Der Banjo-Restaurationsthread

Ich würde es auch sehr gern ausprobieren ... Wäre wahrscheinlich ein super Teil für irische sessions: schön klein und handlich und nicht so elend leise wie eine Mandoline.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ja, ich denke das Fell ist wohl zu klein um auf Schwankungen der Luftfeuchtigkeit zu reagieren. Der Durchmesser beträgt gerade mal 5 Zoll, da wird nicht viel Spiel für grossartige Spannungswechsel sein.

Leider gibt es keine künstliche Felle für diese Grösse, jedenfalls habe ich keines finden können. Hatte schon etwas Bammel vor dem Naturfell, aber das Aufziehen geht wirklich sehr gut. Warscheinlich noch einfacher wenn der Kessel eine normale Grösse hat.

Das Pickguard hat mich auch etwas erstaunt, hab' so eines bei keinem anderen, vergleichbaren Zitterbanjo gesehen. Scheint aber definitiv original zu sein.

Morgen ziehe ich Saiten auf, dann werde ich mal testen wie das klingt. Zum Glück ist der Halswinkel kein grosses Problem, der passt ebenso wie die Krümmung. Ich denke der originale Steg muss schon vor langer Zeit verloren gegangen sein, deshalb konnte der Saitenzug auch nicht seine deformierende Langzeitwirkung entfalten.

Danke nochmals für die netten Worte, ich halte euch auf jeden Fall auf dem laufenden was noch so auf meinem Tisch landet.

Gruss, Michi
 
@martimi
Ich hatte ja auch das Problem, bin aber zu einem günstigen Fell gekommen:
https://www.musiker-board.de/threads/restauration-mandolinen-banjo-musikalia.655637/

Und nein: Zumindest, wenn man mit dem Gerät in der Wohnung spielt, verstimmt es sich kaum. Jedenfalls mein Musikalia hält die Stimmung gut (16 cm Felldurchmesser).
Am Lagerfeuer sieht das sicher anders aus.
Und ja: Die Lautstärke ist ordentlich. Noch etwas lauter ist ein Cümbüs. ;)
 
Hallo Snake-Jo,

Den Bericht habe ich natürlich ausgiebig studiert, ganz so viel gab es an meinem Patienten nicht zu richten. Ich hatte wohl Glück das der Lack nicht so stark angegriffen war, und etwas Patina macht das kleine Instrument ja auch sympathisch denke ich.

Bislang konnte ich noch keine grossartige Verstimmung feststellen, alles stabil. Fast schon unheimlich wie gut es die Stimmung hält, und wie putzig es alle bisherigen Besucher so gefunden haben. Ich finde es einfach mega sympathisch, und freue mich an dem kleinen Instrument.

Ein weiterer Patient ist bereits auf dem Weg zu mit, diesmal aus französischer Fertigung und mit floraler Verzierung auf der Rückseite. Morgen weiss ich dann was es alles zu tun gibt um ihm ein neues Leben zu ermöglichen!

Liebe Grüsse an alle!!
 
@martimi
Guten Morgen! Ich schaue auch immer mal nach schön verzierten Mandolinenbanjos und kann mich kaum beherrschen, noch was einzusammeln!!!:eek:
Naja, immerhin habe ich jetzt ein Mandolinen-Cümbüs an der Wand hängen. Das hat einen Felldurchmesser von 15,5 cm und gehört zu den ganz alten Teilen von Zeinel Abidin.
Stell doch mal ein Bild von dem "Neuen" ein, wenn er da ist. Bin gespannt.
LG,
Jo
 
Aber gerne doch:

30166678xx.jpg


30166679mp.jpg


Kurze Bestandsaufnahme:

- Hals muss gerichtet werden, könnte spannend werden
- Neuer Sattel, da Nullbund kein grosser Akt
- Fell ist intakt, nachspannen sollte reichen

Hier noch der Hersteller:

30166699zb.jpg


Aber nach meiner Erfahrung kommt da immer noch was dazu.... Bin gespannt!!

Gruss, Michi
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Hallo Michi,
schönes Teil, hast du das erworben oder nur zur Reparatur? Den Kopf sieht man in dieser Form selten und auch die Schalllöcher im Spannring sind besonders.
Es handelt sich demnach um ein Zither-Mandolinenbanjo.
Die floralen Elemente auf Nussbaumholz (??) gefallen mir als Biologen auch.
Machst du den Sattel auch aus Knochen, wie er oft an alten Instrumenten zu finden ist? Ich habe vor Kurzem meinen Kunststoffsattel vom Banjo "abgesprengt" und einen neuen aus Rinder-Knochen gefeilt. Dabei gleich die Saitenlage ein wenig nach unten korrigiert.
Beste Grüße,
Jo
 
Hallo Jo,

Hatte gestern leider keine Zeit mehr für die Demontage, aber heute Abend wird der Schraubendreher geschwungen! Es wird auf jeden Fall ein neuer Sattel aus Knochen werden, ein Rohling habe ich noch herum liegen. Wie schon geschrieben denke ich das es relativ schnell gehen wird, da ein Nullbund vorhanden ist.
Das Fell sieht auf den ersten Blick ok aus, kann natürlich sein das es nach dem Ausbau des Resonators ein paar versteckte Risse offenbart. Dann würde ich wohl wieder ein neues Scalf Vellum installieren, was da gerade für eines drauf ist kann ich nicht genau sagen.
Den Spalt am Halsfuss macht mir gerade ein wenig Sorgen, ich kann mir aber vorstellen das es 2 Schrauben im Innern gibt und eine davon über die Jahrzehnte etwas nachgegeben hat. Um eine stabile Saitenlage zu erreichen muss ich aber sicher einen kleinen Shim aus Furnier einsetzen, was mir im allgemeinen lieber ist als mit dem Fräser am Halsfuss Material abzutragen. Letzteres ist für mich immer die unangenehmste Option....
Heute Abend wird erst mal geputzt, bin schon gespannt welche toten Viecher ich diesmal wieder ans Tageslicht befördern werde....

Gruss, Michi
 
Tolle Aktionen:great:, wir Moderatoren finden, das hat einen eigenen Thread verdient, deshalb hab ich es nun aus dem Banjo-Userthread ausgelagert und mit Snake-Jos Mandobanjo-Thread vereint.

Damit haben wir jetzt eine zentrale Anlaufstelle für alle Eure liebevollen Banjorestaurationen. Ich freu mich schon auf die nächsten Projekte!

Banjo
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für den eigenen Thread. Dann mache ich mal kurz weiter an dieser Stelle.

Das ganze Ding ist mittlerweile demontiert. Wie zu erwarten gab es im Innern eine Population toter Insekten, und ein verlassenes Nest einer nicht näher definierbaren Spinnenart.... Igitt!

Wie befürchtet hat sich der Hals als grösste Baustelle erwiesen und musste mit Wärme begradigt werden. Etwas fummelig bei der geringen Länge, aber es ging dann doch. Eines der Dots hat sich leider verabschiedet, ich werde aber alle austauschen wenn ich geeigneten Ersatz gefunden habe. Und natürlich die übliche Behandlung mit Lemon Oil:

30191862ym.jpg


Die Verschraubung des Halses, da hat wohl unser Freund Jacques vor vielen Jahrzehnten mal ein wenig daneben gebohrt:

30191898gh.jpg


Und das charakterstarke Ästchen welches heute wohl die Qualitätskontrolle nicht mehr so einfach passieren würde:

30191934zq.jpg


Der Resonator aus Messing, das Fell liess sich gut nachspannen:

30191953jf.jpg


Also, weiter gehts.... Gruss, Michi
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Wie hast Du das denn gemacht, das Begradigen des Halses mit Wärme?

Außerdem will ich nächstes Mal die Insektenausbeute im Foto sehen:)

Banjo
 
Ähm, glaub mir, das möchtest du wirklich nicht sehen. Ich hab' schon Sachen in meinen alten Gitarren gefunden.... Sogar schon eine Kollektion geschnittener, 50 Jahre alter Zehennägel. Das war mir dann doch zuviel des Guten!!

Wenn man den Hals lange, gezielt erwärmt (dauert ewig, und benötigt viel Gefühl) so kann man die Verleimung Griffbett/ Hals so weit "aufweichen", das man mit sanfter Gewalt den Hals in eine neue Form zwingen kann. Härtet der Leim wieder aus, so hilft er mit die neue Ausrichtung zu stabilisieren. Funktioniert nicht immer, aber in gewissen Fällen eben ganz gut. Auch diesmal hatte ich wohl Glück bei meinem Patienten. Und bei den bisherigen Aktionen hat sich diese Methode als stabil erwiesen, auch bei meinen alten Jazzgitarren.

Gruss, Michi
 
Ähm, glaub mir, das möchtest du wirklich nicht sehen.
Doch, doch, als Biologe interessieren mich so französische, antike Insekten sehr....:eek:
Ich habe sehr oft Bogenholz (Pfeilbogen) mit Wärme behandelt und gebogen, auch verklebte bzw. Laminatbögen. Je dicker, umso schwieriger. Bei einem Mandolinenhals stelle ich mir das sehr diffizil vor, denn die aufgeweichte Leimung (ist ja in der Regel Hautleim) bindet nicht immer wieder gut. Es kommt zu einer "Trockenen Leimung", die weitere Schäden nach sich zieht. Aber spannend! Die Bohrlöcher würde ich beide mit Hartholz und Epoxy verdübeln und neu bohren.
LG,
Jo
 
Sattel an einem Mandolinen-Banjo ersetzen

Manchmal ist es nötig, den Sattel (also den Steg, über den die Saiten zum Kopf laufen) nachzuarbeiten oder zu ersetzen, weil die Saitenlage nicht stimmt oder der Sattel beschädigt oder abgenutzt ist. Bei einem modernen Banjo ist der Sattel aus Kunststoff und in der Regel nur mit einem Tropfen Kleber gesichert. Er läßt sich leicht absprengen. Ich habe das an meinem Banjo vollzogen und mir dann gleich einen neuen Sattel aus Knochen gebaut. So hatte ich für alle Fälle noch den Originalsattel als Reserve, falls irgendwas mit dem neuen Sattel nicht stimmt. Alternativ hätte ich sonst die Kerben etwas tiefer gesägt.
Hier möchte ich aber einen Spezialfall darstellen: den Neubau eines Sattels für ein Cümbüs-Mandolinenbanjo.
Das Mandolinen-Banjo stammte wohl aus der Gründerzeit der Firma Zeynel Abidin (Istanbul), so aus den 1930er-Jahren. Der Originalsattel ist aus Holz (warum nur ?) und durch den Saitenzug inzwischen völlig verkerbt und teilweise im Bereich der ersten G-Saite gespalten (Abb. 1-2). Folge: Das Instrument läßt sich nicht mehr stimmen.

Alten Sattel entfernen:
Ich nahm also die Saiten ab (sollen sowieso neu) und versuchte, den alten Sattel abzusprengen, wie an meinem modernen Banjo.
Man klemmt dazu das Instrument mit den Ellbogen vor die Brust, hat somit die Hände frei und kann mit dieser "weichen" Unterlage keinen Schaden am Instrument anrichten.
Dann nimmt man am besten ein Stück passendes Hartholz und schlägt mit einem Hammer über das angesetzte Hartholz seitlich gegen den Sattel. Alternativ lässt sich beim Cümbüs der Hals ganz einfach abschrauben (eine Schraube M8) und in den Schraubstock klemmen. Mein Schraubstock hat Holzbacken mit dicken Lederauflagen und das Instrument ist so gut gegen Druckstellen und Kratzer gesichert (Abb. 3). Moderate Schläge seitlich gegen den Sattel brachten keinen Erfolg, daher wurde er mit einem Stechbeitel aus Richtung Kopfteil abgescherrt (Abb. 4). Da der Sattel sowieso nicht mehr zu gebrauchen war, konnte ich diese Vorgehensweise locker angehen. Unter dem Sattel kam eine fette Schicht Kontaktkleber (warum nur?) zum Vorschein, die mittels Feile und Sandpapier entfernt wurde (Abb. 5).

Neuen Sattel formen:
Für den neuen Sattel nahm ich ein Stück Rinderknochen. Der Knochen (z.B. in einer Beinscheibe vom Rind) wird gekocht, das Fleisch aufgegessen und der übrig gebliebene Knochenring in Waschpulverlösung entfettet (nochmals kochen). Nach dem alten Vorbild wurde das Knochenstück mit der Eisensäge und dann auf dem Bandschleifer oder mittels Feile im Schraubstock grob vorgeformt, genau vermessen (Schieblehre) und auf exakte Maße gebracht. Dazu spannte ich ein Blatt feines Schleifpapier (Korn 120) mit zwei Holzleisten auf eine plane Fläche und rieb das Stück Knochen so lange darauf herum, bis es die angestrebten Abmessungen hatte.

Sattelkerben sägen:
Die Lage der Sattelkerben wird exakt eingemessen und mittels Anreißstift oder sehr spitzem Bleistift markiert. Die Sattelkerben kann man mit einer billigen Haushaltsfeinsäge (Sägeblatt für Metall) einsägen. Die Sägeblätter haben eine Schnittbreite von 0,5 mm, was bei der Mandoline ungefähr der Dicke einer D-Saite entspricht. Es muss auch nicht ganz exakt die Saitenbreite sein, lieber etwas breiter, damit nichts klemmt beim Saiten spannen. Also bei den dickeren Saiten parallele Schnitte machen oder mit gefaltetem Sandpapier nacharbeiten. Der Kerbboden aller Schnitte sollte ungefähr auf einer Ebene liegen. Hier war es egal, da das Cümbüs einen Nullbund hat.

Neuen Sattel einbauen:
Inzwischen hatte ich das Cümbüs neu besaitet und der Sattel wurde provisorisch eingebaut, um die genaue Lage zu prüfen. Dazu die Saiten lockern, den Steg umlegen und herausnehmen und mit einem runden Schraubenzieher die Saiten am Kopf abheben ( Schraubenzieher also vor Sattel Richtung Kopf einschieben). Die erste Prüfung ergab: Der Sattel muss noch nachgearbeitet werden: Er sitzt noch nicht ganz bündig (Abb. 7) und muss noch etwas tiefer gelegt werden, damit die Saiten auf dem Nullbund zu liegen kommen. Danach den Sattel mit einem Tropfen Kleber (UHU hart) sichern.



1708270006.JPG 1709030041.JPG 1709030042.JPG 1709030045.JPG 1709030049.JPG 1709080028.JPG 1709090030.JPG
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 4 Benutzer
Restaurationsprojekt: Temlett-Zither-Banjo von 1895

Teil 1: Zerlegen, Beschreibung und Restaurationsbedarf

Im Banjo-Userthread hatte ich das Temlett schon vorgestellt und auch zur Historie wurde von Jed und mir einiges geschrieben. Daher steige ich hier gleich in das Projekt ein. Mit der Restauration soll das Instrument in all seinen ursprünglichen Teilen erhalten bleiben und es werden nur die nötigsten Restaurationsarbeiten (s.u.) durchgeführt. Ein paar Falten darf dieses 120 Jahre alte Instrument durchaus behalten. Das erhöht nur seinen Charme. :)
1712260013.JPG
1712260014.JPG


So ein Zither-Banjo ist recht einfach aufgebaut und das Zerlegen ist in ein paar Minuten passiert. :cool:
Man nimmt zuerst ein wenig die Spannung von allen Saiten sukzessive weg, ca. 2 Umdrehungen am Wirbel. Dann löst man die Saiten komplett. Am Kesselrand werden die Halteschrauben der Z-Haken gelöst. Nur 6 davon sind mit dem Tonring verschraubt, die anderen dienen als Zierde. Dies ist bei fast allen Zither-Banjos solcher Bauart der Fall. Danach läßt sich das Kopf-System (Spannring plus Fell und Tonring mit Gegenflasch) herausnehmen. Innen an der Kesselwand halten zwei Holzschrauben den Hals fest. Löst man diese, läßt sich der Hals samt Kesselstab aus dem Kessel herausziehen. Die Einzelteile sind auf Bild 3 ersichtlich.
Das Kopf-System läßt sich durch Lösen der Spannschrauben (Zollgewinde) weiter zerlegen in den Spannring (Abb. 4 rechts), Fell mit Fellreifen und Tonring mit Gegenflasch (links im Bild 4).
Auseinandergenommen und der Reihe nach übereinander gehalten ergibt Bild 5. Ich habe von der Konstruktion des Kopf-Systems einen maßstabsgetreuen Querschnitt erstellt (Bild 6).

180102_auseinander.jpg 180102_Kopfteile.jpg 180102_Kopfteile-quer.jpg Temlett-Querschnitt.jpg

Beschreibung und Restaurationsbedarf:
Holzkessel: Der Kessel besteht aus einem Holzrahmen (wahrscheinlich Buche) mit Rahmenverstärkung oben und einem Palisanderfurnier außen. Der Resonatorboden ist nicht gewölbt. Er besteht offenbar aus Ahorn und ist außen farbig lackiert und mit einem Ornament bemalt. Die Rahmenverstärkung hat oben rauten- und punktförmige Ornamente in Perlmutt, die in einer Gussmasse eingebettet sind. Davon sind einige ausgebrochen und müssen ersetzt werden. Der Lack außen ist beschädigt und muss erneuert werden.

Kopfsystem: Tonring mit Gegenflasch und Spannring bestehen aus vernickelter Bronze und müssen poliert werden. Das Kopfsystem ist ansonsten in Ordnung; das Fell sehr gut. Die rostigen Schrauben möchte ich ersetzen. Zudem werde ich die 6 Halteklammern (Z-Haken) durch längere ersetzen, da insgesamt die Saitenlage zu hoch ist. Mit dem Versenken des Kopfsystems nach unten erhalte ich die gewünschte Saitenlage von 2-3 mm über dem 12 Bund.

Hals mit Kesseldübel: Der Hals besteht aus drei Schichten: Mahagoni unten, dann Ahorn (helle Schicht) und Ebenholz am Griffbrett und Kopf. Der Kesseldübel ist auch Mahgoni. Hier ist soweit alles i.O., auch der Lack kann bleiben. Alle Bunddrähte sehen sehr wenig bespielt aus. Die beiden Halsschrauben werde ich durch Sechskantschrauben ersetzen. Da hat man mehr Zug auf den Hals. Die Bundseite wird etwas poliert und geölt.

Mechaniken: Die Mechaniken bestehen aus einer Messinggrundplatte mit Messingzahnrädern und Messingbolzen. Die Flügel sind aus Knochen, wahrscheinlich Walknochen. Eine der Stahl-Flügelachsen (am unbelegten 6. Wirbel) ist verbogen; lass ich so. Ich habe Angst, den schönen Knochen abzubrechen, wenn ich einen Biegeversuch starte. Die Mechaniken müssen gereinigt und poliert werden und erhalten neue Befestigungsschrauben.

Wenn es soweit ist, geht es weiter mit dem Kopfsystem und Einlegearbeiten aus Perlmutt. Erst danach sind die Lackarbeiten an der Reihe.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Freu mich schon auf Deine liebevollen Restaurationsberichte!

Banjo
 
@Banjo : Danke! :)

Bevor ich loslege, ein paar Worte in eigener Sache:
Es geht mir nicht um die Restauration eines alten Banjos fürs Museum (obwohl ich sowas auch gerne machen würde), sondern um Herstellung der Bespielbarkeit unter Wahrung der originalen Optik.
Oder mit anderen Worten: Es ist eine Gratwanderung zwischen Reparatur und Authentizität.:rolleyes:

Ich arbeite dabei mit folgenden Prämissen:
- Verwendung von originalen Materialien, soweit möglich, als da wären (z.B.): Knochen, originale Hölzer, Knochenleim, Schellack, Messing etc.
- Reparatur unter Haltbarkeitsaspekten: Verbindungen müssen stabil sein, auch auf Kosten eventueller Authentizität
- Erhalt der originalen Optik, wobei auch beim Hersteller oft weite Spielräume erkennbar sind, wenn man die ganze Serie betrachtet

Beispiel: Ein Museum würde einen verloren gegangenen Spannhaken wieder aus Bronze gießen (unter Verwndung eines Abdrucks, einer Form der alten, noch vorhandenen Haken) und dann vernickeln. Das kann und will ich nicht.
Ich möchte das Instrument in der Hauptsache wieder spielbereit machen und das meist noch besser, als es vorher war. Dies ist problemlos möglich, wenn man sich zum Beispiel das vorliegende Temlett betrachtet: Wir haben es hier nicht mit einem "low-end-Produkt" zu tun, also einem billigen Wallhanger, sondern mit Standardware aus einer großen Manufaktur. So ein Banjo wurde tausendfach für die breite Musikermasse hergestellt. Also für damalige Verhältnisse ein Massenartikel und kein speziell verziertes Museumsstück. Temlet hat auch sowas hergestellt, aber solche Instrumente sind für mich unerschwinglich.
Aber: Das vorliegende Modell -einfach gebaut: ja- hat doch verschiedene hochwertige Materialien in sich, als da wären: Walknochen, Elfenbein, Ebenholz, Palisander, sowie reichlich Intarsien aus Perlmutt.
Je nachdem, wer solche Teile damals zusammengebaut hat, findet man "versoffene Gewinde", versetzte Bohrungen, schlechte Schraubungen, schlechte Verklebungen. Also auch ein weites Feld für Verbesserungen. Und da mache ich keine Kompromisse: Die Haltbarkeit und die Bespielbarkeit müssen wieder hergestellt werden. Also kein Restaurationsobjekt fürs Museum, sondern ein Gebrauchsinstrument fürs Lagerfeuer. Basta! :tongue:
 
Restaurationsprojekt: Temlett-Zither-Banjo von 1895

Teil 2: Restauration Banjohals mit Kopf

Der herausgenommene Hals mit Kesselstab wurde zuerst vermessen. Dazu wurde ein Richtlineal über den ersten und letzten Bund gelegt und der Abstand von Linealunterkante zum 7. Bund gemessen. Dieser sollte bei Bespannung um 1 mm liegen. Bei abgenommenen Saiten sind moderne Hälse mit Innengewindestab („Trussrod“) gerade und zeigen die 1 mm Abstand erst unter Saitenzug. Alte Instrumente sind weder hohl, noch haben sie im Inneren eine Stellschraube. Sie sind massiver gebaut und folgen dem Saitenzug nicht so leicht. Dieses alte Temlett zeigte mit und ohne Saitenspannung eine Durchwölbung von unter 1 mm am 7. Bund und ist somit im grünen Bereich (Bild 1).

Griffbrett: Das Griffbrett wies eine Lackierung auf. Sowas ist des Teufels, denn auf Ebenholz mit seinen öligen Inhaltsstoffen halten nur wenige Lacke, die zudem bei heftigem Spielgebrauch partiell abgegriffen werden. Das Griffbrett weist dann unansehnliche Flecken auf. Besser ist ein Einölen des Griffsbretts. Dazu musste zuerst der alte Lack herunter. Man kann Griffbretter mit Bünden relativ schlecht abschleifen, da man den Zwischenraum zwischen den Bünden nur quer zur Faser schleifen kann. Damit hier keine Schleifspuren oder Einwölbungen reingeschliffen werden, muss man mit feinstem Material arbeiten, also feinste Stahlwolle der Sorte 000. Unter kreisenden Bewegungen entsteht eine glatte Oberfläche. Alte Scharten im unteren Bereich des Halses (Bild 2), die wahrscheinlich bei der Herstellung entstanden sind (schlechte Sägearbeit am spröden Ebenholz) bleiben drin! Ein Herunterschleifen an diesen Stellen würde das Holz zwischen den Bünden eintiefen. Alter Dreck und Lack an den Bünden wird mit einmal gefaltetem Sandapier der Körnung 600 parallel zu den Bundstäben herausgeschliffen (Bild 2).
Überstehende Bünde an den Kanten kann man mit einem Schleifklotz und feinem Sandpapier (180er und dann weiter runter bis 600) beschleifen.
Am Schluss bekommt der Hals die vorletzte und letzte Ölung (z.B. Holzöl oder Bienenwachsbalsam von Livos). Dazwischen lässt man das Öl ein paar Stunden einziehen und abschließend wird das Griffbrett mit einem fusselfreien Lappen poliert. Es entsteht ein seidiger Glanz.
Der Tunnel für die 5. Saite aus einem Messingrohr vom 5. Bund bis in das obere Fenster des Banjokopfes wird ebenfalls gereinigt. Dazu eignet sich ein Pfeifenreiniger und ein paar Tropfen Nähmaschinenöl (Bild 3-4). Man sieht auch schön die Abstandsperle aus Elfenbein (Bild 3) und den Sattel, ebenfalls aus Elfenbein (Bild 4).

Banjokopf: Die stark korrodierten Messing-Mechaniken wurden abgeschraubt und zuerst mittels Dremel und rotierender Bürste bearbeitet (Bild 5-6). Diese Drahtbürsten haben die schlechte Angewohnheit, sich alsbald in einzelne, herumfliegende Drahtteile aufzulösen, daher unbedingt Schutzbrille tragen. Mit einer ausgedienten Zahnbürste und einem Messingpoliermittel wird nun jede Ritze bearbeitet. Verbleibendes Poliermittel wird mit Zahnbürste und Scheuermilch unter fließendem Wasser entfernt und siehe da, die Mechaniken sehen aus wie neu (Bild 7-8) und erhielten auch neue (Vintage-) Messingschrauben. Bild 9 ist ein Vergleichsbild zum vorherigen Zustand.
Die Fensterkopfplatte wird auf der Ebenholzseite ebenfalls mit Stahlwolle bearbeitet und eingeölt, der Rest vom Hals und der Kopfplatte nur gereinigt. Der alte Lack geht noch und kann verbleiben.
Die rostigen Schrauben, die den Hals am Kessel halten, wurden gegen 10 mm längere mit Sechskantkopf ersetzt (5 x 40 mm). Das Schraubenloch wurde entsprechend etwas vorgebohrt, damit beim Verschrauben das Holz nicht reißt (Bilder später nach Zusammenbau) .

Hals_Bild 1.JPG Hals_Bild 2.JPG Hals_Bild 3.JPG Hals_Bild 4.JPG Kopf_Bild 5.JPG Kopf_Bild 6.JPG Kopf_Bild 7.JPG Kopf_Bild 8.JPG1712260011.JPG
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Wahnsinn, wie Du die Mechaniken wieder hinbekommen hast, die könnten echt neu sein! Die sind es aber auch wert, jedenfalls gefallen mir die Knöpfe ausgesprochen gut.

Banjo
 
@Banjo : Nochmals danke! :)

Gestern ist das Perlmutt gekommen: aus China, in Form von 30 mm-Knöpfen. Daraus schnitze ich nun die verloren gegangenen Perlmutteinlagen am Kesselrand.
Ist mir völlig schleierhaft, wie die sowas für 3 Euro versenden können (incl. Versandkosten).
Auf diese Kür freue ich mich; habe ich noch nie gemacht: Perlmutteinlagen.

180106_Perlmutt.jpg
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben