Toxxi
Registrierter Benutzer
Ich möchte euch heute was über eine alte Gitarre berichten, mit der ich mich am Wochenende beschäftigt habe.
Bei einer Freundin von mir gammelte schon lange eine 12-saitige Gitarre unbekannter Marke vor sich hin, die nur mit 6 Saiten bespannt war. Ich habe mir das gute Stück gestern geholt, um es vor der völligen Vergessenheit zu bewahren. Das ist offenbar ein russisches Fabrikat von Anfang der 1990er Jahre. Als Produktionsort steht Sankt Petersburg auf dem Typenschild (und nicht mehr Leningrad), handschriftlich ist der 29.6.95 eingetragen (Fertigungsdatum? Verkaufsdatum?).
Die Korpusgröße entspricht einer Dreadnought (40,5 cm breit und 50,5 cm hoch), ist allerdings nur 10,5 cm dick (meine Fender hat 12,5 cm). Der Hals ist zwischen dem 1. und 2. Bund ca. 54 mm breit, die Mensur sind normale 648 mm. Sie ist relativ schwer für diese Größe. Ein befreundeter Gitarrenlehrer meinte, das sei vermutlich eine massive Decke (auch dem Klang nach). Das Griffbrett habe ich auch geölt, das Öl wurde aufgesogen wie von einem trockenen Schwamm.
Der Hals ist verschraubt, und diese Schraube ist ziemlich lose gewesen. Leider braucht man einen speziellen Vierkant dafür, den ich nicht habe. Ich habe sie mit einer flachen Zange erst mal so weit wie möglich festgedreht. Der Halsspannstab hat auch eine merkwürdige Schraube, das sollte mit einem breiten Schraubendrehe aber gehen. Vermutlich muss ein Tropfen WD40 drauf. Es war auch unendlich viel Staub drauf und drin, fürs Foto habe ich den schon weggemacht.
Nun also gings ans Aufziehen der Saiten: D'Addario EJ38 .010-.047 Phosphor Bronze
https://www.thomann.de/de/daddario_ej38_akustikgitarrensaiten_12string.htm
Der Steg ist anders, als ich es von Westerngitarren kenne. Die Saiten werden einfach durchs Holz gesteckt, das machte aber keinerlei Probleme. Der Sattel ist ein einfacher Stahlbund:
Die Mechaniken sind leider etwas traurig. Ziemlich schwergängig und m.E. zu lang übersetzt, alle haben erst mal einen Tropfen Öl bekommen. Bei einer Mechanik fehlte die Schraube, die fiel ohne Saite immer raus (auf dem rechten Bild die zweite unten links, die dicke G-Saite):
Aber letzten Endes habe ich alle Saiten dann doch ohne größere Probleme draufbekommen (bis auf die eine Mechanik, da braucht man eigentlich drei Hände).
Ok, man sieht, dass der Hals leicht in Richtung der Bassaiten geneigt ist. Klar, die Verschraubung ist noch nicht richtig fest, ich muss mir erst mal ein spezielles Werkzeug besorgen. Von der Seite wird das noch deutlicher, und auch anhand der Saitenlage:
Der Hals schwebt über dem Korpus. Ich meine mal gehört zu haben, dass man das macht, um den Resonanzkörper nicht so zu dämpfen. Stimmt das?
Soweit, so gut. Nun ging es ans erste Spielen um zu sehen, ob es sich überhaupt lohnt, da noch mehr Geld und Arbeit reinzustecken. Und siehe da - gar nicht so schlecht. Der Klang ist auf jeden Fall gefällig. Klar, wenn man sonst nur 6 Saiter Western- und E-Gitarre gewöhnt ist, ist der Hals natürlich relativ breit und ungewohnt. Aber das ist vermutlich Übungssache. Sie ist auch ausreichend laut trotz der relativ dünnen Saiten. Auf jeden Fall lauter als meine Fender CD60 mit 11er Saiten. Da schwingt ja auch viel mehr Masse durch die doppelte Saitenanzahl.
Ich habe noch nie wirklich eine 12-Saiter gespielt, und ein paar Sachen sind mir aufgefallen:
(a) Man braucht dickere Plektren als bei der Saiter (und als bei der E-Gitarre sowieso)
(b) Wechselschlag klingt ziemlich merkwürdig. Von oben nach unten ist es okay (also erst die Oktavsaite dann die dicke), andersrum klingt es aber deutlich anders, weil die Oktavsaite kaum Impuls abbekommt. Ist das normal, oder ist das nur meine ungeübte Spieltechnik?
(c) Die G-Oktavsaite (der höchste Ton, ist 0.008" dick) ist deutlich rauszuhören und macht einen ungewohnten, aber keinesfalls unangenehmen Klang
Fazit: Ja, ich würde das Ding gern richtig in Ordnung bringen, allerdings ohne Unsummen zu investieren. Denn dann könnte ich gleich eine neue kaufen. Aus meiner Sicht wäre folgendes nötig.
(1) Unbedingt den Hals richtig festschrauben. D.h. ich brauche zuerst einen Vierkant. Ich habe es mal probeweise mit einem Sechskant versucht: ein 5er passt nicht drauf, ein 5.5er passt drauf, aber rutscht schon durch, und 6er geift gar nicht mehr. Hat jemand eine Idee, wo man sowas herbekommt? Oder doch lieber zum Gitarrenbauer? Was würde sowas grob kosten?
(2) Neue Stimmechaniken. Ich habe bei Thomann die hier gefunden: https://www.thomann.de/de/thomann_tuners_12string.htm Den Abmessungen nach sollten sie passen. Und die 20 Euro würde ich schon investieren. Oder taugen die so gar nichts?
(3) Dann noch mal an den Halsspannstab rangehen. Hoffentlich ist die Schraube nicht total festgegammelt.
Ich möchte das Projekt hier gern zur Diskussion stellen. Meinungen, Anregungen, Vorschläge und Kritiken sind willkommen.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Hmmm... könnte ein Modarator bitte den Betreff ändern und das Wort "aufarbeiten" noch anhängen? Das wäre nett.
Bei einer Freundin von mir gammelte schon lange eine 12-saitige Gitarre unbekannter Marke vor sich hin, die nur mit 6 Saiten bespannt war. Ich habe mir das gute Stück gestern geholt, um es vor der völligen Vergessenheit zu bewahren. Das ist offenbar ein russisches Fabrikat von Anfang der 1990er Jahre. Als Produktionsort steht Sankt Petersburg auf dem Typenschild (und nicht mehr Leningrad), handschriftlich ist der 29.6.95 eingetragen (Fertigungsdatum? Verkaufsdatum?).
Die Korpusgröße entspricht einer Dreadnought (40,5 cm breit und 50,5 cm hoch), ist allerdings nur 10,5 cm dick (meine Fender hat 12,5 cm). Der Hals ist zwischen dem 1. und 2. Bund ca. 54 mm breit, die Mensur sind normale 648 mm. Sie ist relativ schwer für diese Größe. Ein befreundeter Gitarrenlehrer meinte, das sei vermutlich eine massive Decke (auch dem Klang nach). Das Griffbrett habe ich auch geölt, das Öl wurde aufgesogen wie von einem trockenen Schwamm.
Der Hals ist verschraubt, und diese Schraube ist ziemlich lose gewesen. Leider braucht man einen speziellen Vierkant dafür, den ich nicht habe. Ich habe sie mit einer flachen Zange erst mal so weit wie möglich festgedreht. Der Halsspannstab hat auch eine merkwürdige Schraube, das sollte mit einem breiten Schraubendrehe aber gehen. Vermutlich muss ein Tropfen WD40 drauf. Es war auch unendlich viel Staub drauf und drin, fürs Foto habe ich den schon weggemacht.
Nun also gings ans Aufziehen der Saiten: D'Addario EJ38 .010-.047 Phosphor Bronze
https://www.thomann.de/de/daddario_ej38_akustikgitarrensaiten_12string.htm
Der Steg ist anders, als ich es von Westerngitarren kenne. Die Saiten werden einfach durchs Holz gesteckt, das machte aber keinerlei Probleme. Der Sattel ist ein einfacher Stahlbund:
Die Mechaniken sind leider etwas traurig. Ziemlich schwergängig und m.E. zu lang übersetzt, alle haben erst mal einen Tropfen Öl bekommen. Bei einer Mechanik fehlte die Schraube, die fiel ohne Saite immer raus (auf dem rechten Bild die zweite unten links, die dicke G-Saite):
Aber letzten Endes habe ich alle Saiten dann doch ohne größere Probleme draufbekommen (bis auf die eine Mechanik, da braucht man eigentlich drei Hände).
Ok, man sieht, dass der Hals leicht in Richtung der Bassaiten geneigt ist. Klar, die Verschraubung ist noch nicht richtig fest, ich muss mir erst mal ein spezielles Werkzeug besorgen. Von der Seite wird das noch deutlicher, und auch anhand der Saitenlage:
Der Hals schwebt über dem Korpus. Ich meine mal gehört zu haben, dass man das macht, um den Resonanzkörper nicht so zu dämpfen. Stimmt das?
Soweit, so gut. Nun ging es ans erste Spielen um zu sehen, ob es sich überhaupt lohnt, da noch mehr Geld und Arbeit reinzustecken. Und siehe da - gar nicht so schlecht. Der Klang ist auf jeden Fall gefällig. Klar, wenn man sonst nur 6 Saiter Western- und E-Gitarre gewöhnt ist, ist der Hals natürlich relativ breit und ungewohnt. Aber das ist vermutlich Übungssache. Sie ist auch ausreichend laut trotz der relativ dünnen Saiten. Auf jeden Fall lauter als meine Fender CD60 mit 11er Saiten. Da schwingt ja auch viel mehr Masse durch die doppelte Saitenanzahl.
Ich habe noch nie wirklich eine 12-Saiter gespielt, und ein paar Sachen sind mir aufgefallen:
(a) Man braucht dickere Plektren als bei der Saiter (und als bei der E-Gitarre sowieso)
(b) Wechselschlag klingt ziemlich merkwürdig. Von oben nach unten ist es okay (also erst die Oktavsaite dann die dicke), andersrum klingt es aber deutlich anders, weil die Oktavsaite kaum Impuls abbekommt. Ist das normal, oder ist das nur meine ungeübte Spieltechnik?
(c) Die G-Oktavsaite (der höchste Ton, ist 0.008" dick) ist deutlich rauszuhören und macht einen ungewohnten, aber keinesfalls unangenehmen Klang
Fazit: Ja, ich würde das Ding gern richtig in Ordnung bringen, allerdings ohne Unsummen zu investieren. Denn dann könnte ich gleich eine neue kaufen. Aus meiner Sicht wäre folgendes nötig.
(1) Unbedingt den Hals richtig festschrauben. D.h. ich brauche zuerst einen Vierkant. Ich habe es mal probeweise mit einem Sechskant versucht: ein 5er passt nicht drauf, ein 5.5er passt drauf, aber rutscht schon durch, und 6er geift gar nicht mehr. Hat jemand eine Idee, wo man sowas herbekommt? Oder doch lieber zum Gitarrenbauer? Was würde sowas grob kosten?
(2) Neue Stimmechaniken. Ich habe bei Thomann die hier gefunden: https://www.thomann.de/de/thomann_tuners_12string.htm Den Abmessungen nach sollten sie passen. Und die 20 Euro würde ich schon investieren. Oder taugen die so gar nichts?
(3) Dann noch mal an den Halsspannstab rangehen. Hoffentlich ist die Schraube nicht total festgegammelt.
Ich möchte das Projekt hier gern zur Diskussion stellen. Meinungen, Anregungen, Vorschläge und Kritiken sind willkommen.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Hmmm... könnte ein Modarator bitte den Betreff ändern und das Wort "aufarbeiten" noch anhängen? Das wäre nett.
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