeben hätte, hätte ich solange gespart, bis ich das Geld für die Seydel zusammen gehabt hätte und diese nicht gekauft. Aktuell überlege ich, soll ich, soll ich nicht, soll ... Da ich momentan überwiegend auf diatonischen Instrumenten spiele, lohnt es sich eigentlich nicht. Aber schön wäre sie schon ...
Die 16-Kanal Chrom-Harp bietet alles unter einem Deckel vom Bass bis zum Diskant. Daher gefallen mir die 16-Kanal-Instrumente besser als die 12er.
Die
Chrometta (
Nr. 2) habe ich nur gekauft, um herauszufinden, ob ich sie meinen Schülern empfehlen kann. Sie hat die 1/2 Bassoktave und war im Vergleich zu anderen Chrom-Harps sehr preisgünstig. Das können durchaus Kaufargumente sein. Der Luftverbrauch ist aber leider relativ hoch. Ich finde es anstrengend, auf ihr zu spielen. Auf Dauer macht das keinen Spaß. Daher empfehle ich, auf ein höherwertiges Instrument zu sparen.
Wenn das Sparschwein einverstanden ist, empfehle ich, eine hochwertige Chrom zu kaufen. Wenn das Sparschwein erst noch gefüttert werden muss, empfehle ich, mit einer
diatonischen Soloharp zu starten. Die Modellauswahl ist da recht überschaubar:
Die Hohner
Marineband Solo Tuning und die
Seydel Solist Pro 12 Steel. (
6. und 7. Mundharmonika von oben gezählt) bieten beide denselben Tonraum mit 3 Oktaven. Die Hohner Marineband Solo Tuning ist preisgünstiger. Deshalb gab ich ihr damals den Vorzug. Mit ihr wurde ich aber nie 100% glücklich. Und dann habe ich noch einmal Geld ausgegeben. Die Seydel Solist Pro 12 Steel spricht feiner an, braucht weniger Luft und ist handlicher. Deshalb spiele ich sie wesentlich lieber.
Instrument 5, die
Orchestra von Seydel, geht wie die Chrometta 10 (Nr.2) in die Tiefe. (Das ist aber auch schon alles, was die beiden Instrumente gemeinsam haben). Immer dann, wenn mir eine Melodie auf der Solist Pro 12 zu hoch hinauf geht, probiere ich, ob sie auf der Orchestra funktioniert.
Die kleinen
6-Loch Mundharmonikas sind
Sonderanfertigungen von
Seydel. Im Shop gibt es die BigSix im Richter-Stimmsystem. Ich habe sie über den Customizer in mehreren Tonarten in Orchestra-Stimmung (Variante des Solo-Stimmsystems) bestellt. Auf Treffen, wo gerne Volkslieder gesungen werden, komme ich mit denen meistens hin. So ein BigSix-Pack ist so klein und handlich, dass es in eine Handtasche passt und auch am Hosengürtel unter der Jacke nicht stört. So ein Instrumentensatz erlaubt Tonartenwechsel ohne Wechsel des Atemschemas. Wenn man nach Gehör spielt, ist das eine enorme Erleichterung.
Meine Empfehlung
Kaufe Dir ein gutes Instrument. Denn es macht das Spielen leichter und das Musizieren dadurch mehr Spaß.
Wenn Du auf ein gutes Instrument erst sparen musst, kaufe Dir ein kleines Schülerinstrument, damit Du loslegen kannst, ohne eine große Summe ausgeben zu müssen. Und dann spare Dir so schnell irgendwie möglich Dein Trauminstrument zusammen.